Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*** Ö*** reg.Genossenschaft mbH, Wien 12., Wolfganggasse 58-60, vertreten durch Dr. Herwig Hauser, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. "D***" Warenhandelsgesellschaft mbH & Co KG, 2. "D***" Warenhandelsgesellschaft mbH, beide Dornbirn, Wallenmahd Nr 46, beide vertreten durch Dr. Heinrich Kammerlander, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 440.000; Revisionsrekursinteresse S 200.000), infolge Revisionsrekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 31. Oktober 1989, GZ 2 R 174/89-7, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 20.Juni 1989, GZ 37 Cg 151/89-3, teilweise abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen; die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Sowohl die Klägerin als auch die Erstbeklagte betreiben den Handel mit Waren aller Art, insbesondere auch mit Lebensmitteln, an einer großen Zahl von Verkaufsstellen; die Zweitbeklagte ist persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten. Die Erstbeklagte ist Medieninhaberin und Herausgeberin der wöchentlich erscheinenden Zeitschrift "Tip der Woche", welche in den Jahren 1988 und 1989 in einer Auflage von jeweils rund 1 Million Stück erschien; sie wurde durch die Firma F*** kostenlos an Haushalte in Wien, Niederösterreich, Burgenland, Steiermark und Oberösterreich verteilt.
In der Nr 1948 des 2.Jahrganges (1988) dieser Zeitschrift wurden auf den Seiten 1, 2, 3, 4, 5, 7, 8, 9, 11 und 13 verschiedene Waren angeboten, deren Preise jeweils einem "statt"-Preis gegenübergestellt und mit der Angabe der jeweiligen prozentmäßigen Ersparnis versehen waren. Nur auf den Seiten 3, 11, 13 und 16 war - jeweils im Kleindruck, am rechten Seitenrand senkrecht zum übrigen Text geschrieben - zu lesen: "'statt'-Preise sind unsere bisherigen Verkaufspreise". Auf Seite 3 hieß es demgegenüber bei der Ankündigung eines Gesellschaftsspieles "statt empfohlener 398,- ... nur 299,-"; bei einem anderen Spiel: "nur 169,- statt empfohlener 229,- ...".
Die Ausgabe Nr 49/88 enthielt "statt-Preis-Angaben auf den Seiten 1, 2, 4, 5, 6, 8, 9, 10, 11, 13 und 14; nur auf den Seiten 2, 10, 11 und 16 fand sich - jeweils kleingedruckt am rechten Seitenrand und senkrecht zum übrigen Text - der Hinweis, daß die "statt"-Preise die bisherigen Verkaufspreise seien. In gleicher Weise ist die Nr 6 des 3.Jahrganges (1989) gestaltet. Hier finden sich Ankündigungen mit "statt"-Preis-Angaben auf den Seiten 1, 2, 4, 6, 8, 9, 11, 13, 14 und 16; nur auf Seite 16 steht in ganz kleinem Druck senkrecht am rechten Seitenrand:
"'Statt'-Preise sind die bisherigen Verkaufspreise. Bei den angegebenen 'Statt'-Preisen handelt es sich um unsere normalen Verkaufspreise. ...."
In allen drei Zeitschriften war auf der ersten Seite angegeben, daß alle Angebote für den jeweils angegebenen Zeitraum von 6 Tagen (28.November bis einschließlich 3.Dezember 1988; 5.Dezember bis einschließlich 10.Dezember 1988 und 6. bis 11.Februar 1989) gültig seien.
In der "Neuen Kronen-Zeitung" vom 1.Februar 1989 erschien ein ganzseitiges Inserat unter der Überschrift "D*** EINER FÜR ALLE"; darunter hieß es: "Preistreffer der Woche vom 1. bis 4.2.1989". Unterhalb davon waren in der linken Spalte 11 Lebensmittel, zum Teil mit einer "statt"-Preis-Angabe und dem errechneten Prozentsatz der Ersparnis, angeführt. Über der mittleren und der rechten Spalte stand als Überschrift "Winterschlußverkauf"; darunter waren drei Haushalts- und drei Bekleidungsartikel angekündigt. Bei den Preisen der Haushaltsartikel waren jeweils der "statt"-Preis und die prozentmäßige Ersparung genannt; auch dem jeweiligen "Abverkaufspreis" der Bekleidungsstücke war ein "statt"-Preis (samt Angabe der prozentmäßigen Ersparung) beigefügt.
Mit der Behauptung, daß aus diesen Angaben der Beklagten nicht mit hinreichender Deutlichkeit hervorgehe, auf welche Preise sie zu Vergleichszwecken hingewiesen habe, beantragt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches - soweit für das Revisionsrekursverfahren von Bedeutung - den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, in Werbeaussendungen und/oder Zeitungsinseraten Preisgegenüberstellungen zwischen einem sogenannten "statt"-Preis oder "empfohlenen" Preis oder sonstwie bezeichneten höheren Preis einerseits und einem aktuellen niedrigeren Preis andererseits vorzunehmen, sofern aus dem Gesamtbild der Ankündigung nicht ausreichend deutlich hervorgeht, auf welche höheren Preise dabei zu Vergleichszwecken hingewiesen wird, so daß das Publikum in die Lage versetzt wird, sich ein objektives Urteil über die Richtigkeit der Preisgegenüberstellung zu bilden.
Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsantrages. Die Bedeutung der beanstandeten "statt"-Preise sei klar, weil doch die Zeitung selbst "Tip der Woche" heiße und in ihr mehrfach beispielhaft darauf hingewiesen werde, daß die "statt"-Preise die bisherigen Verkaufspreise der Beklagten seien; die verbilligten Preise seien also eine Sonderaktion in derjenigen Woche, für welche die Ausgabe "Tip der Woche" erschienen ist. Da die Zeitung seit über zwei Jahren erscheine, könne das Käuferpublikum nicht in Irrtum geführt werden. Auch die Werbung in der "Neuen Kronen-Zeitung" vom 1. Februar 1989 sei ausdrücklich als "Preistreffer" einer bestimmten Woche bezeichnet, so daß auch hier ein Irrtum der Konsumenten über den Charakter der Vergleichspreise nicht entstehen könne. Der Erstrichter wies den Sicherungsantrag ab. Dem Konsumenten sei auf Grund der wöchentlichen Verteilung der Zeitschrift "Tip der Woche" und der durchwegs nur einwöchigen Geltung der reduzierten Preise bekannt, daß die höheren "statt"-Preise die vor der Aktionswoche gültigen bisherigen "D***"-Preise sind. In jeder der beanstandeten Ausgaben dieser Zeitschrift sei zumindest einmal ausdrücklich angegeben worden, daß die "statt"-Preise "unsere bisherigen Verkaufspreise" sind. Selbst ohne diesen Zusatz wäre aber völlig eindeutig und klar, daß die "statt"-Preise nur die "D***"-Preise der Vorwoche sein könnten. Auch das Inserat in der "Neuen Kronen-Zeitung" lasse zweifelsfrei erkennen, daß die Beklagten ihre eigenen Preise während der angeführten Woche herabgesetzt hätten. Es bedürfte schon schwieriger und abwegiger Überlegungen, um beim Betrachten dieses Inserates zu dem Schluß zu kommen, daß die Beklagten nicht ihre eigenen Preise, sondern die eines fremden Unternehmens reduzierten. Gerade der in der "Kronen-Zeitung" verwendete Ausdruck "Winterschlußverkauf" müsse beim angesprochenen Publikum zu der Schlußfolgerung führen, daß der Werbende im Sinne des Ausverkaufsgesetzes vorgehe; bei einem Ausverkauf bestehe aber allgemein die Auffassung, daß der Gewerbetreibende die eigenen Preise senke.
Das Rekursgericht gab dem Sicherungsantrag statt und sprach aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000, nicht aber S 300.000 übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Die Annahme, daß den beteiligten Verkehrskreisen die Preisaktionen der Erstbeklagten bekannt wären, entbehre jeder Grundlage. Maßgebend könne daher nur das Erscheinungsbild der Ankündigungen sein, in denen mit "statt"-Preisen geworben wurde; dabei sein ein strenger Maßstab anzulegen. Den beanstandeten Ankündigungen könne nicht eindeutig und klar entnommen werden, daß die Beklagten auf ihre bisherigen Verkaufspreise hinwiesen. Einer solchen Auslegung stehe schon der Widerspruch zwischen den auf Seite 3 der Zeitschrift "Tip der Woche" Nr 48/88 enthaltenen Angaben von Preisen "statt empfohlener ..." und dem auf derselben Seite in räumlicher Nähe zu diesen Preisgegenüberstellungen abgedruckten Hinweis "Statt-Preise sind unsere bisherigen Verkaufspreise" entgegen. Aber auch bei jenen Preisgegenüberstellungen, bei denen jede - und damit auch eine widersprüchliche - Erläuterung der Vergleichspreise fehlt, sei nicht eindeutig, von welcher Art der Vergleichspreis ist. Aus der Bezeichnung der Werbezeitschrift als "Tip der Woche" und dem auf der jeweils ersten Seite aufscheinenden Hinweis, für welchen Zeitraum die Angebote gelten, könne nicht mit der gebotenen Deutlichkeit geschlossen werden, daß nur ein Vergleich zwischen den für die Zeit des Sonderangebotes herabgesetzten Preisen und den sonst vom Ankündigenden allgemein geforderten Preisen in Betracht komme; vielmehr könne nicht ausgeschlossen werden, daß ein nicht unbeträchtlicher Teil des angesprochenen Kundenkreises einen Vergleich mit den Preisen vergleichbarer Mitbewerber annehmen könnte. Das liege nicht so fern, weil im "Tip der Woche" Nr 48/88 vom Ergebnis eines Warenkorb-Preisvergleiches unter Großmärkten berichtet werde, die den D***-Großmärkten vergleichbar seien. In den beanstandeten Ankündigungen werde auch nicht davon gesprochen, daß die Preise "reduziert" würden. Auch der Hinweis auf einen "Winterschlußverkauf" schaffe keine Klarheit, weil in dieser Werbeeinschaltung auch Lebensmittel angeboten worden seien, die keinesfalls unter den Winterschlußverkauf fielen; in diesen Fällen sei es durchaus möglich, daß die Vergleichspreise Preise von Mitbewerbern seien. Da die Beklagten somit nicht klar zum Ausdruck gebracht hätten, daß außerhalb des Zeitraums, für den die Waren zu herabgesetzten Preisen angeboten wurden, die jeweils angeführten "statt"-Preise gelten, hätten sie gegen § 2 UWG verstoßen. Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidung des Erstrichters wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Wie schon das Rekursgericht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, verstößt die Werbung mit Preisgegenüberstellungen, insbesondere mit sogenannten "statt"-Preisen, dann gegen das Gesetz, wenn mangels näherer Erläuterung, welche Preise zum Vergleich herangezogen werden, eine Irreführung des Käuferpublikums möglich ist. Wegen der suggestiven Wirkung einer solchen Werbemethode ist dabei ein strenger Maßstab anzulegen und im Interesse der angesprochenen Verkehrskreise zu fordern, daß aus dem Wortlaut und dem Gesamtbild der als Einheit zu betrachtenden Ankündigung ausreichend deutlich hervorgeht, auf welche Preise jeweils zu Vergleichszwecken hingewiesen wird (ÖBl 1986, 66 mwN; ÖBl 1989, 144). Zutreffend hat das Rekursgericht auch erkannt, daß die beanstandeten Werbeankündigungen diesen Voraussetzungen nicht entsprachen. Soweit die Beklagte darauf hinweist, daß das Gericht zweiter Instanz die Feststellung übernommen habe, wonach der Hinweis "'Statt'-Preise sind unsere bisherigen Verkaufspreise" in allen vorgelegten Ausgaben der Zeitschrift "Tip der Woche" enthalten sei, übergeht sie den - wesentlichen - Umstand, daß diese Aufklärung jeweils nur auf einigen wenigen Seiten aufschien und in jedem Fall so klein und unauffällig angebracht war, daß sie nicht ins Auge fiel; solche unauffälligen Erläuterungen des Vergleichspreises im Kleinstdruck - noch dazu senkrecht zum übrigen Text - sind aber nicht ausreichend deutlich (ÖBl 1982, 71).
Auch die Ankündigung der Beklagten in der "Neuen Kronen-Zeitung" vom 1.Februar 1989 läßt die erforderliche Erläuterung des dort mehrfach verwendeten Begriffes der "statt"-Preise vermissen. Der Hinweis auf den "Winterschlußverkauf" bezieht sich eindeutig nur auf die unter diesem Schlagwort angeführten dauerhaften Gebrauchsgüter, nicht jedoch auf die Markenlebensmittel (TK-Schmankerlhendl; Berggold Camembert, Alvorada Cafe do Mocca und Ceres Soft). Daß diese Artikel im Zuge eines Saisonschlußverkaufes verbilligt abgestoßen würden, wird das angesprochene Publikum kaum erwarten. Auch ist daraus allein, daß dort nur die "Preistreffer der Woche vom
1. bis 4.2.1989" angekündigt wurden, nicht zwingend der Schluß zu ziehen, daß die "statt"-Preise die sonst von der Beklagten für die gleichen Artikel verlangten Preise seien. Bei der ungünstigsten Auslegung, die der Ankündigende auch hier gegen sich gelten lassen muß (ÖBl 1979, 128 ua), läßt sich die beanstandete Preisgegenüberstellung auch als Vergleich mit empfohlenen Richtpreisen der Erzeuger oder den üblichen Preisen vergleichbarer Mitbewerber auffassen. Daß - wie die Beklagten meinen - den angesprochenen Käuferkreisen hinlänglich bekannt wäre, daß es für die angebotenen Warengattungen keine Kartell- oder empfohlenen Richtpreise gibt, trifft nicht zu; zumindest ein nicht unerheblicher Teil des Publikums ist über die Preisbildung auf dem Markt nicht unterrichtet.
Da der Sicherungsantrag schon auf Grund dieser Unklarheiten gerechtfertigt ist, muß auf die Frage, ob der auf Seite 3 der Nr 48/88 der Zeitschrift "Tip der Woche" enthaltene Hinweis auf "empfohlene" Preise im Hinblick auf die auf derselben Seite angebrachte Aufklärung, daß die "'Statt'-Preise die bisherigen Verkaufspreise" der Beklagten seien, erst recht eine Unklarheit geschaffen hat, nicht mehr eingegangen werden.
Dem Revisionsrekurs war mithin ein Erfolg zu versagen. Der Ausspruch über die Kosten der Beklagten gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO, jener über die Kosten der Klägerin auf § 393 Abs 2 EO.
Anmerkung
E20027European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00002.9.0130.000Dokumentnummer
JJT_19900130_OGH0002_0040OB00002_9000000_000