TE OGH 1989/12/6 9ObA304/89

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Veröffentlicht am 06.12.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier und Dr. Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Franz Schrank und Franz Murmann als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Klara G***, Angestellte, Leoben, Kärntnerstraße 68, vertreten durch Dr. Robert A. Kronegger und Dr. Rudolf Lemesch, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Karl H*** jun., Inhaber eines Teefachhandels, Graz, Hauptplatz 6, vertreten durch Dr. Werner Thurner und Dr. Peter Schaden, Rechtsanwälte in Graz, wegen 59.004,90 S brutto abzüglich 1.950 S netto sowie Ausstellung eines Dienstzeugnisses (Streitwert im Revisionsverfahren 61.726,66 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 5. Juli 1989, GZ 8 Ra 59/89-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 24. April 1989, GZ 33 Cga 173/88-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.706,20 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 617,70 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte ist Alleineigentümer des "Teespezialhauses H***" sowie des Unternehmens "K***-K***" in Graz. Mit Wirkung ab 1. September 1987 wurde mit der Klägerin ein Konsulentenvertrag abgeschlossen, demzufolge die Klägerin auf der Basis eines Werkvertrages gegen Tageshonorar zuzüglich Taggeld, Nächtigungsgeld, Kilometergeld und Provision für Teeverkostungen und in der Folge auch Kaffeeverkostungen eingesetzt wurde. In diesem Vertrag wurde neben dem Beklagten auch Susanne Z*** als vertretungsbefugte Verhandlungspartnerin der Klägerin bezeichnet. Nach Punkt VII sind beide Vertragsparteien berechtigt, den Vertrag mit sofortiger Wirkung für beendet zu erklären. Wird der Vertrag von der beklagten Partei aufgekündigt, steht der Klägerin ein Entfertigungsanspruch in der Höhe eines Zwölftels der Honorarsumme der letzten 12 Monate ohne Aufwands- und Barauslagenersatz zu. Wird das Vertragsverhältnis innerhalb des ersten Jahres oder von der Klägerin beendet, entsteht kein Entfertigungsanspruch. Mündlich wurde verabredet, daß der Klägerin der Entfertigungsanspruch auch im Fall einer einvernehmlichen Beendigung des Vertragsverhältnisses zusteht.

Nach der Übernahme des Unternehmens K***-K*** bekam der Beklagte Schwierigkeiten mit dem dortigen Personal. Die Klägerin bot sich an, Ordnung in das Unternehmen zu bringen. Sie wurde daraufhin ab 6. September 1988 im Geschäft K***-K*** als Geschäftsleiterin angestellt.

In der Folge kam es zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu Spannungen, weil der Beklagte Dienstzeitpläne für das Personal des Geschäftes K***-K*** erarbeitete, die nach Ansicht der Klägerin nicht brauchbar waren. Sie ärgerte sich auch darüber, daß sie in diesen Zeitplänen fix eingeteilt war, obwohl mit ihr eine flexible Arbeitszeit vereinbart worden war. Sie vertrat dem Beklagten gegenüber auch mehrfach ihre Meinung von der Unbrauchbarkeit der von ihm erarbeiteten Zeitplanentwürfe. Auch am 11. Oktober 1988 sprach die Klägerin den Beklagten auf den letzten Zeitplanentwurf an. Sie kritisierte die veränderten Öffnungszeiten sowie daß für jeden Bediensteten 4 Überstunden pro Woche eingeplant worden seien und erklärte, daß sein Dienstplan eine "Mariandlrechnung" sei und sie sich daran nicht halten könne. Der Beklagte erwiderte der Klägerin sinngemäß, daß ihm das bewußt sei, daß es sich aber nur um einen vorläufigen Plan handle; ein definitiver Zeitplan würde ausgearbeitet. Es steht nicht fest, daß die Klägerin bei dieser Gelegenheit den Beklagten oder dessen Ehefrau beschimpft hätte. Der Beklagte nahm die Aussagen der Klägerin über seine Dienstzeitpläne nicht ernst, zumal er einerseits wegen des Personalmangels auf die Mitarbeit der Klägerin angewiesen war und andererseits mit ihrer Arbeit zufrieden war. Es bestand deshalb von seiner Seite keine Absicht, das Dienstverhältnis zu beenden. Allerdings erzählte er von der Unterhaltung mit der Klägerin seiner Schwägerin Susanne Z***, weil er hoffte, daß diese mit der Klägerin, ihrer Schwiegermutter, darüber sowie über gewisse Beschwerden des Personals im K***-K*** sprechen würde. Die Klägerin hatte nämlich einen sehr autoritären Führungsstil und einen rauhen Umgangston, worüber sich Mitarbeiter des Geschäftes beschwert hatten. Z*** rief in der Folge ohne Auftrag des Beklagten die Klägerin an und beschuldigte sie aufgrund der Information, die sie vom Beklagten empfangen hatte, diesen als Trottel und Depp "bezeichnet bzw hingestellt" zu haben. Die Klägerin bestritt den Tatsachen entsprechend. Daraufhin erklärte Z***, daß die Klägerin ihre Sachen packen und verschwinden solle, sie wolle sie wegen ihrer Eskapaden "im ganzen Leben nicht mehr sehen". Dabei spielten auch private Dinge eine Rolle. Daraufhin erwiderte die Klägerin sinngemäß, daß es ihr sowieso reiche, sie jetzt gehe und die Abrechnung verlange. Unmittelbar darauf zog sie sich um, packte ihre privaten Sachen, gab einer Kollegin die Auto- und Geschäftsschlüssel und verließ das Geschäft K***-K*** mit den Worten, gerade von Z*** entlassen worden zu sein. Als diese, nachdem sie sich etwas beruhigt hatte, einige Zeit darauf neuerlich im Geschäft K***-K*** anrief und mit der Klägerin über die Sache noch einmal reden wollte, war diese schon weggegangen. Z***, die im Unternehmen des Beklagten für den Großhandel und die EDV zuständig sowie für die Außendienstmitarbeiter federführend ist, hat keine Personalkomptenzen. Diese sind dem Beklagten und dessen Ehefrau vorbehalten. Z*** war allerdings während der Konsulententätigkeit der Klägerin deren direkte "Vorgesetzte" und insgesamt als "rechte Hand" des Beklagten bekannt. Sie bezeichnete sich auch selbst gegenüber der Klägerin als Prokuristin.

Die Klägerin begehrt letztlich die Zahlung eines Betrages von 59.004,90 S brutto abzüglich 1.950 S netto an Entgelt, anteiligen Sonderzahlungen, Überstundenentlohnung, Kündigungsentschädigung und Urlaubsabfindung sowie an restlichem Honorar, Spesenersatz und Entfertigung aus dem Konsulentenvertrag. Sie sei ungerechtfertigt entlassen worden. Unter Berücksichtigung bereits geleisteter Zahlungen hafte der geltend gemachte Betrag aus. Weiters begehrt die Klägerin die Verpflichtung des Beklagten zur Ausstellung eines ordnungsgemäßen Dienstzeugnisses, das sie nicht erhalten habe. Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Die Klägerin sei beim Beklagten aufgrund eines Konsulentenvertrages vom 1. September 1987 bis 30. September 1988 tätig gewesen. Im Anschluß daran sei ein Probedienstverhältnis als Angestellte vereinbart worden. Am 11. Oktober 1988 habe die Klägerin nach einer Auseinandersetzung mit anderen Dienstnehmern den Arbeitsplatz verlassen und daher ihrerseits das Probedienstverhältnis aufgelöst. Alle Ansprüche seien befriedigt worden.

Das Erstgericht gab dem Begehren der Klägerin auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses sowie dem Zahlungsbegehren eines Teilbetrages von 55.676,66 S brutto abzüglich 1.950 S netto statt und wies das übersteigende Zahlungsbegehren ab. Die Klägerin habe ihren Arbeitsplatz zufolge der Äußerung der Susanne Z***, daß sie ihre Sachen packen und verschwinden solle, sie wolle sie (die Klägerin) wegen ihrer Eskapaden im ganzen Leben nicht mehr sehen, verlassen. Diese Äußerungen seien als Ausspruch der Entlassung zu qualifizieren und dem Beklagten auch zuzurechnen, zumal die Klägerin aufgrund der nach den Umständen für sie erschließbaren Position Susanne Z***, die sich selbst als Prokuristin bezeichnet habe und im Konsulentenvertrag der Klägerin neben dem Beklagten als Verhandlungspartnerin namhaft gemacht worden war, keinen Anlaß haben mußte, auf die fehlende Bevollmächtigung Susanne Z*** zum Iusspruch der Entlassung zu schließen. Der Beklagte habe dies auch im nachhinein dadurch gebilligt, daß er später nichts dagegen unternommen habe. Da ein Entlassungsgrund nicht vorgelegen sei, seien die Ansprüche der Klägerin berechtigt, wobei sich diese im Rahmen des Zahlungsbegehrens allerdings nur mit einem Betrag von 55.676,66 S brutto sA abzüglich 1.950 S netto errechneten. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Die Äußerung Z***, die Klägerin solle ihre Sachen packen und verschwinden, sei, da sie im Zusammenhang mit aus dem Geschäft resultierenden Vorwürfen erhoben worden sei, eindeutig als Entlassung zu werten. Die Frage, wer für diese Erklärung einzustehen habe, sei zu Lasten des Beklagten zu beantworten. Aus dem Konsulentenvertrag und dem übrigen Verhalten des Beklagten habe die Klägerin den Eindruck gewinnen können, Z*** nehme im Betrieb des Beklagten eine Stellung ein, die sie auch berechtige, Dienstverhältnisse zu lösen. Z*** habe im Betrieb insofern eine Sonderstellung gehabt, als sie für den Großhandel und die EDV zuständig sowie für Außendienst federführend gewesen sei. Außerdem habe der Beklagte Susanne Z*** aufgefordert, mit der Klägerin in Personalangelegenheiten zu sprechen und ein Fehlverhalten der Klägerin abzustellen. Z*** habe auch am 11. Oktober 1988 bei dem Gespräch mit der Klägerin den Eindruck erweckt, im Auftrag des Beklagten zu handeln, da sie der Klägerin Verfehlungen vorgeworfen habe, die ihr nur vom Beklagten mitgeteilt worden sein konnten. Aufgrund des äußeren Tatbestandes habe die Klägerin der berechtigten Meinung sein können, Z*** handle im Auftrag des Beklagten, zumindest aber mit seiner Zustimmung. Wenn Z*** ihr Mandat überschritten habe, so habe der Beklagte das Risiko dafür zu tragen. Für die Klägerin habe kein Anlaß dafür bestanden, sich beim Beklagten zu erkundigen, ob Z*** in seinem Sinn gehandelt habe. Ebensowenig sei erforderlich gewesen, daß sie sich etwa arbeitsbereit erklärt hätte, weil sie von einem Vertreter des Dienstgebers weggeschickt worden sei. Damit sei auch der Konsulentenvertrag aufgelöst worden; dies zumindest konkludent dadurch, daß der Beklagte alle der Klägerin für die Verkostung zur Verfügung gestellten Fahrnisse am 13. Oktober 1988 habe abholen lassen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus den Revisionsgründen der Aktenwidrigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Die Klägerin hat sich in ihrem Vorbringen darauf gestützt, von Susanne Z*** entlassen worden zu sein. Der Beklagte hat sich darauf beschränkt, den Ausspruch der behaupteten Entlassung zu bestreiten. Das Verfahren hat jedoch ergeben, daß Susanne Z*** der Klägerin gegenüber eine Erklärung abgab, die nach den Umständen nur als Ausspruch der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses qualifiziert werden kann. Obwohl die Klägerin ausdrücklich die Entlassung durch Z*** behauptet hatte, hat der Beklagte nicht etwa vorgebracht, daß diese dazu nicht berechtigt gewesen sei. Für eine fehlende Berechtigung zum Ausspruch der Entlassung durch eine andere Person als den Arbeitgeber trägt dieser aber die Behauptungs- und Beweislast. Eine allfällige Rechtsunwirksamkeit der Entlassungserklärung Susanne Z*** infolge fehlender Berechtigung war daher mangels hierüber vorliegender Prozeßbehauptungen des Beklagten nicht zu prüfen. Damit erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit den Ausführungen der Revision, die ausschließlich diese Frage zum Gegenstand haben ebenso wie die Frage eines vom Beklagten zu verantwortenden äußeren Tatbestandes. Es ist daher davon auszugehen, daß das Dienstverhältnis der Klägerin durch Entlassung beendet wurde. Entlassungsgründe hat der Beklagte nicht geltend gemacht. Die von den Vorinstanzen zuerkannten Ansprüche der Klägerin - in der Revision wird die Höhe der zuerkannten Beträge ebensowenig bekämpft wie die Entscheidung über die Ausstellung des Dienstzeugnisses - bestehen daher zu Recht. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E19612

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:009OBA00304.89.1206.000

Dokumentnummer

JJT_19891206_OGH0002_009OBA00304_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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