TE OGH 1989/12/6 14Os145/89

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Veröffentlicht am 06.12.1989
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 6.Dezember 1989 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kluwik als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Rupert Sigmund H*** wegen des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1, zum Teil auch Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 15.Juni 1989, GZ 34 Vr 1.684/88-21, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Bassler, und des Verteidigers Dr. Martin Prunbauer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Rupert Sigmund H*** wurde des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1, zum Teil auch Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in Salzburg Nachgenannten mit Gewalt gegen ihre Person fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar

1. am 29.April 1988 dem Adolf H***, indem er ihn mit einer Hand gewaltsam an die Wand drückte, mit der anderen dessen Geldbörse mit 360 S Bargeld aus der Gesäßtasche zog und an sich nahm, wobei dieser Raub ohne Anwendung erheblicher Gewalt an einer Sache geringen Wertes begangen wurde; und

2. am 12.Juli 1988 dem Elmar S***, indem er ihm zwei Faustschläge ins Gesicht versetzte, ihm die Geldbörse aus der Hosentasche nahm und daraus einen Bargeldbetrag von 140 S an sich brachte.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 5, 5 a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO, der jedoch keine Berechtigung zukommt. Ob der Angeklagte zum Zeitpunkt des an Elmar S***

begangenen Raubes (Faktum 2.) noch im Besitz von eigenem Bargeld war oder nicht, ist nicht entscheidend, zumal das Erstgericht eine gänzliche Bargeldlosigkeit des Beschwerdeführers keineswegs als Tatmotiv angenommen und auch sonst aus der finanziellen Lage des Angeklagten zur Tatzeit keinerlei Schlußfolgerungen gezogen hat. Daß im Urteil aus einem offenkundigen Mißverständnis in diesem Zusammenhang als Verantwortung des Angeklagten eine von ihm selbst in Wahrheit niemals aufgestellte Behauptung wiedergegeben wird, beim "Handdrücken" im "Sportlerstüberl" von S*** 250 S gewonnen zu haben (US 9; vgl. aber S 51 f., 63 ff., 117), stellt zwar eine Aktenwidrigkeit dar, die freilich vom Beschwerdeführer gar nicht gerügt wird, mangels Entscheidungsrelevanz aber jedenfalls dahingestellt bleiben kann, zumal sich daraus auch keine erheblichen Bedenken (Z 5 a) gegen die tatrichterlichen Beweiserwägungen ergeben. Da es auf das tataktuelle Vorhandensein von eigenen Barmitteln des Angeklagten nicht ankommt, muß auch nicht darauf eingegangen werden, ob die Feststellung mängelfrei begründet (Z 5) und unbedenklich (Z 5 a) ist, daß die Zeche im erwähnten Lokal von S*** bezahlt worden ist und der Beschwerdeführer dazu keinen Beitrag geleistet hat (US 6, 8). Entscheidend ist vielmehr - und dies wird von der Beschwerde gar nicht bestritten -, daß das Erstgericht auf Grund der ihm glaubwürdig erschienenen Aussage des Zeugen S***, die auch in den Angaben des Zeugen

K*** eine gewisse Stütze fand (US 8), als erwiesen

angenommen hat, daß das Tatopfer zur Tatzeit noch im Besitz der ihm sodann vom Angeklagten weggenommenen 140 S war (US 9). Ob es zutrifft, daß der Angeklagte - wie das Erstgericht feststellt (US 6) - dem wehrlos am Boden liegenden Elmar S*** auch einen Schlüsselbund aus der Hosentasche genommen hat, kann gleichfalls dahingestellt bleiben, weil Gegenstand des Schuldspruchs nur die Wegnahme des Bargeldbetrages ist. Der insoweit erhobene Einwand unzureichender Begründung (Z 5) bezieht sich daher nicht auf eine entscheidungswesentliche Tatsache.

Rechtliche Beurteilung

Welche Schlußfolgerungen aus dem festgestellten (US 7) Umstand zu ziehen wären, daß der Schlüsselbund gefunden worden ist und sich darauf noch weitere Schlüssel befanden, deren Herkunft nicht geklärt werden konnte, läßt der Beschwerdeführer in seinem Rechtsmittel offen. Erhebliche Bedenken (Z 5 a) gegen die entscheidende Tatsache der Geldwegnahme lassen sich auch daraus nicht ableiten. Unerheblich ist ferner, ob der Zeuge S*** die Verletzungen im Gesicht durch Faustschläge (US 7) oder einen Fußtritt des Angeklagten erlitten hat. Darüber besteht - dem Beschwerdevorbringen (Z 5) zuwider - auch gar kein Widerspruch zwischen den Angaben des Zeugen bei der Polizei (S 43) und in der Hauptverhandlung (S 123), hat er doch die zunächst ohnedies nur vermutete Möglichkeit, auch einen Fußtritt abbekommen zu haben, sodann bloß mit anderen Worten weiterhin in Frage gestellt. Die Beschwerdebehauptung, der Zeuge S*** habe erst nach zwei Tagen Anzeige erstattet, widerspricht der Aktenlage, wonach er den Vorfall bereits am 13.Juli 1988 um 8.00 Uhr, sohin neun Stunden später im Wachzimmer Lehen meldete (S 43). Urteilsfremd ist auch, daß Täter und Opfer nach der Tat (gleichsam einträchtig) "eine längere Strecke Weges gemeinsam gegangen" sind. Die Tatsache aber, daß S*** dem Beschwerdeführer nach der Tat gefolgt (und nicht geflüchtet) ist, ihn eingeholt hat und - nachdem er ihn vergeblich zur Geldrückgabe aufgefordert hatte - neben ihm hergegangen ist, blieb entgegen der Beschwerdebehauptung keineswegs unberücksichtigt, wurde vielmehr im Urteil ausdrücklich gewürdigt (US 7, 9/10).

Erörterungsbedürftige Widersprüche (Z 5) in den Angaben des Zeugen Adolf H*** (Faktum 1.) vor dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung liegen nicht vor. Bei beiden Gelegenheiten schilderte der Zeuge den Tatablauf dem Sinne nach übereinstimmend dahin, daß ihn der Angeklagte mit einer Hand an der Schulter erfaßt, gegen eine Wand gedrückt und ihm im selben Augenblick mit der anderen Hand die Geldbörse aus der Gesäßtasche gezogen habe, sodaß er infolge der Schnelligkeit des - nach seiner subjektiven Einschätzung jedenfalls nicht länger als einige Sekunden dauernden - Geschehensablaufs überhaupt keine Reaktion setzen konnte (S 26, 27; 130, 131). Die Urteilsfeststellung, wonach der Angeklagte den H*** einige Sekunden gegen die Wand gedrückt hat (US 11), ist sohin frei von Begründungsmängeln.

Einer gesetzmäßigen Ausführung entbehrt die Rechtsrüge (Z 10) betreffend den Schuldspruch wegen Raubes zum Nachteil des Elmar S*** (2.), mit welcher der Beschwerdeführer unter Hinweis auf seine Ausführungen zur Tatsachenrüge sein Verhalten bloß als Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB beurteilt wissen will. Denn mit diesem Vorbringen setzt er sich über die Konstatierungen des Schöffensenates hinweg, wonach er mit der von ihm ausgeübten Gewalt erfolgreich darauf abzielte, dem Tatopfer mit Bereicherungsvorsatz 140 S Bargeld wegzunehmen.

Gleiches gilt für den entsprechenden Einwand (Z 10) des Beschwerdeführers gegen den Schuldspruch wegen Raubes an Adolf H*** (1.), wonach sein Tatverhalten mangels eines generellen Abwehrwillens des Genannten einerseits, und weil andererseits er selbst nur unter Ausnützung des Überraschungsmoments und ohne einen Widerstand des Opfers zu erwarten, gehandelt habe, bloß als Vergehen des Diebstahls nach § 127 StGB zu beurteilen sei. Denn demgegenüber stellte das Erstgericht ausdrücklich fest, daß der Angeklagte von vornherein beschlossen hatte, Adolf H*** unter Gewaltanwendung Geld wegzunehmen, wobei er nicht davon ausging, das Opfer werde ohne Widerstand das Ziehen der Geldbörse und die Entnahme des Geldbetrages gestatten (US 11). Diesem Tatplan folgend drückte der Angeklagte sodann den überraschten Adolf H***, der überdies durch das Tragen eines Hundes in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt war, von hinten gegen eine Wand, entnahm dessen Gesäßtasche die Geldbörse und dieser deren Inhalt, wobei die Tat, noch ehe H*** Widerstand leisten konnte, vollendet war (US 5, 11). Soweit der Beschwerdeführer aber bei dieser Sachlage das Vorliegen von tatbestandsmäßiger Gewaltanwendung gegen eine Person im Sinne des § 142 StGB überhaupt bestreitet und darin bloß das Ausnützen einer durch den Überraschungseffekt geschaffenen Situation sieht, verkennt er, daß es nicht von entscheidender Bedeutung ist, ob das zu einer Willensbildung an sich fähige Opfer wegen der überraschenden Angriffsart keinen Behauptungswillen zu entwickeln und wegen der Schnelligkeit des Tatablaufs einen Abwehrentschluß gar nicht zu fassen vermochte. Genug daran, daß der Überfallene nicht von vornherein als willenlos und widerstandsunfähig anzusehen war und der Täter zwecks präventiver Brechung des zu erwartenden Widerstandswillens des Tatopfers unmittelbar auf dessen Körper einwirkte und sich nicht bloß auf eine Sachwegnahme durch unvermutetes Ergreifen der Beute beschränkte (vgl. Mayerhofer-Rieder, StGB3, E 10 zu § 142).

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte Rupert Sigmund H*** nach §§ 28 Abs. 1, 142 Abs. 1 StGB zu einem Jahr Freiheitsstrafe, wobei es die einschlägigen Vorstrafen, die leichte Verletzung des S***, den raschen Rückfall und die Wiederholung der räuberischen Angriffe als erschwerend, als mildernd hingegen ein Teilgeständnis (hinsichtlich der Gewaltanwendung gegen S***) und den geringen Schaden wertete.

Die dagegen gerichtete Berufung des Angeklagten, mit der er die Verhängung einer Geldstrafe nach § 37 (Abs. 2) StGB anstrebt, ist unbegründet. Sein einziges Argument, daß die Tat zum Nachteil des H*** nicht als Raub sondern nur als Diebstahl zu beurteilen sei, geht am tatsächlichen Inhalt des Schuldspruches vorbei. Im übrigen hat das Schöffengericht die Strafbemessungsgründe richtig und vollständig aufgezählt und auch zutreffend bewertet. Die Milderungsgründe überwiegen keineswegs die Erschwerungsgründe. Auch die Verhaltensprognose ist ungünstig. Es liegen somit die gesetzlichen Voraussetzungen zur Unterschreitung der im Gesetz angedrohten Mindeststrafe von einem Jahr nicht vor (§ 41 StGB). Die Verhängung einer Geldstrafe an Stelle einer Freiheitsstrafe (§ 37 StGB) ist aber nur dann zulässig, wenn die an sich verwirkte Freiheitsstrafe nicht mehr als sechs Monate beträgt. Es war daher auch der Berufung ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E19171

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1989:0140OS00145.89.1206.000

Dokumentnummer

JJT_19891206_OGH0002_0140OS00145_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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