Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch, Dr.Huber, Dr.Schwarz und Dr.Graf als Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Verein "G*** N***", 1110 Wien, Simmeringer Hauptstraße 289, vertreten durch Dr.Werner Brandstetter, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Josef K***, Angestellter, 2.) Augustine K***, Angestellte, beide 1110 Wien, Simmeringer Hauptstraße 289/11/347,
3.) Eva-Maria K***, Angestellte, 1160 Wien,
Seitenberggasse 30-32, und 4.) Margarete K***, Pensionistin, 1030 Wien, Obere Bahngasse 6/1/6, alle vertreten durch Dr.Erich Kadlec, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einwilligung zu einer grundbücherlichen Einverleibung infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 20.Dezember 1988, GZ 12 R 233/88-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 23.Juni 1988, GZ 4 Cg 262/86-15, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das erstgerichtliche Urteil wieder hergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 7.817,31 (einschließlich S 707,21 Umsatzsteuer und S 38 sonstige Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 10.555,52 (einschließlich S 925,92 Umsatzsteuer und S 5.000 sonstige Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagten Parteien kauften von der S*** W*** die Liegenschaften EZ 1839 (erst- und zweitbeklagte Partei je zur Hälfte) und EZ 1841 (dritt- und viertbeklagte Partei je zur Hälfte), der KG Kaiserebersdorf. In Punkt VII. der Kaufverträge verpflichteten sich die beklagten Parteien, eine bestimmte Wegefläche straßenmäßig herzustellen, zu erhalten, zu beleuchten, zu reinigen und auf ihr den öffentlichen Verkehr sowie die Herstellung, Erhaltung und Benützung von Aufschließungsleitungen im Bereich derselben zu dulden und diese Verpflichtung auf ihre Rechtsnachfolger im Eigentum an dieser Liegenschaft zu überbinden; zwecks Erfüllung dieser Verpflichtungen erklärten sie sich bereit, der für die Durchführung dieser Aufgaben gegründeten Interessengemeinschaft "G*** N***" beizutreten. Ohne diesen Beitritt hätten die Kaufverträge nicht rechtswirksam abgeschlossen werden können.
Die Beklagten unterzeichneten demgemäß auch die "Vereinbarung der Interessengemeinschaft G*** N***" (dem erstgerichtlichen Urteil als Beilage ./B angeschlossen). Darin sind Regelungen über die Benützung der Gemeinschaftsanlagen sowie das Verhalten auf den eigenen Grundstücken getroffen. In Punkt VII. dieser Vereinbarung wurde festgehalten, daß die jeweils gültigen Satzungen der G*** N*** und die jeweils gültige
Gartenordnung als Bestandteil dieser Vereinbarung gelten.
Punkt XI. dieser Vereinbarung lautet:
"Zur Sicherstellung der Erfüllung der von den Gartensiedlern in dieser Vereinbarung übernommenen Verpflichtungen
1) räumen die Gartensiedler dem Verein folgende Rechte ein:
a) Jeder Gartensiedler, der gegen diese Vereinbarung verstößt, ist - abgesehen vom Ersatz eines allfälligen
Schadens - verpflichtet, an den Verein eine Konventionalstrafe im Höchstbetrag von S 50.000 zu bezahlen; näheres regelt die Vereinssatzung;
diese Konventionalstrafe ist grundbücherlich sicherzustellen und auf die heutige Kaufkraft wertgesichert; als Wertmesser gilt der vom Statistischen Zentralamt verlautbarte Verbraucherindex 1976 oder ein an dessen Stelle tretender Ersatzindex mit der Ausgangsbasis Juni 1981;
b) Jeder Gartensiedler ist verpflichtet, alle zur grundbücherlichen Eintragung der Konventionalstrafe erforderlichen Urkunden zu unterfertigen;
2)...........".
Der klagende Verein "G*** N***" begehrte die Verurteilung der beklagten Parteien, sie seien schuldig, einzuwilligen, daß in Ausführung des Punktes VII. des Kaufvertrages und der mit dem Verein "G*** N***" abgeschlossenen
Vereinbarung ob den ihnen - den Beklagten - gehörenden Liegenschaften das Pfandrecht für eine Konventionalstrafe von S 50.000 zugunsten der klagenden Partei einverleibt werde. Die beklagten Parteien wendeten ein, die Klagebegehren seien unschlüssig, weil sie sich aus den vorgelegten Urkunden (Verträgen) nicht ableiten ließen. Der Generalversammlungsbeschluß der klagenden Partei, in der die Vereinbarung der Interessengemeinschaft genehmigt worden sei, sei nicht zustande gekommen, jedenfalls als Knebelungsbestimmung aber sittenwidrig und rechtsunwirksam. Das Erstgericht wies die Klagebegehren mit der wesentlichen Begründung ab, die Interessengemeinschaft "G***
N***" sei mit dem klagenden Verein nicht identisch. Da aber die Beschlußfassung in der Generalversammlung sowohl über die Namensänderung als auch über die genannte Vereinbarung statutenwidrig gewesen sei, könne sich die klagende Partei darauf nicht berufen.
Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der klagenden Partei teilweise Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil insoweit in klagestattgebendem Sinn ab, als es die beklagten Parteien schuldig erkannte, auf Grund des Punktes XI. der Vereinbarung der Interessengemeinschaft "G*** N***" in die Einverleibung eines Pfandrechtes für eine Konventionalstrafe im Höchstbetrag von S 50.000 auf ihren Liegenschaften für die klagende Partei einzuwilligen. Das Mehrbegehren, daß diese Einwilligung auch in Ausführung des Punktes VII. des Kaufvertrages der Beklagten mit der S*** W*** zu geschehen hätte, wies auch das Berufungsgericht ab.
Das Berufungsgericht sprach ferner aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es äbändernd entschied, bei jeder beklagten Partei S 15.000, nicht aber S 300.000 übersteige, derjenige, über den es bestätigend entschied, bei jeder beklagten Partei nicht S 60.000 übersteige. Aus den Entscheidungsgründen folgt, daß das Berufungsgericht durch diesen Ausspruch auch zum Ausdruck bringen wollte, daß der Gesamtstreitwert hinsichtlich jeder beklagten Partei S 300.000 nicht übersteigt.
Schließlich sprach das Berufungsgericht noch aus, daß die Revision gegen den abändernden Teil seiner Entscheidung mangels Erfüllung der in § 502 Abs 4 Z 1 ZPO vorgesehenen Voraussetzungen nicht zulässig sei.
Rechtlich führte das Berufungsgericht aus:
Bei der von den Beklagten in der Vereinbarung der Interessengemeinschaft "G*** N***" dem Verein
zugesagten Konventionalstrafe handle es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter, aus dem die klagende Partei gemäß § 881 Abs 2 ABGB unmittelbar berechtigt werde, ohne daß es eines satzungsgemäßen Beschlusses auf Annahme dieser Zusage bedürfe. Eine Sittenwidrigkeit oder ein unzulässige Knebelungsbestimmung liege nicht vor, weil die beklagten Parteien von niemandem gezwungen worden seien, die Vereinbarung Beilage ./B abzuschließen oder von der S*** W*** Grundstücke käuflich zu erwerben. Allerdings enthalte der mit der S*** W*** abgeschlossene Kaufvertrag keine Vereinbarung einer Konventionalstrafe, so daß auf dieser Grundlage die Einverleibung eines Pfandrechtes nicht erfolgen könne und insoweit das erstgerichtliche klageabweisende Urteil bestätigt werden müsse.
Rechtliche Beurteilung
Gegen den abändernden Teil der berufungsgerichtlichen Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten, die zulässig und berechtigt ist.
1.) Zur Zulässigkeit:
Abgesehen davon, daß zum Rechtsproblem der Zulässigkeit einer Höchstbetragshypothek (obgleich das Klagebegehren auf Zustimmung zur Einverleibung einer Verkehrshypothek gerichtet gewesen war) für eine Konventionalstrafe unbestimmter Höhe bei Verstößen gegen vertragliche Pflichten - zumindest im Zeitpunkt der Zusage der Konventionalstrafe - nicht konkretisierten Inhaltes eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt, das pfandrechtliche Spezialitätsprinzip bei der gewählten Form einer (offenbar von den Vereinsorganen zu verhängenden) Konventionalstrafe, nicht ohne weiteres gewahrt erscheint und der Frage der Sittenwidrigkeit der solcherart vereinbarten Konventionalstrafe (wegen der Möglichkeit weiterer Eigentumsübertragungen an Kleingärten durch eine Gebietskörperschaft unter der Bedingung, daß der Erwerber einem Verein beitritt, der von ihm die Übernahme der Verpflichtung zur Leistung solcher Konventionalstrafen verlangt), eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen könnte, wurde vom Berufungsgericht nicht die erforderliche Abgrenzung einer Konventionalstrafe von einer Vereinsstrafe vorgenommen, obwohl dies im Hinblick auf die durch § 14 Abs 2 GBG eingeschränkte Möglichkeit der Begründung von Höchstbetragshypotheken von entscheidender Bedeutung ist.
Die Revision ist daher, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes, zulässig.
2.) Zur Rechtsrüge:
Punkt XI. der Vereinbarung Beilage ./B ist keine geeignete Grundlage für die Einverleibung einer Verkehrshypothek, weil darin keine "Konventionalstrafe" in bestimmter oder zumindest bestimmbarer Höhe für ein bestimmtes Verhalten vereinbart wurde, sondern bloß ein Höchstbetrag, in dessen Rahmen sich die nach der Vereinssatzung, zum Teil sogar wegen eines erst durch diese oder die in Zukunft zu erlassende Gartenordnung pönalisierten Verhaltens, zu verhängenden (also von einem konstitutiven Akt der Vereinsorgane abhängigen) Strafen halten müssen. Die von der klagenden Partei zur Begründung ihres Begehrens herangezogenen Urkunde reichte daher schon deswegen für die Begründung eines Pfandrechtes für eine Konventionalstrafe von S 50.000 (wie begehrt) nicht aus.
Gemäß der in § 14 Abs 2 GBG enthaltenen erschöpfenden Aufzählung (SZ 44/121 ua) ist eine Höchstbetragshypothek nur für Forderungen, die aus einem gegebenen Kredite, aus einer übernommenen Geschäftsführung oder aus dem Titel der Gewährleistung oder des Schadenersatzes entstehen können, zulässig. Zur Sicherstellung einer Konventionalstrafe (iS des § 1336 ABGB) wurde die Einverleibung einer Höchstbetragshypothek deswegen als zulässig angesehen, weil es sich dabei um einen vertragsmäßig übernommenen (pauschalierten) Schadenersatz handelt (s Feil, Grundbuchsgesetz 93; NZ 1930, 24). Es ist daher zu prüfen, ob die mit dem Ausdruck "Konventionalstrafe" in Punkt XI. der Vereinbarung Beilage ./B bezeichnete Verpflichtung der Beklagten wirklich eine Konventionalstrafe im Sinne des dieses Rechtsinstitut regelnden § 1336 ABGB ist. Dies ist aus folgenden Gründen zu verneinen:
Während die Konventionalstrafe, die typischerweise für einen bestimmten Fall in bestimmter Höhe vereinbart wird und mit dem Eintritt dieses Falles ohne weiteres verwirkt ist, zwei Funktionen hat, nämlich die Ausübung indirekten Erfüllungszwanges und die Pauschalierung des Schadenersatzes, kommt der Vereinsstrafe, die für ein bestimmtes Verhalten bis zu einer bestimmten Höhe angedroht und bei Beobachtung dieses Verhaltens von einem Vereinsorgan innerhalb des Strafrahmens je nach den Umständen des Einzelfalles in bestimmter Höhe verhängt wird, nur die erstgenannte Funktion zu. Die Vereinsstrafe bringt typischerweise eine Mißbilligung zum Ausdruck. Sie ist die Reaktion einer solzialen Gruppe auf das Verhalten eines ihrer Mitglieder, das mit den Gruppenanforderungen in Widerspruch steht (so SZ 54/16 mwN). Demnach ist die in Punkt XI. der bereits mehrfach genannten Vereinbarung vorgesehene Konventionalstrafe in Wahrheit eine sogenannte Vereinsstrafe, die neben dem Ersatz eines allfälligen Schadens aufgrund ihrer Verhängung durch die zuständigen Organe zu zahlen ist.
Hiefür ist aber das Rechtsinstitut der Höchstbetragshypothek nicht vorgesehen. Zutreffend machten die Beklagten daher die Unschlüssigkeit des Klagebegehrens geltend. Ihrer Revision war schon deshalb Folge zu geben, ohne daß auf die anderen oben genannten erheblichen Rechtsfragen Antwort gegeben werden muß. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E19814European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0080OB00727.89.1214.000Dokumentnummer
JJT_19891214_OGH0002_0080OB00727_8900000_000