TE OGH 1990/1/18 8Ob42/88

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Veröffentlicht am 18.01.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Griehsler als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch, Dr. Huber, Dr. Graf und Dr. Jelinek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Johann O***, Kaufmann, 2482 Münchendorf, Betriebsstraße 1, vertreten durch Dr. Anton Krautschneider, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1./ Z*** Import-Export Handelsgesellschaft mbH, 5023 Salzburg, Mayrwies 357, vertreten durch Dr. Harald Berger, Rechtsanwalt in Salzburg, 2./ I*** Handelsgesellschaft mbH, 1070 Wien, Seidengasse 25, vertreten durch Dr. Wolfgang Taussig, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 370.077,28 s.A, infolge Revision der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 23.Feber 1988, GZ 1 R 251/87-36, womit infolge Berufung der erst- und zweitbeklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 23.Juli 1987, GZ 10 Cg 287/85-27, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die erstbeklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 12.469,05 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (einschließlich S 1.133,55 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger erwirkte gegen die erstbeklagte Partei als Akzeptantin und gegen die zweitbeklagte Partei als Ausstellerin eines Wechsels vom 1.April 1985 die Erlassung eines Wechselzahlungsauftrages über die Wechselsumme von S 370.077,28 s.A. Die erstbeklagte Partei beantragte - ebenso wie die zweitbeklagte Partei - die Aufhebung des Wechselzahlungsauftrages und die Klageabweisung und führte zur Begründung aus, es stehe ihr gegenüber dem Kläger eine Gegenforderung in Höhe des Klagebetrages zu. Darüber hinaus sei hinsichtlich weiterer Gegenforderungen mit dem Kläger die Aufrechnung vereinbart worden.

Das Erstgericht stellte die Klageforderung gegenüber beiden beklagten Parteien als zu Recht, die eingewendete Gegenforderung dagegen als nicht zu Recht bestehend fest, hielt den vom Erstgericht antragsgemäß erlassenen Wechselzahlungsauftrag aufrecht und verurteilte die beiden beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung des Klagebetrages. Seiner Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Kläger verkaufte von ihm in Jugoslawien angeschaffte Grillkohle an verschiedene Abnehmer in Österreich, u.a. auch an die zweitbeklagte Partei, welche die Kohle ihrerseits wiederum an die erstbeklagte Partei weiterverkaufte. Der von der zweitbeklagten Partei über die Kaufpreissumme von S 370.077,28 ausgestellte klagegegenständliche Wechsel wurde von der erstbeklagten Partei als Bezogener akzeptiert und die zweitbeklagte Partei gab ihn dem Kläger auf Abschlag seiner Rechnungsforderungen zahlungshalber weiter. Die Beschaffenheit der gelieferten Kohle führte in der Folge zu mehrfachen Reklamationen und zu den vom Erstgericht im einzelnen festgestellten Belastungen des Klägers durch die zweitbeklagte Partei (siehe berufungsgerichtliches Urteil S 4 bis 11). Eine Abtretung dieser Forderungen der zweitbeklagten Partei gegen den Kläger an die erstbeklagte Partei ist nicht erfolgt. Auch eine Vereinbarung über eine Verrechnung von Forderungen der erstbeklagten Partei mit dem Kläger wurde nicht getroffen, ebensowenig eine Provisionsvereinbarung.

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, die erstbeklagte Partei könne als Akzeptantin des von der zweitbeklagten Partei ausgestellten, an den Kläger indossierten Wechsels gemäß Art 17 WechselG dem Kläger keine Einwendungen entgegensetzen, die sich auf ihre unmittelbaren Beziehungen zur zweitbeklagte Partei gründeten. Eine Behauptung, der Kläger habe beim Erwerb des Wechsels bewußt zum Nachteil der erstbeklagten Partei gehandelt, sei nicht aufgestellt worden. Auch eine Abtretung von der zweitbeklagten Partei gegenüber dem Kläger zustehenden Forderungen an die erstbeklagte Partei sei nicht erfolgt. Aus dem Ankauf und der Lieferung von Verpackungsmaterial für Grillkohle nach Jugoslawien sei ein Anspruch der erstbeklagten Partei gegen den Kläger nicht abzuleiten, weil sie das Verpackungsmaterial im Hinblick auf ein vertragliches oder vorvertragliches Verhältnis mit der zweitbeklagten Partei angeschafft und nach Jugoslawien verbracht habe. Infolge der vertraglichen oder vorvertraglichen Beziehungen zur zweitbeklagten Partei sei auch ein Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB gegen den Kläger ausgeschlossen. Ein Provisionsanspruch stehe der erstbeklagten Partei nicht zu, weil die Verfahrensergebnisse keine Grundlage für den Bestand oder eine bestimmte Höhe einer derartigen Forderung böten.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der erstbeklagten Partei in der Hauptsache nicht Folge und bestätigte insoweit das erstgerichtliche Urteil. Hingegen hob es den Ausspruch der Verurteilung der zweitbeklagten Partei auf und verwies die Rechtssache mit Rechtskraftvorbehalt insoweit zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Dieser Beschluß ist mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen.

Das Berufungsgericht traf nach Wiederholung des Beweisverfahrens

folgende weitere Feststellungen:

Es ist nicht erwiesen, daß der Kläger mit der Firma R***-K***, Kohlehandelgesellschaft mbH, einen Kaufvertrag über 1.200 Tonnen Holzkohle abschloß und dieses Geschäft ausgeführt wurde und die erstbeklagte Partei dem Kläger gegenüber erkennbar als Vermittler auftrat und ihm Geschäfte zubrachte. Es konnte aber nicht festgestellt werden, daß das von der erstbeklagten Partei nach Jugoslawien gesandte Verpackungsmaterial vom Kläger übernommen oder auch nur zum Teil verwendet wurde.

Zur Rechtsrüge in der Berufung der erstbeklagten Partei führte das Berufungsgericht aus, der Abschluß eines Vermittlungsauftrages sei von dieser nicht einmal behauptet und eine Vereinbarung zur Zahlung einer Vermittlungsprovision nach den Feststellungen nicht getroffen worden. Der Provisionsanspruch des Handelsvertreters nach § 29 HVG habe ebenso wie der des Kaufmannes nach § 354 HGB zur Voraussetzung, es müsse für den Geschäftsherrn wenigstens erkennbar sein, daß er die provisionspflichtige Tätigkeit eines Vermittlers in Anspruch nimmt. Wenn aber für den Geschäftsherrn gar nicht erkennbar sei, daß er es mit einem Vermittler zu tun habe, sei auch ein ohne Vereinbarung gemäß § 354 HGB gegebener Provisionsanspruch zu verneinen. Selbst wenn es aber im Sinne der Aussage des Ing. Klaus Peter Z*** zuträfe, daß die erstbeklagte Partei das Geschäft mit der Firma R***-K*** dem Kläger überlassen habe, weil sie selbst zu dessen Abwicklung auf Grund finanzieller Schwierigkeiten nicht in der Lage gewesen sei, könne daraus nicht abgeleitet werden, daß der erstbeklagten Partei dafür eine Vermittlungsprovision zustehe. Dem Kläger habe unter diesen Umständen keinesfalls erkennbar sein müssen, daß in diesem Fall die erstbeklagte Partei als Vermittler auftrete. Im übrigen sei ein Provisionsanspruch mangels anderslautender Vereinbarung erst erworben, wenn das vermittelte Rechtsgeschäft tatsächlich gültig und unbedingt und unwiderruflich abgeschlossen sei. Für ein nicht abgeschlossenes Geschäft gebühre Provision nur dann, wenn der Abschluß vom Geschäftsherrn grundlos oder gegen Treu und Glauben verweigert worden sei. Die erstbeklagte Partei habe nicht bewiesen, daß irgendein Geschäft über ihre Vermittlung zustande gekommen und es für den Kläger erkennbar gewesen sei, daß sie die provisionspflichtige Tätigkeit eines Vermittlers ausübe und der Kläger diese in Anspruch genommen habe. Daß sich der Kläger im Geschäftsfall R***-K*** allenfalls treuwidrig verhalten habe, sei von der erstbeklagten Partei nicht vorgebracht worden. Die von ihr behaupteten Provisionsansprüche bestünden daher unabhängig davon, ob sie ausreichend substantiiert vorgebracht worden seien, nicht zu Recht. Einen Anspruch aus der Lieferung von Verpackungsmaterial könne die erstbeklagte Partei schon deshalb dem Kläger gegenüber nicht geltend machen, weil dieser bei dem zugrundeliegenden Geschäft nicht Vertragsteil gewesen sei. Der Vertrag über den Kauf von Grillkohle hätte zwischen der erstbeklagten und der zweitbeklagten Partei abgeschlossen werden sollen und sei daran gescheitert, daß - nach den unterschiedlichen Aussagen der Geschäftsführer - entweder diese oder jene die erforderlichen Akkreditive nicht beschafft habe. Es sei daher auch nicht ersichtlich, inwiefern der Kläger vorvertragliche Pflichten verletzt haben sollte. Ein Anspruch nach § 1041 ABGB scheitere daran, daß nicht feststehe, daß der Kläger das Verpackungsmaterial zu seinem Nutzen verwendet habe. Die in erster Instanz erhobene Einwendung der erstbeklagten Partei, die zweitbeklagte Partei habe ihre Forderungen gegenüber dem Kläger abgetreten, werde von der erstbeklagten Partei in der Berufung nicht mehr aufrecht erhalten. Das Beweisverfahren habe ergeben, daß eine solche Abtretung nicht erfolgt sei. Auch allfällige Ansprüche der erstbeklagten Partei gegen die zweitbeklagte Partei aus mangelhafter Lieferung von Grillkohle seien in der Berufung nicht mehr eingewendet worden. Solchen Einwendungen stünde die Bestimmung des Art 17 WechselG entgegen, denn daß der Kläger beim Erwerb des Wechsels bewußt zum Nachteil der erstbeklagten Partei gehandelt habe, wofür diese beweispflichtig sei, habe sie selbst nicht behauptet. Somit erscheine die Berufung nicht gerechtfertigt.

Gegen das berufungsgerichtliche Urteil richtet sich die auf die Anfechtungsgründe des § 503 Abs. 1 Z 2 und 4 aF ZPO gestützte Revision der erstbeklagten Partei mit dem Antrag auf Aufhebung und Rückverweisung der Rechtssache an die Vorinstanzen zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung. Hilfsweise wird die Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne der Klageabweisung begehrt. Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens bringt die Revisionswerberin vor, ihr sei durch das Grillkohlegeschäft ein erheblicher Vermögensnachteil erwachsen, für den die zweitbeklagte Partei und der Kläger hafteten. Diese müsse sich überhaupt alle der erstbeklagten Partei gegenüber der zweitbeklagten Partei zustehenden berechtigten Abzüge ebenfalls anrechnen lassen. Weiters bekämpft sie die ergänzenden berufungsgerichtlichen Feststellungen.

Rechtliche Beurteilung

Ob der Kläger der erstbeklagten Partei für die im Zusammenhang mit den Grillkohlelieferungen der zweitbeklagten Partei behauptetermaßen entstandenen Vermögensnachteile haftet, stellt sich als Rechtsfrage dar, die im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu beantworten ist. Eine Bekämpfung der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen ist vor dem Revisionsgericht zufolge der im § 503 ZPO taxativ normierten Revisionsgründe nicht zulässig.

Der Revisionsgrund des § 503 Abs. 1 Z 2 aF ZPO ist daher nicht gegeben.

Ihrer Rechtsrüge legt die Revisionswerberin einen mit dem Kläger zustande gekommenen Vermittlungsvertrag beim Geschäft R***-K*** zugrunde und führt hiezu aus, ein solcher Vertrag könne auch konkludent geschlossen werden. Die Provisionspflichtigkeit trete jedenfalls schon immer dann ein, wenn sich jemand der Vermittlungstätigkeit eines anderen nutzbringend bediene oder diese schulde. Gemäß § 346 HGB sei es unter Kaufleuten üblich, für Geschäftsvermittlungen auch ohne Vereinbarung eine Provision zu bezahlen. Nach den Beweisergebnissen sei hier ein provisionspflichtiges Rechtsgeschäft zustande gekommen. Hinsichtlich des gelieferten Verpackungsmaterials habe das Berufungsgericht den Kläger nicht als Vertragspartner betrachtet. Die Zusendung des Materials an jugoslawische Firmen sei jedoch als ein Anbot zum Abschluß eines entsprechenden Vertrages anzusehen, so daß der Kläger die Pflicht gehabt habe, hierauf zu reagieren. Seine mangelnde Reaktion habe dazu geführt, daß die jugoslawische Firma das Verpackungsmaterial nicht frei gebe, so daß der Kläger zufolge grundlosen Abstehens von einem Vertragsabschluß schadenersatzpflichtig sei. Hiezu seien jedoch keine Feststellungen getroffen worden.

Mit diesen Ausführungen geht die Revision im wesentlichen nicht vom festgestellten Sachverhalt aus und ist deshalb insoweit mangels gesetzmäßiger Darstellung unbeachtlich. Das Berufungsgericht hat für das Revisionsgericht unüberprüfbar und bindend festgestellt, es sei nicht erwiesen, daß der Kläger den von der erstbeklagten Partei behaupteten Kaufvertrag geschlossen habe und dieses Geschäft ausgeführt worden sei und daß die erstbeklagte Partei für den Kläger in diesem Zusammenhang erkennbar als Vermittler aufgetreten sei. Auf dieser Tatsachengrundlage ist kein Raum für die von der Revisionswerberin gewünschte rechtliche Schlußfolgerung, es sei konkludent ein Vermittlungsvertrag geschlossen worden und der Kläger habe eine von der erstbeklagten Partei entwickelte Vermittlungstätigkeit in Anspruch genommen. Im Hinblick auf die gegenteilige berufungsgerichtliche Feststellung hält die erstbeklagte Partei ihre weitere Behauptung, der Kläger habe nach Jugoslawien übersendetes Verpackungsmaterial übernommen und verwendet, in der Revision auch nicht mehr aufrecht, sondern bringt vor, er habe die Pflicht gehabt, auf diese ihm bekannte Übersendung an die jugoslawische Firma seinerseits zu reagieren und hätte nicht grundlos von der Annahme dieses Angebotes vom Vertragsabschluß abgehen dürfen, weshalb er schadenersatzpflichtig sei. Dem ist zu entgegnen, daß die erstbeklagte Partei ihre behauptete Gegenforderung aus geliefertem Verpackungsmaterial in erster Instanz auf die angebliche Übernahme und Verwendung dieses Materials durch den Kläger, nicht aber auf eine widerrechtliche Unterlassung eines diesbezüglichen Vertragsabschlusses und einer daraus hervorgehenden Schadenersatzforderung stützte. Das nunmehrige Vorbringen ist daher mangels Geltendmachung in erster Instanz von vornherein unbeachtlich. Fehlt es der erstbeklagten Partei an einer ihr unmittelbar gegenüber dem Kläger zustehenden Gegenforderung, so ist ihr erstinstanzlicher Einwand, die klagegegenständliche Wechselforderung sei bis zur Höhe ihrer Gegenforderung bereits "erfüllt", nicht stichhältig. Da das Vorliegen der Voraussetzungen des Art 17 WechselG von der erstbeklagten Partei gar nicht behauptet wurde, kann von einer Haftung des Klägers für Vermögensnachteile der erstbeklagten Partei aus ihrem Grillkohlegeschäft mit der zweitbeklagten Partei keine Rede sein und in ihrer Verurteilung zur Zahlung der Wechselsumme kein Rechtsirrtum der Vorinstanzen erkannt werden.

Demgemäß war der Revision nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E19593

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0080OB00042.88.0118.000

Dokumentnummer

JJT_19900118_OGH0002_0080OB00042_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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