TE Vfgh Beschluss 2001/10/30 A11/01

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Veröffentlicht am 30.10.2001
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91 Post-und Fernmeldewesen
91/01 Fernmeldewesen

Norm

B-VG Art137 / Allg
Richtlinie des Rates vom 03.10.89. 89/552/EWG. Fernsehrichtlinie
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit

Leitsatz

Abweisung eines Verfahrenshilfeantrags eines Bewerbers um eine private Fernsehlizenz zur Einbringung einer auf die gemeinschaftsrechtliche Staatshaftung gestützten Schadenersatzklage gegen die Republik Österreich wegen Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung im Hinblick auf gemeinschaftsrechtliche Regelungen und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes

Spruch

Der in der Rechtssache des A S, ..., gegen den Bund wegen S 193,131.833,- s.A. gestellte Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die vorliegende, beim Verfassungsgerichtshof am 3. Oktober 2001 eingelangte und auf Art137 B-VG gestützte Klage richtet sich gegen die "Republik Österreich" (gemeint wohl: den Bund). Der Kläger begehrt von der beklagten Partei die Zahlung von Schadenersatz in Höhe von S 193,131.833,- (€ 14,035.437,67) "zuzüglich der gesetzlichen Zinsen seit dem Klagstag sowie die Kosten des Rechtsstreits zuhanden des Klagsvertreters binnen 14 Tagen bei Exekution". Er stützt seinen Anspruch auf gemeinschaftsrechtliches Staatshaftungsrecht.

Zur Klagsführung beantragt er die Bewilligung der Verfahrenshilfe mit der Begründung, daß er Schulden von über 14 Millionen Schilling habe, über kein Einkommen verfüge und daher nicht in der Lage sei, die mit der gegenständlichen Eingabe verbundenen Kosten zu tragen.

2. Klagsbegründend führt der Kläger aus, er habe im Jahre 1993 nach der Verurteilung Österreichs vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in der Sache Informationsverein Lentia ua., A-276/93, seine Anstellung als Tonmeister beim ORF mit dem Ziel aufgegeben, in Österreich Privatrundfunk zu betreiben. Die von ihm und seinen Partnern zu diesem Zweck gegründete Radio- und Fernsehproduktions GmbH habe in Österreich jedoch vergeblich um eine Lizenz zur Gestaltung und Abstrahlung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen angesucht. Gemeinsam mit einem in London ansässigen Medienunternehmen sei in der Folge die "Erteilung der europaweiten Satellitenlizenz NDS (Non Domestic Satelite) 126 für Rundfunksendungen für Österreicher in Europa der englischen ITC (Independent Television Commission) vom 31. Jänner 1996" erwirkt worden. Danach hätten er und seine Partner Verhandlungen mit verschiedenen Medienunternehmen zum Zwecke einer Partnerschaft aufgenommen, welche ab April 1996 in der Weise konkret realisiert gewesen seien, daß bereits Kredite aufgenommen worden, das Projekt bis ins Detail ausgearbeitet, Verträge mit Kabelbetreibern verhandelt und die für den Empfang erforderlichen Decoder gesichert sowie Dienstverträge für die Programmgestaltung abgeschlossen gewesen seien, sodaß der Sendebetrieb binnen Wochen aufgenommen hätte werden können. Insbesondere seien die Verhandlungen mit einem Medienunternehmer soweit gediehen gewesen, daß über Dienstverträge bzw. Beteiligungen des Klägers an den Partnerunternehmen und die Vergabe von Produktionsaufträgen an den Kläger Einigung hergestellt gewesen sei.

Aufgrund eines im Jahre 1996 von der Österreichischen Bundesregierung dem Ministerrat vorgelegten Gesetzesentwurfes zu einem Privat-TV-Gesetz, nach dem die Verbreitung von Rundfunksendungen vom Ausland aus ausdrücklich unzulässig gewesen wäre (§36 des Entwurfes), seien seine potentiellen Vertragspartner aber von der Realisierung des Projektes zurückgestanden und hätten ihr wirtschaftliches Engagement statt dessen auf die Schweiz, Slowenien und Ungarn konzentriert. §36 dieser Regierungsvorlage sei niemals als Gesetz beschlossen worden. Es sei dem Kläger aber in der Folge nicht mehr gelungen, Vertragsabschlüsse zu tätigen. Wegen eines "Totalboykotts" durch den ORF habe er auch keine Aufträge mehr erhalten und keine Einnahmen mehr erwirtschaften können. Sein totaler wirtschaftlicher Ruin sei zwangsläufige Folge gewesen, ein Konkursantrag gegen ihn sei mangels Masse abgewiesen worden.

II. Die Bewilligung der Verfahrenshilfe setzt gemäß §63 Abs1 ZPO iVm. §35 Abs1 VerfGG 1953 unter anderem voraus, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht als offenbar aussichtslos erscheint.

Diese Voraussetzung trifft im vorliegenden Fall nicht zu.

Der Kläger stützt seinen Schadenersatzanspruch einerseits darauf, daß der österreichische Gesetzgeber es unterlassen habe, entsprechende Regelungen zur Umsetzung der Fernsehrichtlinie 89/552/EWG idF der Richtlinie 97/36/EG zu treffen und eine gemeinschaftsrechtskonforme Rechtslage insoweit herzustellen, als vor dem 1. August 2001 die terrestrische Verbreitung privater Fernsehprogramme nicht möglich war. Mit diesem Vorbringen ist für den Kläger jedoch insofern nichts gewonnen, als die von ihm ins Treffen geführte Fernsehrichtlinie neben der Harmonisierung der Pflichten von Fernsehunternehmen zwar den Abbau von Beschränkungen bei der Ausstrahlung und Verbreitung von Fernsehsendungen innerhalb der Gemeinschaft vorsieht und das notwendige Mindestmaß zur Verwirklichung eines freien Sendeverkehrs regelt, hingegen aber "die Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten und ihrer Untergliederung für die Organisation - einschließlich der gesetzlichen und behördlichen Zulassungen oder der Besteuerung - und die Finanzierung der Sendungen sowie Programminhalte" unberührt läßt. Die vom Kläger aus der Fernsehrichtlinie abgeleiteten Ansprüche auf Ersatz seiner frustrierten Aufwendungen und entgangenen Gewinne scheinen daher vom Schutzzweck der genannten Richtlinie nicht umfaßt.

Soweit der Kläger unter Berufung auf Rechtsprechung des EuGH seinen Schadenersatzanspruch auf eine Verletzung der Dienstleistungsfreiheit stützt, genügt ein Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Aus seinem Urteil vom 30. April 1974 Sacchi, Rs 155/73, folgt, daß die Einrichtung eines nationalen Fernsehmonopols - für sich genommen - der Dienstleistungsfreiheit nicht widerspricht (vgl. Callies/Ruffert, Kommentar zu EUV und EGV, Rz 71 zu Art50 EGV).

Unter Bedachtnahme auf den Inhalt der dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Schriftsätze sowie vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes erweist sich daher die vom Einschreiter angestrebte Rechtsverfolgung als offenbar aussichtslos.

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe war sohin mangels der Voraussetzungen des §63 Abs1 ZPO (§72 Abs1 ZPO iVm. §35 Abs1 VerfGG 1953) abzuweisen.

Schlagworte

EU-Recht Richtlinie, Rundfunk, Kabelrundfunk, Privatrundfunk, VfGH / Klagen, VfGH / Verfahrenshilfe, Schadenersatz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:A11.2001

Dokumentnummer

JFT_09988970_01A00011_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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