Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Robert Prohaska und Franz Murmann als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Hubert W***, Druckereihelfer, Gallspach, Hoheneckstraße 8, vertreten durch Dr. Peter Posch und Dr. Ingrid Posch, Rechtsanwälte in Wels, wider die beklagte Partei A*** W***, Wels, Dragonerstraße 31, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 151.603 S s.A (Revisionsstreitwert 103.533,75 S abzüglich 36.860 S brutto), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21.Juli 1989, GZ 12 Rs 119/89-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Krems als Arbeits- und Sozialgericht vom 6. Februar 1989, GZ 26 Cgs 271/88-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie insgesamt zu lauten haben:
"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei einen Betrag von 43.758,25 S sowie die mit S 9.779,40 S bestimmten Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz (darin 1.629,90 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen. Das Mehrbegehren von 107.844,75 S samt 4 % Zinsen aus 151.603 S seit 28.Februar 1987 wird abgewiesen."
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.292,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 548,80 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 3.Dezember 1987 wurde über das Vermögen der Firma W*** Handelsgesellschaft mbH der Konkurs eröffnet. Die Mutter des Klägers, Maria W***, übernahm im Jahre 1957 nach dem Tod ihres Gatten dessen Unternehmen, ein Handel mit Baustoffen, Brennstoffen, Eisenwaren etc. Nach Absolvierung der Handelsschule war der Kläger vom 1.September 1966 bis 25.August 1980 als Angestellter im Betrieb seiner Mutter beschäftigt und erhielt das im Kollektivvertrag für die Handelsangestellten vorgesehene Mindestentgelt, zuletzt 9.215 S brutto monatlich (14 mal jährlich). Im August 1980 wurde die W*** Handelsgesellschaft mbH gegründet; Maria W***
übernahm 50 %, der Kläger und seine Gattin übernahmen jeweils 25 % der Stammeinlagen. Der Kläger wurde zum alleinvertretungsbefugten Geschäftsführer bestellt und übte diese Funktion bis zur Konkurseröffnung aus. Es wurde vereinbart, daß das bestehende Dienstverhältnis des Klägers mit seiner Mutter von der neu gegründeten Gesellschaft mbH übernommen wird und dem Kläger die im Betrieb seiner Mutter zurückgelegten Zeiten als Vordienstzeiten angerechnet werden. Im Hinblick auf diese Vereinbarung erfolgte keine Abrechnung der Ansprüche des Klägers gegenüber seiner Mutter. Wegen der finanziellen Probleme des Betriebes löste der Kläger sein Dienstverhältnis mit der W*** Handelsgesellschaft mbH per Ende Februar 1987 auf und arbeitet seither bei der Firma W*** im Schichtbetrieb. Außerhalb dieser Schichtzeiten besorgte der Kläger seine Geschäftsführertätigkeit bei der W*** Gesellschaft mbH; einen Teil der bisherigen Aufgaben des Klägers übernahm seine Gattin Josefine W***. Im Konkursverfahren meldete der Kläger den von seiner Gattin für die gesamte Zeit seiner Tätigkeit errechneten Abfertigungsanspruch von 147.193 S netto (9 Monatsentgelte a 16.520 S, abzüglich 1 % Lohnsteuer im Hinblick auf die Sorgepflicht des Klägers für zwei Kinder) sowie 4.410 S Zinsen (4 % Zinsen aus 147.193 S vom 28.Februar 1987 bis zur Konkurseröffnung) an. Diesen Betrag machte der Kläger auch in seinem an die beklagte Partei gerichteten Antrag auf Insolvenzausfallgeld geltend. Mit Bescheid vom 14.November 1988 wies die beklagte Partei den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, er sei als Geschäftsführer des insolventen Unternehmens nicht anspruchsberechtigt.
Das Erstgericht gab der Klage mit einem Betrag von 103.533,75 S statt und wies das Mehrbegehren von 48.069,25 S sowie auf Zahlung von 4 % Zinsen aus 151.603 S seit 28.Februar 1987 ab. Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß der Kläger vor seiner Bestellung zum Geschäftsführer im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses tätig gewesen sei. Die Organmitgliedschaft schließe Ansprüche nicht aus, die aus einem davor oder danach liegenden Arbeitsverhältnis entstanden seien. Das Erstgericht sprach dem Kläger einen dem Anteil der als Angestellter zurückgelegten Zeiten (168 Monate bei einer Gesamtdienstzeit von 246 Monaten) entsprechenden aliquoten Teil des geltend gemachten Abfertigungsanspruches zu. Das Zinsenbegehren ab 28. Februar 1987 bis zur Konkurseröffnung sei schon in dem geltend gemachten Betrag von 151.603 S enthalten; weitere Zinsen ab Konkurseröffnung seien im Antrag auf Insolvenzausfallgeld nicht geltend gemacht worden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei nicht Folge und teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichtes. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagebegehren hinsichtlich des 36.860 S minus der in § 3 Abs 3 IESG genannten Abzüge übersteigenden Betrages abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die klagende Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist teilweise berechtigt.
Wie der Oberste Gerichtshof bereits zu 9 Ob S 5/89 sowie 9 Ob S 6/89 ausgesprochen hat, wäre es inkonsequent, die gemäß § 1 Abs 6 Z 2 IESG nicht gesicherten Bezüge der Mitglieder des Organs einer juristischen Person, von denen gemäß § 12 Abs 1 Z 5 letzter Satz IESG auch keine Beiträge zu leisten sind, als Bemessungsgrundlage für den aus der Angestelltentätigkeit vor der organschaftlichen Bestellung resultierenden gesicherten Anspruch heranzuziehen. Demnach ist als Bemessungsgrundlage für den nach dem IESG gesicherten Teil der Abfertigung nicht etwa der letzte Bezug des Klägers als Geschäftsführer der Gesellschaft mbH, sondern sein letztes Entgelt vor der Bestellung zum Geschäftsführer heranzuziehen. Dieses Entgelt betrug 9.215 S monatlich, 14 mal jährlich. Läßt man darüber hinaus die Zeiten der Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der Gesellschaft mbH, für die gemäß § 1 Abs 6 Z 2 IESG kein Anspruch auf Insolvenzausfallgeld zusteht, bei der Berechnung der Abfertigung außer Ansatz, dann ist von einer für den gesicherten Teil der Abfertigung maßgeblichen Dauer des Arbeitsverhältnisses von mehr als 10 aber weniger als 15 Dienstjahren auszugehen, sodaß der gesicherte Abfertigungsanspruch des Klägers mit dem Vierfachen des dem Kläger für den letzten Monat des Dienstverhältnisses vor seiner Bestellung zum Geschäftsführer gebührenden Entgeltes zu bemessen ist. Berücksichtigt man die Sonderzahlungen, ergibt sich ein monatliches Durchschnittsentgelt von 10.750,83 S und ein Abfertigungsanspruch von 43.003,32 S brutto. Hievon ist gemäß § 3 Abs 4 IESG lediglich die nach § 67 Abs 1 und 3 EStG bei Berücksichtigung von zwei Kindern mit 1 v.H. anzusetzende Lohnsteuer in Abzug zu bringen, sodaß sich ein gesicherter Anspruch von 42.573,30 S ergibt. Gemäß § 3 Abs 2 Z 2 IESG gebühren dem Kläger weiters 4 % Zinsen für den Zeitraum ab Fälligkeit zumindest bis zur Konkurseröffnung (das darüber hinausgehende Zinsenbegehren wurde vom Erstgericht rechtskräftig abgewiesen). Berücksichtigt man, daß gemäß § 23 Abs 4 AngG die Abfertigung, soweit sie den Betrag des dreifachen Monatsentgeltes überstieg, erst nach Ablauf von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig wurde, dann hat der Kläger im Rahmen seines noch aufrechten Begehrens Anspruch auf Zinsen von 1.184,95 S.
Der Revision war daher teilweise Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG.
Anmerkung
E19607European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:009OBS00022.89.1220.000Dokumentnummer
JJT_19891220_OGH0002_009OBS00022_8900000_000