Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*** Ö***, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wider die beklagte Partei Adolf P***, Schlossermeister, Wien 3., Landstraßer Hauptstraße 125, vertreten durch Dr. Heinz Wechsler, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 2,859.547,37 samt Anhang infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 17.Mai 1989, GZ 17 R 71/89-46, womit infolge Berufungen der klagenden und der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 16. Dezember 1988, GZ 19 Cg 72/87-37, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß es zu lauten hat:
"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 2,144.660,53 samt 4 % Zinsen seit 29.6.1984 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen. Das Mehrbegehren von S 714.886,84 samt Anhang wird abgewiesen".
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 112.948,25 bestimmten Prozeßkosten und Kosten der Rechtsmittelverfahren (darin enthalten S 5.849,25 Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Das in Wien 3., Schweizergarten errichtete Bauwerk des Museums des 20.Jahrhunderts war seinerzeit auf der Weltausstellung 1958 in Brüssel der Österreichpavillon. Am 5.11.1959 fand vor dem Magistrat der Stadt Wien, MA 35, eine Verhandlung über die Feststellung der Eignung und Bekanntgabe der Betriebsvorschriften für das "Museum zeitgenössischer Kunst" statt. Bei der im Verhandlungsprotokoll enthaltenen Beschreibung der Gebäudekonstruktion wurde festgestellt, daß eine besondere Verkleidung der tragenden Stahlteile im Hinblick auf den Zweck des Gebäudes und das geringe Ausmaß des möglichen Brandgutes nicht erforderlich sei. Am 10.3.1960 fand vor dem Magistrat der Stadt Wien, mittelbare Bundesverwaltung, MA 64, die Bauverhandlung statt. Bei dieser Verhandlung wurde die Stellungnahme der MA 35 vom 23.11.1959 und deren Bedingungen verlesen. Dem Verhandlungsprotokoll ist nicht zu entnehmen, daß, ausgenommen die Erörterung der Schaffung eines Notausstieges vom Lagerraum ins Freie, feuerpolizeiliche Vorschriften erörtert worden wären. Nach der der Bauverhandlung zugrundeliegenden, von der Bundesgebäudeverwaltung I Wien verfaßten Baubeschreibung gelangen die vorhandenen Stahlkonstruktionsteile zur Wiederverwendung. Das Obergeschoß des Hauptbaukörpers ruht auf vier Stahlstützen. Die nichttragenden Wände des Erdgeschoßes sind aus Glas in Eisenrahmen bzw. aus massivem Rohziegelmauerwerk. Die Stahlstützen ruhen auf Einzelfundamenten, die Abschlußwände auf Streifenfundamenten. Der vorgelagerte Baukörper besitzt ebenfalls eine Stahlkonstruktion mit Glasabschlußwänden, die Stirnwände sind in Sichtbetonbauwerk aufgeführt. Alle Mauern ruhen auf Streifenfundamenten. Beide Baukörper enthalten Flachdächer. Die Beheizung erfolgt im ganzen Gebäude durch ein Warmluftheizungssystem, die Energie wird durch das Fernheizwerk im Arsenal bezogen. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien im selbständigen Wirkungsbereich des Landes, MA 35, vom 17.3.1960, MA 35/III Schweizergarten, 2/59, wurde gemäß § 5 des Wiener Ausstellungsgesetzes, § 11 des Wiener Theatergesetzes und § 4 des Wiener Kinogesetzes die Eignung des geplanten Baues zu Ausstellungen und auch musikalisch-deklamatorischen Vorträgen mit szenischem Aufwand, gelegentlichen Theatervorstellungen sowie Normalfilm-, Schmalfilm- und Steckbilderaufführungen nach Maßgabe der Pläne und der Beschreibung unter Auflagen erteilt. Dabei wurde auf die Feststellung im Ermittlungsverfahren Bezug genommen, wonach eine besondere Verkleidung der tragenden Stahlteile im Hinblick auf den Zweck des Gebäudes und das geringe Ausmaß des möglichen Brandgutes nicht erforderlich sei. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 64, mittelbare Bundesverwaltung, vom 9.9.1960, MA 64-3600/59, wurde gemäß § 70 der BauO für Wien die Baubewilligung für die Errichtung des Museums für zeitgenössische Kunst nach Maßgabe der mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Pläne und der Baubeschreibung unter gewissen Auflagen erteilt. Nach der Begründung entspreche das Bauvorhaben der Bauordnung für Wien. Nach Verhandlung vom 10.9.1962 erteilte der Magistrat der Stadt Wien, MA 64, im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung mit Bescheid vom 24.10.1962, MA 64-3741/62, für das Gebäude nach Maßgabe der mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Auswechselungsplänen gemäß § 128 BauO für Wien die Benützungsbewilligung. Das Gebäude wurde entsprechend dem baubehördlichen Bewilligungsverfahren errichtet. Die Inhalte der tragenden Deckenkonstruktion des Gebäudes sind nach außen hin abgeschlossen. Ohne teilweise Zerstörung der Deckenkonstruktion sind sie nicht einsehbar.
Wegen Umbauten im Lüftungssystem konnte das Dach des Museums nicht mehr durch das Gebäudeinnere betreten werden, sodaß eine Aufstiegs- und Wartungsleiter an der Außenfront des Gebäudes angebracht werden sollte. Der Beklagte, der mit der Bundesgebäudeverwaltung in Geschäftsverbindung stand, erhielt nach Anbotslegung vom 5.4.1984 (in der die Aufstellung eines Materialgerüstes nicht enthalten war) von der klagenden Partei nach einvernehmlicher Reduktion des Laufmeterpreises für die Leiter fernmündlich den Auftrag zur Anbringung dieser von ihm beigestellten Leiter. Es wurden keine Auflagen über die Befestigung der Leiter am Gebäude gemacht. Ö-NORMEN wurden nicht Vertragsinhalt. Der Beklagte erhielt von der klagenden Partei keine Hinweise auf eine mögliche Brandgefahr, die aufgrund der besonderen Konstruktion des Bauwerkes gegeben war. Einvernehmlich wurde nur der Gebäudeteil festgelegt, an dem die Leiter aufgestellt und montiert werden sollte. Der Beklagte entschloß sich, die Leiter anzuschweißen. Wäre die Leiter verschraubt oder vernietet worden, hätte ein Montagegerüst aufgestellt werden müssen. Am 28.6.1984 wurde die Leiter mit einem Elektroschweißgerät angeschweißt. Bei den Schweißarbeiten am Stegblech des oberen Trägers entstand gegen 15 Uhr ein Brand. Nach dem Einreichplan ist an der Stegblechrückseite im Schweißbereich eine Dämmung von 3,5 bis 5 cm Heraklith und 1,5 cm Frigolit angeordnet. Ein Löschen der geschweißten Materialteile unmittelbar nach dem Schweißen ist aus schweißtechnischer Sicht wegen der Gefahr von Härtesteigerungen und des Auftretens von Rissen abzulehnen. Der Beklagte und seine Leute wußten nicht, welche Materialien sich hinter der Stegblechrückseite befanden. Eine Versuchschweißung der Technischen Versuchs- und Forschungsanstalt der Technischen Universität Wien hat ergeben, daß bei der vom Beklagten eingehaltenen Vorgangsweise eine Temperatur von maximal 660 Grad Celsius entstand, wobei die anliegenden Bereiche der Heraklithdämmplatte starke Spuren der Hitzeeinwirkung zeigten. Eine Schweißung in Stichraupentechnik mit Elektroden kleineren Durchmessers (zB 2,5 mm) wäre möglich gewesen. Diese Schweißtechnik hätte einen höheren Zeitaufwand und höhere Anforderungen handwerklicher Fertigkeit an das Schweißpersonal verlangt. Bei einem Schweißversuch mit verminderter Wärmeeinbringung mit dünneren Elektroden wurden an der Blechrückseite Temperaturen von höchstens 400 Grad Celsius gemessen. Die Rückseite der Heraklithdämmplatte erwärmte sich nur unmerklich. Das beim Bau verwendete nicht genormte Frigolit war die Hauptursache des Brandes. Hätte der Beklagte vor dem Schweißen ein Suchloch gebohrt, wäre er auf diesen Werkstoff gestoßen.
Die klagende Partei begehrt den Zuspruch der durch den Brand notwendig gewordenen Reparaturkosten von S 2,859.547,44 sA. Der Brand sei vom Beklagten bzw. seinen Leuten verursacht und verschuldet worden. Der Beklagte habe es unterlassen, über die im Anschluß an den Bereich der Stiegenbefestigung vorhandene Dachkonstruktion und deren Feuergefährlichkeit Erkundungen einzuziehen. Dazu wäre er vor Ausführung der bekannt gefährlichen Schweißarbeiten verpflichtet gewesen. Der klagenden Partei sei nicht bekannt gewesen, daß Schweißarbeiten durchgeführt werden sollten. Die Holzteile und die Wärmedämmung hätten den beim Schweißen auftretenden Temperaturen nicht standgehalten. Konstruktionspläne seien vorhanden, sie wären dem Beklagten über Anfrage zur Verfügung gestellt worden. Das Gebäude sei entsprechend den bau- und feuerpolizeilichen Vorschriften errichtet worden.
Der Beklagte bestritt den geltend gemachten Anspruch dem Grunde nach und wendete ein, die tragenden Metallträger des Gebäudes hätten einer feuerhemmenden Ummantelung ermangelt. Das Gebäude habe daher nicht den Vorschriften der Bauordnung entsprochen. Der Beklagte habe damit rechnen können, daß die Träger des Gebäudes mit feuerhemmender Ummantelung versehen seien. Er hätte nicht in Erwägung ziehen können, daß das Gebäude zwingenden Vorschriften der Bauordnung widerspreche. Die Baubewilligung sei erteilt worden, ohne daß die Bestimmungen der Wiener Bauordnung eingehalten worden seien. Es hätten auch an den Gurten des oberen Randträgers keine Holzkonstruktionen anliegen dürfen. Bei der Bundesgebäudeverwaltung seien keine Konstruktionspläne aufgelegen. Ein Brand hätte bei bauordnungsgemäßer Ausführung des Gebäudes nicht entstehen können. Auf die besondere Konstruktion habe die klagende Partei den Beklagten nicht hingewiesen.
Das Erstgericht sprach den Betrag von S 1,429.773,69 samt Anhang zu, das Mehrbegehren in derselben Höhe wies es ab. Es stellte fest, daß bei Arbeiten an bestehenden, selbst ordnungsgemäß errichteten Baulichkeiten die Wirkung des Brandschutzes zumindest für die Zeit der Arbeit verloren gehen könne. Brandschutzkonstruktionen seien für den zu erwartenden Regelbrandfall, nicht jedoch für Beanspruchungen bei Bauarbeiten am Gebäude ausgelegt. Gerhard K*** (Amtsrat der Bundesgebäudeverwaltung und leitendes, für das Museum des 20. Jahrhunderts zuständiges Bauaufsichtsorgan) habe von der durch die Konstruktion des Bauwerkes gegebenen Brandgefahr keine Kenntnis gehabt. Über die Art der Montage der Leiter habe er sich keine Gedanken gemacht. Aufgrund der Baupläne wäre die wegen der Verwendung des Baustoffes Frigolit bestehende Brandgefahr beim Schweißen erkennbar gewesen.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, der Beklagte hätte zufolge seiner Ausbildung und Erfahrung bei Anwendung des Schweißverfahrens über die auf der Blechrückseite auftretenden Temperaturen Bescheid wissen müssen; bei Verwendung dünnerer Elektroden hätte die Wärmeeinbringung um ca. 40 % vermindert werden können. Dem Beklagten hätte die Gefahr eines Brandes beim Anschweißen der Leiter an den oberen Randträger trotz Unkenntnis der hinter dem Träger liegenden Materialien wegen der Möglichkeit sehr hoher Temperaturen bekannt sein müssen. Die Anwendung eines Schweißverfahrens mit dünneren Elektroden zur Verminderung der Wärmeeinbringung wäre wegen der Brandgefahr vorzuziehen gewesen. Der Brandschutz des Gebäudes habe aber, weil es sich um einen Sonderbau gehandelt habe, den Vorschriften entsprochen. Die Bundesgebäudeverwaltung Wien wäre ihrerseits verpflichtet gewesen, den Beklagten auf die Sonderkonstruktion etwa durch Übergabe eines Planes hinzuweisen, weil die Brandgefahr für den Beklagten von außen nicht erkennbar gewesen sei; sie habe auf Grund des Fachwissens ihrer Beamten und der Gepflogenheiten im Bau- oder Baunebengewerbe wissen müssen, daß die Montage der Leiter üblicherweise durch Schweißen erfolgen werde. Es treffe daher beide Teile an dem Brand ein gleiches Verschulden. Beide Teile erhoben Berufung. Das Berufungsgericht gab nur der Berufung der klagenden Partei Folge. Es änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es dem gesamten Begehren stattgab. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes. Der Beklagte wäre unter Bedachtnahme auf die besondere Haftung nach § 1299 ABGB verpflichtet gewesen, entweder eine andere Montageart zu wählen oder aber genaue Erkundigungen über das hinter dem Stegblech befindliche Material einzuholen. In der Unterlassung dieser Vorsichtsmaßnahme liege sein Verschulden. Eine bestimmte Montageart sei weder vorgeschrieben worden noch habe der Beklagte die klagende Partei von den beabsichtigten Schweißarbeiten informiert. Es hieße die klagende Partei überfordern, würde man von ihr verlangen, daß sie bei jedem auch kleinen Einzelauftrag den Auftragnehmer umfassend informiere und warne, ohne daß sie Hinweise habe, in welcher Richtung der Auftragnehmer gefahrvolle Arbeiten durchführen werde. Beim Auftrag, eine Leiter an der Außenseite des Gebäudes anzubringen, habe für die klagende Partei keine Veranlassung bestanden, den Auftragnehmer über die Besonderheiten der Konstruktion und die Detailausführung der Dachkonstruktion zu informieren. Auch bei Kenntnis des verwendeten Materials habe sich keine Warnpflicht ergeben. Die klagende Partei habe weder mit Schweißarbeiten rechnen müssen noch habe sie die konkreten Stellen und das Ausmaß der geplanten Schweißarbeiten gekannt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Beklagten ist teilweise berechtigt. Der Schuldner hat die geschuldete Hauptleistung so sorgfältig zu bewirken, daß Rechtsgüter des Gläubigers, mit denen er in Berührung kommt, nach Tunlichkeit vor Schäden bewahrt und geschützt bleiben (ZVR 1988/70; MietSlg 39.184; SZ 58/47; SZ 57/196 uva; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 79, 83; Koziol-Welser8 I 255). Dies gilt insbesondere für Rechtsgüter des Bestellers eines Werkvertrages (JBl 1986, 789 mwN). Auch bei Verletzungen einer vertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflicht ist die Vorschrift des § 1298 ABGB über die Beweislastumkehr anzuwenden (JBl 1986, 313;
JBl 1986, 113; SZ 55/48; SZ 53/169 uva; Koziol-Welser aaO 256;
Koziol aaO I 334 f; Ehrenzweig-Mayrhofer, Schuldrecht, Allgemeiner Teil3 343). Dieser Beweis ist dem Beklagten nicht gelungen. Der Beklagte, der ein qualifiziertes Gewerbe öffentlich ausübt, ist Sachverständiger im Sinn des § 1299 ABGB. Für die Haftung des Sachverständigen ist der Sorgfaltsmaßstab gegenüber der allgemeinen Regel des § 1297 ABGB verschärft: Während sonst auf den gewöhnlichen Grad der Aufmerksamkeit und des Fleißes abzustellen ist, ist nach § 1299 ABGB der für die übernommene Tätigkeit notwendige Grad des Fleißes entscheidend. Maßgeblich ist dann die übliche Sorgfalt jener Personen, die derartige Tätigkeiten ausüben. Während bei der Prüfung der Frage, ob sonst jemandem ein Schuldvorwurf gemacht werden könnte, es auf die subjektiven Fähigkeiten und Kenntnisse ankommt, führt § 1299 ABGB für die von einem Sachverständigen geforderten Fähigkeiten und Kenntnisse einen objektiven Maßstab ein. Entscheidend ist der Leistungsstandard der betreffenden Berufsgruppe (GesRZ 1989, 223; SZ 57/140 je mwN). Ein solcher Vorwurf ist dem Beklagten aber zu machen. Der Beklagte und seine Leute wußten nicht, welche Materialien sich unterhalb des Stegbleches befinden. Der Beklagte hat nicht einmal versucht, entsprechende Informationen von seinem Auftraggeber zu erhalten. Daß dem Beklagten, hätte er sich um solche Informationen bemüht, diese nicht erteilt worden wären, wurde nicht festgestellt. Wenn es nun zwei Schweißmethoden gibt, so ist dem Beklagten ein Vorwurf zu machen, daß er jene auswählte, bei der Temperaturen von 660 Grad Celsius auftreten konnten, statt sich jener zu bedienen, die, wenn auch zeitlich aufwendiger und schwieriger anzuwenden, nur eine maximale Temperatur von 400 Grad Celsius ergeben hätte. Bei einer Temperatur von 400 Grad Celsius hätte sich aber die Rückseite der Heraklithplatten nur unwesentlich erwärmt, sodaß mit einer Entzündung des verwendeten Frigolits wohl nicht zu rechnen war.
Dem Berufungsgericht kann allerdings nicht gefolgt werden, daß die klagende Partei als Bestellerin kein Mitverschulden trifft. Mitverschulden im Sinn des § 1304 ABGB setzt kein Verschulden im technischen Sinn voraus. Sorglosigkeit gegenüber eigenen Gütern führt dazu, daß der Geschädigte weniger schutzwürdig erscheint, sodaß dem Schädiger nicht mehr der Ersatz des ganzen Schadens aufzuerlegen ist (ZVR 1985/28; ZVR 1985/9; ZVR 1984/207; ZVR 1984/122 mwN; Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 1304; Harrer in Schwimann, ABGB, Rz 8 zu § 1304). Für die Montage der Leiter durch ein Kaltverfahren wäre die Aufstellung eines Montagegerüstes erforderlich gewesen. Die Aufstellung eines solchen Gerüstes ist aber im Anbot nicht enthalten. Es mußte daher für die klagende Partei naheliegend sein, daß der Beklagte die Leiter durch Anschweißen montieren werde. Der klagenden Partei, wenn auch nicht dem den Auftrag erteilenden Beamten, mußte aber auch bekannt sein, daß Frigolit ohne Flammschutzausrüstung als Baustoff verwendet wurde, ein Werkstoff, der die Hauptursache des Brandes war. Es ist heute anerkannt, daß zu den für alle Vertragstypen wesentlichen Hauptleistungspflichten noch Nebenpflichten treten, zu denen insbesondere die Schutz- und Sorgfaltspflichten gehören (SZ 58/47; SZ 51/26 uva; Koziol-Welser aaO 185). Diese Schutzpflichten sind für den Werkvertrag im § 1169 ABGB ausdrücklich normiert. Eine Verletzung dieser den Besteller treffenden Schutz- , Sorgfalts- und Fürsorgepflicht würde ihn daher dem Unternehmer und seinen Leuten gegenüber sogar schadenersatzpflichtig machen. Umso mehr ist es der klagenden Partei daher als Sorglosigkeit gegenüber eigenen Rechtsgütern anzulasten, wenn sie als Bestellerin auf Gefahrenmomente, die durch die Art des Baues und die dabei verwendeten Werkstoffe gegeben und für den Unternehmer nicht unschwer zu erkennen waren, nicht hinwies (vgl. VersR 1964, 238; Soergel in Münchener Kommentar2 § 631 BGB, Rz 180; Glanzmann in BGB-RGRK12 § 631, Rz 37; Thomas in Palandt48 692). Der Beklagte macht aufrechnungsweise keinen Amtshaftungsanspruch geltend. Unbestritten wurde festgestellt, daß Brandschutzvorschriften durch widmungsgemäße Benützung drohende Gefahren, nicht aber bei Bauarbeiten auftretende höhere hintanhalten sollen und daß die Wirkung des Brandschutzes auch bei bauordnungsgemäßer Errichtung für die Zeit von Renovierungsarbeiten verloren gehen kann. Auch bauordnungsgemäße Ausführung konnte dann aber dem Beklagten keine Gewähr dafür bieten, daß - noch dazu bei Anwendung der brandgefährlicheren Methode - durch Schweißarbeiten nicht die Gefahr eines Brandes entstehen werde. Es kommt daher nur auf das Wissen der klagenden Partei von den bei Ausführung des Werkes aufgrund der Beschaffenheit des Gebäudes ihr selbst drohenden Gefahren nicht aber darauf an, ob, wie der Beklagte auch schon in erster Instanz behauptete, die Baubewilligung in der vorliegenden Form nicht hätte erteilt werden dürfen.
Bei der Abwägung des die klagende Partei treffenden Mitverschuldens ist aber zu bedenken, daß es in erster Linie nie Aufgabe des Unternehmers ist, durch Einholung von Informationen oder durch Untersuchungen des Gegenstandes, an dem das Werk angebracht werden soll, sich die Kenntnis von der zulässigen Montageart zu erwerben. Sollte beides nicht Erfolg gehabt haben, hätte er durch eine ihm durchaus mögliche und zumutbare Verschweißung bei niedrigeren Temperaturen, bei der sich die Rückseite der Heraklithdämmplatte nur unmerklich erwärmt hätte, eine Schädigung von Rechtsgütern des Bestellers vermeiden können. Sein Verschulden ist daher merklich schwerer zu beurteilen als die Vernachlässigung der Informationspflicht durch den später geschädigten Besteller.
Eine Verschuldensteilung im Verhältnis 1 : 3 zu Lasten des Beklagten ist demnach gerechtfertigt.
Der Revision ist teilweise Folge zu geben. Das Urteil des Berufungsgerichtes ist dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren zu 75 % stattgegeben, das Mehrbegehren aber abgewiesen wird. Die Kostenentscheidung (Zuspruch der halben Kosten) gründet sich auf §§ 43 Abs 1, 50 bzw. § 43 Abs 1 ZPO. Die in § 43 Abs 1 Schlußsatz ZPO genannten Barauslagen wurden mit dem Teil verhältnismäßig in die Berechnung einbezogen, der dem Ausmaß des Obsiegens (75 % klagende Partei, 25 % Beklagter) entspricht. Mit der Berufung blieb der Beklagte zur Gänze erfolglos.
Anmerkung
E19702European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0010OB00039.89.0117.000Dokumentnummer
JJT_19900117_OGH0002_0010OB00039_8900000_000