Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Zehetner, Dr.Klinger und Dr.Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing.Alois T***, Kaufmann, Mitterndorf an der Fischa 44, vertreten durch Dr.Alois Tauchner, Rechtsanwalt in Ebreichsdorf, wider die beklagte Partei prot. Firma Ernst D***, Alleininhaberin Brigitte E***, Salzburg, Dreifaltigkeitsgasse 8, vertreten durch Dr.Karl Endl und Dr.Michael Pressl, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 2,191.367,73 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Berufungsgerichtes vom 25.September 1989, GZ 21 R 192/89-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom 27.Jänner 1989, GZ 12 C 1991/87y-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 21.884,49 (darin S 3.647,42 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Eigentümer des Hauses Waagplatz 6 in Salzburg. Im Erdgeschoß war ein Geschäftsraum seit dem 1.Mai 1963 an ein Wiener Schirmerzeugungsunternehmen vermietet. Im Vertrag war jede Untervermietung oder Überlassung des Bestandobjektes verboten. Sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Vertrag sollten auf Erben bzw sonstige Rechtsnachfolger übergehen. Die beklagte Partei erwarb das Unternehmen der Hauptmieterin und führte im Geschäft den Einzelhandel mit Schirmen und Damenmodeartikeln. Die beklagte Partei betreibt ein weiteres Geschäft in Salzburg und verpachtete ab dem 1. Feber 1983 das Textilfachgeschäft im Haus des Klägers an eine Handelsgesellschaft zu einem Bestandzins von monatlich S 35.000,--, bezahlte selbst aber dem Kläger nur den Mietzins von monatlich S 4.415,40 (1983), S 4.583,70 (1984), S 4.814,87 (1985), S 9.629,74 (1986) und S 9.735,67 (1987). Ende Jänner 1983 führte die beklagte Partei einen Schlußverkauf durch, setzte fast das gesamte Warenlager ab und nahm den Restbestand teils in ihr zweites Geschäft mit, teils gab sie die Ware an die Caritas ab. Ihre Kunden wurden gebeten, sich an das Hauptgeschäft zu wenden. Nach dem Abverkauf wurde das Geschäft vollkommen umgebaut, die Innenausstattung und das Portal wurden erneuert und nach der Neueröffnung Mode der Firmengruppe S*** für vorwiegend jüngere weibliche Käuferschichten vertrieben, die anspruchsvolle Kleidung der mittleren Preiskategorie bevorzugen. Seit dem Herbst 1984 übernahm mit Zustimmung der beklagten Partei eine andere Handelsgesellschaft das Geschäft. Der Kläger kündigte den Hauptmietvertrag der beklagten Partei am 27. September 1983 für den 31.März 1984 gerichtlich auf, weil der Bestandgegenstand an die Handelsgesellschaft ganz weitergegeben wurde, nicht zu der im Vertrag bedungenen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werde und im Mietvertrag die Überlassung an andere Personen als Grund zur Auflösung vereinbart sei. Das Erstgericht, das am 20.November 1984 die Aufkündigung aufgehoben und das Räumungsbegehren abgewiesen hatte, weil eine zulässige und vertraglich nicht ausgeschlossene Verpachtung des Unternehmens vorliege, erklärte im zweiten Rechtsgang unter Bindung an die im Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht die Aufkündigung für rechtswirksam. Berufung und Revision der beklagten Partei blieben erfolglos (Oberster Gerichtshof 3 Ob 581/87 vom 27.Mai 1988).
Der Kläger verlangt Zahlung von S 2,191.367,73 sA. Er begehrt die Herausgabe des von der beklagten Partei durch die vertragswidrige Weitergabe an die Handelsgesellschaft mit Vertrag vom 15.Dezember 1982 erzielten Gewinnes, der sich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem an den Kläger entrichteten Mietzins und dem von der beklagten Partei eingenommenen Bestandzins errechne. Bei der "Verpachtung" um monatlich S 35.000,-- sei die Verwertung des Bestandrechtes im Vordergrund gestanden. Die beklagte Partei habe anläßlich der erforderlichen Umbauarbeiten zwar mit dem Kläger vereinbart, daß der für die Miete des Geschäftes an den Kläger zu entrichtende Hauptmietzins ab dem 1.Jänner 1986 verdoppelt werde, jedoch verschwiegen, daß sich im Geschäft eine andere Unternehmung etabliere und daß diese ein Vielfaches dieses Mietzinses an die beklagte Partei entrichte. Angemessen sei ein Bestandzins von S 70.000,-- im Monat. Wegen der Nichteinhaltung des Weitergabeverbotes im Mietvertrag habe die beklagte Partei den erzielten Gewinn als Schadenersatz und wegen Bereicherung dem Kläger auszufolgen.
Die beklagte Partei beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Sie habe die beiden Schirm- und Textilgeschäfte erst 1968 von der ersten Hauptmieterin "käuflich erworben" und von dem vertraglichen Verbot der Untervermietung oder Überlassung des Bestandobjektes keine Kenntnis gehabt. Sie sei von der Zulässigkeit der Verpachtung des Unternehmens ausgegangen und habe am 15.Dezember 1982 "das Textilfachgeschäft" an die in Gründung befindliche Handelsgesellschaft verpachtet. Daß die Pächterin einen den Anforderungen des Franchisepartners S*** entsprechenden Umbau vornahm, könne nicht der beklagten Partei angelastet werden. Der Kläger habe den Mietzins erhalten, der ihm nach dem Mietvertrag zustand, und keinen Schaden erlitten.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil selbst eine vertragswidrige Weitergabe der Mietrechte den Kläger nur zur Aufkündigung berechtigt aber nicht geschädigt habe und in der Prozeßführung ein Schadenersatzansprüche begründendes Verhalten durch Verzögerung der Rückstellung des Bestandobjektes nicht erblickt werden könne.
Das Berufungsgericht bestätigte.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.
Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Ausfolgung des von der beklagten Partei durch die Weitergabe des Bestandgegenstandes zu dem den von ihr an den Vermieter zu entrichtenden Mietzins erheblich übersteigenden wertgesicherten Zins von S 35.000,-- im Monat erzielten Gewinnes besteht tatsächlich nicht. Zutreffend haben die Vorinstanzen erkannt, daß durch das der beklagten Partei angelastete Verhalten dem Kläger ein Schaden nicht entstanden ist. Es kommt daher gar nicht darauf an, ob der beklagten Partei die im schriftlichen Mietvertrag vom 22.Feber 1963 zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien getroffene Vereinbarung bekannt war oder bekannt sein mußte, daß der Mieterin jede wie immer geartete Untervermietung oder Überlassung des Bestandobjekts verboten ist. Hätte die beklagte Partei nicht mit dem "Pachtvertrag" vom 15. Dezember 1982 das Bestandobjekt gegen Entgelt ganz weitergegeben, wäre es bei dem zwischen den Parteien bestehenden Vertrag geblieben, nach welchen der Kläger nicht mehr als den an ihn entrichteten Mietzins verlangen konnte. Der im Vorprozeß angenommene Kündigungsgrund nach dem § 30 Abs 2 Z 4 Fall 1 MRG wäre nicht vorgelegen. Der Kläger hätte daher aus diesem auf unbestimmte Zeit laufenden und nur aus wichtigem Grund durch Kündigung auflösbaren Vertrag (§ 30 Abs 1 MRG) einen höheren Ertrag nicht erzielt. Schon daraus folgt die Richtigkeit der Rechtsansicht der Vorinstanzen, daß die Vermögenslage des Klägers durch die Weitergabe des Mietgegenstandes nicht beeinträchtigt worden ist. Er wäre ohne dieses ihm einen Kündigungsgrund verschaffende Vorgehen der beklagten Partei in seinem Vermögen nicht besser gestellt und hätte auch nicht mehr an Ertrag seiner Liegenschaft erhalten können als den vereinbarten Mietzins, der ohnedies bezahlt wurde. Der Schadensbegriff des ABGB umfaßt aber nur den Zustand, der rechtlich als Nachteil anzusehen ist (VersR 1985, 894; JBl 1987, 388 ua), wobei die wirkliche Lage, die durch das in Frage stehende Ereignis eintrat, mit der hypothetischen Lage zu vergleichen ist, die ohne dieses Ereignis bestanden hätte (SZ 53/107; VersR 1985, 894 ua). Es liegt keine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens vor (§ 510 Abs 3 ZPO), denn abgesehen davon, daß nach ständiger Rechtsprechung ein Mangel des erstgerichtlichen Verfahrens nicht mehr mit Aussicht auf Beachtung in der Revision geltend gemacht werden kann, wenn er nicht schon mit Berufung beanstandet wurde (SZ 23/352 uva), oder wenn das Berufungsgericht das Vorliegen des Mangels verneinte, geht die Anleitungspflicht des Richters nicht so weit, daß die anwaltlich vertretene Partei aufzufordern wäre, ein Sachvorbringen in einer weiteren Richtung zu erstatten (MietSlg 34.036 ua). Der Richter hat nach § 182 Abs 1 ZPO nur darauf hinzuwirken, daß die für die Entscheidung erheblichen tatsächlichen Angaben gemacht oder ungenügende Angaben vervollständigt werden, nicht aber darauf zu dringen, daß ein anderer Sachverhalt zur Begründung des Schadenersatzanspruches - mutwillige Prozeßführung im Kündigungsrechtsstreit - vorgetragen wird.
Der Kläger unternimmt nun im Revisionsverfahren den ungeeigneten Versuch, seinen zunächst auf die vertragswidrige Weitergabe des Mietrechts an der Geschäftsräumlichkeit gestützten Schadenersatzanspruch auf ein schuldhaftes Verhalten der beklagten Partei durch Fortführung des Kündigungsprozesses zu gründen, weil (zumindest) nach den konformen Entscheidungen im zweiten Rechtsgang die Aussichtslosigkeit der weiteren Prozeßführung erkennbar gewesen sei. Abgesehen davon, daß eine Verpachtung des Unternehmens auf Zeit den Kündigungstatbestand nicht erfüllt hätte und daher die beklagte Partei obsiegt hätte, wenn eine Verpachtung und nicht die bloße Verwertung ihrer Mietrechte angenommen worden wäre, und daß die Abgrenzung der Unternehmenspacht von der Geschäftsraummiete jeweils nur nach den Umständen des Einzelfalles erfolgen kann und daher keineswegs eine klare und eindeutige Rechtslage bestanden hat, fehlt es an einem ausreichenden Vorbringen des Klägers (vgl SZ 57/128). Es ist daher nicht zu erörtern, ob dem Kläger durch ein Verschulden der beklagten Partei ein Vermögensentgang dadurch entstanden sein kann, daß die Rückstellung des Bestandgegenstandes verzögert wurde. Auch nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen kann der Kläger von der beklagten Partei die Ausfolgung eines ihr aus dem Vertrag mit der Handelsgesellschaft zugekommenen Überschusses gegenüber ihren Aufwendungen nicht verlangen. Der Vermieter hat den vertraglichen Anspruch auf Entrichtung des als Entgelt für die Gebrauchsüberlassung (zulässig) vereinbarten Mietzinses. Mehr steht ihm nicht zu. Schon der im Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Fall 2 MRG umschriebene Tatbestand zeigt, daß die Verwertung des Mietgegenstandes durch die Überlassung an einen Dritten gegen unverhältnismäßig hohe Gegenleistung den Vermieter nur zur Kündigung des Mietvertrages berechtigt, ihm aber kein Anspruch auf Herausgabe des vom Hauptmieter erzielten Gewinnes zusteht. Dieser Grundsatz kann durch das Bereicherungsrecht nicht umgangen werden, denn der Mieter ist nicht zu Lasten des Vermieters grundlos bereichert, sondern er hat - allenfalls sogar gegen eine vertragliche Regelung, die aber ohnedies im wesentlichen dem Gesetz entsprach - das Mietrecht verwertet und damit Gewinn erzielt, dem Vermieter aber alles geleistet, was diesem zuzukommen hatte. Die Rechtsfolge erschöpft sich in der Zulässigkeit der Vertragsauflösung durch Aufkündigung und beinhaltet nicht etwa auch die Pflicht zur Herausgabe des Gewinnes (vgl JBl 1989, 102 = ÖBA 1989, 428). Die Vorinstanzen sind daher keinem Rechtsirrtum unterlegen, wenn sie keine rechtliche Grundlage für den vom Kläger eingeklagten Anspruch auf Zahlung des Unterschiedsbetrages zwischen dem entrichteten Mietzins und den vereinnahmten Entgelten aus der Weitergabe des Mietgegenstandes fanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E19782European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0050OB00662.89.0116.000Dokumentnummer
JJT_19900116_OGH0002_0050OB00662_8900000_000