Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Pflegschaftssache der mj. Kinder Simon Martin B***, geboren am 28. Jänner 1977, und Christian Gerhard B***, geboren am 14. Dezember 1978, beide wohnhaft in 217 Grace Avenue, Box 82 KOA 3 BO Russel, Ontario, Kanada, infolge Revisionsrekurses des Vaters Dr. Martin B***, Pädagoge, RR 3, Russel, Ontario, Kanada, vertreten durch Dr. Peter Karl Wolf, Dr. Felix Weigert und Dr. Andreas Theiss, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgericht vom 6. Juli 1989, GZ R 555/89-6, womit infolge Rekurses der Mutter Elke B***, 217 Grace Avenue, Box 82 KOA 3 BO Russel, Ontario, Kanada, vertreten durch Dr. Christian H***, Arzt, 8924 Wildalpen 17, dieser vertreten durch Dr. Christoph Rogler, Rechtsanwalt in Steyr, der Beschluß des Bezirksgerichtes Gmunden vom 22. Mai 1989, GZ P 207/86-3, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Am 18.8.1986 gab die österreichische Staatsbürgerin Elke B*** beim Bezirksgericht Gmunden den Antrag zu Protokoll, die Zustimmung des Dr. Martin B***, des ehelichen Vaters ihrer mj. Kinder Simon Martin und Christian Gerhard B***, die kanadische Staatsbürger sind, zur beantragten Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an diese durch Gerichtsbeschluß zu ersetzen. Mit Beschluß vom 22.8.1986 erklärte sich das Bezirksgericht Innere Stadt Wien, an das der Antrag zuständigkeitshalber abgetreten worden war, für unzuständig, weil die Minderjährigen im Zeitpunkt der Antragstellung ihren Aufenthalt im Inland (Ferienaufenthalt bei der mütterlichen Großmutter in Altmünster) im Sprengel des Bezirksgerichtes Gmunden gehabt hätten; der P-Akt wurde dem Bezirksgericht Gmunden rückgemittelt. Dieses Bezirksgericht erklärte sich nun mit Beschluß vom 24.11.1987 infolge fehlender inländischer Gerichtsbarkeit für unzuständig; unter einem erklärte es das vorangegangene Verfahren für nichtig.
Am 22.2.1988 langte beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien ein neuer Antrag der Elke B*** ein, die Zustimmung des Vaters der Kinder zur beantragten Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an diese durch Gerichtsbeschluß zu ersetzen. Mit Beschluß vom 27.7.1988 erklärte sich auch dieses Bezirksgericht infolge fehlender inländischer Gerichtsbarkeit für unzuständig; das vorangegangene Verfahren wurde für nichtig erklärt. Der dagegen von der Mutter Elke B*** erhobene Rekurs wurde vom Landesgericht für ZRS Wien am 18.11.1988 als verspätet zurückgewiesen. Am 10.2.1989 langte beim Bezirksgericht Gmunden ein Antrag der Kinder, vertreten durch ihre Mutter Elke B***, ein, die Zustimmung des Vaters der Kinder zur beantragten Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an diese durch Gerichtsbeschluß zu ersetzen. Das Bezirksgericht Gmunden erachtete sich neuerlich wegen fehlender inländischer Gerichtsbarkeit für unzuständig und das vorangegangene Verfahren für nichtig; es führte aus:
Gemäß § 19 Abs 2 StbG 1965 sei der Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft eines nicht eigenberechtigten Fremden für ihn entweder von seinem gesetzlichen Vertreter persönlich oder mit dessen Zustimmung von ihm selbst oder einer dritten Person zu unterfertigen. Gemäß § 19 Abs 3 StbG 1965 könne diese Zustimmung im Fall der Weigerung des gesetzlichen Vertreters durch das Gericht ersetzt werden, wenn die Verleihung der Staatsbürgerschaft aus erzieherischen, beruflichen oder anderen wichtigen Gründen dem Wohl des Fremden diene. Die Zuständigkeit des österreichischen Gerichtes richte sich dabei nach § 109 JN, wobei die inländische Gerichtsbarkeit gemäß § 110 Abs 1 JN aber nur dann gegeben sei, wenn der Minderjährige österreichischer Staatsbürger sei oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder, soweit es um dringende Maßnahmen gehe, zumindest seinen Aufenthalt im Inland habe oder Vermögen im Inland habe, soweit es um dieses Vermögen betreffende Maßnahmen gehe.
Im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, daß die beiden antragstellenden Kinder ebenso wie der eheliche Vater die kanadische Staatsbürgerschaft besäßen und ebenso wie der Vater und die Mutter ständig in Kanada lebten und dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt hätten. Lediglich die Mutter besitze die österreichische Staatsbürgerschaft. Da es sich bei den Kindern somit um ausländische Minderjährige handle, wäre die inländische Gerichtsbarkeit in Österreich nur dann gegeben, wenn die Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder im Falle dringender Maßnahmen zumindest ihren Aufenthalt in Österreich hätten. Dies treffe jedoch nicht zu. Der Aufenthalt einer Person bestimme sich gemäß § 66 Abs 2 JN ausschließlich nach tatsächlichen Umständen. Bei der Beurteilung, ob ein Aufenthalt als gewöhnlicher Aufenthalt anzusehen sei, seien seine Dauer, seine Beständigkeit sowie andere Umstände persönlicher oder beruflicher Art zu berücksichtigen, die dauerhafte Beziehungen zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt anzeigen. Der bloße Umstand, daß die Kinder vor einiger Zeit einen kurzen Urlaub in Österreich verbracht hätten, reiche zur Begründung des gewöhnlichen Aufenthaltes keineswegs aus, zumal auch von vornherein festgestanden sei, daß sie nach kurzer Zeit wieder nach Kanada zurückkehren würden. Es würde durch den Kurzurlaub aber nicht einmal ein Aufenthalt im Sinne des § 110 Abs 1 Z 2 JN begründet worden sein, sodaß die inländische Gerichtsbarkeit auch im Fall erforderlicher dringender Maßnahmen nicht gegeben wäre, ganz abgesehen davon, daß im vorliegenden Fall eine Dringlichkeit nicht vorliege und seitens der Antragsteller auch gar nicht behauptet worden sei. Selbst unter der Annahme, daß durch den Kurzurlaub der Antragsteller in Österreich ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet worden wäre, müßte nun das Vorliegen der inländischen Gerichtsbarkeit verneint werden, weil die Antragsteller bereits wieder nach Kanada zurückgereist seien und somit die für eine Zuständigkeit maßgebenden Umstände, falls sie jemals vorgelegen hätten, nicht mehr gegeben seien. Der Grundsatz des § 29 JN (perpetuatio fori) gelte nämlich nicht für die inländische Gerichtsbarkeit. Schließlich könne das Gericht von der Einleitung oder Fortsetzung des Verfahrens absehen, wenn es sich um einen ausländischen Minderjährigen handle, soweit und solange durch die im Ausland getroffenen oder zu erwartenden Maßnahmen die Rechte und Interessen des Minderjährigen ausreichend gewahrt würden. Es sei somit gemäß § 42 Abs 1 JN der Mangel der inländischen Gerichtsbarkeit wahrzunehmen und die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes sowie die Nichtigkeit des vorangegangenen Verfahrens auszusprechen gewesen.
Mangels ausreichender Anknüpfungspunkte für eine inländische Zuständigkeit müßten die Antragsteller versuchen, ihr Anliegen in ihrem Heimatstaat Kanada durchzusetzen, zumal ihr Personalstatut zweifellos das kanadische Recht sei und auch die stärkere Beziehung zu ihrem Heimatstaat Kanada bestehe.
Ergänzend sei auszuführen, daß durch den Umstand, daß die Mutter Elke B*** seit 12.11.1987 wieder unter der Anschrift ihrer Mutter in Altmünster gemeldet sei, eine Zuständigkeit des Bezirksgerichtes Gmunden nicht begründet werden könne, zumal Erhebungen ergeben hätten, daß Elke B*** letztmals im August 1986 in Österreich war und sich daher zum Zeitpunkt ihrer neuerlichen Anmeldung in Altmünster nicht in Österreich, sondern in Kanada befand. Wie ihre Mutter Erna H*** erklärt habe, habe die Mutter Elke B*** den Meldezettel in Kanada unterschrieben und im Postweg dem Gemeindeamt Altmünster übersendet, sodaß es sich ganz offensichtlich nur um eine Scheinanmeldung handle, durch die eine inländische Gerichtsbarkeit keineswegs begründet werden könne.
Das Kreisgericht Wels sprach in teilweiser Stattgebung des Rekurses der Mutter Elke B*** aus: 1.) Das Bezirksgericht Gmunden sei für die Entscheidung über den Antrag der Mutter Elke B*** gemäß § 19 Abs 3 StbG 1965, die vom Vater der mj. Kinder Simon Martin und Christian Gerhard B*** verweigerte Zustimmung zur beantragten Verleihung der Staatsbürgerschaft durch Gerichtsbeschluß zu ersetzen, unzuständig. 2.) Die Pflegschaftssache werde gemäß § 44 JN dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien überwiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Rekursgericht aus:
Simon Martin und Christian Gerhard B*** sind eheliche Kinder, kanadische Staatsbürger und in Kanada wohnhaft. Die Ehe ihrer Eltern wurde offensichtlich geschieden. Ihre Mutter Elke B*** wohnt gleichfalls in Kanada, ist österreichische Staatsbürgerin und seit längerem bemüht, daß ihre Söhne die österreichische Staatsbürgerschaft bekommen, womit aber der Vater Dr. Martin B***, gleichfalls in Kanada wohnhaft, nicht einverstanden ist. Offensichtlich möchte die Mutter mit den Kindern nach Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft nach Österreich übersiedeln. Die mütterliche Großmutter Erna H*** ist in Altmünster bei Gmunden wohnhaft. Elke B*** war bis 1981 gleichfalls in Altmünster polizeilich gemeldet. Sie war nach Mitteilung ihrer Mutter vom 28.3.1989 letztmals im August 1986 in Altmünster auf Besuch. Seit 12.11.1987 ist Elke B*** wieder unter der Anschrift ihrer Mutter in Altmünster gemeldet, wobei sie den Meldezettel in Kanada unterschrieb und von dort nach Österreich geschickt haben dürfte. Dem Erstgericht sei zuzubilligen, daß § 110 JN für die mj. Kinder Simon Martin und Christian Gerhard keine Anknüpfungspunkte bezüglich der inländischen Gerichtsbarkeit gebe, weil sie weder österreichische Staatsbürger seien noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Staatsgebiet der Republik Österreich hätten. Die Voraussetzungen des gewöhnlichen Aufenthaltes einer Person seien im § 66 Abs 2 JN näher geregelt. Gefordert würden Umstände, die dauerhafte Beziehungen zwischen einer Person und ihrem Aufenthalt begründeten. Der Ort des Aufenthaltes müsse zumindest bewußt zu einem wirtschaftlichen und faktischen Lebensschwerpunkt gemacht werden. Das sei beispielsweise dann der Fall, wenn jemand jahrelang an einem bestimmten Ort eine Fremdenpension in den Sommermonaten führe (JBl 1985, 629). Gelegentliche Verwandtenbesuche in Österreich reichten dagegen nicht aus. Allfällige nähere Bindungen der Mutter der beiden Kinder zu ihren Verwandten in Österreich seien unbeachtlich, weil § 71 JN in diesem Verfahren nicht zum Tragen komme, sei doch nach § 109 JN zu prüfen, inwiefern der Minderjährige oder sonstige Pflegebefohlene seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland habe, welcher unter anderem dann gegeben sein könne, wenn ein ausländischer Minderjähriger über einen längeren Zeitraum eine österreichische Schule besuche und in einem Internat wohnhaft sei. Entgegen der Meinung des Erstgerichtes sei aber § 19 Abs 3 StbG 1965 eine lex specialis zu § 110 JN, mit der ein Fall ausschließlicher inländischer Gerichtsbarkeit geschaffen werde. Dies habe der Gesetzgeber mit der Novelle 1983 zum Staatsbürgerschaftsgesetz 1965 ohne jeglichen Zweifel dadurch erreichen wollen, daß er im § 19 Abs 3 letzter Satz zwischen den Worten "jenes Gericht" das Wort "inländische" eingefügt habe (Ringhofer, StbG idF der Novelle 1983, 65 f; JABl 1983/77). Es solle also die österreichische Staatsbürgerschaft der mj. Kinder fingiert werden, um sicherzustellen, daß die inländische Gerichtsbarkeit nunmehr auch nach § 110 JN gegeben sei. Damit sei klargestellt, daß ein österreichisches Gericht darüber entscheiden könne, ob die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft schließlich dem Wohl eines Fremden diene.
Sei, wie im konkreten Fall, die inländische Gerichtsbarkeit gegeben, dann richte sich die Zuständigkeit des österreichischen Gerichtes nach § 109 JN. Daß die mj. Kinder B*** in Österreich keinen gewöhnlichen Aufenthalt hätten, sei bereits ausgeführt worden. Da diese nach dem Antrag der Mutter letztmalig im Sommer 1986 in Österreich gewesen seien, scheide auch eine Anknüpfung an den Aufenthalt im Inland (das sei der Ort, an dem sich eine Person im Inland, gleichgültig, ob erlaubt oder unerlaubt, freiwillig oder unfreiwillig, befinde: Fasching, Lehrbuch Rz 277; es genüge demnach eine rein körperliche Anwesenheit zu Urlaubszwecken: EFSlg 54.937) aus. Diese Voraussetzungen seien deshalb nicht gegeben, weil eben die Kinder seit Jahren nicht mehr in Österreich auf Besuch gewesen seien. Da auch die Mutter ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Österreich habe, sei letztlich das Bezirksgericht Innere Stadt Wien zuständig.
Gemäß § 44 Abs 1 JN sei die gegenständliche Pflegschaftssache von Amts wegen an dieses Gericht zu überweisen.
Die bereits ergangenen Entscheidungen hinderten diese Vorgangsweise nicht:
Nach Lehre und Rechtsprechung komme auch Beschlüssen im außerstreitigen Verfahren im Hinblick auf § 18 Abs 1 AußStrG materielle Rechtskraft zu (Fasching, Kommentar III 699; SZ 44/181; JBl 1974, 268; NZ 1982, 77), sofern es sich dabei um Entscheidungen über Rechtsschutzansprüche über widerstreitende Interessen oder sonst um rechtsregelnde Verfügungen handle (EvBl 1966/198; JBl 1969, 93). Materielle Rechtskraft, welche die formelle Rechtskraft voraussetze, bedeute, daß die in einem Beschluß entschiedene Frage über die oben näher bezeichneten Ansprüche nicht Gegenstand eines neuen Antrags und einer neuerlichen Entscheidung sein dürfe. Allerdings komme der Rechtskraft von Entscheidungen über die Pflege und Erziehung sowie über die Besuchsrechtsausübung bezüglich mj. Kinder nur eingeschränkte Bedeutung zu. Das Gericht habe bei geänderten Verhältnissen die im Interesse der Kinder notwendigen neuen Anordnungen zu treffen. Die Entscheidungen der Pflegschaftsgerichte hätten also nur insoweit Rechtskraftwirkung, als keine Änderung der Verhältnisse eintrete. Eine solche liege nicht nur dann vor, wenn seit der Entscheidung des Gerichtes neue Tatsachen eingetreten seien, sondern auch dann, wenn Tatsachen, die zur Zeit der früheren Entscheidung zwar schon vorhanden waren, dem Gericht aber erst später bekannt geworden seien (EFSlg 47.281, 55.732). Das öffentliche Interesse an der Erzielung möglichster Rechtssicherheit und an der sparsamen Ausnützung der Tätigkeit staatlicher Behörden - der Gedanke ne bis in idem - trete also mit dem im Pflegschaftsverfahren verankerten Grundsatz des Kindeswohles (§ 178 a ABGB) in Konkurrenz.
Eine Entscheidung im Sinne des § 19 StbG 1965 darüber, ob das Gericht die vom gesetzlichen Vertreter des Kindes verweigerte Zustimmung zu ersetzen habe, wäre nach Auffassung des Rekursgerichtes nach Maßgabe der obigen, in EFSlg 47.281 und 55.732 dargelegten Beschränkungen der Rechtskraft fähig. Eine neuerliche Antragstellung wäre jedenfalls dann zulässig, wenn sich in der Zwischenzeit die Verhältnisse maßgebend geändert hätten oder wenn schon früher vorhandene Tatsachen dem Gericht erst später bekannt geworden wären.
Im gegenständlichen Fall lägen die Verhältnisse insofern anders, als es zur Fällung eines Beschlusses in der Sache selbst noch nicht gekommen sei, vielmehr lediglich über Fragen der Zuständigkeit und der inländischen Gerichtsbarkeit entschieden worden sei. Nach den obigen Ausführungen hindere der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 22.8.1986, mit dem sich dieses Gericht für unzuständig erklärt habe, die Überweisung der Pflegschaftssache an das nach Auffassung des Rekursgerichtes zuständige Bezirksgericht Innere Stadt Wien deshalb nicht, weil die mj. Kinder seit August 1986 nicht in Altmünster bzw. Österreich waren. Insofern handle es sich um den Eintritt neuer Tatsachen, die die Überweisung rechtfertigten.
Mit der Entscheidung vom 27.7.1988 habe zwar das Bezirksgericht Innere Stadt Wien infolge fehlender inländischer Gerichtsbarkeit seine Unzuständigkeit erklärt, doch sei dieser Beschluß nach der Aktenlage unmittelbar an Elke B*** und nicht an ihre Bevollmächtigte Erna H*** zugestellt worden. Nach der Rechtsprechung hätten auch im außerstreitigen Verfahren Zustellungen, wenn eine Partei einen Bevollmächtigten bestellt habe, an diesen zu erfolgen, und zwar selbst dann, wenn die bevollmächtigte Person nicht als Rechtsanwalt zugelassen sei (EFSlg 34.838, 37.165, 52.525 und 52.526).
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Die Auffassung des Rekursgerichtes, daß § 19 Abs 3 StbG 1965 idF der Novelle 1983 im Verhältnis zu § 110 JN eine lex specialis, mit welcher ein Fall ausschließlicher inländischer Gerichtsbarkeit geschaffen wird, darstellt und im gegenständlichen Fall nach § 109 JN das Bezirksgericht Innere Stadt Wien örtlich zuständig ist, wird vom Revisionsrekurswerber mit Recht nicht in Zweifel gezogen. Der Revisionsrekurswerber meint jedoch, daß die Wahrnehmung dieser Rechtslage gegen die materielle Rechtskraft der vorangegangenen Entscheidungen verstößt. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters kann gemäß § 19 Abs 3 StbG 1965 durch das Gericht ersetzt werden, wenn die Verleihung der Staatsbürgerschaft aus erzieherischen, beruflichen oder anderen wichtigen Gründen dem Wohl des Fremden dient. Ob dies der Fall ist, ist nach den jeweiligen Umständen zu entscheiden, wie sich diese dem Gericht im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellen. Es kann nun nicht gesagt werden, daß sich im gegenständlichen Fall die Verhältnisse seit den Entscheidungen vom 22.8.1986, 24.11.1987 und 27.7.1988 nicht geändert hätten. Dies ergibt sich schon aus dem zunehmenden Alter der Kinder, die nach den Angaben der Mutter einen deutschsprachigen Kindergarten besucht haben und derzeit eine deutschsprachige Wochenendschule besuchen, und der nach der gesamten Aktenlage konkreter gewordenen Absicht der Mutter, mit ihren Kindern nach Österreich zu übersiedeln. Die materielle Rechtskraft außerstreitiger Entscheidungen hält aber - wie der Revisionsrekurswerber selbst einräumt - einer nachträglichen Änderung der Verhältnisse nicht stand.
Es war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.
Anmerkung
E19514European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0050OB00649.89.1219.000Dokumentnummer
JJT_19891219_OGH0002_0050OB00649_8900000_000