TE OGH 1990/1/30 4Ob172/89

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Veröffentlicht am 30.01.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*** Zeitungs- und Zeitschriftenverlag GmbH & Co KG, Wien 19, Muthgasse 2, vertreten durch Dr. Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. "DIE G*** W***" Zeitschriften GmbH & Co KG, 2. "DIE G*** W***" Zeitschriftengesellschaft mbH, beide Wien 16, Odoakergasse 34-36, beide vertreten durch Dr. Lothar Wiltschek und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000,--) infolge Revisionsrekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 6. Oktober 1989, GZ 3 R 181/89-8, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 22. Juni 1989, GZ 37 Cg 158/89-3, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird mit der Maßgabe bestätigt, daß an die Stelle der Worte "eine mehr als 99 %-ige Chance" die Worte "eine bis zu 99,9 %-ige Chance" zu treten haben.

Die Beklagten haben die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen. Die Klägerin hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Erstbeklagte ist Medieninhaberin und Verlegerin der Zeitschrift "Die ganze Woche", die Zweitbeklagte persönlich haftende Gesellschafterin der Erstbeklagten.

Auf der Titelseite der genannten Zeitschrift, Heft Nr. 17 vom 27. April 1989, veröffentlichte die Erstbeklagte links unten folgenden Text:

"Die ganze Woche und das Große Los. Haupttreffer: 50 Millionen Schilling! ... bis zu 99,9 % Chancen auf Treffergewinn mit Ihrem Glücks-Kuvert in diesem Umschlag!"

Nach der Abbildung eines Teils einer Bestellkarte war nachstehender Text zu lesen:

"Liebe Leser! In dem gelben Umschlagstreifen der heutigen Ausgabe der G*** W*** finden Sie Ihr Glücks-Kuvert zum Mitmachen im großen Millionenspiel, bei P*** Geschäftsstelle der österreichischen Klassenlotterie, Wien 1061, Mariahilferstraße 29."

Um die Titelseite und die letzte Seite dieser Zeitschrift war links (bzw. rechts) unten ein Anhang (= Umschlagstreifen) geheftet.

Die erste Seite dieses Anhanges enthielt wiederum den Text:

"Die ganze Woche und das Große Los. Haupttreffer: 50 Millionen Schilling ... bis zu 99,9 % Chancen auf Treffergewinn mit Ihrem Glücks-Kuvert in diesem Umschlag!" Dabei war - nach den Worten: "... das Große Los" - auch der sogenannte "Prokopp-Elefant" abgebildet. Die (vordere) Innenseite dieses Umschlagstreifens enthielt neben einer Bestellkarte folgenden Text:

"Halt! Stecken Sie die Bestellkarte nicht spontan in Ihr Glücks-Kuvert. Lesen Sie vorher unsere ausführlichen Infos zum erfolgreichen Spiel mit Klassenlosen. - Exklusiv für Leser der Ganzen Woche - schließlich geht es ja um Millionen ... dann aber:

Bestellkarte ausfüllen - abtrennen und in der zweiten Hälfte dieses Umschlages in Ihr Glücks-Kuvert stecken! Gleich einsenden, damit Sie schon bei den ersten Millionengewinnen dabei sein können. Viel Glück wünscht P***."

Der hintere Teil des Anhangs (dritte und vierte Seite) war als Umschlag gestaltet, in welchem sich Bestellkarte für Klassenlose und an die Firma P*** adressierte Antwortkuverts befanden. Die Seiten 56 und 57 enthielten ein Inserat der Firma P***, welches ebenfalls eine Bestellkarte zur ersten Klasse der neuen Lotterie enthielt. Die deutlich hervorgehobene Überschrift dieser Werbeseiten lautete: "Millionen gewinnen mit Ihrem Glückskuvert exklusive für die Leser der 'Ganzen Woche'. Haupttreffer:

50 Millionen Schilling!" Am linken Rand der Seite 56 wurde darauf hingewiesen, daß "bis zu 99,9 % Chancen auf Treffergewinn mit Klassenlosen" bestünden. Einem wesentlich kleiner gedruckten Text am linken Rand war zu entnehmen, daß diese Trefferwahrscheinlichkeit durch ein für P*** erstelltes wissenschaftliches Gutachten des Instituts für Informatik der Universität Wien vom 18. Juli 1988 beglaubigt werde. Aus diesem Gutachten wurde zitiert:

"Die Trefferwahrscheinlichkeiten im Spiel mit Klassenlosen betragen:

Mit 1 Los ...............56 %

Mit 2 Losen .............80 %

Mit 10 Losen ............99,90 %."

Ein ganzes Los kostet S 1.400,--.

Die Veröffentlichungen auf der Titelseite, auf den Seiten 56 und 57 sowie auf dem Anhang ("Umschlagstreifen") wurden von der Werbeagentur der Firma P*** GesmbH gestaltet; für diese Veröffentlichung als Werbeeinschaltung wurde ein Entgelt geleistet. Die Veröffentlichung wurde jedoch nicht als "Anzeige", "entgeltiche Einschaltung" oder "Werbung" iS des § 26 MedG gekennzeichnet. Die Klägerin beantragt zur Sicherung ihres gleichlautenden Unterlassungsbegehrens, den Beklagten zu verbieten, "Gewinnspiele, insbesondere Lotterien, anzukündigen und/oder zu bewerben, wenn durch die Art der Ankündigung und die Aufmachung der unrichtige Eindruck entsteht, daß diese Lotterie mit besonders hohen Gewinnchancen exklusiv für Leser der periodischen Druckschrift 'Die ganze Woche' und/oder Erwerber eines Kaufexemplars dieser periodischen Druckschrift veranstaltet wird, oder der unrichtige Eindruck entsteht, der Teilnehmer bei dieser Lotterie würde eine mehr als 99 %-ige Chance haben, aus der Teilnahme an der Lotterie einen Gewinn, insbesondere einen Betrag, der über den erforderlichen Wetteinsatz hinausgeht, zu erzielen."

Hilfsweise beantragt die Klägerin, den Beklagten zu verbieten, "die Veranstaltung von Lotterien, insbesondere Klassenlotterien, anzukündigen und/oder zu bewerben, bei denen der Eindruck erweckt wird, die (Erst-)Beklagte hätte in irgendeiner Weise etwas mit dem Losvertrieb oder der Erleichterung des Zuganges zur Teilnahme an dieser Lotterie zu tun, wenn gleichzeitig der irreführende Eindruck erweckt wird, die (Erst-)Beklagte verschaffe den Käufern der Druckschrift 'Die ganze Woche' eine besonders hohe Gewinnchance, aus der Teilnahme an der Lotterie einen Ertrag zu erzielen, wenn tatsächlich die Chance mehr als den einzusetzenden Wetteinsatz zu erzielen, wesentlich geringer ist als die Gewinnchance laut Ankündigung bzw. Werbeaussage."

Die Beklagten hätten mit dieser Aktion gegen §§ 1 und 2 UWG und gegen das Zugabengesetz verstoßen. Der flüchtige Leser, der nur die erste Seite der Zeitschrift sehe, könne die beanstandeten Ankündigungen nur so verstehen, daß ausschließlich den Lesern der "Ganzen Woche" besondere Gewinnchancen oder besondere Erleichterungen beim Zugang zur Klassenlotterie geboten würden und die Teilnahme an dieser besonders trefferreichen Klassenlotterie mit der an die Zeitschrift "Die ganze Woche" angehefteten Bestellkarte zu erfolgen habe. Die Ankündigung, daß Gewinnchancen bis zu 99,9 % bestünden, sei irreführend.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsantrages. Die beanstandeten Ankündigungen seien entgeltliche Einschaltungen der P*** GmbH und in der üblichen Form eines Inserates gestaltet. Für irreführende Angaben in einem Inserat hafteten die Beklagten gemäß § 3 UWG nicht.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die beanstandeten Texte seien Bestandteil entgeltlicher Veröffentlichungen im Auftrag der P*** GmbH, für deren inhaltliche Richtigkeit die Beklagten nicht einzustehen hätten. Mit Rücksicht auf die wiederholte Werbung der Firma P*** für den Kauf von Klassenlosen habe bei Durchschnittsinteressenten nur der Eindruck entstehen können, daß auch die beanstandeten Ankündigungen in der "Ganzen Woche" Werbeeinschaltungen der Firma P*** seien. Die angeschlossenen Bestellkarten hätten keinen objektiv bestimmbaren, in Geld ausdrückbaren Wert und seien daher nicht als Zugabe iS des § 1 ZugG anzusehen. Die beanstandete Ankündigung habe nicht den Eindruck erweckt, daß die Beklagten eine Lotterie veranstalteten oder ihren Lesern eine besonders hohe Gewinnchance verschafften. Das Rekursgericht erließ (mit geringfügigen sprachlichen Abweichungen) die beantragte einstweilige Verfügung (Hauptbegehren) und sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 300.000,-- übersteige.

Nach § 26 MedG müßten Ankündigungen, Empfehlungen sowie sonstige Beiträge und Berichte in periodischen Medien, für deren Veröffentlichung ein Entgelt geleistet wird, als "Anzeige", "entgeltliche Einschaltung" oder "Werbung" gekennzeichnet sein, es sei denn, daß Zweifel über diese Entgeltlichkeit durch Gestaltung oder Anordnung ausgeschlossen werden könnten; maßgebend sei hiebei der Eindruck, den ein nicht unbeachtlicher Teil der Interessenten, an die sich das Medium wendet, bei einer Regelmäßigkeit nur flüchtigen Betrachtung gewinnt. Der Text auf der Titelseite und auf dem Umschlagstreifen enthalte keinen ausreichend deutlichen Hinweis auf eine Inseratenwerbung; der Interessent könne nicht klar erkennen, ob und wie weit eine entgeltliche Werbung vorliegt. Beim flüchtigen Durchschnittsleser entstehe der Eindruck, daß das angekündigte Gewinnspiel zumindest in Zusammenarbeit mit dem Medieninhaber gestaltet worden ist. Die wiederholte Verwendung des Titels "Die ganze Woche" im Text auf Seite 1 und der Hinweis "Exklusiv für Leser der ganzen Woche" legten den Eindruck nahe, daß eine von der Schriftleitung ausgehende Empfehlung vorliege und nicht oder nicht nur der Inserent zum Publikum spreche. Die Beklagten könnten sich daher nicht auf § 3 UWG berufen.

Die Ankündigung, daß die Leser der Zeitschrift "Die ganze Woche" - exklusiv - mit dem "Glückskuvert" im Umschlag bis zu 99,9 % Chancen auf Treffergewinn hätten, könne beim flüchtigen Leser den Eindruck erwecken, daß sich die Gewinnchancen durch den Kauf der Zeitschrift ergäben, ohne daß ein besonderes Entgelt für die Lose gezahlt werden müßte. Nach der ganzen Aufmachung der beanstandeten Ankündigung auf der Titelseite erscheine die P*** GmbH vorerst nur in einer die Werbeaktion der "Ganzen Woche" ausführenden Rolle. Die angekündigte Aktion bilde einen Anreiz, die Zeitschrift zu kaufen; die Beklagten hätten daher durch die Ankündigung des der Zeitschrift beiliegenden "Glückskuverts" gegen § 1 ZugG verstoßen. Die Ankündigung der Beklagten verstoße aber auch gegen § 2 UWG, weil sie beim flüchtigen Leser, selbst wenn er von der Notwendigkeit des entgeltlichen Erwerbes eines oder mehrerer Lose ausgehe, den unrichtigen Eindruck hervorrufen könne, daß er nahezu mit Sicherheit mit einem Treffergewinn rechnen könne und das "Millionenspiel" exklusiv für die Leser der "Ganzen Woche" ausgeführt werde. Erst ein genaueres Studium des Textes auf Seite 56 und auf der Innenseite des Umschlagblattes lasse erkennen, daß die hohe Gewinnwahrscheinlichkeit erst bei einem Kauf von 10 Losen zum Gesamtpreis von S 14.000,-- erreicht werde und Lose auch telefonisch bestellt werden könnten.

Durch die Verletzung der wettbewerbsregelnden Vorschrift des § 26 MedG hätten die Beklagten auch gegen § 1 UWG verstoßen. Die Beklagten bekämpfen den Beschluß des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung; sie beantragen, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt werde. Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Rechtsmittel der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Ist die zur Irreführung geeignete Angabe (iS des § 2 Abs 1 UWG) in einer durch eine Zeitung veröffentlichten Mitteilung enthalten, die sich als eine von der Schriftleitung ausgehende Empfehlung des Unternehmens eines anderen darstellt, so besteht gegen den Herausgeber oder Eigentümer der Zeitung gemäß § 3 Abs 1 UWG ein Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung der Mitteilung; die Anspruchsberechtigung (§ 14 Satz 1 UWG) richtet sich gemäß § 3 Abs 2 UWG nach dem Unternehmen, auf das sich die empfehlende Mitteilung bezieht. § 3 UWG enthält damit eine Sonderregelung der aktiven wie der passiven Klagelegitimation für einen besonderen Fall des § 2 UWG (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 95; auch Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 I 287; SZ 49/57 = ÖBl 1976, 163). Ob die Voraussetzungen des § 3 Abs 1 UWG - (insbesondere eine von der Schriftleitung ausgehende Empfehlung des Unternehmens eines anderen (vgl. dazu ÖBl 1964, 94)) - hier vorliegen, kann schon deshalb auf sich beruhen, weil der Klägerin für die Erhebung des besonderen Anspruches gegen den empfehlenden Medieninhaber die Anspruchsberechtigung nach § 3 Abs 2 UWG fehlt; die Klage kann nämlich nur von einem Mitbewerber des empfohlenen Unternehmens oder von einer Interessenvereinigung erhoben werden, die satzungsgemäß Interessen der beeinträchtigten Art zu wahren hat (Hohenecker-Friedl aaO). Die Klägerin als Medienunternehmerin ist aber nicht Mitbewerberin der Firma P***, die Klassenlose vertreibt.

Das schließt aber nicht aus, daß die Erstbeklagte von der

Klägerin als ihrer Mitbewerberin nach § 2 UWG in Anspruch genommen

werden kann, wenn sie nicht nur entgeltliche Veröffentlichungen

eines Dritten entgegengenommen, sondern sich - über bloße

Empfehlungen iS des § 3 Abs 1 UWG hinaus - zur Förderung des eigenen

Wettbewerbs, also des Absatzes der "Ganzen Woche", an den als

irreführend beanstandeten Ankündigungen (etwa im Sinne einer

Gemeinschaftswerbung) derart beteiligt hat, daß diese Ankündigungen

auch ihr zuzurechnen sind. Das ist aber, wenn man den flüchtigen

Eindruck zugrunde legt, den ein noch erheblicher Teil der

Interessenten beim Kauf der betreffenden Ausgabe der Zeitschrift

"Die ganze Woche" aus den Ankündigungen auf dem Umschlagstreifen und

auf dem Titelblatt gewinnen konnte, der Fall. Die Aktion wurde auf

dem die Titelseite zum Teil abdeckenden Umschlagstreifen und auf der

Titelseite selbst mit den Worten: "Die ganze Woche und das Große

Los" angekündigt, den Käufern (Lesern) der Zeitschrift wurden "bis

zu 99,9 % Chancen auf Treffergewinn mit Ihrem Glücks-Kuvert in

diesem Umschlag" versprochen. Soweit Käufer vor dem Erwerb der

Zeitschrift diese zusätzliche Umschlagseite nicht geöffnet hatten,

konnten sie überhaupt nur aus dem nicht besonders auffallenden

Aufdruck des "Prokopp-Elefanten" darauf schließen, daß sie es mit

einer Werbung für die Klassenlotterie zu tun hatten; erst nach dem

Öffnen des Umschlagblattes wurde erkennbar, daß es sich nicht um ein

besonderes Preisausschreiben oder Gewinnspiel der "Ganzen Woche"

handelte. Aber auf der zweiten Seite des Umschlagblattes und auf der

Titelseite identifizierte sich die "Ganze Woche" insofern mit der

Werbung für den Kauf von Klassenlosen, als dort ein Spiel "exklusiv

für Leser der ganzen Woche" angekündigt und den Lesern dieser

Zeitschrift wiederum "Ihr Glücks-Kuvert zum Mitmachen im großen

Millionenspiel" angeboten wurde. Für den Eindruck der

Kaufinteressenten waren zwar die Ankündigungen auf der Titelseite und auf dem Umschlagblatt maßgebend, doch erweckte auch das Inserat auf Seite 56 der Zeitschrift beim Leser den Anschein einer Gemeinschaftswerbung, weil dort blickfangartig die Verbindung zwischen der Firma P*** (Klassenlotterie) und der Erstbeklagten durch die Worte "Millionen gewinnen mit Ihrem Glückskuvert exklusiv für die Leser der ganzen Woche" hergestellt wird.

Damit hat sich aber die Erstbeklagte an der von ihr veröffentlichten Werbung der Firma P*** für den Kauf von Klassenlosen in einem solchen Ausmaß beteiligt und den Eindruck einer auch in ihrem eigenen wirtschaftlichen Interesse veranstalteten Gemeinschaftsaktion erweckt, daß sie für irreführende Angaben im Inserat der P*** GmbH genauso wie diese einzustehen hat und von ihren Mitbewerbern deswegen auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann.

Das (aus zwei Teilen bestehende) Verbot irreführender Angaben ist aber auch gerechtfertigt:

Durch die Art der Ankündigung und die Aufmachung ("Die ganze Woche und das Große Los", "bis zu 99,9 % Chancen auf Treffergewinn"; "exklusiv für Leser der ganzen Woche") konnte bei einem jedenfalls noch erheblichen Teil der Käufer (Leser) der Zeitschrift der Eindruck entstehen, daß diese Lotterie mit besonders hohen Gewinnmöglichkeiten ausschließlich für Leser oder Erwerber der betreffenden Ausgabe der "Ganzen Woche" veranstaltet werde; erst nach genauerem Durchlesen des Inserates im Inneren des Blattes konnten sich die Leser dann davon überzeugen, daß die Ankündigung "exklusiv für die Leser der ganzen Woche" eine irreführende Leerformel war, weil Lose (zu den gleichen Bedingungen) auch ohne das angeheftete "Glückskuvert" oder den Bestellcoupon im Inneren des Blattes (von jedermann) telefonisch bestellt werden konnten. Daß mit den blickfangartig hervorgehobenen Worten "bis 99,9 % Chancen auf Treffergewinn mit Ihrem Glücks-Kuvert in diesem Umschlag" zugleich auch eine ungewöhnlich hohe Gewinnchance angekündigt und wiederum mit der "Ganzen Woche" in Verbindung gebracht wurde ("Die ganze Woche und das Große Los"), kann nicht zweifelhaft sein. Zur Irreführung geeignet iS des § 2 UWG war aber auch die Ankündigung, Loskäufer hätten "bis zu 99,9 % Chancen auf Treffergewinn". Auch wenn man davon ausgeht, daß selbst der flüchtige Leser die Prozentangabe "99,9 %" zufolge der gleich groß geschriebenen Worte "bis zu" als nicht regelmäßig erzielbaren Höchstwert erkennen mußte, bleibt die Ankündigung dennoch irreführend, weil die Worte "Chancen auf Treffergewinn" von einem noch erheblichen Teil der angesprochenen Käufer (Leser) jedenfalls auch dahin verstanden werden konnten, daß eine bis zu 99,9 %-ige Chance bestehe, aus der Teilnahme an der Lotterie einen Gewinn zu erzielen. Es ist aber irreführend, unter Bezugnahme auf das Gutachten eines Universitätsinstitutes mit einer bis zu 99,9 %-igen "Chance auf Treffergewinn" zu erwerben, wenn dabei verschwiegen wird, daß für die Berechnung dieser Chance auch alle jene "Treffergewinne" mitzuzählen sind, die zum Teil weit unter dem erforderlichen Einsatz zurückbleiben. Durch die beanstandete Ankündigung konnten sogar Leser, die sich nicht mit dem Erfassen der blickfangartigen Ankündigung "bis zu 99,9 % Chancen auf Treffergewinn" begnügten, sondern die im Blattinneren zitierten Passagen aus dem Universitätsgutachten über die gestaffelte Trefferwahrscheinlichkeit mit einem Los, mit zwei Losen und mit zehn Losen lasen, gröblich in Irrtum geführt werden, wenn ihnen - was jedenfalls für beachtliche Teile des Publikums angenommen werden muß - entsprechende Kenntnisse der Wahrscheinlichkeitsrechnung fehlten. Im Zweifel müssen daher die Beklagten die ungünstigere Auslegung des Begriffes "99,9 % Chancen auf Treffergewinn" gegen sich gelten lassen.

Richtig ist allerdings der Einwand der Beklagten, in der Ankündigung werde lediglich darauf hingewiesen, daß der Teilnehmer an der Klassenlotterie bis zu 99,9 % Chancen habe, während das dem Sicherungsbegehren stattgebende Verbot die Ankündigung einer "mehr als 99 %-igen Chance" untersagt. Da aus der Klageerzählung deutlich hervorgeht, daß sich die Klägerin zwar gegen die Angabe der Trefferwahrscheinlichkeit ohne Berücksichtigung des jeweiligen Kapitaleinsatzes, nicht aber gegen eine etwaige Undeutlichkeit der Worte "bis zu" wendet, war diesem Einwand durch eine entsprechende Umformulierung des Verbotes Rechnung zu tragen.

Da sich die ausgesprochenen Verbote auf den unrichtigen und zur Irreführung geeigneten Eindruck der beanstandeten Ankündigungen, also auf einen Verstoß gegen § 2 UWG, gründen, braucht auf die Frage, ob die Erstbeklagte auch gegen das Zugabengesetz und gegen § 1 UWG iVm § 26 MedG verstoßen hat, nicht weiter eingegangen zu werden.

Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 78, 393, 402 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.

Anmerkung

E20031

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00172.89.0130.000

Dokumentnummer

JJT_19900130_OGH0002_0040OB00172_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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