TE OGH 1990/1/16 6Ob732/89

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Veröffentlicht am 16.01.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Schlosser, Dr. Redl und Dr. Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** W***, vertreten durch Dr. Adolf Fiebich, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1./ Gerhard S***, Kaufmann, Eckpergasse 25, 1180 Wien, vertreten durch Dr. Franz J. Salzer und Dr. Gunter Granner, Rechtsanwälte in Wien, und 2./ Verlassenschaft nach Elisabeth G***, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Dr. Ingrid Ruckenbauer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 1,387.000 sA (Revisionsinteresse S 693.500,-) infolge Revision der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 6. Mai 1989, GZ 15 R 16/89-30, womit infolge der Berufungen beider beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 23. September 1988, GZ 1 Cg 148/86-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 17.839,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 2.973,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei gewährte dem Erstbeklagten und der am 27. August 1979 verstorbenen Maria S*** über deren Ansuchen vom 28. März 1978 für das von diesen auf den ihnen je zur Hälfte gehörigen Liegenschaften EZ 158 und 433 je KG Grinzing unter der Anschrift Cobenzlgasse 35, 1190 Wien, betriebene Grinzinger Bad einen Investitionszuschuß von S 1,387.000,-. Grundlage der Subventionsauszahlung waren die "Richtlinien der Aktion zur Förderung der Wiener Privatbäder", deren Punkt 6 lautet:

"6. Widerruf

6.1. Die Zuerkennung des Zuschusses ist innerhalb von 15 Jahren ab Zuzählung zu widerrufen:

6.1.1. bei zweckwidriger Verwendung des Zuschusses,

6.1.2. bei unvollständigen oder falschen Angaben über wesentliche, für die Förderung maßgebliche Fakten,

6.1.3. bei Veräußerung, Weitergabe oder Auflassung des Bades ohne Zustimmung der S*** W***.

6.2. Die Zuerkennung des Zuschusses kann innerhalb von 10 Jahren ab Zuzählung widerrufen werden:

bei Verweigerung von Kontrollen bzw Nichterbringen angeforderter Nachweise bezüglich der zweckmäßigen Verwendung der Förderungsmittel.

6.3. Der Geförderte ist verpflichtet, das Hervorkommen oder Auftreten von Widerrufsgründen dem Magistrat schriftlich bekanntzugeben.

6.4. Im Falle des Widerrufs ist der Zuschuß binnen zwei Wochen nach Verständigung durch die S*** W*** zur Gänze zurückzuzahlen."

Der Nachlaß der Maria S*** wurde Elisabeth G*** als Alleinerbin eingeantwortet. Diese verstarb am 11. Oktober 1988. Mit Beschluß vom 16. November 1988 bestellte das Bezirksgericht Innere Stadt Wien im Abhandlungsverfahren nach Elisabeth G*** Dr. Ingrid R*** zum Verlassenschaftskurator.

Die klagende Partei begehrte die Verurteilung der beiden beklagten Parteien zur Zahlung von je S 693.500 sA. Sie brachte vor, der Erstbeklagte und Maria S*** hätten das Grinzinger Bad in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betrieben. Das Grinzinger Bad sei nach Beginn der Investitionsarbeiten nicht mehr eröffnet worden. Seit vielen Jahren sei nichts unternommen worden, was zur Wiedereröffnung des Bades führen könnte, sodaß es als aufgelassen anzusehen sei. Die Magistratsabteilung 4 habe dem Erstbeklagten mit Schreiben vom 30. März 1981 angedroht, die Subvention zu widerrufen, wenn der Betrieb nicht bis spätestens 15. Mai 1981 aufgenommen werde. Der Zweitbeklagten gegenüber sei der Widerruf am 17. Februar 1986 erfolgt.

Der Erstbeklagte wendete ein, sowohl Elisabeth G*** als auch Helga S***, der Maria S*** ihre Anteile an den Liegenschaften, auf welchen das Grinzinger Bad getrieben worden sei, auf den Todesfall geschenkt habe, hätten sich gegen die Weiterführung des Bades ausgesprochen. Er habe deshalb zu 1 Nc 107/81 des Bezirksgerichtes Döbling beantragt, die Zustimmung der Miteigentümerin zur Finanzierung der Fertigstellungsarbeiten zu ersetzen. In diesem Verfahren habe der Oberste Gerichtshof aber ausgesprochen, das Grinzinger Bad sei von Gerhard und Maria S*** in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes betrieben worden. Diese habe mit dem Tod der Maria S*** geendet. Damit sei die Gesellschaft in eine schlichte Miteigentumsgemeinschaft umgewandelt worden. Die Teilhaber einer Miteigentumsgemeinschaft treffe keine Verpflichtung zur Fortführung eines Unternehmens, sie seien lediglich verpflichtet, eine Regelung zur ordnungsgemäßen Benutzung und Verwaltung der gemeinsamen Liegenschaft zu treffen. Daraus folge, daß es dem Erstbeklagten verwehrt sei, den Betrieb ohne die Zustimmung der Miteigentümerin zu eröffnen. Er sei aber nach wie vor bemüht, die andere Liegenschaftshälfte zu erwerben und den Badebetrieb wieder aufzunehmen.

Die Zweitbeklagte bestritt die Auszahlung der Subvention an Maria S*** und wendete ferner den Mangel der passiven Klagslegitimation ein, weil Maria S*** ihre Liegenschaftsanteile Helga S*** auf den Todesfall geschenkt habe. Hiedurch sei der Zweitbeklagten jede Verfügungsmöglichkeit entzogen, sodaß ihr gegenüber die Subvention auch nicht wirksam widerrufen werden könne. Das Erstgericht gab den Klagebegehren gegen beide Beklagte - mit Ausnahme eines geringfügigen Zinsenmehrbegehrens - statt. Es stellte fest:

Das Grinzinger Bad wurde zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt im Jahre 1979 wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Die Hälfteanteile der Maria S*** an den beiden Liegenschaften sind nach deren Tod auf Grund einer Schenkung auf den Todesfall auf ihre Nichte Helga S*** übergegangen. Diese hat die Liegenschaftsanteile in der Zwischenzeit an einen Wohnungseigentumsorganisator veräußert. Unmittelbar nach dem Ableben der Maria S*** untersagte die Zweitbeklagte dem Erstbeklagten die Fortführung des Bades; damals waren die Instandsetzungsarbeiten im Gang. Als etwa zwei Jahre nach dem Ableben der Maria S*** das Eigentum an deren Liegenschaftshälften für Maria S*** im Grundbuch einverleibt worden war, verbot auch diese dem Erstbeklagten die Weiterführung des Badebetriebes. Der Erstbeklagte teilte diese Umstände der klagenden Partei nicht mit. Das Bad ist bisher nicht mehr wiedereröffnet worden. Der Erstbeklagte hat zwar die Absicht, den Badebetrieb wieder aufzunehmen, doch ist das ohne Zustimmung des Miteigentümers nicht möglich. Die Wiedereröffnung des Bades würde auch die Instandsetzung der Kabinen voraussetzen, doch wäre hiefür ein Aufwand von 1,5 bis 2 Mio S erforderlich, den der Erstbeklagte auch teils aus Eigenmitteln, teils durch Fremdfinanzierung aufbringen könnte.

Mit Schreiben vom 30. März 1981 drohte die klagende Partei dem Erstbeklagten den Widerruf des Zuschusses an, wenn das Bad nicht bis spätestens 15. Mai 1981 seinen Betrieb aufnehme. Mit Schreiben vom 17. Februar 1986 erklärte die klagende Partei der Zweitbeklagten gegenüber den Widerruf der Subvention und forderte diese zur Rückzahlung des Zuschusses auf.

In rechtlicher Hinsicht meinte das Erstgericht, das Grinzinger Bad sei 1979 zunächst wegen Renovierungsarbeiten geschlossen und in der Folge nicht wieder eröffnet worden, weil sowohl Elisabeth G*** als auch Helga S*** die Weiterführung des Bades untersagt hätten. Die Tatsache, daß das Bad nahezu 10 Jahre hiedurch außer Betrieb sei, komme praktisch der Auflassung gleich, selbst wenn der Erstbeklagte die Absicht hegen sollte, das Bad irgendwann einmal wieder zu eröffnen. Bedeutungslos sei, ob sich das Bad in betriebsbereitem Zustand befinde, weil die Voraussetzungen des Widerrufes der Förderung im Widerrufszeitpunkt zu prüfen seien. Da die Zweitbeklagte in die Rechtsstellung der Subventionsnehmerin Maria S*** eingetreten sei, sei sie passiv klagslegitimiert. Das Berufungsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil. Es führte aus, wie sich aus dem angeschlossenen Akt der Magistratsabteilung 4 ergebe, habe der Erstbeklagte der klagenden Partei mit Schreiben vom 10. Juli 1981 die Rechnung der V*** M*** R***-B*** AG vom 20. Dezember 1977 über

S 2,900.129,- sowie deren Schreiben vom 4. Dezember 1978 übersandt, mit welchem dieses Unternehmen bestätigt habe, daß der Erstbeklagte den endgültigen Rechnungsbetrag von S 2,465.707,- bis auf einen Rest von S 484.336,- bezahlt habe. Im erwähnten Schreiben verweise der Erstbeklagte außerdem darauf, daß er dem genannten Unternehmen Vertragsverletzungen und mangelhafte Leistungen vorwerfe, das Unternehmen die Restforderung aber eingeklagt habe. Wie der beigelegten Rechnung zu entnehmen sei, handle es sich um jene Leistungen, deren Erbringung der Erstbeklagte in den Feststellungen des Erstgerichtes vermisse. Daraus ergebe sich aber, daß diese Leistungen erbracht worden seien. Der Erstbeklagte habe den Zustand der Liegenschaft in seiner Klagebeantwortung insoweit beschrieben, als er dort vorgebracht habe, die Magistratsabteilung 37 habe 1980 den Auftrag zur Instandsetzung der Einfriedung an der rechten Grundgrenze, der Stützmauer beim Aufgang zur Liegewiese, der Fassade des Wohn- und des Betriebsgebäudes sowie der Dachhaut des Betriebsgebäudes erteilt. Die Entsprechung dieser Bauaufträge sei Voraussetzung der Wiedereröffnung des Bades. Die Ersatzvornahme erfordere einen Aufwand von 4 Mio S. Darüber hinaus ergebe sich aus einem Aktenvermerk der Magistratsabteilung 4 vom 2. Juli 1982 über eine Besichtigung des Grinzinger Bades, daß auf dem Grund des vor einigen Jahren neu errichteten Schwimmbeckens größere Mengen abgefallenen Laubes lägen, das im Becken eingelassene Wasser faulig und dunkel gefärbt sei und Insekten und Kaulquappen Lebensraum biete. Ein ebenerdiger Ziegelbau sei in höchstem Maß sanierungsbedürftig, die zum Bad gehörigen hölzernen Kabinen seien mit Bestimmtheit über einen längeren Zeitraum nicht gewartet worden und befänden sich im Zustand fortgeschrittenen Verfalls. Daß sich dieser Zustand des Grinzinger Bades im Zeitpunkt des Widerrufes der Subvention dem Erstbeklagten gegenüber in den folgenden Jahren bis zum Widerruf der Zweitbeklagten gegenüber geändert hätte, sei nicht einmal behauptet worden. Der fortschreitende Verfall könne aber nicht mehr als längerfristige Stillegung des Badebetriebes zum Zweck der Generalsanierung anerkannt werden, sondern sei vielmehr der Auflassung des Bades gleichzuhalten. Selbst wenn der Widerruf dem Erstbeklagten gegenüber nicht den Subventionsrichtlinien gemäß erfolgt sein sollte, wäre dann die Klageschrift als Widerrufserklärung anzusehen und - wie dargelegt - gerechtfertigt. Die vom Erstbeklagten erhobene Revision ist nicht berechtigt. Die Rechtsmittelausführungen können dahin zusammengefaßt werden, daß die Berechtigung der klagenden Partei zum Widerruf der Subvention auf Grund der Sachlage im Widerrufszeitpunkt (März 1981) zu prüfen sei und das Bad damals noch nicht als aufgelassen hätte betrachtet werden können.

Der Erstbeklagte geht selbst davon aus, daß die Richtlinien der Aktion zur Förderung der Wiener Privatbäder in die Rechtsbeziehung zwischen den Streitteilen einbezogen wurden. Die klagende Partei berief sich zur Dartuung ihrer Berechtigung zum Subventionswiderruf auf Punkt 6.1.3. der soeben erwähnten Richtlinien, wonach die Zuerkennung des Zuschusses innerhalb von 15 Jahren nach Zuzählung zu widerrufen ist, wenn das Bad ohne Zustimmung der klagenden Partei veräußert, weitergegeben oder aufgelassen wird. Der nun zurückgeforderte Betrag wurde dem Erstbeklagten und dessen Mitgesellschafterin Maria S*** im Jahre 1978 ausbezahlt. Im März 1981 gab die klagende Partei dem Erstbeklagten bekannt, sie sehe sich genötigt, die Widerrufsbestimmungen zur Anwendung zu bringen und den Zuschuß zurückzuverlangen, sollten die noch anstehenden Investitionen nicht durchgeführt werden bzw sollte das Bad nicht spätestens bis 15. Mai 1981 den Betrieb aufnehmen. Damit hat die klagende Partei in Wahrheit den Widerruf noch nicht erklärt, sondern erst für den Fall angedroht, daß das Bad nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt wiedereröffnet sein sollte. Den Widerruf hat die klagende Partei vor dem Prozeß wohl der Zweitbeklagten (ON 23, S 7 = AS 83), nicht aber auch dem Erstbeklagten gegenüber ausgesprochen, doch kann es - wie das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat - nicht zweifelhaft sein, daß der Widerruf der Subvention dem Erstbeklagten mit der Zustellung der entsprechendes Vorbringen enthaltenen Klage (am 7. Mai 1987) zugegangen ist. Auf diesen Zeitpunkt ist demnach die Prüfung der Berechtigung der klagenden Partei hiezu abzustellen und die Berechtigung auf Grund des vom Berufungsgericht unbekämpftermaßen ergänzten Sachverhaltes auch zu bejahen:

Rechtliche Beurteilung

Vorweg ist darauf zu verweisen, daß die zum Betrieb des Bades bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechtes mit dem Tod der Maria S*** gemäß § 1207 ABGB beendet wurde und sich in eine schlichte Miteigentumsgemeinschaft zwischen dem Erstbeklagten und Helga S*** verwandelt hat (1 Ob 577/83 im Akt 1 Nc 107/81 des Bezirksgerichtes Döbling). Darüber hinaus hat Helga S*** dem Erstbeklagten den Fortbetrieb des Bades untersagt und schließlich ihre Liegenschaftsanteile an einen Wohnungseigentumsorganisator veräußert. Ferner befand sich das Bad bereits am 2. Juli 1982 im Zustand fortschreitenden Verfalles. Daß dieser Entwicklung vom Erstbeklagten durch geeignete Maßnahmen bis zur Klagszustellung Einhalt geboten worden wäre, hat er nicht behauptet, sondern sogar vorgebracht, daß die Baubehörde umfangreiche Instandsetzungsaufträge erteilt und zu deren Ersatzvornahme Kostenvorauszahlungen von rund 4 Mio S vorgeschrieben habe.

War demnach der Erstbeklagte selbst noch vier Jahre nach der Androhung des Widerrufes außerstande, für die Aufnahme des Badebetriebes zu sorgen, und wird er, soweit dies vorausgesehen werden kann, auch in absehbarer Zeit schon deshalb, weil er als Hälfteeigentümer der dazu erforderlichen rechtlichen Verfügungsmacht entbehrt, hiezu nicht imstande sein, so konnte die klagende Partei, die die Förderung aus öffentlichen Interessen bloß zur Modernisierung des Badebetriebes gewährt hatte, mit Recht von einem dauernden Hindernis der Wiederaufnahme des Betriebes, das der Auflassung des Bades im Sinne des Punktes 6.1.3. der genannten Richtlinien gleichzuhalten ist, ausgehen. Die klagende Partei war somit zum Widerruf der Subvention berechtigt.

Der Revision des Erstbeklagten war deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E19790

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0060OB00732.89.0116.000

Dokumentnummer

JJT_19900116_OGH0002_0060OB00732_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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