TE OGH 1990/1/16 5Ob84/89

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Veröffentlicht am 16.01.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Zehetner, Dr.Klinger und Dr.Schwarz als Richter in der Mietrechtssache der Antragsteller 1.) Johann D***, 2.) Maria W***, 3.) Gertrude S***, 4.) Hofrat Leonhard N***, und 5.) Herta F***, sämtliche Pensionisten, wohnhaft in Graz, Maygasse 19, sämtliche vertreten durch Mag.Max K***, Sekretär der Mietervereinigung Österreichs, Graz, Südtirolerplatz 13, wider die Antragsgegnerin Carmen C***-C***, Hausfrau, Graz, Maygasse 19, vertreten durch Dr.Franz Goral, Rechtsanwalt in Graz, wegen Durchführung von Erhaltungsarbeiten (§ 37 Abs. 1 Z 2 MRG) infolge Revisionsrekurses der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 1.Juni 1989, GZ 3 R 79/89-42, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 29.November 1988, GZ 24 Msch 53/86-33, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag der Antragsteller auf Zuspruch von Kosten für die Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die Antragsteller sind Mieter von Wohnungen in dem seit 1964 der Antragsgegnerin gehörigen Haus in Graz, Maygasse 19. Das vom Stiegenhaus des hofseitigen Traktes des Hauses zugängliche Flachdach dieses Hauses wurde stets von Mietern benützt, und zwar für das Aufhängen von Wäsche - es sind drei hölzerne Wäschehängen vorhanden -, Aufstellen von Antrennen, zum Sonnenbaden, aber auch für gesellschaftliches Beisammensein. Außerdem spielten dort auch Kinder. Das Flachdach wurde auch von einer "Untermieterin" der Antragsgegnerin zum Sonnenbaden benützt. Abgesehen von einer schriftlichen Verständigung im Oktober 1985 hat die Antragsgegnerin den Antragstellern die Benützung des Flachdaches nicht verboten. Bei der derzeit vorhandenen Abgrenzung des ohne besondere Hindernisse begehbaren Flachdaches besteht die Gefahr, daß Kinder in den Lichtschacht des Hauses stürzen oder auf ungesicherte Bereiche des Daches gelangen können.

Mit dem bei der Schlichtungsstelle des Magistrates der Stadt Graz eingebrachten Antrag begehrten die Mieter, der Antragsgegnerin die Herstellung eines Geländers auf dem der gemeinsamen Benützung der Hausbewohner dienenden Flachdach unter Verwendung der Mietzinsreserve oder Heranziehung des Erhaltungsbeitrages aufzutragen.

Das von der Antragsgegnerin gemäß § 40 Abs. 2 MRG angerufene Erstgericht erkannte die Antragsgegnerin mit Sachbeschluß schuldig, bestimmt angeführte Arbeiten auf dem Flachdach (Anbringung eines Geländers laut Kostenvoranschlag zum angemessenen Preis von 25.014 S) binnen 8 Monaten durchführen zu lassen. Den die Finanzierung dieser Arbeiten betreffenden Antragsteil wies es ab. Rechtlich beurteilte es den bereits wiedergegebenen Sachverhalt dahin, daß das Flachdach zufolge seiner Benützung durch die Mieter als allgemeiner Teil des Hauses anzusehen sei und die Antragsgegnerin verpflichtet wäre, an dieser Gemeinschaftsanlage iS des § 3 Abs. 2 Z 3 MRG die zur Herstellung eines der Steiermärkischen Bauordnung 1968 entsprechenden Zustandes erforderlichen Erhaltungsarbeiten durch Errichtung eines entsprechenden Geländers vornehmen zu lassen.

Das infolge Rekurses der Antragsgegnerin angerufene Gericht zweiter Instanz bestätigte diesen Sachbeschluß und erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Es könne dahingestellt bleiben, ob das Flachdach als eine der gemeinsamen Benützung der Bewohner dienende Anlage iS des § 3 Abs. 2 Z 3 MRG anzusehen sei, denn es bilde unter den gegebenen Umständen jedenfalls einen allgemeinen Teil des Hauses iS des § 3 Abs. 2 Z 1 MRG und unterliege damit der in § 3 MRG normierten Erhaltungspflicht des Vermieters. "Allgemein" seien jene Teile des Hauses, die gemeinschaftlich benützt werden könnten und kraft Widmung oder Verkehrsübung auch benützt würden. Da das Flachdach über die zum Wäscheaufhängen erforderlichen Einrichtungen verfüge und es auch im Rahmen der Freizeitgestaltung benützt werde, bestehe kein Grund zur Annahme, dieser Teil des Hauses wäre bloß der Sondernutzung durch bestimmte Mieter vorbehalten. Die verlangten Arbeiten dienten aber auch der Erhaltung des Hauses iS des § 3 MRG, weil sie nach Maßgabe der rechtlichen Gegebenheiten, wozu auch die verwaltungsrechtlichen Vorschriften des Baurechts gehörten, erforderlich seien, um das Haus unter Vermeidung jeden Luxusaufwandes in seiner gegenwärtigen Gestaltung und zu seinem bisherigen Zweck zu erhalten. Wenn die bestehende Absicherung des Flachdaches den derzeit geltenden baubehördlichen Vorschriften (§ 28 Steiermärkische Bauordnung 1968) nicht mehr entspräche und wenn nach nunmehriger Verkehrsauffassung die gefahrlose Benützung dieses allgemeinen Teiles des Hauses nicht mehr gewährleistet sei, liege ein Zustand vor, der die widmungsgemäße Verwendung des Flachdaches verhindere. Die Vorkehrungen, die zur Erreichung des bisherigen Verwendungszweckes erforderlich seien, fielen daher unter die dem Vermieter gemäß § 3 MRG auferlegte Erhaltungspflicht. Der von der Antragsgegnerin gegen diesen rekursgerichtlichen Sachbeschluß erhobene Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Zu Unrecht vertritt die Rechtsmittelwerberin den Standpunkt, bei den hier begehrten Arbeiten handle es sich nicht um Erhaltungsarbeiten iS des § 3 MRG, weil die Baubehörde keine Beanstandung vorgenommen habe und die Arbeiten keinen Mangel beseitigten, sondern bloß Sicherungsmaßnahmen darstellten, die nur die Benützungsbedingungen verbesserten. Das Rekursgericht hat zutreffend erkannt, daß der Vermieter nach Maßgabe der rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten für die Erhaltung des Hauses im jeweiligen ortsüblichen Standard zu sorgen hat und unter diesen rechtlichen Gegebenheiten und Möglichkeiten vor allem die verwaltungsrechtlichen Vorschriften des Baurechts gemeint sind (ImmZ 1986, 198). Da nach den Feststellungen der Vorinstanzen die derzeit vorhandene Abgrenzung des von den Mietern zu verschiedenen Zwecken benützten Flachdaches den baubehördlichen Sicherheitsvorschriften nicht mehr entspricht (§ 28 Steiermärkische Bauordnung 1968 fordert für Geländer einen Sprossenabstand von mindestens 12 cm lichter Weite und für Dachterrassen und allgemein zugängliche Flachdächer eine Geländerhöhe von mindestens 1,10 m), haben die Vorinstanzen die von den Antragstellern begehrten Arbeiten mit Recht als gemäß § 3 MRG der Antragsgegnerin als Vermieterin obliegende Erhaltungsarbeiten qualifiziert.

Nach § 3 Abs. 1 MRG hat der Vermieter dafür zu sorgen, daß die der gemeinsamen Benützung der Bewohner des Hauses dienenden Anlagen im jeweils ortsüblichen Standard erhalten werden. Dies erfordert aber bei Änderung baubehördlicher Vorschriften die jeweilige Anpassung des Zustandes von Anlagen an die geänderten Bestimmungen. Die für die Anpassung erforderlichen Arbeiten fallen daher unter § 3 MRG (vgl. Würth in Rummel, RdZ 2 zu § 3 MRG).

Dem Revisionsrekurs konnte somit kein Erfolg beschieden sein. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs. 3 Z 19 MRG, wonach jede Partei die Kosten rechtsfreundlicher Vertretung grundsätzlich selbst zu tragen hat. Daß diese Kosten mutwillig verursacht worden wären, kann bei der gegebenen Sach- und Rechtslage nicht gesagt werden.

Anmerkung

E19784

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0050OB00084.89.0116.000

Dokumentnummer

JJT_19900116_OGH0002_0050OB00084_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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