Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Melber, Dr.Schlosser und Dr.Redl als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Kinder Paul K***, geboren am 16. November 1980, und Martin K***, geboren am 17.Februar 1982, beide Schüler und im Haushalt ihrer Mutter Gertrude K***, Wien 10., Columbusgasse 27-29, wegen Enthebung des Bezirksjugendamtes für den 10. Bezirk von der gemäß § 9 Abs. 2 UVG begründeten besonderen Sachwalterschaft, infolge Revisionsrekurses des besonderen Sachwalters gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 18.Oktober 1989, GZ 44 R 678/89-17, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom 18.September 1989, GZ 2 P 180/88-14, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird stattgegeben und der angefochtene Beschluß derart abgeändert, daß das Bezirksjugendamt für den
10. Bezirk antragsgemäß als besonderer Sachwalter im Sinne des § 9 Abs. 2 UWG für die beiden minderjährigen Kinder Paul und Martin K*** enthoben wird.
Text
Begründung:
Den beiden im Volksschulalter stehenden Brüdern wurden mit den Beschlüssen vom 4.Juli 1988 für die Dauer eines Jahres gemäß § 4 Z 3 UVG Unterhaltsvorschüsse gewährt. Damit wurde das Bezirksjugendamt im Sinne des § 9 Abs. 2 UVG besonderer Sachwalter der beiden Kinder zur Durchsetzung ihrer Unterhaltsansprüche. Der Vater der Kinder verbüßt eine langjährige Freiheitsstrafe. Das voraussichtliche Haftende ist der 1.Februar 2000. Mit den Beschlüssen vom 26.Mai 1989 ordnete das Pflegschaftsgericht die Weitergewährung der Unterhaltsvorschüsse bis 31.Mai 1992 an. Im September 1989 beantragte das Bezirksjugendamt seine Enthebung gemäß § 9 Abs. 3 zweiter Satz UVG.
Das Pflegschaftsgericht wies diesen Enthebungsantrag mit der Begründung ab, auch den besonderen Sachwalter treffe die Mitteilungspflicht nach dem Unterhaltsvorschußgesetz. Veränderungen seien nicht nur in Ansehung der Person des im langjährigen Strafvollzug befindlichen Unterhaltsschuldners möglich. Die Fortdauer der Sachwalterschaft sei deshalb gerechtfertigt. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Es erachtete die beantragte Enthebung des Sachwalters im Hinblick darauf als unzweckmäßig, daß aller Voraussicht nach zum Ablauf des dreijährigen Bewilligungszeitraumes im Mai 1992 ein Antrag auf Weitergewährung zu stellen sein werde und im Falle der Bewilligung kraft Gesetzes eine Wiederbestellung des Sachwalters erfolgen würde.
Das Bezirksjugendamt ficht die bestätigende Rekursentscheidung wegen offenbarer Gesetzwidrigkeit mit einem auf Stattgebung des Enthebungsantrages zielenden Abänderungsantrag an.
Rechtliche Beurteilung
Der Anfechtung steht der Rechtsmittelausschluß nach § 15 Abs. 3 UVG nicht entgegen, weil eine nach § 9 Abs. 2 UVG begründete gesetzliche Vertretung zwar eine gesetzliche Folge des im Verfahren über die Gewährung von Unterhaltsvorschüssen ergangenen Beschlusses ist, die einmal begründete gesetzliche Vertretung aber über dieses Verfahren hinauswirkt und die Entscheidung über eine Enthebung gemäß § 9 Abs. 3 zweiter Satz UVG deshalb nicht als Beschluß im Verfahren über die Gewährung von Vorschüssen anzusehen und damit auch nicht dem Rechtsmittelausschluß nach § 15 Abs. 3 UVG zu unterwerfen ist (so schon im Ergebnis RZ 1981/58 und dieser Entscheidung folgend 5 Ob 685/88).
Gegen die bestätigende Rekursentscheidung vom Oktober 1989 steht gemäß § 16 Abs. 1 AußStrG nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit oder einer unterlaufenen Nichtigkeit der Rechtszug an den Obersten Gerichtshof offen.
Der Rechtsmittelwerber bemängelt die zur Begründung der bestätigenden Rechtsmittelentscheidung ausgeführte Rechtsansicht des Rekursgerichtes in schlüssiger Weise als augenfällig nicht durch den klaren und eindeutigen Wortlaut des Gesetzes gedeckt. Der Revisionsrekurs ist daher zulässig.
Er ist auch berechtigt.
Erfolgte die Vorschußgewährung - wie im vorliegenden Falle - nur aufgrund des Bewilligungstatbestandes nach § 4 Z 3 UVG, dann "ist die Bezirksverwaltungsbehörde als besonderer Sachwalter zu entheben, wenn sie zur Durchsetzung des Unterhaltsanspruches des Kindes nach der Lage des Falles nichts beizutragen vermag" (§ 9 Abs. 3 zweiter Satz UVG). Den Ausnahmefall, daß der Sachwalter zur Durchsetzung der Unterhaltsansprüche der Kinder etwas beizutragen vermöchte, hat das Rekursgericht nicht angenommen. Es hat die Enthebung allerdings als unzweckmäßig erachtet, weil im Anschluß an die derzeit laufende und mit Mai 1992 endende Vorschußgewährungsperiode mit einer Weitergewährung und damit einer automatischen Wiederbestellung zu rechnen wäre. Für derartige Zweckmäßigkeitserwägungen ist aber nach der zitierten gesetzlichen Regelung des § 9 Abs. 3 zweiter Satz UVG kein Raum. Im Falle einer Erfüllung des in der zitierten Gesetzesstelle umschriebenen Sachverhaltes ist die Enthebung auszusprechen.
Aus dieser Erwägung war in Stattgebung des Revisionsrekurses das Bezirksjugendamt antragsgemäß als besonderer Sachwalter zu entheben.
Anmerkung
E19528European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1989:0060OB00739.89.1221.000Dokumentnummer
JJT_19891221_OGH0002_0060OB00739_8900000_000