TE OGH 1989/12/6 9ObA307/89

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Veröffentlicht am 06.12.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Franz Schrank und Franz Murmann als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Gerhard G***, Finanzberater, Langenlois, Mittelberg 58, vertreten durch Dr.Peter Ponschab, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei G*** VertriebsGesellschaft mbH, Wien 11, Mautner Markhofgasse 94, vertreten durch Dr.Manfred Lampelmayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 355.340 S brutto sA (Revisionsstreitwert 186.328,07 S brutto sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19.Mai 1989, GZ 33 Ra 38/89-85, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 15.November 1988, GZ 17 Cga 212/84-80, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 8.989,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.338,30 S Umsatzsteuer und 960 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bei der beklagten Partei seit 2.Oktober 1978 als Planungsleiter beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Entlassung mit Schreiben der beklagten Partei vom 14.Juni 1984. Der Kläger macht - im zweiten Rechtsgang - noch 186.328,07 S brutto sA an entlassungsabhängigen Ansprüchen geltend. Ein Entlassungsgrund liege insbesondere im Falle S*** nicht vor, weil Heinz S*** keinesfalls ein von der beklagten Partei im Baukastensystem angebotenes, vom Käufer selbst zu errichtendes Haus haben wollte.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger habe Pläne für das Massivhaus des Heinz S*** gegen Honorar verfaßt und diesen Kunden abgeworben, um den Auftrag der Firma G*** (und nicht der beklagten Partei) zukommen zu lassen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß der Kläger den potentiellen Kunden der beklagten Partei Heinz S*** durch Verschweigen des Massivbauprogramms der beklagten Partei abgeworben und damit den Entlassungstatbestand der Untreue im Dienst verwirklicht habe. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Es ging - nach teilweiser Wiederholung des Beweisverfahrens - von folgenden für das Revisionsverfahren noch wesentlichen Feststellungen aus:

Die beklagte Partei beschäftigte sich in erster Linie mit dem Vertrieb und der Errichtung von Fertigteilhäusern.

Baumeisterarbeiten und den Innenausbau übertrug die beklagte Partei meist anderen Unternehmen. Der Kläger führte mit Zustimmung der beklagten Partei gleichfalls Baumeisterarbeiten und Innenausbauten zu günstigen Konditionen durch und ermöglichte dadurch finanzschwachen Kunden den Kauf von Fertigteilhäusern aus dem Programm der beklagten Partei. Die beklagte Partei hatte ab dem Jahre 1982 Bausätze für die Errichtung von Massivziegelbauten im Programm und lieferte zwischen 1982 und 1984 14 derartige Bausätze aus. In diesen Fällen übernahm die beklagte Partei auch die Planung, die Einreichung bei der Baubehörde, die Überwachung und Abwicklung des Bauvorhabens. Heinz S***, der sich bei einer Ausstellung für die Produkte der beklagten Partei interessierte und ein Massivziegelhaus errichten wollte, wurde vom Vertreter der beklagten Partei Otmar W*** nicht über das hiefür in Frage kommende Bausatzprogramm der beklagten Partei informiert, sondern an den Kläger verwiesen. Auch der Kläger, der davon wußte, daß Heinz S*** zunächst als Interessent für das von der beklagten Partei vertriebene Programm aufgetreten war, verschwieg ihm das Massivbauprogramm der beklagten Partei und verfertigte gegen Entgelt eine Skizze und später einen Entwurf für einen Einreichplan; für den Hausbau stellte der Kläger eine Tafel der von ihm nach seinem Ausscheiden bei der beklagten Partei gegründeten Firma G*** zur Verfügung. Der Bau wurde von einer Arbeitspartie dieser Firma errichtet.

Auch das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, dem Kläger sei Untreue im Dienst vorzuwerfen, weil er in Kenntnis des Umstandes, daß Heinz S*** ein Massivziegelhaus habe bauen wollen, diesem das Massivbauprogramm der beklagten Partei verschwiegen und sich durch entgeltliche Planung eines Ziegelhauses einen Vorteil verschafft habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Vorinstanzen haben das Verhalten des Klägers zutreffend als Untreue im Sinn des § 27 Z 1 erster Tatbestand AngG qualifiziert. Der Hinweis des Revisionswerbers, nicht er sondern Otmar W*** habe durch Verschweigen des Massivbauprogramms der beklagten Partei Heinz S*** als potentiellen Kunden der beklagten Partei abgeworben, ist nicht geeignet, ihn zu exkulpieren. Selbst wenn man davon ausgeht, daß Otmar W*** nicht im Zusammenwirken mit dem Kläger handelte, als er Heinz S*** das Massivbauprogramm verschwieg und ihm bezüglich des Hausbaues an den Kläger verwies, sodaß der Entschluß des Heinz S***, nicht bei der beklagten Partei zu bestellen, vom Kläger nicht beeinflußt wurde, ist dem Kläger jedenfalls vorzuwerfen, daß er die durch das ungetreue Verhalten Wieshofers geschaffene Situation ausnützte, um auf eigene Rechnung Leistungen zu erbringen, die auch die beklagte Partei im Programm hatte. Auf diese Weise handelte er - anders als bei seinen sonstigen mit Zustimmung der beklagten Partei auf eigene Rechnung erbrachten Leistungen (Baumeisterarbeiten, Innenausbau) im Zusammenhang mit der Errichtung von Fertigteilhäusern aus dem Programm der beklagten Partei - nicht im Interesse der beklagten Partei, sondern in Konkurrenz zur beklagten Partei ausschließlich im eigenen Interesse. Aus dem Gestatten der im Zusammenhang mit dem Verkauf von Fertigteilhäusern im Interesse der beklagten Partei entfalteten Tätigkeit konnte der Kläger nicht auf die Duldung einer gegen die betrieblichen Interessen der beklagten Partei Konkurrenztätigkeit schließen. Der Kläger hat, wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben, zumindest in Kauf genommen, daß er mit seiner im Falle Heinz S*** entfalteten Tätigkeit die Interessen der beklagten Partei beeinträchtigt und damit den Entlassungstatbestand der Untreue im Sinne des § 27 Z 1 erster Tatbestand AngG verwirklicht (vgl. Kuderna, Entlassungsrecht 85 f). Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E19334

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:009OBA00307.89.1206.000

Dokumentnummer

JJT_19891206_OGH0002_009OBA00307_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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