Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*** Gesellschaft mbH, Wien 7., Neustiftgasse 5, vertreten durch Dr. Johannes Neumayer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Peter B***, 2. Werner H***, beide Drogisten, Wien 10., Oberlaaerstraße 170, beide vertreten durch Dr. Manfred Schwindl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 300.000) infolge Revisionsrekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 13.Oktober 1989, GZ 2 R 176/89-13, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 29.Juni 1989, GZ 37 Cg 137/89-10, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Beide Parteien haben die Kosten des Revisionsrekursverfahrens selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Ebenso wie die Klägerin handeln auch die beiden Beklagten (ua) mit Insektenschutzmitteln. Der Erstbeklagte betreibt eine Drogerie in Wien 12., Wolfganggasse 32, der Zweitbeklagte eine Drogerie in Wien 5., Einsiedlergasse 25. Die Beklagten haben zum Zweck des Vertriebs des Produktes "Clean-Kill" eine Erwerbsgesellschaft bürgerlichen Rechtes gegründet. Im Markenregister des Österreichischen Patentamtes ist zugunsten der S*** Gesellschaft mbH die Wort-Bild-Marke "Clean-Kill" für die Klasse 5 (Insektizide) eingetragen.
Die Beklagten vertreiben das Produkt "Clean-Kill" seit 1. Jänner 1989 als Insekten- und Pflanzenschutzspray in Plastikflaschen zu 0,5 Liter und zu 1 Liter. Für den Vertrieb dieses Produktes ließen sie insgesamt 70.000 Plastikflaschen samt aufgeklebter Beschriftung herstellen. Sie hatten ab Dezember 1988 den Vertrieb dieses Mittels vorbereitet und waren bei diesen geschäftlichen Aktivitäten zunächst unter der Bezeichnung "Clean-Kill Austria" aufgetreten. Im Jänner 1989 teilten sie Drogisten und Apothekern in einer schriftlichen Aussendung mit, daß sie nunmehr, nachdem die Klägerin die Erzeugung des Insektensprays "Clean-Kill" mit 1.September 1988 eingestellt habe, dieses Mittel vertrieben; auch in diesem Schreiben traten die Beklagten unter der Bezeichnung "Clean-Kill Austria" auf. Daraufhin erhielten sie noch im Jänner 1989 ein Schreiben der Klägerin, in dem diese (ua) darauf hinwies, daß es eine Firma "Clean-Kill Austria" nicht gebe, weil das Nachwort "Austria" nur vom Handelsministerium verliehen werde. Im Hinblick auf dieses Schreiben erkundigten sich die Beklagten bei der Handelskammer und erfuhren dort, daß für die Verwendung des Zusatzes "Austria" ein kompliziertes Bewilligungsverfahren erforderlich sei. Sie entschlossen sich deshalb, diesen Zusatz nicht mehr zu verwenden und ihn aus Rechnungsformularen, Briefpapier, Kuverts, Prospekten und anderen Geschäftspapieren zu entfernen. Dem Flaschenhersteller gaben sie die Anweisung, den Zusatz "Austria" und das Wort "Vertrieb" auf den Flaschenetiketten nicht abzudrucken. Mit Rücksicht auf die verhältnismäßig geringe Stückzahl von 70.000 konnte aber der Flaschenhersteller den Zusatz "Austria" auf den Etiketten nicht mehr weglassen; alle 70.000 Flaschen wurden daher mit der Beschriftung "Herstellung für Österreich Clean-Kill Austria" produziert. Diese Flaschen standen für die Beklagten auf Abruf bereit; sie begannen Ende Februar 1989 mit der Abfüllung des Mittels "Clean-Kill" in die Flaschen. Um Zeitverzögerungen zu vermeiden und wegen Streitigkeiten über die Entgeltansprüche des Flaschenerzeugers nahmen die Beklagten von einer völligen Neuproduktion der Flaschen Abstand. Sie entschieden sich vielmehr dafür, den Zusatz "Austria" auf den bereits erzeugten Flaschen durchzustreichen; das aufgeklebte Etikett hätte nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand von den Flaschen entfernt werden können. Für das Abfüllen zogen die Beklagten Hilfskräfte bei, die sie anwiesen, auf den Flaschen den Zusatz "Austria" mit schwarzem Filzstift durchzustreichen. Ab 1. März 1989 begannen die Beklagten mit dem Verkauf des Produkts "Clean-Kill"; sie geben es auch an Apotheken und Drogerien ab. Beim Abfüllen von "Clean-Kill" kam es vor, daß einzelne Flaschen, bei denen der Zusatz "Austria" nicht durchgestrichen war, "durchrutschten" und in den Verkauf gelangten. Die Beklagten achteten vor allem darauf, daß der Zusatz "Austria" auf den Geschäftspapieren verschwand, weil die Handelskammer auf diesen Umstand besonders hingewiesen und zur Etikettierung gemeint hatte, daß die fehlerhafte Bezeichnung einzelner Flaschen nicht so tragisch sei; damit war gemeint, daß die Kammer deshalb nicht gleich eine Anzeige erstatten würde.
Der Klagevertreter Dr. Johannes Neumayer führte am 14.April 1989 im Versandweg und am 5.Juni 1989 persönlich in der Drogerie des Erstbeklagten Testkäufe durch; dabei suchte er nach "Clean-Kill"-Flaschen, auf denen der Zusatz "Austria" nicht durchgestrichen war. In beiden Fällen konnte er je eine solche Flasche entdecken und erwerben. Auch in der Drogerie des Zweitbeklagten fand er am 29.Mai 1989, nachdem er das ganze Regal gezielt durchsucht hatte, eine Flasche "Clean-Kill", auf welcher der Zusatz "Austria" nicht gestrichen war. Damals kam ihm auch der Umstand zugute, daß die anwesende Hilfskraft die Weisung des Zweitbeklagten, vor dem Verkauf den Zusatz "Austria" auf der Flasche zu entfernen, nicht befolgt hatte. Beim Testkauf vom 5.Juni 1989 war Dr. Neumayer von einer Angestellten des Erstbeklagten bedient worden. Mit der Behauptung, daß der Zusatz "Austria" zur Unternehmensbezeichnung der Beklagten irreführend sei, weil dieses Unternehmen keine besondere Bedeutung für den österreichischen Markt habe und auch das Erzeugnis "Clean-Kill" kein typisch österreichisches Gepräge habe, begehrt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung die Verwendung der Bezeichnung "Austria", insbesondere in der Werbung für Insektenspray oder Pflanzensprays und/oder in Verbindung mit dem Firmenbestandteil "Clean-Kill", zu untersagen.
Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Sie hätten sofort nach dem Zugehen des Schreibens der Klägerin vom Jänner 1989 die Rechtslage geprüft und in der Folge unverzüglich ihre gesamten Geschäftspapiere sowie die neuen Etiketten so geändert, daß der Zusatz "Austria" nicht mehr verwendet wurde. Da sie demnach ohne Beanstandung durch die Klägerin einen möglicherweise sogar vertretbaren Zustand auf Grund eines bloßen Zweifels an seiner Zulässigkeit sofort und bedingungslos beseitigt hätten, sei die Wiederholungsgefahr weggefallen.
Der Erstrichter wies den Sicherungsantrag ab. Die Beklagten hätten ihren ernstlichen Willensentschluß erkennen lassen, die beanstandete Bezeichnung in Hinkunft nicht mehr zu verwenden. Die Vorgangsweise der Klägerin, diese Sinnesänderung durch schikanöse Testkäufe in Zweifel zu ziehen, sei "nicht überzeugend". Wenn der Klägerin bei 70.000 Flaschen durch einen die Regale in den Drogerien der Beklagten akribisch durchsuchenden Testkäufer der Nachweis gelungen sei, daß 2 oder 3 Flaschen noch immer den Zusatz "Austria" trugen, rechtfertige dies nicht die Besorgnis der Wiederholungsgefahr; vielmehr liege eine im Massengeschäft auftretende, vereinzelt gebliebene menschliche Fehlleistung vor. Das Rekursgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000, nicht jedoch S 300.000 übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Die Vermutung spreche immer dafür, daß jemand, der bereits eine Gesetzesverletzung begangen hat, zur Begehung weiterer derartiger Eingriffe geneigt sein werde; es obliege daher dem Verletzer, besondere Umstände darzutun, die eine Wiederholung seiner gesetzwidrigen Handlung ausgeschlossen oder doch zumindest äußerst unwahrscheinlich erscheinen ließen. Dabei komme es immer auf die Umstände des konkreten Falles an; maßgebend sei, ob dem Verhalten des Verletzers in seiner Gesamtheit gewichtige Anhaltspunkte dafür entnommen werden könnten, daß er ernstlich gewillt sei, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen. Beruhe ein Gesetzesverstoß auf einem Irrtum, dann könne die Wiederholungsgefahr ausgeschlossen sein, wenn sich der Beklagte, sobald ihm die Gesetzesverletzung bekannt geworden ist, davon distanziere und geeignete Maßnahmen gegen eine Wiederholung ergreife. Die Beklagten hätten jedenfalls in drei Fällen nicht entsprechende Vorsorge getroffen, damit der Zusatz "Austria" beseitigt werde; sie hätten sich zwar von der Gesetzesverletzung distanziert, aber keine geeigneten Maßnahmen getroffen, die eine Wiederholung ausgeschlossen hätten. Es bestehe daher auch für die Zukunft nicht die Gewähr, daß solche Vorgänge verhindert würden. Dazu komme, daß sich die Beklagten den Kunden gegenüber, an die bereits Flaschen mit dem beanstandeten Zusatz ausgeliefert worden waren, nicht distanzierten. Daß der Zusatz "Austria" unzulässig sei und gegen § 2 UWG verstoßen habe, sei unbestritten geblieben.
Gegen diesen Beschluß wendet sich der Rekurs (richtig: Revisionsrekurs) der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist unzulässig.
Das Rekursgericht ist bei der Prüfung der Wiederholungsgefahr von den Grundsätzen der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ausgegangen. Die Frage, ob es ausgeschlossen oder doch höchst unwahrscheinlich ist, daß der Beklagte abermals den Zusatz "Austria" verwenden werde, ist aber keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO in der hier noch anzuwendenden Fassung vor der WGN 1989 BGBl 343, weil dabei immer auf die Besonderheiten des einzelnen Falles abzustellen ist (4 Ob 91/88 ua). Daß der beanstandete Zusatz "Austria" zur Irreführung geeignet ist, haben die Beklagten in erster Instanz nicht in Abrede gestellt. Tatsächlich steht die Ansicht, daß der Zusatz "Austria" zu einem Unternehmenskennzeichen grundsätzlich nur dann zulässig ist, wenn das Unternehmen von größerem Umfang und größerer Wichtigkeit für Österreich ist oder Erzeugnisse typisch österreichischen Gepräges oder besonders hoher Qualität herstellt - welche Voraussetzungen auf das Unternehmen der Beklagten und das von ihnen vertriebene Produkt "Clean-Kill" unbestrittenermaßen nicht zutreffen - im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 43/153; vgl ÖBl 1964, 73; ÖBl 1975, 61). Der im Revisionsrekurs zitierten Entscheidung ÖBl 1979, 21 lag ein anders gearteter Sachverhalt zugrunde: Dort war ausgeführt worden, daß dann, wenn der Zusatz "Austria" einem Eigennamen nachgestellt, nicht aber mit dem Unternehmensgegenstand in Verbindung gebracht wird, die beanstandete Bezeichnung nur den Eindruck einer inländischen Niederlassung eines Unternehmens erweckt, das auch im Ausland Niederlassungen hat. Diese Voraussetzung liegt aber hier nicht vor.
Der Revisionsrekurs war somit mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1, § 528 Abs 2 ZPO zurückzuweisen.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO. Da die Klägerin auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses nicht hingewiesen hat, waren die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig.
Anmerkung
E19502European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00176.89.0109.000Dokumentnummer
JJT_19900109_OGH0002_0040OB00176_8900000_000