TE Vfgh Beschluss 2001/11/26 B1082/99, G100/99, V55/99

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Veröffentlicht am 26.11.2001
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art144 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
Sbg Heilvorkommen- und KurorteG §6a
Thermalwasser-Regulativ 1996 der Marktgemeinde Bad Hofgastein

Leitsatz

Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde; Zurückweisung des gleichzeitig gestellten Individualantrags auf teilweise Aufhebung einer Verordnung bzw eines Gesetzes als unzulässig infolge Beschreitung eines zumutbaren Umweges; keine Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes

Spruch

I. Die Behandlung der Beschwerde wird abgelehnt.

Die Beschwerde wird dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

II. Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Zu B1082/99 ist eine Beschwerde gegen einen Bescheid der Salzburger Landesregierung anhängig, der sich ua. auf die Verordnung der Gemeindevertretung der Marktgemeinde Bad Hofgastein vom 28. März 1996 über die Regelung des Thermalwasserbezuges (Thermalwasser-Regulativ 1996), die aufgrund des §6a Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetz erlassen wurde, stützt.

Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen Angelegenheit ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.

Die Beschwerde rügt die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG), auf Freiheit der Erwerbsausübung (Art6 StGG) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen.

Die gerügten Rechtsverletzungen wären - unter Bedachtnahme auf die Tatsache, dass sowohl der Eigentümer des Hotel A. am 16. September 1996 als auch die Pächterin des Hotels am 27. November 1996 um Verleihung des Rechtes zum Bezug von Thermalwasser angesucht haben, im vorliegenden Fall aber teils nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen.

Soweit in der Beschwerde die Gesetzwidrigkeit des §5 Abs1 sowie des §6 Abs1 Z5 des Thermalwasser-Regulativs 1996 der Marktgemeinde Bad Hofgastein, in eventu die Verfassungswidrigkeit des §6a Abs1 Z1 Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetz behauptet wird, lässt ihr Vorbringen, das übersieht, dass im Hinblick auf die Regelung des §9 Abs2 Thermalwasser-Regulativ 1996 gemäß der im Fall der Verpachtung durch den Bezugsberechtigten das Thermalwasserbezugsrecht für die Pachtzeit ruht und diese in die zwanzigjährige Verleihungsdauer nicht einzurechnen ist, eine Doppelbelastung vermieden wird, die behaupteten Rechtsverletzungen als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

Die Angelegenheit ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.

Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen (§19 Abs3 Z1 VerfGG 1953) und sie gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.

II. 1. Die Einschreiter stellen weiters die Anträge auf Aufhebung des §5 Abs1 sowie des §6 Abs1 Z5 des Thermalwasser-Regulativs 1996 der Marktgemeinde Bad Hofgastein, in eventu des §6a Abs1 Z1 Salzburger Heilvorkommen- und Kurortegesetz, insbesondere der Wortfolge "die Verleihung des Thermalwasserbezugsrechtes an Personen, die Eigentümer oder sonst Verfügungsberechtigte einer bestimmten Liegenschaft sind".

2. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Anträge erwogen:

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluss VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 B-VG und Art140 Abs1 B-VG setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potenziell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art139 Abs1 B-VG und Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 11.684/1988, 13.870/1994).

2.2. Ein solcher - die Antragslegitimation ausschließender - zumutbarer Weg besteht grundsätzlich dann, wenn ein gerichtliches oder verwaltungsbehördliches Verfahren bereits anhängig ist, das den von der generellen Rechtsnorm Betroffenen letztlich Gelegenheit bietet, die Einleitung eines amtswegigen Normenprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof anzuregen; eine Ausnahme besteht nur für den Fall, dass besondere, außergewöhnliche Umstände vorliegen, um der Partei des gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahrens trotz der ihr dort offenstehenden Möglichkeiten das Recht auf Einbringung eines Normenprüfungsantrages einzuräumen (vgl. zB VfSlg. 8312/1978, 8552/1979, 10.251/1984, 11.684/1988). Mit einem (Individual-) Antrag nach Art139 (und 140) B-VG soll daher keinesfalls eine Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes eröffnet werden, die mit dem Charakter des Individualantrages eines bloß subsidiären Rechtsbehelfes nicht im Einklang stünde (s. etwa VfSlg. 8652/1979, 10.356/1985, 11.114/1986, 12.395/1990).

3. Im vorliegenden Fall hat die einschreitende Gesellschaft gleichzeitig Beschwerde gegen den Bescheid, mit dem das Recht zum Bezug von Thermalwasser verliehen wurde, erhoben. Schon das Vorliegen dieser Beschwerde indiziert, dass der einschreitenden Gesellschaft ein zumutbarer Umweg zur Herantragung der Bedenken gegen die in Rede stehenden Verordnung und das Gesetz an den Verfassungsgerichtshof zur Verfügung stand, der im Übrigen von ihnen auch beschritten wurde.

Die Anträge waren daher zurückzuweisen, ohne dass auf das Vorliegen von etwaigen anderen Zurückweisungsgründen einzugehen war.

Diese - im Spruchpunkt II. gefasste - Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:B1082.1999

Dokumentnummer

JFT_09988874_99B01082_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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