TE OGH 1990/1/26 11Os134/89

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Veröffentlicht am 26.01.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 26.Jänner 1990 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, Dr. Reisenleitner, Dr. Felzmann und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Lassmann als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Johann B*** und einen anderen Angeklagten wegen des Vergehens nach dem § 16 Abs. 1 SuchtgiftG über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 23.Oktober 1989, GZ 35 Vr 1.291/89-42, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Wasserbauer, und des Verteidigers Dr. Laimböck, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Freispruch des Angeklagten Johann B*** aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksgericht Hall in Tirol verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 14.Juli 1961 geborene Kaufmann und Musiker Johann B*** von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe gemeinsam mit (dem gleichzeitig schuldig gesprochenen) Werner P*** im Sommer und Herbst 1988 an verschiedenen Orten Tirols den bestehenden Vorschriften zuwider eine große Menge des Suchtgiftes Cannabisharz, nämlich etwa 2 Kilogramm, durch Überlassen an unbekannte Personen in Verkehr gesetzt und hiedurch das Verbrechen nach dem § 12 Abs. 1, vierter Fall, SuchtgiftG begangen, gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Eine Verurteilung des Angeklagten wegen des Vergehens nach dem § 16 Abs. 1 SuchtgiftG (Konsum von Haschisch) lehnte das Erstgericht unter Hinweis auf die unterbliebene Ausdehnung der Anklage ab (S 509).

Dagegen wendet sich die Anklagebehörde mit ihrer auf den Nichtigkeitsgrund der Z 7 (der Sache nach wohl der Z 9 lit. a - vgl. Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr. 17 zu § 281 Z 7) des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in der sie mit der Behauptung, der dem Angeklagten B*** vom Erstgericht unterstellte Selbstverbrauch von Haschisch sei von der Anklage umfaßt gewesen, das Unterbleiben eines Schuldspruchs wegen Erwerbs dieses Suchtgiftes (Vergehen nach dem § 16 Abs. 1 SuchtgiftG) rügt.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde ist im Recht: Gegenstand der gegen Johann B*** und Werner P*** erhobenen Anklage war das Inverkehrsetzen einer großen Menge von Cannabisharz (etwa 2 Kilogramm), die sie nach den Ausführungen in der Anklagebegründung von Markus G*** und Helmut Z*** erworben hatten (S 430, 431). Die Anklage umfaßt daher auch den Vorwurf des Suchtgifterwerbes im Sinn des § 16 Abs. 1 vierter Fall, SuchtgiftG, dessen Subsidiaritätsklausel nur dann wirksam wird, wenn sich der Erwerb bzw. Besitz des Rauschgiftes als bloß vorbereitendes Verhalten zu den Tathandlungen des § 12 Abs. 1 SuchtgiftG (scheinbare Idealkonkurrenz) darstellt Äso schon 13 Os 189/84, 11 Os 37/85, 13 Os 129/88 (alle nv)Ü. Das in der Anklageschrift nach der letztgenannten Gesetzesstelle inkriminierte Tatgeschehen (Inverkehrsetzen des erworbenen Suchtgifts) ließ demzufolge aus der Sicht der Anklagebehörde ob des vorschriftswidrigen Suchtgifterwerbes eine zusätzliche rechtliche Beurteilung in Richtung des § 16 Abs. 1 SuchtgiftG nicht zu. Das Erstgericht hat jedoch eine verbotswidrige (Beteiligung an der) Weitergabe des Cannabisharzes durch Johann B*** verneint und lediglich den Konsum einer nicht mehr feststellbaren (eher geringen) Menge des Suchtgiftes durch diesen Angeklagten als erwiesen angenommen (S 499, 505).

Dem Beschwerdevorbringen ist beizupflichten, daß hinsichtlich dieser vom Angeklagten B*** konsumierten Teilmenge Suchtgifterwerb und -besitz im Sinn des § 16 Abs. 1, vierter und fünfter Fall, SuchtgiftG (vgl. SSt. 50/43) vorliegt, der - wie dargetan - vom Anklagevorwurf umfaßt war, sodaß es - entgegen der vom Erstgericht vertretenen Ansicht (S 509) - insoweit einer Anklageausdehnung nicht bedurfte.

Entsprechend seiner Verpflichtung zur Prüfung des von der Anklage und ihrer Begründung (Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr. 25 bis 29 zu § 262) erfaßten Geschehens nach allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten, insbesondere auch dahin, ob der Sachverhalt einen anderen strafbaren Tatbestand als von der Anklagebehörde angenommen verwirklicht (§§ 262, 267 StPO), hätte sich das Schöffengericht bei richtiger Beurteilung des in der Anklageschrift inkriminierten (Gesamt-) Verhaltens des Angeklagten Johann B*** auch mit dem in der Beschwerde relevierten Anklagevorwurf in Richtung des Vergehens nach § 16 Abs. 1 SuchtgiftG meritorisch auseinandersetzen müssen. Da das Urteil aber hier die für eine abschließende rechtliche Beurteilung (auch in Richtung der §§ 17, 19 SuchtgiftG) nötigen Feststellungen vermissen läßt, ist derzeit eine Entscheidung darüber nicht möglich, ob der unter Anklage gestellte Sachverhalt, soweit es um Suchtgifterwerb und -besitz geht, einen gerichtlich strafbaren Tatbestand erfüllt, weshalb die Verfahrenserneuerung in erster Instanz unumgänglich ist. Da die Anklagebehörde in der Nichtigkeitsbeschwerde ihren ursprünglichen Anklagevorwurf in Richtung des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 SuchtgiftG nicht mehr aufrecht erhält und nur noch eine Verurteilung des Johann B*** wegen des in die Zuständigkeit der Bezirksgerichte fallenden Vergehens nach dem § 16 Abs. 1 SuchtgiftG begehrt, war gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3, letzter Halbsatz, StPO die Weiterführung des Verfahrens dem tatortzuständigen Bezirksgericht Hall in Tirol zu übertragen (vgl. Mayerhofer-Rieder StPO2 E 48 zu § 288).

Anmerkung

E19662

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0110OS00134.89.0126.000

Dokumentnummer

JJT_19900126_OGH0002_0110OS00134_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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