TE OGH 1990/1/10 2Ob614/89

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Veröffentlicht am 10.01.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rudolf L***, kaufmännischer Angestellter, Neubangsergasse 5, 6800 Feldkirch, vertreten durch Dr. Clement Achammer, Rechtsanwalt in Feldkirch, wider die beklagte Partei Firma Johann Josef F***, Firma F***, Fenster- und Innenausbau, Treietstraße 56, 6832 Sulz, vertreten durch Dr. Helmut Mäser, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen Gewährleistung, Zahlung und Feststellung (Streitwert: 113.388,- sA) infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 26.April 1989, GZ 3 R 119/89-27, womit das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 5. Dezember 1988, GZ 5 Cg 52/88-22, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Klägers auf Ersatz der Kosten der Rekursbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger wollte in seinem Haus Fenster von besonders guter Qualität einbauen lassen. Von einem Mitarbeiter der beklagten Partei wurden ihm deshalb solche angeboten, die einen "K-Wert" von 1,3 hatten. Der Kläger hatte keine Ahnung von der Bedeutung des sogenannten "K-Wertes". Auch der Verkäufer der beklagten Partei, Eugen R***, wußte nur allgemein um den "K-Wert" Bescheid. Genauere Kenntnisse hatte er nicht. Über den Abstand zwischen den Scheiben wurde überhaupt nicht gesprochen. Auch dazu, daß ein Unterschied besteht, ob der Zwischenraum zwischen den Glasscheiben mit Gas oder mit Luft gefüllt ist, wurde nichts gesagt. Schließlich wurde auch nicht erörtert, daß der K-Wert von der Größe der Scheibe abhängt. Der K-Wert wird von einer Normscheibe gemessen. Größere Scheiben haben andere Randzoneneinflüsse, weshalb sich der K-Wert bei diesen Scheiben ändert. All dies war dem Kläger, dem Verkäufer Eugen R*** und dem Firmeninhaber der beklagten Partei völlig unbekannt. Im Offert der beklagten Partei war nur von Isolierverglasung die Rede. Eine nähere Bezeichnung war darin nicht enthalten. In einem weiteren Angebot wurde vermerkt "plus/N", gemeint "plus/neutral". Ansonsten wurde ebenfalls keine genauere Bezeichnung des Glases festgehalten.

Die beklagte Partei stellt die Isolierscheiben nicht selbst her und baut sie auch nicht selbst zusammen. Sie bestellte die Scheiben auch nicht direkt, sondern über die Firma Seraphin P*** und Söhne. Diese bestellte ihrerseits die Scheiben von der Firma K***-Glas, über deren Vermögen mittlerweile das Konkursverfahren eröffnet wurde. Die Firma K*** hatte Isolierglas mit der Bezeichnung "Dia plus" in ihrem Programm. Unter der Bezeichnung "neutral" wird die Silberbeschichtung verstanden. Die beklagte Partei bestellte von der Firma P*** das von der Firma K*** erzeugte Glas mit der Bezeichnung "Dia plus/neutral" 1,3. Letztere lieferte die bestellten Glasgrößen und hielt auf dem Lieferschein fest, daß das Glas die Bezeichnung "Dia plus/neutral" 1,3 hat. Auf den Scheiben waren Etiketten aufgeklebt, die die Bezeichnung "Dia plus" aufwiesen. Weiters standen darauf die Glasstärken, der Glasabstand von 12 mm, sowie der Vermerk 1,3. Auf den Etiketten wurde auch ausdrücklich festgehalten, daß es sich um Scheiben "Dia plus/neutral" 1,3 handelt. Diese Fenster wurden dann im Haus des Klägers eingebaut. Nachdem der Kläger die Rechnung der beklagten Partei bis auf ungefähr S 20.000,-- bezahlt hatte, befaßte er sich mit dem K-Wert seiner Fenster. Er ließ sie untersuchen, wobei festgestellt wurde, daß die Fenster keinesfalls einen K-Wert von 1,3 haben. Beim K-Wert handelt es sich um den Wärmedurchgangskoeffizienten W/m2 K. Dieser wird in der Regel vom Normalprüfmaß 80 x 80 cm gemessen. Abweichungen im Maß bedeuten auch Abweichungen beim Wärmedämmwert. Bei einem von der beklagten Partei gelieferten Fenster, welches eine Größe von 62,5 x 102,5 cm aufweist, beträgt der K-Wert 1,5 W/m2 K. Der Scheibenabstand beider Scheiben beträgt 12 mm. Bei diesem Scheibenabstand ist ein K-Wert von 1,3 nicht erreichbar. Der Scheibenabstand müßte mindestens 14 mm betragen, um einen Norm-K-Wert von 1,3 zu erreichen. Der Zwischenraum muß mit Gas gefüllt sein, was in diesem Belang der Fall war.

Der K-Wert ist nicht allein maßgebend für den "Heizverbrauch". Ausschlaggebend sind auch die Lage des Hauses, die Anordnung der Fenster und vor allem der Umstand, wieviel Sonnenstrahlung durch die Scheiben eindringen kann. Der angegebene K-Wert gibt somit über den Energieverbrauch keine gültige Aussage. Diese ergibt sich, wenn überhaupt, aus dem sogenannten effektiven K-Wert. Das ist jener Wert, der sich aus dem K-Wert als solchem unter Berücksichtigung der Sonneneinstrahlung und der Strahlungsintensität errechnet. Es spielt somit eine Rolle, ob die Fenster südseitig oder nordseitig angeordnet sind, ob es sich um Schlaf- oder Wohnräume handelt, insbesondere auch, wie groß die Glasflächen sind. Der K-Wert von 1,3 ist nur dann gegeben, wenn das Fenster das Normmaß von 80 x 80 cm hat und einen gasgefüllten Scheibenabstand von mindestens 14 mm aufweist, nicht jedoch auch bei anderen Fenstergrößen. Der K-Wert von 1,3 statt 1,5 fällt nicht ins Gewicht. Die Differenz von 0,2 W/m2 K liegt im Toleranzbereich und kann hinsichtlich des Heizkostenmehrverbrauches unberücksichtigt bleiben. Im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen den Streitteilen wurde der beklagten Partei auch von der Firma P*** bestätigt, daß das gelieferte und eingebaute Glas einen K-Wert von 1,3 W/m2 K hat, dies unter Anführung des Aufbaues 4/12/4 (Glasstärke, Zwischenraum, Glasstärke).

Daß auf Grund der gelieferten Fenster höhere Heizkosten aufliefen, ist nicht erwiesen.

Der Kläger begehrte, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, binnen 14 Tagen die von ihr gelieferten Fensterelemente mit einem solchen Glas auszustatten, das eine Wärmedämmung von 1,3 W/m2 (Norm-K-Wert) aufweist, sohin einen Scheibenabstand von 14 mm haben muß, beschichtet ist und eine Gasfüllung aufzuweisen hat, sowie dem Kläger den Betrag von 3.388,-- sA zu bezahlen. Weiters begehrte er die Feststellung, daß die beklagte Partei ihm für alle Nachteile und Auslagen zu haften hat, die er dadurch erleidet, daß sie Fensterglas, das keinen K-Wert von 1,3 W/m2 K (Normwert) hat, verwendete. Die beklagte Partei habe dem Kläger zugesagt, daß die bestellten Fenster einen K-Wert von 1,3 K/m2 aufweisen und habe hiefür einen entsprechenden Mehrpreis verrechnet. Erst nach der Lieferung habe sich herausgestellt, daß die Fenster nicht den zugesagten K-Wert aufwiesen. Die beklagte Partei habe dem Kläger zugesichert, daß die Fenster augebaut und neu verglast würden, damit ein K-Wert von 1,3 gewährleistet sei. Da die von der Beklagten eingebauten Fenster nicht den zugesicherten K-Wert aufwiesen, habe der Kläger einen Schaden durch Wärmemehrverbrauch von S 3.388,-- erlitten. Da auch für die Zukunft der Eintritt eines Schadens zu erwarten sei, werde auch ein Feststellungsbegehren gestellt. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie wendete ein, daß die behaupteten Mängel nicht vorlägen, weil dem Kläger das von ihm gewünschte Wärmedämmglas geliefert wurde. Außerdem habe der Kläger die Mängelrüge nicht fristgerecht erhoben. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es sei zwar richtig, daß di eingebauten Fenster ein Normmaß von 1,5 W/m2 statt 1,3 W/m2 haben, doch sei der Mangel nicht wesentlich und nur geringfügig. Dem Kläger stehe daher nur ein Anspruch auf Minderung des Entgeltes zu, weshalb das Begehren auf Neuausstattung der Fenster im begehrten Umfang abzuweisen war. Die Heizkostenerhöhung habe der Kläger nicht beweisen können. Da der Kläger keine Nachteile auf Grund der gelieferten Fenster habe, sei auch das Feststellungsbegehren unberechtigt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge, hob das erstgerichtliche Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es fügte seiner Entscheidung einen Rechtskraftvorbehalt an, weil die Frage, ob es einen wesentlichen Mangel darstelle, wenn der Wärmedurchgangskoeffizient um 0,2 W/m2 höher als zugesagt sei, erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO habe. Es sprach berichtigend (ergänzend) aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000, nicht aber S 300.000 übersteigt. Nach Auffassung des Berufungsgerichtes lägen Widersprüche im Sachverständigengutachten vor, die allenfalls durch ein weiteres Sachverständigengutachten geklärt werden müßten. Einerseits erkläre der Sachverständige, daß die Differenz im K-Wert von 0,2 W/m2 im Toleranzbereich liege und ihr Einfluß auf die Heizkosten unberücksichtigt bleiben könne (AS 37), andererseits habe er ausgeführt, daß diese Differenz im K-Wert der Fenster in Geld ausgedrückt nur mit einem allenfalls geringeren oder höheren Heizkostenverbrauch angegeben werden könne (AS 67). Infolge der vom Sachverständigen verwendeten vagen Formulierungen ("fällt nicht ins Gewicht" und "Einfluß auf die Heizkosten kann unberücksichtigt bleiben"), sei bisher nicht klargestellt worden, ob und welche Auswirkungen es hat, wenn Fenster an Stelle eines K-Wertes von 1,3 W/m2 nur einen solchen von 1,5 W/m2 haben. Im Verfahren erster Instanz sei die im Schreiben der staatlich autorisierten Versuchs- und Prüfanstalt für Bauphysik und Fenstertechnik Forschungsgesellschaft J*** GmbH vom 10.4.1988 zum Ausdruck gebrachte Auffassung, daß eine Differenz im Wärmedurchgangskoeffizienten von 0,2 W/m2 K nicht tolerierbar ist und ein um 0,2 W/m2 K erhöhter Wärmedurchgangskoeffizient durchaus einen merklichen Einfluß auf die zu erwartenden Heizkosten hat, nicht erörtert worden. Auch die Feststellungen des Erstgerichtes seien widersprüchlich, weil einerseits ausgeführt wurde, daß der Kläger "das seiner Meinung nach beste Fenster mit einem K-Wert von 1,3 haben wollte" und andererseits davon ausgegangen werde, daß der Kläger eine solche Erklärung nicht abgegeben habe. Das Erstgericht werde demnach alle diese im Berufungsurteil unter genauer Detaillierung festgehaltenen Fragen eindeutig zu klären haben. Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Rekurs der beklagten Partei wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Der Kläger beantragt in der Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist unzulässig.

Die beklagte Partei stellt sich auf den Standpunkt, daß die Erklärungen des Sachverständigen bei teleologischer Betrachtung nicht vage seien; eine Widersprüchlichkeit des Sachverständigengutachtens liege nicht vor. Der Kläger habe beonders gute Fenster erhalten wollen und diese mit einem K-Wert von 1,5 W/m2 auch erhalten.

Weder mit der dem Rechtskraftvorbehalt unterstellten Begründung des Berufungsgerichtes, daß die Frage, ob eine Differenz des Wärmedurchgangskoeffizienten von 0,2 W/m2 einen wesentlichen Mangel der gelieferten Fenster darstelle, noch mit den zusammengefaßt wiedergegebenen Rekursausführungen der beklagten Partei wird jedoch eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO aufgeworfen:

Das Berufungsgericht ist der ständigen Judikatur folgend davon ausgegangen, daß ein wesentlicher Mangel insbesondere dann vorliegt, wenn es an einer zugesicherten Eigenschaft der gelieferten Sache fehlt und das Vorhandensein dieser Eigenschaft von ausschlaggebender Bedeutung für den Besteller war (SZ 58/174; 8 Ob 501-503/81; 1 Ob 599/80; Apathy, Gewährleistung für bedungene Eigenschaften JBl 1975, 572 ff). Es hat weiters richtig erkannt, daß die Behebung (zu ergänzen: selbst unwesentlicher, aber behebbarer) Mängel grundsätzlich dann verlangt werden kann, wenn sie möglich ist und nicht einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert (SZ 53/7; Adler-Höller in Klang2 V, 395 f). Nur dann kann aber von einer Unverhältnismäßigkeit gesprochen werden, wenn der Vorteil, den die Beseitigung des Mangels dem Besteller gewährt, gegenüber den hiezu erforderlichen Kosten so gering ist, daß Vorteil und Aufwand in auffallendem Mißverhältnis stehen und sich daher die Beseitigung des Mangels gar nicht lohnt (SZ 53/7; EvBl 1975/18; Adler-Höller aaO 396).

Von den dargelegten Grundsätzen ausgehend hat das Berufungsgericht die Klarstellung dieser Frage angeordnet. Es hat unter anderem darauf verwiesen, daß das bisherige Sachverständigengutachten widersprüchlich ist, weil es einerseits davon ausgeht, daß die festgestellte Wärmedämmungsdifferenz der Scheiben keinen Einfluß auf die Heizkosten des Klägers habe und andererseits einen solchen Einfluß mit anderen Worten bejaht. Der Auffassung des Berufungsgerichtes, daß der bisher festgestellte Sachverhalt somit nicht entscheidungsreif sei, sondern in der dargelegten Richtung klargestellt und ergänzt werden müsse, kann nicht entgegengetreten werden.

Alle diese Fragen sind aber keine solchen von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO. Das Berufungsgericht hielt sich im Rahmen der Rechtsprechung, diese ist im relevanten Bereich durchaus einheitlich. Der Oberste Gerichtshof ist nach § 526 Abs 2 ZPO an einen Ausspruch des Gerichtes zweiter Instanz nach § 519 Abs 1 Z 3 ZPO nicht gebunden. Dies hat auf Grund der dargestellten Umstände zur Folge, daß die Unzulässigkeit des Rekurses der beklagten Partei vom Obersten Gerichtshof selbst wahrzunehmen und das Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen war. Da der Kläger auf die dargelegte Unzulässigkeit des Rekurses der beklagten Partei nicht hingewiesen hat, waren ihm für die Rekursbeantwortung keine Kosten zuzuerkennen.

Anmerkung

E19455

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0020OB00614.89.0110.000

Dokumentnummer

JJT_19900110_OGH0002_0020OB00614_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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