Index
24/01 Strafgesetzbuch;Norm
FrG 1997 §36 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des E, vertreten durch Mag. Dr. Karner & Mag. Dr. Mayer Rechtsanwaltspartnerschaft in 8010 Graz, Steyrergasse 103/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 16. September 2005, Zl. Fr 94/2005, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen nach seinen Angaben nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 und 2 und Abs. 2 Z 1 sowie den §§ 37 bis 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf zehn Jahre befristetes Aufenthaltsverbot.
Zur Begründung dieser Maßnahme verwies sie auf die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers vom 22. September 2004 nach § 27 Abs. 1 und 2 Z 2 Suchtmittelgesetz und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, davon sechs Monate bedingt nachgesehen. Der Beschwerdeführer habe bis zu seiner Festnahme am 11. September 2004 während eines nicht näher bestimmbaren Zeitraums vorwiegend im Grazer Stadtpark eine unbekannte Menge Cannabiskraut an Drogenkonsumenten gewinnbringend verkauft, wobei bei der Festnahme 73 g Cannabiskraut sichergestellt worden seien.
Dadurch sei der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 1 FrG erfüllt. Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität sei die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes aus den in Art. 8 Abs. 2 EMRK umschriebenen öffentlichen Interessen zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Gesundheit anderer notwendig und im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Der vom Gericht ausgesprochenen Strafnachsicht komme für das vorliegende fremdenpolizeiliche Verfahren keine Relevanz zu.
Der Beschwerdeführer sei am 29. Februar 2004 illegal in einem Lkw in das Bundesgebiet eingereist. Sein Asylantrag sei in erster Instanz mit noch nicht rechtskräftigem Bescheid vom 27. Mai 2004 abgewiesen worden. Er sei ledig, habe im Bundesgebiet keine familiären Bindungen und gehe keiner Berufsausübung nach. Selbst unter der Annahme eines mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriffs in sein Privat- oder Familienleben könne es keinem Zweifel unterliegen, dass das Aufenthaltsverbot zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie zum Schutz der Gesundheit anderer dringend geboten sei. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei angesichts der mit der Suchtgiftkriminalität verbundenen erheblichen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit auch bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wögen wesentlich schwerer als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.
Von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes könne nicht Abstand genommen werden, weil der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährde bzw. anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderlaufe.
Das Asylgesetz stehe der Erlassung eines auf § 36 Abs. 2 Z 1 FrG gestützten Aufenthaltsverbotes nicht entgegen.
Da der Beschwerdeführer nicht mit sogenannten harten Drogen, sondern mit Cannabisprodukten gehandelt habe, könne mit der Erlassung eines auf zehn Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes das Auslangen gefunden werden. Es könne davon ausgegangen werden, dass es nach Ablauf der zehnjährigen Aufenthaltsverbotsdauer beim Beschwerdeführer zu einer Änderung seiner Einstellung zur Rechtsordnung der Republik Österreich kommen werde. Für die Dauer des Asylverfahrens werden ihm von Amts wegen Abschiebungsaufschübe nach § 56 Abs. 2 FrG zu erteilen sein.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen (diese Konventionsbestimmung nennt die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) zuwiderläuft (Z 2).
In § 36 Abs. 2 FrG sind demonstrativ Sachverhalte angeführt, die als bestimmte Tatsachen im Sinn des § 36 Abs. 1 leg. cit. gelten, bei deren Verwirklichung die dort genannte Annahme gerechtfertigt sein kann. Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei der Entscheidung, ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, ist Ermessen zu üben, wobei die Behörde vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung auf alle für und gegen das Aufenthaltsverbot sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. April 2005, Zl. 2005/21/0044).
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die behördlichen Feststellungen, weshalb die Ansicht der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 1 (zweiter Fall) FrG verwirklicht sei, nicht in Zweifel gezogen werden kann. Entgegen der Beschwerdemeinung ist auch die weitere Ansicht der belangten Behörde nicht zu beanstanden, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG das öffentliche Interesse an der Verhinderung strafbarer Handlungen und dem Schutz der Gesundheit anderer gefährden würde. Dies ist aus der besonderen Gefährlichkeit der Suchtmittelkriminalität abzuleiten, woran die Beschwerdebehauptung nichts ändert, dass der Beschwerdeführer seit Verbüßung der Untersuchungshaft nicht mehr rückfällig geworden sei. Dieser Zeitraum ist nämlich viel zu kurz, um die bei Suchtmitteldelikten besonders große Wiederholungsgefahr (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 2005, Zl. 2002/21/0098) verneinen zu können. Diese Gefährlichkeitsprognose kann auch nicht mit dem Argument entschärft werden, dass der Beschwerdeführer keine andere Wahl gehabt habe, um sich seine Sucht zu finanzieren, zumal ihm nicht der Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt offen gestanden sei. Dieses Vorbringen legt im Gegenteil nahe, dass der Beschwerdeführer auch in Zukunft bei Fehlen eigener Mittel die in der Beschwerde angesprochene Sucht mit Suchtmittelhandel finanzieren könnte, zumal vor allem angesichts seiner im Verfahrenshilfeantrag dargelegten Einkommensverhältnisse fraglich ist, aus welchen Quellen und in welcher Höhe der Beschwerdeführer über finanzielle Mittel verfügt.
An der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen ändert auch der Beschwerdehinweis, dass die Grenzen des § 36 Abs. 2 Z 1 FrG nur geringfügig überschritten wurden, nichts. Im Übrigen ist im Fall von Suchtmitteldelikten auch die Erlassung eines nur auf § 36 Abs. 1 FrG gestützten Aufenthaltsverbotes nicht an sich rechtswidrig (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. April 2003, Zl. 2003/21/0040).
Bei diesem Ergebnis kann dahinstehen, ob dem Beschwerdeführer weiters angelastet werden dürfe, dass die Einreise mit Hilfe eines Schleppers erfolgte.
Die Beschwerde wendet sich mit keinem Argument gegen die behördliche Beurteilung nach § 37 FrG. Angesichts des erst kurzen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Inland und des Fehlens von inländischen familiären Anknüpfungspunkten und einer beruflichen Integration ist nicht zu beanstanden, dass das Aufenthaltsverbot sowohl nach § 37 Abs. 1 FrG als dringend geboten als auch nach § 37 Abs. 2 FrG als zulässig gewertet wurde.
Letztlich sind keine Umstände zu erkennen, die die belangte Behörde hätten veranlassen müssen, von dem ihr eingeräumten Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 17. November 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005210350.X00Im RIS seit
10.02.2006