Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*** P***, Wien 1, Georg-Coch-Platz 2, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wider die beklagte Partei K*** & B*** Gesellschaft mbH, Vöcklabruck, Gutenbergstraße 2, vertreten durch Dr.Franz Hitzenberger und Dr.Christian Rumplmayr, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wegen Unterlassung (Streitwert S 100.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 4.September 1989, GZ 1 R 95/89-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 18.Jänner 1989, GZ 2 Cg 301/88-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Ersturteil wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 11.358,50 bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin keine Umsatzsteuer und keine Barauslagen) binnen 14 Tagen per Exekution zu zahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin betreibt im Rahmen ihres Geschäftsbereiches den Postscheckverkehr; sie eröffnet auf Antrag für natürliche und juristische Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes, Behörden und Anstalten Scheckkonten. Jedes Scheckkonto weist eine Kontonummer und eine Kontobezeichnung auf, aus der sich der Kontoinhaber zweifelsfrei ergibt. Nach § 7 Abs 1 der "Geschäftsbestimmungen für den Scheckverkehr" sind für die Benützung des Scheckverkehrs die von der Klägerin aufgelegten Drucksorten zu verwenden, soweit nicht die Verwendung anderer Datenträger vereinbart ist. Dazu gehören auch die "P.S.K.-Erlagscheine", auf denen u.a. die zugunsten der Klägerin registrierte Marke "P.S.K." aufgedruckt ist. Diese Erlagscheine läßt die Klägerin bei Druckereien ihrer Wahl herstellen; die Druckkosten stellt sie den jeweiligen Scheckkontoinhabern in Rechnung. Wünscht ein Kontoinhaber den Druck von P.S.K.-Erlagscheinen bei einer von ihm ausgewählten Druckerei und teilt er der Klägerin diesen Wunsch bei der Anforderung der Erlagscheine unter Anschluß des schriftlichen Angebotes der Druckerei und eines Mustererlagscheins mit, dann überprüft die Klägerin den Mustererlagschein und erteilt im Fall seiner Fehlerfreiheit üblicherweise der vom Kontoinhaber gewünschten Druckerei den Druckauftrag zu den im Anbot angeführten Bedingungen. In diesem Fall liefert und verrechnet die Druckerei die Drucksorten unmittelbar dem Kontoinhaber. In den Auftragsschreiben der Klägerin an die Druckerei wird jeweils festgehalten, daß die Bestellung von P.S.K.- Zahlungsbelegen ausschließlich an die Klägerin zu richten und Direktbestellungen durch die Kontoinhaber nicht gestattet seien.
Die Beklagte betreibt eine Druckerei. Schon seit einigen Jahren druckt sie im Auftrag der Klägerin auf Wunsch der jeweiligen Kontoinhaber "P.S.K.-Erlagscheine", auf denen die Kontonummer und die Kontobezeichnung des Kontoinhabers enthalten sind. In zwei Fällen hat es die Klägerin bisher, ohne drucktechnische Fehler oder Textfehler zu behaupten, abgelehnt, dem Wunsch des Kontoinhabers zu entsprechen und die Beklagte mit dem Druckauftrag zu betrauen; sie übergab die Aufträge vielmehr einem anderen Druckereiunternehmen zu den von der Beklagten angebotenen Bedingungen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, daß sie ohne Genehmigung der Klägerin auf Bestellung eines Scheckkontoinhabers Erlagscheine drucken dürfe. Diese Ansicht vertraten Außendienstmitarbeiter der Beklagten auch gegenüber Scheckkontoinhabern, um Druckaufträge zu erlangen; die Beklagte nahm solche Druckaufträge an. Den genannten Standpunkt verfocht die Beklagte in der Folge auch im Schriftwechsel mit der Klägerin.
Die Klägerin begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, das Herstellen und Verbreiten von P.S.K.-Erlagscheinen zu unterlassen. Mit ihrer Werbung um Aufträge zum Druck von P.S.K.-Erlagscheinen verleite die Beklagte in sittenwidriger Weise Kunden der Klägerin zum Vertragsbruch. Zugleich verwende die Beklagte ohne Zustimmung der Klägerin deren Marke; hiedurch vermittle sie den Käufern der Erlagscheine und den weiteren Verwendern (Einzahlern) den falschen Eindruck, sie hätten von der Klägerin autorisierte Erlagscheine vor sich und könnten sich auf deren Inhalt verlassen. Beschwerden richteten sich daher in erster Linie gegen die Klägerin, deren wirtschaftliches Ansehen dadurch geschädigt werde.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die W*** A*** Versicherungs AG habe sie beauftragt, P.S.K.-Erlagscheine für sie zu drucken; zur Klägerin stehe sie in keinem Vertrags- oder Wettbewerbsverhältnis. Eine sittenwidrige Verleitung zum Vertragsbruch liege nicht vor, weil die Klägerin durch die Beklagte nicht daran gehindert werde, das Vertragsverhältnis zur W*** A*** Versicherungs AG (oder zu einem anderen Kontoinhaber) aufrechtzuerhalten oder aufzulösen. Die von der Beklagten gedruckten Erlagscheine würden nur für den jeweiligen Auftraggeber verwendet. Eine Verletzung des Markenschutzes oder des Namensrechtes liege nicht vor, weil durch den Druck der Erlagscheine kein falscher Eindruck über die Herkunft der Erlagscheine vermittelt werde, die Auftraggeber vielmehr die Erlagscheine in genauer Kenntnis ihrer Herkunft bei der Beklagten bestellten. Die Beklagte behaupte auch nicht, beliebige Erlagscheine drucken zu dürfen; sie stelle vielmehr solche Drucksorten nur dann her, wenn ein Kunde einen entsprechenden Auftrag erteilt habe und ein derartiger Erlagschein an das übliche Kundenformular perforiert anzuheften sei.
Der Erstrichter gab dem Klagebegehren statt. Die Beklagte verwende zwar die zugunsten der Klägerin als Marke eingetragene Buchstabenkombination "P.S.K."; sie löse aber damit nicht die in § 9 UWG geforderte Verwechslungsgefahr aus, weil ihren Kunden bewußt sei, daß die von der Beklagten gedruckten Erlagscheine nicht von der Klägerin stammten. Die Beklagte verstoße aber gegen § 1 UWG, weil sie Postscheckkontoinhaber dadurch, daß sie ihnen den Druck von P.S.K.-Erlagscheinen anbiete, zum Bruch ihrer vertraglichen Verpflichtung gegenüber der Klägerin verleite, für die Benützung des Scheckverkehrs nur die von der Klägerin aufgelegten Drucksorten zu verwenden. Dieses in Wettbewerbsabsicht begangene Verhalten verstoße gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige und die Revision zulässig sei. Die Marke "P.S.K." genieße auf Grund ihrer offenkundigen Verkehrsgeltung den Schutz des § 9 Abs 3 UWG. Der Unterlassungsanspruch nach § 9 UWG setze eine objektive Verwechslungsgefahr voraus. Eine solche sei dann anzunehmen, wenn ein Zeichen in einer Weise gebraucht wird, die geeignet ist, einen Irrtum über die Verknüpfung des Zeichens mit einem bestimmten Unternehmen hervorzurufen; entscheidend sei dabei der Wissensstand des Abnehmerkreises. Trotz Gleichheit der Bezeichnungen greife der Schutz des § 9 UWG dann nicht ein, wenn dadurch keine irrigen Vorstellungen über die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Betrieb hervorgerufen würden. Ein Irrtum der Käufer über die Herkunft der von der Beklagten gedruckten "P.S.K.-Erlagscheine" sei aber auszuschließen, weil die Beklagte diese Drucksorten nur im Auftrag und für bestimmte Kontoinhaber drucke. Auf die mangelnde Kenntnis der Einzahler, daß der Druckauftrag nicht von der Klägerin, sondern vom Scheckkontoinhaber erteilt wurde, komme es nicht an, handle es sich doch bei diesen Personen um Vertragspartner der jeweiligen Scheckkontoinhaber, nicht aber um von der Klägerin angesprochene Abnehmerkreise. Ein Unterlassungsanspruch nach § 9 UWG scheide daher aus. Wer einen anderen zu Zwecken des Wettbewerbes zum Vertragsbruch verleitet, verstoße grundsätzlich gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG. Ein Vertragsbruch setze aber die Verletzung einer wesentlichen Vertragspflicht voraus; erst dann sei ein Verleiten zum Vertragsbruch als wettbewerbswidrig anzusehen. Nebenpflichten seien gewöhnlich keine wesentlichen Vertragspflichten, es sei denn, daß sich aus dem Inhalt und dem Zweck des einzelnen Vertrages etwas anderes ergebe. Selbst wenn man in dem hier festgestellten Verhalten der Außendienstmitarbeiter der Beklagten ein "Verleiten" erblicken wollte, läge doch kein Verstoß gegen § 1 UWG vor, weil die vertraglichen Bestimmungen zwischen der Klägerin und den Kontoinhabern über die Verwendung der Drucksorten nur unwesentlicher Natur seien. Wesentlicher Vertragsinhalt seien die Kontoführung und die Abwicklung des Scheckverkehrs für den Kontoinhaber gegen Entgelt durch die Klägerin. Die in § 7 Abs 1 der Geschäftsbestimmungen für den Scheckverkehr enthaltene Bestimmung über die Verwendung von Drucksorten begründe lediglich eine unwesentliche Nebenpflicht; das zeige sich schon darin, daß auch die Klägerin den Druck der Erlagscheine bei einer Druckerei in Auftrag gebe und dabei in der Regel den Wünschen der Kontoinhaber nachkomme. Eine Verletzung dieser Bestimmung allein sei somit kein Vertragsbruch im Sinne des § 1 UWG.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Ersturteil wiederhergestellt werde.
Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Der Ansicht der Vorinstanzen, daß der Klägerin kein Unterlassungsanspruch nach § 9 UWG zustehe, kann nicht gefolgt werden:
Die Beklagte druckt - auch ohne Auftrag der Klägerin - Empfang- und Erlagscheine, die mit der Buchstabenkombination "P.S.K." versehen sind. Da dieses Zeichen für die Klägerin als Marke registriert ist und sich die Klägerin demnach dieses Zeichen im geschäftlichen Verkehr - zur Kennzeichnung ihrer Geschäftsstellen, insbesondere aber auch ihrer Drucksorten wie der Erlagscheine - befugterweise bedient, ist sie zur Klageführung nach § 9 UWG berechtigt. Wenn aber die Beklagte diese Marke - unbefugt - in eben derselben Weise benützt wie die Klägerin, kann die Gefahr von Verwechslungen entgegen der Meinung der Vorinstanzen nicht ernstlich bezweifelt werden, zumal die Beklagte mit diesem Zeichen gar nicht auf ihr Unternehmen, sondern auf das der Klägerin hinweisen will. Jeder unbefangene Betrachter eines von der Beklagten gedruckten P.S.K.-Erlagscheins wird demnach annehmen, daß dieser insofern von der Klägerin herrühre, als er mit ihrem Wissen und Willen - von wem auch immer gedruckt wurde. Daß die Beklagte die Marke "P.S.K." kennzeichenmäßig gebraucht hat, ist offenkundig, hat sie doch dieses Zeichen an Gegenständen angebracht, die zur Erbringung von Dienstleistungen benützt werden (§ 13 MSchG). Sollten sich die Auftraggeber der Beklagten dessen bewußt gewesen sein, daß die Beklagte weder generell noch nach Anfrage im Einzelfall ermächtigt war, beim Druck der Erlagscheine die Marke der Klägerin zu verwenden, dann könnte das nicht zur Verneinung des Unterlassungsanspruchs der Klägerin führen; vielmehr wäre dann anzunehmen, daß auch die Auftraggeber an dem Kennzeichenmißbrauch beteiligt waren. Zumindest aber die Verwender der Erlagscheine - also die Kunden der Scheckkontoinhaber - mußten davon ausgehen, daß ihnen Erlagscheine der Klägerin - also mit deren Wissen und Willen erzeugte Erlagscheine - zur Verfügung gestellt würden. Daß es sich dabei nicht um Vertragspartner der Klägerin handelt, ist für die Frage der Verwechslungsgefahr ohne rechtliche Bedeutung. Der Klagebehauptung, daß die Verwendung nicht autorisierter P.S.K.-Erlagscheine zu Beschwerden von Kunden führen könnte, solche Erlagscheine also gegebenenfalls von der Klägerin nicht angenommen würden, ist die Beklagte nicht entgegengetreten. Das Interesse der Klägerin, selbst zu bestimmen, ob und welche Erlagscheine für ihre Organisation geeignet sind, ist aber als durchaus legitim anzuerkennen.
Da somit das Unterlassungsbegehren der Klägerin schon auf Grund des § 9 UWG berechtigt ist, muß auf die Frage, ob die Beklagte gleichzeitig auch gegen § 1 UWG verstoßen hat, nicht eingegangen werden.
Aus diesen Erwägungen war das im Ergebnis richtige Ersturteil wiederherzustellen.
Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E19496European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0040OB00150.89.1219.000Dokumentnummer
JJT_19891219_OGH0002_0040OB00150_8900000_000