TE OGH 1989/12/5 4Ob122/89

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Veröffentlicht am 05.12.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** G*** U*** W***,

Wien 4., Schwarzenbergplatz 14, vertreten durch Dr. Walter Prunbauer und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Y*** R*** Vertriebsgesellschaft mbH, Salzburg, Bergerbräuhofstraße 35, vertreten durch Dr. Herwig Liebscher, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren: 200.000 S), infolge Revisionsrekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 13. Juli 1989, GZ 5 R 93/89-13, womit der Beschluß des Landes- als Handelsgerichtes Salzburg vom 12. Mai 1989, GZ 13 Cg 141/88-5, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1.) Der Revisionsrekurs der klagenden Partei wird zurückgewiesen. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.629,10 S bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin enthalten 771,60 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2.) Dem Revisionsrekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen; die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Beklagte betreibt den Versandhandel mit Parfümeriewaren in ganz Österreich.

Nach dem übereinstimmenden Parteienvorbringen hat die Beklagte im Jänner 1989 zwei verschiedene Werbeankündigungen in ganz Österreich versendet, und zwar:

1. Werbeankündigungen wie Beilage D an namentlich genannte Empfänger(innen) unter dem Slogan

"Probieren Sie die 39 beliebtesten Yves R***-Produkte '88". In einem der Aussendung beiliegenden Faltprospekt wurden unter der blickfangartig hervorgehobenen Überschrift:

"Letzte Gelegenheit! Wählen Sie 5 Produkte und sparen Sie 50 %" zahlreiche Parfümerieartikel beispielsweise wie folgt angeboten:

Abbildung nicht darstellbar!

Die erste Seite des Faltprospektes enthielt folgenden Text:

Abbildung nicht darstellbar!

Der angeschlossene "Jänner-Bestellschein" hatte folgendes Aussehen:

Abbildung nicht darstellbar!

2. Werbeankündigungen wie Beilage F, von denen insgesamt 2,2 Millionen Stück "An einen Haushalt" versendet wurden. Darin waren unter der Überschrift "Wählen Sie z.B. Ihre

4 Lieblingsprodukte für nur S 196" insgesamt 12 Parfümerieartikel abgebildet und näher beschrieben, deren Preis jeweils mit "nur S 49" anstelle der durchgestrichenen Preise von S 129, S 79, S 159, S 169, S 179, S 89, S 135, S 256, S 129, S 79, S 105 und S 149 angegeben war. Dazu fand sich folgende Erklärung:

Abbildung nicht darstellbar!

Der angeschlossene "Bestellschein" wies folgende Gestaltung auf:

Abbildung nicht darstellbar!

Der klagende Schutzverband (§ 14 UWG) begehrt zur Sicherung gleichlautender Unterlassungsansprüche, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen,

"1. a) in Werbeaussagen anzukündigen, daß beim Kauf von 5 Produkten aus der noch gültigen vorjährigen Preisliste ein Preisnachlaß von 50 % eingeräumt werde;

b) in eventu: in Werbeankündigungen mit dem Slogan 'Wählen Sie 5 Produkte und sparen Sie 50 %' zu werben, wenn tatsächlich der dann gewährte Preisnachlaß weniger als 50 % beträgt;

2. in Werbeankündigungen unter dem Slogan 'Wählen Sie zB Ihre 4 Lieblingsprodukte für nur S 196' anzukündigen, daß mit Hilfe eines vorgegebenen Bestellscheines bei Bestellung von 4 Produkten aus einem vorgegebenen Sortiment anstelle eines durchgestrichenen, normalerweise verlangten höheren Normalpreises nur ein Pauschalpreis von S 196 bezahlt werden muß, wobei die Ankündigung durch ein 'Rechenbeispiel' mit einem sonst verlangten Normalpreis von S 753, sohin einer Ersparnis von S 557 und einem Nachlaß von mehr als 50 %, versehen ist.

Seinen Unterlassungsanspruch zu Pkt. 1. a) begründet der Kläger damit, daß die Beklagte mit der in ihrer Aussendung Beilage D enthaltenen Ankündigung, wonach beim Kauf von 5 beliebigen Produkten aus der Preisliste 1988 nicht der angegebene ehemalige Preis verrechnet, sondern ein Nachlaß von zusätzlich 50 % gewährt werde, einen Rabattverstoß begangen habe, weil ein derartiger Mengennachlaß weder orts- noch handelsüblich sei. Überdies habe die Beklagte nach der Gestaltung ihres Prospektes auch keinen Mengennachlaß, sondern einen Preisabschlag von ihren Normalpreisen für diejenigen ankündigen wollen, die mindestens 5 Produkte bestellen. Zum Eventualantrag gemäß Pkt. 1. b) bringt der Kläger vor, daß der von der Beklagten angekündigte Nachlaß nicht exakt 50 % betrage und daher als wahrheitswidrig gegen § 2 UWG verstoße. Den mit Punkt 2. des Provisorialantrages zu sichernden Unterlassungsanspruch leitet der Kläger daraus ab, daß die Beklagte mit ihrer Aussendung Beilage F einen Rabattverstoß begangen habe.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des zu Pkt. 2) gestellten Sicherungsantrages, weil der Kläger wegen der Aussendung Beilage F zu 13 Cg 63/89 des Landesgerichtes Salzburg bereits eine inhaltlich identische und nur anders formulierte einstweilige Verfügung gegen sie erwirkt habe; im übrigen seien die Sicherungsanträge des Klägers abzuweisen, weil die Beklagte weder einen Rabatt- noch einen sonstigen Wettbewerbsverstoß begangen habe. Mit ihrer Aussendung Beilage D habe sie eine allgemeine Preissenkung für jedermann angekündigt. Die dort angeführten Vergleichspreise seien die seit 1. Jänner 1989 ungültigen Preise für das Jahr 1988 gewesen; die Beklagte habe damit alte Produkte aus dem Jahr 1988 zu allgemein herabgesetzten Preisen angeboten. Soweit darin allenfalls die Ankündigung eines Mengennachlasses liege, sei ein solcher durchaus handels- und branchenüblich. Das gelte insbesondere für die Parfümerie- und Toilettartikelhändler, die ihre Waren im Wege des Versandhandelssystems absetzten. In dieser Branche, die in Österreich im wesentlichen nur aus der Beklagten und einem weiteren Mitbewerber bestehe, der dieselbe Angebotspolitik betreibe, sei ein derartiger Nachlaß bis 50 % handels- und branchenüblich. Das Erstgericht wies das zu Pkt. 1.a) gestellte Sicherungs-Hauptbegehren ab und erließ die einstweilige Verfügung gemäß Pkt. 1.b und 2. des Sicherungsantrages. Es nahm noch folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:

Das Gremium des Parfümeriewarenhandels in der Sektion Handel der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol teilte dem Kläger auf Anfrage mit Schreiben vom 16. März 1989 mit, daß es in der Parfümeriebranche nicht orts- und handelsüblich ist, beim Kauf von 5 (alten) Parfümerie- oder Kosmetikprodukten einen Mengennachlaß von 50 % gegenüber den vorjährigen Preisen zu gewähren oder beim Kauf von 4 Parfümerie- bzw. Kosmetikprodukten "anstelle eines normalerweise verlangten höheren Normalpreises" nur einen Pauschalpreis zu verlangen, der gegenüber dem Normalpreis einen Nachlaß von rund 70 % bedeute.

Auf Antrag des Klägers ist der Beklagten bereits mit - noch nicht rechtskräftiger - einstweiliger Verfügung des Landes- als Handelsgerichtes Salzburg vom 27. Februar 1989, 13 Cg 63/89-4, verboten worden, anzukündigen, daß alle jene, die aus einem bestimmten, zur Auswahl vorgesehenen Sortiment von Produkten, insbesondere von 15 Produkten, mindestens 4 Produkte bestellen, anstelle eines angegebenen Normalpreises nur einen Pauschalpreis von S 49 pro Produkt zahlen müssen, insbesondere, wenn dieser Pauschalpreis lediglich zwischen 62 und 19 % des angekündigten Normalpreises beträgt.

Die Firma "F*** DE S***" in Graz räumte in Aussendungen vom Februar 1989 ihren Kunden u.a. die Möglichkeit ein, aus über 30 Produkten zu wählen und dabei sogar über 50 % zu sparen. Rechtlich war das Erstgericht der Meinung, daß die Beklagte in beiden Aussendungen (Beilage D und F) gegen das Rabattgesetz verstoßende Preisnachlässe angekündigt habe, weil in beiden Fällen die Normalpreise der Einzelwaren die maßgeblichen Bezugsgrößen für den in Aussicht gestellten Preisnachlaß gewesen seien. Ein Mengennachlaß sei in solchen Fällen nicht handelsüblich. Der in Beilage D angekündigte Preisnachlaß sei im übrigen wahrheitswidrig, weil er in den angeführten Beispielen tatsächlich unter 50 % liege. Die Streitanhängigkeit in bezug auf den zu Pkt. 2. geltend gemachten Unterlassungsanspruch wurde im Hinblick auf die verschiedene Formulierung der Begehren verneint. Eine nähere Begründung dafür, warum das Erstgericht dem zu Pkt. 1.b) gestellten Sicherungs-Eventualantrag stattgegeben, den zu Pkt. 1.a) gestellten Sicherungs-Hauptantrag jedoch abgewiesen hat, ist nicht ersichtlich. Der erstgerichtliche Beschluß wurde dem Kläger bereits am 23. Mai 1989, der Beklagten aber erst am 14. Juni 1989 zugestellt. Zugleich mit dem Rekurs des Klägers langte am 31. Mai 1989 ein an das Erstgericht gerichteter Schriftsatz (ON 7) ein, mit dem er unter Hinweis darauf, daß die Aussendung Beilage F bereits Gegenstand des Rechtsstreites zu 13 Cg 63/89 des Landesgerichtes Salzburg sei und daher der Einwand der Beklagten zutreffe, folgende Erklärung abgab:

"Wir schränken sohin das Klagebegehren sowie den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung um Punkt 2) ein". Zugleich stellte der Kläger den Antrag, die einstweilige Verfügung in ihrem Pkt. 2. aufzuheben; eine Entscheidung darüber ist nicht ergangen. Das Rekursgericht änderte in Stattgebung des Rekurses des Klägers den Beschluß der ersten Instanz dahin ab, daß es die einstweilige Verfügung gemäß dem zu Pkt. 1.a) gestellten Sicherungs-Hauptantrag erließ; in teilweiser Stattgebung des Rekurses der Beklagten wurde der zu Pkt. 2. gestellte Sicherungsantrag abgewiesen. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des (offenbar gemeint: von der Abänderung betroffenen) Beschwerdegegenstandes bei jedem der beiden voneinander unabhängigen Ansprüche zwar 15.000 S, insgesamt aber jeweils den Betrag von 300.000 S nicht übersteige und der Revisionsrekurs in beiden Fällen zulässig sei. Das Erstgericht habe zur Aussendung Beilage D zutreffend erkannt, daß weder ein handelsüblicher Mengennachlaß noch eine allgemeine Preissenkung vorliege. Ein Mengennachlaß sei dann handelsüblich, wenn er von der Mehrzahl der Gewerbetreibenden desselben Geschäftszweiges in gleicher Art und Höhe gewährt werde; er müsse sich im Rahmen vernünftiger kaufmännischer Gepflogenheiten und Kalkulation halten und im gesamten Handel üblich sein. Der bloße Gebrauch im Rahmen eines bestimmten Vertriebssystems (Versandhandel) reiche für die Begründung der Handelsüblichkeit nicht aus. Auch die notorischen Rabattverstöße der Beklagten, die diese immer wieder vornehme, machten eine 50 %-ige Rabattgewährung nicht "handelsüblich". Daran ändere es auch nichts, wenn sich ein Mitbewerber ähnlicher Methoden bediene. Schon das Erstgericht hätte daher dem Sicherungs-Hauptantrag des Klägers und nicht dessen Eventualantrag Folge geben müssen.

Der von der Beklagten gegen Pkt. 2. der einstweiligen Verfügung erhobene Rekurs sei entgegen der Meinung des Klägers zulässig, weil über seinen Antrag ON 7 noch eine Entscheidung ausstehe; die Beklagte sei daher im Hinblick auf § 394 EO noch beschwert. Ein Vorgehen des Rekursgerichtes analog § 483 Abs 3 letzter Satz, ZPO komme nicht in Betracht, weil der Kläger seinen diesbezüglichen Sicherungsantrag noch vor der Zustellung der einstweiligen Verfügung an die Beklagte - also noch nicht im Rekursverfahren - zurückgenommen habe. In diesem Stadium sei aber die teilweise Zurücknahme des Sicherungsantrages unzulässig gewesen. In der Sache selbst liege zwar - mangels völliger Identität der jeweils gestellten Rechtsschutzanträge - weder Streitanhängigkeit noch eine rechtskräftig entschiedene Sache vor, doch fehle dem Kläger für seinen Sicherungsantrag zu Pkt. 2. das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Die Erhebung mehrerer gesonderter Sicherungsbegehren auf Grund einer einheitlich zu betrachtenden Wettbewerbshandlung erscheine jedenfalls unzulässig. Gegen die jeweiligen Abänderungen des Rekursgerichtes richten sich die Revisionsrekurse der Parteien. Der Kläger beantragt die Zurückweisung des vom Beklagten gegen Pkt. 2. der einstweiligen Verfügung des Erstgerichtes erhobenen Rekurses, allenfalls einen Ausspruch gemäß § 483 Abs 3, letzter Satz ZPO, hilfsweise die Wiederherstellung der einstweiligen Verfügung des Erstgerichtes. Die Beklagte begehrt die gänzliche Abweisung des zu Pkt. 1. gestellten Sicherungsantrages; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag. Die Parteien beantragen wechselseitig, das gegnerische Rechtsmittel zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs des Klägers ist wegen mangelnder Beschwer unzulässig. Der Revisionsrekurs der Beklagten ist entgegen der Meinung des Klägers im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Vorliegen einer im Bereich des Wettbewerbsrechtes erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 und § 528 Abs 2 ZPO zulässig (ÖBl. 1984, 48 und 104; ÖBl. 1985, 51; ÖBl. 1987, 103; ÖBl. 1988, 75 und 104; ÖBl. 1989, 52 ua); er ist aber nicht berechtigt.

Zum Revisionsrekurs des Klägers:

Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre setzt auch im Sicherungsverfahren jedes Rechtsmittel eine Beschwer des Rechtsmittelwerbers, also ein Anfechtungsinteresse, voraus; es ist nicht Sache der Rechtsmittelinstanzen, rein theoretische Fragen zu entscheiden. Kann ein Rechtsmittel seinen eigentlichen Zweck, die Rechtswirkungen der bekämpften Entscheidung durch deren Abänderung oder Aufhebung zu verhindern oder zu beseitigen, nicht mehr erreichen, dann fehlt es an dem notwendigen Rechtsschutzinteresse. Die Beschwer muß nach nunmehr herrschender Auffassung zur Zeit der Einlegung des Rechtsmittels gegeben sein und zur Zeit der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehen (Heller-Berger-Stix 648; Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 1709 ff; Novak in JBl 1962, 512 f; SZ 49/22; SZ 53/86; ÖBl. 1983, 117 uva, zuletzt etwa 4 Ob 519/89, 4 Ob 132/89). Auch das Interesse an der Kostenentscheidung - sei es in erster oder in zweiter Instanz - kann in einem solchen Fall die erforderliche Beschwer in dritter Instanz regelmäßig nicht begründen (EvBl 1988/100). Aus folgenden Gründen fehlte es dem Kläger hier schon bei Einlegung seines Rechtsmittels an der erforderlichen formellen und materiellen Beschwer (vgl. dazu Fasching aaO Rz 1714 f), weil die angefochtene Rekursentscheidung von der von ihm beantragten Entscheidung weder zu seinem Nachteil abweicht noch durch ihre Rechtswirkungen seine Rechtsstellung als solche beeinträchtigt:

Gemäß § 402 Abs 2 EO sind die Einstellungsgründe des § 39 Abs 1 EO - darunter vor allem jener der Z 6 - auch im Provisorialverfahren anzuwenden; sie können daher die Aufhebung einer einstweiligen Verfügung rechtfertigen, weil § 399 EO die Aufhebungsgründe nicht taxativ aufzählt (Heller-Berger-Stix 2889; EFSlg 44.365). Die Zurückziehung des Sicherungsantrages ist gemäß § 402 Abs 2, § 39 Abs 1 Z 6 EO ein weiterer Grund für die Aufhebung einer bereits erlassenen einstweiligen Verfügung. Wegen der Besonderheit des Exekutionsverfahrens und - ihm folgend - des Provisorialverfahrens unterscheidet das Gesetz aber - anders als die ZPO - nicht zwischen einer "Zurückziehung des Exekutionsbegehrens" (bzw. des Sicherungsantrages) unter Anspruchsverzicht und einer solchen ohne derartigen Verzicht; der Zurückziehung des Sicherungsantrages kommt vielmehr von vornherein unbedingte Wirkung zu. Der darauf folgende Einstellungsbeschluß (Aufhebungsbeschluß) ist auch der materiellen Rechtskraft fähig (Heller-Berger-Stix 489 f). Wenn daher im vorliegenden Fall der Kläger nach Erlassung der einstweiligen Verfügung, wenngleich noch vor deren Wirksamwerden gegenüber der Beklagten, seinen Sicherungsantrag "um Punkt 2) eingeschränkt" hat (daß er auch das Klagebegehren "um Punkt 2) eingeschränkt" hat, muß schon deshalb unberücksichtigt bleiben, weil daraus nicht hervorgeht, ob eine Klagerücknahme unter Anspruchsverzicht vorliegt; nur eine solche entzieht aber einer beantragten einstweiligen Verfügung auch ihre Grundlage im Sinne des § 399 Abs 1 Z 4 EO; EFSlg 42.064, 44.364), hätte darüber zunächst das Erstgericht im Sinne seines damit verbundenen Aufhebungsantrages entscheiden müssen. Bevor dies nicht geschehen war, kam daher eine Zurückweisung des von der Beklagten erst später gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung im Sinne des Pkt. 2. des Sicherungsantrages erhobenen Rekurses entgegen der Meinung des Klägers nicht in Betracht. Ob das Rekursgericht vor seiner Entscheidung eine Beschlußfassung des Erstgerichtes über den Aufhebungsantrag des Klägers hätte abwarten müssen oder ob bei den dargestellten Besonderheiten des Sicherungsverfahrens überhaupt eine sinngemäße Anwendung des § 483 Abs 3 ZPO in Betracht gekommen wäre (vgl. EvBl 1988/41 = ÖBl. 1989, 61), weil die Zurückziehung des Sicherungsantrages zu Pkt. 2. bereits von vornherein auch als für das Rekursverfahren abgegeben zu gelten hatte oder diese Wirkung doch dadurch eingetreten ist, daß der Kläger sie jedenfalls der Sache nach unmißverständlich in seiner Rekursbeantwortung aufrechterhalten hat, muß hier nicht entschieden werden; in beiden Fällen hätte dies nämlich zum Wegfall des Pkt. 2. der einstweiligen Verfügung entweder durch einen Aufhebungsbeschluß des Erstgerichtes oder durch die beschlußmäßige Feststellung des Rekursgerichtes, daß die einstweilige Verfügung in diesem Umfang wirkungslos geworden ist, führen müssen. Im Verhältnis dazu kann aber durch die tatsächlich erfolgte Abweisung des Sicherungsantrages wegen mangelnden Rechtsschutzinteresses des Klägers weder dessen Rechtsstellung beeinträchtigt worden sein, noch weicht diese Entscheidungsform im Ergebnis von den genannten alternativen Beschlußfassungen zu seinem Nachteil ab. Alle diese Entscheidungen hätten eine Einmaligkeitswirkung (ne bis in idem) in dem Sinn entfaltet, daß ein identischer Sicherungsantrag, also ein gleiches Begehren bei gleicher Sachverhaltsgrundlage, nicht mehr angebracht werden kann (Fasching aaO Rz 1257); sie hätten und haben auch meritorisch den Intentionen des Klägers entsprochen, der ja seinen Sicherungsantrag insoweit nicht mehr aufrechterhalten wollte. Der Revisionsrekurs des Klägers war demnach wegen mangelnder Beschwer des Rechtsmittelwerbers zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung der Beklagten, in welcher auf den Zurückweisungsgrund hingewiesen worden ist, beruht auf §§ 402 Abs 2, 78 EO und §§ 41, 50, 52 Abs 1

ZPO.

Zum Revisionsrekurs der Beklagten:

Die Beklagte hat den mit der Aussendung Beilage D namentlich angesprochenen Kunden in ganz Österreich bei einer noch im Jänner 1989 erfolgenden Bestellung von 5 Parfümerieartikeln aus dem Katalog 1988 einen Nachlaß von 50 % auf die Katalogpreise 1988 angeboten und damit den Hinweis verbunden, daß mit Erscheinen des neuen "Schönheits-Ratgebers '89" im Februar 1989 die "Neuen Katalogpreise '89" gelten würden. Es geht daher um die rabattrechtliche Beurteilung einer unterschiedlichen Preisstellung für verschiedene Mengen der gleichen Ware oder gleichartiger Waren und entgegen der Meinung der Beklagten nicht darum, ob ein - zulässiger - "unechter" Sonderpreis oder ein - unzulässiger - "echter" Sonderpreis gemäß § 1 Abs 2 RabG vorliegt.

Nach ständiger Rechtsprechung (ÖBl. 1987, 103; ÖBl. 1988, 132; WBl. 1989, 149; zuletzt etwa 4 Ob 141/89) hängt die rabattrechtliche Beurteilung einer unterschiedlichen Preisstellung für verschiedene Warenmengen davon ab, ob es sich nach der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise bei den angekündigten oder allgemein geforderten Preisen um verschiedene Normalpreise oder nur um einen Normalpreis als Bezugsgröße und einen niedrigeren Ausnahmepreis handelt. § 7 RabG regelt nur den Mengennachlaß für eine Ware mit einem einzigen Normalpreis; er verbietet aber nicht, daß für unterschiedliche Warenmengen verschiedene Normalpreise bestehen (sogenannte "Preisspaltung"; siehe dazu auch die Amtl. Begründung zum RabG, abgedruckt bei Schönherr-Wiltschek, Wettbewerbsrecht5, 80 Anm. 1; Schuhmacher, Verbraucherschutz bei Vertragsanbahnung 345 f). Eine solche Annahme verschiedener Normalpreise setzt aber einerseits voraus, daß der günstigere Mengenpreis nicht nur einzelnen Kunden oder Kundengruppen, sondern jedermann berechnet wird; wäre er tatsächlich nur den von der Beklagten namentlich angeschriebenen Kunden in ganz Österreich eingeräumt worden, so läge daher bereits ein nach § 1 Abs 2 RabG grundsätzlich unzulässiger "echter" Sonderpreis vor (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 1991; Rz 24 zu § 1 RabG; ÖBl. 1983, 18; ÖBl. 1985, 51; MR 1989, 28 uva). Der günstigere Mengenpreis darf aber andererseits auch nicht durch die Form des Ankündigens oder Gewährens im Geschäftsverkehr den Eindruck eines Rabattes - also eines Abschlages von einem angekündigten oder allgemein geforderten Preis - erwecken. Daß ein Unternehmer eine größere Stückzahl oder Warenmenge zu einem relativ günstigeren Preis verkauft, als es beim Einzelbezug der Fall wäre, macht für sich allein diesen Preis noch nicht zu einem "Normalpreis"; die in Aussicht gestellte günstigere Preisbemessung ist im Verhältnis zur Summe der Einzelpreise so lange kein zweiter Normalpreis, als der Normalpreis der Einzelware im Geschäftsverkehr als die allein maßgebende Bezugsgröße aufgefaßt wird. Anders liegen die Dinge nur dann, wenn die größere Warenmenge als selbständige Verkaufseinheit erscheint, die - wie etwa eine Doppel-, Groß- oder

Mehrfachpackung - auch als solche gehandelt wird (Baumbach-Hefermehl aaO 1997 f Rz 32 zu § 1 RabG und 2035 Rz 6 zu § 7 RabG; Hoth-Gloy, Zugabe und Rabatt, 349 f Anm. 45 lit c zu § 1 RabG; vgl. auch Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2, 85 f); letzteres kommt aber hier schon deshalb nicht in Betracht, weil sich die Beklagte auf eine derartige im Geschäftsverkehr gehandelte selbständige Verkaufseinheit im Zusammenhang mit einer Aussendung wie Beilage D gar nicht berufen hat.

Im vorliegenden Fall, in welchem die Beklagte nur bestimmte Artikel unter Bekanntgabe ihrer immer noch geltenden (Normal-)Preise angeführt und den Kunden die Möglichkeit geboten hatte, 5 davon gemeinsam bei einer Bestellung noch im Jänner 1989 mit einer Preisermäßigung von knapp 50 % zu kaufen, mußte das Publikum darin die Ankündigung eines Mengenrabatts im Sinne des § 7 RabG - der ja auch dann vorliegt, wenn die in einer Lieferung veräußerten "mehreren Stücke" verschiedenartige Waren sind (Baumbach-Hefermehl aaO 2034 Rz 4 zu § 7 RabG; Schönherr-Wiltschek aaO Anm. 2 und 3; Koppensteiner aaO 94; ÖBl. 1987, 103; WBl. 1989, 60) - erblicken. Daß ein solcher Preisnachlaß im konkreten Fall "nach Art und Umfang sowie nach der verkauften Stückzahl als handelsüblich anzusehen" und daher gemäß § 7 Abs 1 RabG zulässig gewesen wäre, hat die - für einen derartigen Ausnahmetatbestand beweispflichtige (ÖBl. 1978, 48 mwN; ÖBl. 1987, 103; WBl. 1989, 60 und 149) - Beklagte zwar behauptet, aber nicht bescheinigt. Auch wenn eine besondere Vertriebsform entgegen der Meinung des Rekursgerichtes durchaus eine eigene Handelsüblichkeit begründen könnte und daher, was im Versandhandel handelsüblich ist, im Ladenhandel nicht handelsüblich zu sein braucht (vgl. Baumbach-Hefermehl aaO 2036 Rz 7 zu § 7 RabG), vermochte doch die Beklagte an Hand der vorliegenden Sachverhaltsgrundlage weder zu bescheinigen, daß im wesentlichen nur sie selbst und eine weitere Mitbewerberin in Österreich den Versandhandel mit Parfümerieartikeln betreiben, noch, daß die Firma "F*** DE S***" überhaupt jemals einen sowohl nach Art und Umfang als auch nach der verkauften Stückzahl oder Menge entsprechenden Preisnachlaß gewährt hätte.

Der vom Kläger geltend gemachte Rabattverstoß der Beklagten im Sinne des zu Pkt. 1.a) gestellten Sicherungs-Hauptantrages ist daher zu bejahen. Bei dieser Sachlage ist dem Rekursgericht entgegen der Meinung der Rechtsmittelwerberin keine Mangelhaftigkeit unterlaufen, wenn es dem Hauptbegehren stattgab; dadurch, daß das Erstgericht sein Hauptbegehren (ohne Begründung) abgewiesen, gleichzeitig aber seinem Eventualbegehren stattgegeben, war nämlich der Kläger auch beim Obsiegen mit dem Eventualbegehren durch die Abweisung des Hauptbegehrens beschwert (SpR 32 neu = SZ 24/264).

Dem Revisionsrekurs der Beklagten mußte aus allen diesen Gründen ein Erfolg versagt bleiben.

Der Ausspruch über die Rechtsmittelkosten der Beklagten beruht auf §§ 78, 402 Abs 2 EO und §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO, jener über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung auf § 393 Abs 1 EO.

Anmerkung

E19763

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00122.89.1205.000

Dokumentnummer

JJT_19891205_OGH0002_0040OB00122_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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