Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*** Gesellschaft m.b.H., Wien 7., Neustiftgasse 5, vertreten durch Dr. Johannes Neumayer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P*** Warenhandelsgesellschaft m. b.H., Wien 18., Kutschkagasse 7, vertreten durch Dr. Manfred Schwindl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren 100.000 S), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 14. September 1989, GZ 3 R 159/89-10, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 16. Juni 1989, GZ 38 Cg 167/89-4, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben; der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses und der Rekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen; die beklagte Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung und des Rekurses endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Sowohl die Klägerin als auch die Beklagte betreiben den Handel mit Waren aller Art, insbesondere mit Insektiziden. Bei der Beklagten macht diese Tätigkeit in letzter Zeit fast den gesamten Umsatz ihres Warenbereiches "Hygieneprodukte" aus. Ihr Kundenkreis besteht aus Lizenznehmern sowie Gewerbe-, Industrie- und Handelsbetrieben. Im Einzelhandel (Verkauf an Privatpersonen und Haushalte) hatte die Beklagte in ihrem Geschäftslokal in Wien 18., Kutschkagasse 7, von Jänner bis Mitte Juni 1989 einen Umsatz von
2.500 S. Sie führt auch eine erhebliche Beratungstätigkeit durch. Im geschäftlichen Verkehr verwendet die Beklagte Briefpapier mit folgendem Briefkopf:
Die von ihr vertriebenen Insektizide weisen eine hohe Qualität auf. Sie werden im Auftrag der Beklagten von verschiedenen Versuchsanstalten wissenschaftlich untersucht und kontrolliert. Die Beklagte entfaltet aber keine eigene wissenschaftliche Tätigkeit; sie führd nur in Zusammenarbeit mit anderen Betrieben Versuche über die Wirkung von Insektiziden durch.
Die Klägerin beantragt, zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, sich im geschäftlichen Verkehr als "Institut für Betriebshygiene" zu bezeichnen. Die Beklagte verwende die Bezeichnung "Institut" nicht im Zusammenhang mit ihrem gewerblichen Bereich, sondern mit der wissenschaftlichen Disziplin der Betriebshygiene; sie erwecke dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen den für einen Kaufentschluß maßgeblichen Eindruck einer staatlichen Einrichtung oder einer Einrichtung unter staatlicher Aufsicht oder Förderung oder der Zugehörigkeit zu einer Universität, zumindest aber der den Eindruck einer besonderen wissenschaftlichen Leistung und laufender wissenschaftlicher Forschung. Dieser Eindruck sei "grundfalsch"; die gesamte Bezeichnung sei deshalb zur Irreführung im Sinne des § 2 UWG geeignet, weil die Beklagte keinerlei Wissenschaftsbezug habe, keinerlei eigene Forschung entwickle, auch nicht laufend Suf dem Gebiet der Wissenschaft tätig sei und mit staatlichen Stellen oder universitären Einrichtungen in keinem Zusammenhang stehe. Die Bezeichnung "Institut" sei überdies durch die Strafnorm des § 109 UOG gesetzlich geschützt; mit ihrer Verwendung verstoße die Beklagte daher auch gegen § 1 UWG.
Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Sie verwende die Bezeichnung "Institut für Betriebshygiene" immer nur im Zusammenhang mit ihrem Firmenschlagwort "P***", wodurch ihre gewerbliche Eigenschaft klargestellt werde. Im Bereich der Insektizide sei die Beklagte mit Ausnahme gelegentlicher seltener Einzelverkäufe in ihrem Geschäftslokal ausschließlich Großhändlerin; sie wende sich daher mit der beanstandeten Bezeichnung nur an ihre Vertragseinzelhändler, die genau wüßten, daß ihr Vertragspartner ein gewerbliches Unternehmen ist. Bei den Einzelverkäufen in ihrem Geschäftslokal könnten die Kunden nicht in Irrtum geführt werden, weil sich dort ein Geschäftsschild mit der Firma der Beklagten befinde. Im übrigen sei auch der Eindruck, daß die Produkte der Beklagten von besonderer Güte seien, wissenschaftlich überprüft würden und durch laufende Forschung den letzten wissenschaftlichen Stand wiederspiegelten, durchaus zutreffend.
Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Mit der Verwendung der beanstandeten Bezeichnung habe die Beklagte gegen § 2 UWG verstoßen. Diese Bezeichnung lasse schon vom Wortlaut her auf eine eigenwissenschaftliche Tätigkeit schließen, welche aber nicht einmal von der Beklagten selbst behauptet worden sei. Die Bezeichnung sei auch mit dem Institut für Hygiene der Universität Wien verwechselbar. Ebensowenig könne die Gefahr einer Verwechslung mit einem öffentlich-rechtlichen Institut durch das Voransetzen des Firmenschlagwortes "P***" ausgeschlossen werden, so daß die von der Beklagten verwendete Bezeichnung zumindest mehrdeutig bleibe. Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab; es sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes zwar 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Das Gericht zweiter Instanz nahm noch ergänzend als bescheinigt an, daß ein Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 3. April 1989 firmenmäßig mit "P*** Warenhandelsgesellschaft m.b.H."
unterzeichnet war und daß die Beklagte die Bezeichnung "Institut für Betriebshygiene" an ihrem Geschäftslokal überhaupt nicht verwendet. Rechtlich war das Rekursgericht der Meinung, daß der festgestellte Gebrauch der Bezeichnung nach dem maßgebenden Gesamteindruck nicht irreführend sei, zumal sich die Beklagte damit nicht an Letztverbraucher gewendet habe. Zwar könne es sich bei einem "Institut für Betriebshygiene" an sich durchaus um eine staatliche Stelle oder um eine öffentliche oder unter öffentlicher Aufsicht stehende wissenschaftliche Einrichtung handeln, wobei ein solcher Eindruck auch durch die Hinzufügung des Firmenschlagwortes "P***" für sich allein noch nicht entsprechend klar widerlegt werde; da die Beklagte aber die Bezeichnung nur auf ihrem Briefpapier und nicht gegenüber Letztverbrauchern verwende, könne damit bei den angesprochenen Verkehrskreisen kein Irrtum über die Eigenschaft der Beklagten als privates Unternehmen ohne jegliche Verbindung zu öffentlichen Institutionen entstehen. Hier schließe schon die besonders auffallende Hervorhebung des Schlagwortes "P***" eine solche Schlußfolgerung der Interessenten aus. Das gelte insbesondere auch für die vom Erstgericht angenommene Gefahr einer Verwechslung mit dem Institut für Hygiene der Universität Wien, welche durch die hier festgestellte Verwendung der Bezeichnung "Institut für Betriebshygiene" ausgeschlossen werde. Ebensowenig habe die Beklagte gegen § 1 UWG verstoßen, weil die Verwendung der Bezeichnung "Institut" nicht unter die Strafsanktion des § 109 UOG falle; danach solle vielmehr das Führen herkömmlicher Bezeichnungen, wie sie auch im vorliegenden Fall von der Beklagten verwendet werde, von der Strafdrohung ausgenommen bleiben.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag auf Wiederherstellung der erstgerichtlichen einstweiligen Verfügung.
Die Beklagte stellt den Antrag, dem Rechtsmittel der Klägerin nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist berechtigt.
Schon die Bezeichnung "Institut" ist, wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, für sich allein mehrdeutig, weil sie nicht nur im Bereich der Erziehung, der Kultur und der Wissenschaft, sondern auch für gewerbliche Tätigkeiten verwendet wird (ÖBl. 1985, 104). Wenn daher ein Gewerbetreibender diese Bezeichnung gebraucht, so muß er, um beim angesprochenen Publikum den Anschein einer staatlichen Einrichtung, öffentlicher Aufsicht oder Förderung oder der Zugehörigkeit zu einer Universität (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 1274 Rz 381 zu § 3 dUWG) hintanzuhalten, durch aufklärende Zusätze einen eindeutigen Hinweis auf seine rein gewerbliche Betätigung geben. Wird hingegen dem Wort "Institut" sogar noch eine Tätigkeitsangabe hinzugefügt, die normalerweise Gegenstand wissenschaftlicher Forschung und Behandlung ist, so neigt der Verkehr zu der Annahme, daß es sich um eine öffentliche oder unter öffentlicher Aufsicht stehende wissenschaftliche Einrichtung handelt (Helm in Gloy, Handbuch des Wettbewerbsrechts 647). Gerade der von der Beklagten in ihrem Briefkopf verwendete Zusatz "für Betriebshygiene" ist daher in hohem Maße geeignet, beim Publikum einen solchen unzutreffenden Eindruck zu erwecken, weil damit eine Spezialdisziplin der medizinischen Wissenschaften angesprochen wird. Von einem derart spezifizierten "Institut" erwartet das Publikum demnach auch, daß es fachmännisch auf wissenschaftlicher Basis arbeitet (Nordemann, Wettbewerbsrecht5, 64 Rz 96). Dieser Eindruck ist aber unrichtig, weil sich die Beklagte ausschließlich gewerblich betätigt und dabei keine eigene wissenschaftliche Tätigkeit entfaltet. Das Rekursgericht hat in diesem Zusammenhang auch an sich zutreffend erkannt, daß der von der Beklagten damit gegenüber dem Publikum erweckte unzutreffende Eindruck durch den - wenn auch deutlich hervorgehobenen - Zusatz ihres Firmenschlagwortes "P***" noch nicht beseitigt wurde (vgl. Baumbach-Hefermehl aaO 1275 Rz 381 zu § 3 dUWG); es hat die mangelnde Täuschungseignung im vorliegenden Fall lediglich daraus abgeleitet, daß sich die Beklagte mit der beanstandeten Bezeichnung nicht an Letztverbraucher wende. Das ist aber nur insofern richtig, als die Beklagte mit Privatkunden, die ihr Geschäftslokal zum Kauf von Waren aufgesucht haben, wohl tatsächlich keinen Briefverkehr haben wird. Nach den Bescheinigungsannahmen besteht aber ihr Kundenkreis hauptsächlich aus Lizenznehmern sowie Gewerbe-, Industrie- und Handelsbetrieben. Soweit ihr diese Kunden Produkte für den Eigenbedarf abnehmen, was insbesondere bei Gewerbe- und Industriebetrieben zutreffen wird, sind sie daher gleichermaßen Letztverbraucher. Es ist auch weder behauptet noch bescheinigt worden, daß alle diese Gewerbetreibenden über die rein erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Beklagten ohne jeden eigenen Wissenschaftsbezug voll informiert sind, muß doch die Beklagte schon im Hinblick auf ihre erhebliche Beratungstätigkeit auch um neue Kunden bemüht sein. Die von der Beklagten verwendete Bezeichnung ist daher zur Irreführung des von ihr solcherart angesprochenen Publikums geeignet. Die firmenmäßige Fertigung der mit den beanstandeten Briefköpfen versehenen Geschäftspost der Beklagten vermag die Täuschungseignung nicht zu beseitigen, weil auch eine mit Insektiziden handelnde Kapitalgesellschaft durchaus wissenschaftlich tätig sein und etwa eigene Entwicklungs- und Forschungsstätten betreiben kann. Die dadurch bewirkte Täuschung ist auch relevant, weil schon die durch sie vermittelte Vorstellung einer eigenen wissenschaftlichen Tätigkeit der Beklagten ein besonderes Vertrauensverhältnis schafft und daher geeignet ist, den Entschluß der angesprochenen Interessenten, sich mit ihrem Angebot näher zu befassen, zugunsten dieses Angebotes zu beeinflussen (SZ 54/97; ÖBl. 1987, 18; WBl. 1988, 121; MR 1989, 141 uva). Daran vermag es auch nichts zu ändern, daß die von der Beklagten vertriebenen Insektizide tatsächlich hohe Qualität aufweisen und in ihrem Auftrag von (anderen) Versuchsanstalten wissenschaftlich untersucht und kontrolliert werden.
Die Beklagte verstößt daher dadurch, daß sie sich auf ihren Briefköpfen als "Institut für Betriebshygiene" bezeichnet, gegen § 2 UWG. Schon aus diesem Grund, aber auch deshalb, weil die Klägerin auf den von ihr weiters geltend gemachten Verstoß gegen § 1 UWG in ihrem Rechtsmittel gar nicht mehr zurückkommt, muß auch nicht mehr geprüft werden, ob die Beklagte mit der Führung der Bezeichnung "Institut" im gegebenen Zusammenhang überdies die Bestimmung des § 109 UOG verletzt hat.
In Stattgebung des Revisionsrekurses war somit die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Der Ausspruch über die Kosten der Klägerin gründet sich auf § 393 Abs 1 EO, jener über die Kosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 2 EO und §§ 40, 50 und 52 Abs 1 ZPO.
Anmerkung
E19760European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00164.89.0130.000Dokumentnummer
JJT_19900130_OGH0002_0040OB00164_8900000_000