Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Schlosser, Dr. Redl und Dr. Jelinek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Wuitze K***, Angestellter, AG Gorredijk, De Doppen 7, Niederlande, vertreten durch Dr. Christa Heller und Dr. Wolfgang und Hannelore Pitzal, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Siegmar F***, Kaufmann, Peterdorf 39, vertreten durch Dr. Herbert Hüttner, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 2,644.728 s.A, infolge der außerordentlichen Revision der klagenden und der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 29.Oktober 1987, GZ 4 R 95/87-71, in der Fassung des Ergänzungsbeschlusses vom 15. April 1988, GZ 4 R 95/87-80, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die außerordentlichen Revisionen und Revisionsbeanwortungen der klagenden und der beklagten Partei werden gemäß § 508 a Abs. 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs. 3 ZPO).
Text
Begründung:
Zur ao. Revision des Klägers:
Die Ausführungen des Klägers gehen nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Nach den getroffenen Feststellungen wurde Übereinstimmung auch hinsichtlich der Errichtung des Treuhandkontos bei der R*** M*** und der Bevollmächtigung dieses Kreditinstitutes zur Auszahlung der auf die einzelnen Eigentümer entfallenden Anteile ohne Zwischenschaltung des Beklagten erzielt (Berufungsurteil S 17 f). Der Beklagte unterwarf sich diesen Bedingungen der Holländer mit Fernschreiben Beilage B. Ausdrücklich verwies das Berufungsgericht darauf, daß auch aus dem Inhalt der Fernschreiben Beilagen B und C darüber hinausgehende Bedingungen, insbesondere die Forderung nach Bestellung eines mit voller Verfügungsgewalt über die vom Ministerium bezahlten Beträge ausgestatteten Treuhänders, nicht entnommen werden können (S 23).
Rechtliche Beurteilung
Zur ao. Revision des Beklagten:
1) Die Frage, ob der Beklagte auf Zustimmung zur Ausfolgung eines hinterlegten Betrages verurteilt werden kann, wenn er seine Forderungen gegen den Hinterleger zediert hat, ist nicht im Sinn des § 502 Abs. 4 Z 1 ZPO erheblich. Mit der Verurteilung des Beklagten auf Zustimmung zur Ausfolgung ist nämlich noch nicht entschieden, ob der hinterlegte Betrag dem Kläger (als Zessionar der holländischen Eigentümer) auszufolgen ist, weil vom Hinterleger neben diesen und dem Beklagten auch noch ein weiterer Begünstigter, nämlich die R*** M*** genannt wurde. Erst nach Zustimmung der
R*** M*** oder auf Grund einer gegen diese erwirkten rechtskräftigen Entscheidung wäre der hinterlegte Betrag an den Kläger auszufolgen (vgl SZ 19/269; SZ 39/123; EvBl 1970/3 ua). Der Beklagte wurde im vorliegenden Urteil lediglich verpflichtet, an den Kläger eine bestimmte Summe zu zahlen und zuzustimmen, daß sich dieser hinsichtlich eines Teilbetrages auch aus einem gemäß § 1425 ABGB hinterlegten Betrag befriedigen kann. Ob der Kläger diesen Betrag aus der Hinterlegungsmasse erhält oder ob die R*** M*** der Ausfolgung erfolgreich widersprechen kann, weil die Forderung an sie rite zediert wurde, ist im vorliegenden Rechtsstreit nicht zu klären.
2) Der anwaltlich vertretene Beklagte hat sich gegen die Klagsänderung (eigentlich Klagserweiterung: Zustimmung zur Ausfolgung) nicht ausgesprochen, sondern in die Verhandlung über das erweiterte Klagebegehren eingelassen (ON 16 S 2 = AS 66) und auch den Beschluß über die Klagsänderung, der in der Entscheidung über das geänderte Klagebegehren gelegen ist (ON 56), in der Berufung unangefochten gelassen (ON 57), sodaß eine Geltendmachung im Revisionsverfahren schon an sich ausgeschlossen ist (JBl 1953, 270; EvBl 1971/25 ua). In der mangelnden Erörterung der Folgen dieser Klagserweiterung, die im übrigen eindeutig ist, kann daher keine verfahrensrechtliche Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung gelegen sein.
3) Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist es eine Frage der Beweiswürdigung, wenn das Berufungsgericht der Ansicht ist, daß weitere Beweise an dem festgestellten Sachverhalt nichts ändern könnten. Auch diese sogenannte vorgreifende Beweiswürdigung ist in der dritten Instanz nicht überprüfbar (Arb 8588 uva, zuletzt 8 Ob 565/87).
4) Ob das Erstgericht auch Beweisaufnahmen durchführen soll, die nach seiner Rechtsauffassung nicht erforderlich sind, ist eine rein prozeßökonomische Frage im Einzelfall.
Anmerkung
E19288European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0060OB01523.88.0118.000Dokumentnummer
JJT_19900118_OGH0002_0060OB01523_8800000_000