TE OGH 1990/1/31 9ObA27/90

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Veröffentlicht am 31.01.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Petrag sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Meches und Franz Ovesny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gertrude H***, Journalistin, St. Pölten, Salcherstraße 11, vertreten durch Dr. Herbert Schachter, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ö*** V*** Gesellschaft mbH, Wien 9.,

Währingerstraße 6-8, vertreten durch Dr. Robert Amhof und Dr. Heinz Damian, Rechtsanwälte in Wien, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei R*** Ö***, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 598.080 S sA, infolge Revisionsrekurses der Nebenintervenientin gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10. November 1989, GZ 32 Ra 116/89-19, womit infolge Rekurses der beklagten Partei und der Nebenintervenientin der Beschluß des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 22. Juni 1989, GZ 19 Cga 3024/88-15, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden mit der Maßgabe bestätigt, daß der Widerspruch der beklagten Partei gegen die Zulassung des Vorbringens der klagenden Partei in der Tagsatzung vom 22. Juni 1989 als Klagsänderung zurückgewiesen wird. Die Nebenintervenientin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrte zunächst, die beklagte Partei zur Rechnungslegung über die von der Klägerin seit Ende Mai 1986 bis 3. Juli 1986 "getätigten Aufträge zur Beschaffung und Organisation" von Sponsorgeldern für die Eröffnung der Südautobahn in Kärnten und die darauf eingegangenen Zahlungen sowie zur Zahlung der sich aus dieser Rechnungslegung ergebenden Provisionsbeträge zuzüglich 4 % Zinsen seit 4. Juli 1986 an die Klägerin zu verpflichten. Die Klägerin brachte vor, sie sei von der beklagten Partei mit der Akquisition von Sponsoren gegen eine Vergütung von 10 % des erzielten Umsatzes zuzüglich 20 % Umsatzsteuer beauftragt worden. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie bestritt teils - hinsichtlich der größeren Aufträge mit einem vorgesehenen Beitrag von mehr als 100.000 S sei Auftraggeber das Bundesministerium für Bauten und Technik gewesen - ihre Passivlegitimation und auch bezüglich der übrigen Aufträge ihre Rechnungslegungspflicht und gab unter Nennung der Sponsoren jeweils 100.000 S nicht übersteigende Zahlungseingänge von insgesamt 1,515.083,26 S bekannt.

Mit Schriftsatz vom 30. Dezember 1988 erklärte die Klägerin, ihr Begehren auf Leistung umzustellen und brachte vor, sie gehe nunmehr von ihren - unvollständigen - Aufzeichnungen aus, wonach sie an kleinen und großen Sponsorenbeiträgen insgesamt 6,520.500 S akquiriert habe. Sie begehre 10 % dieses Betrages zuzüglich 20 % Umsatzsteuer, das ergebe 782.460 S sA. Dieser Schriftsatz wurde in der Tagsatzung vom 22. Juni 1989 vorgetragen und das Klagebegehren zufolge Teilzahlung auf 598.080 S sA eingeschränkt. Die beklagte Partei und die Nebenintervenientin sprachen sich gegen die Klagsänderung aus, weil die Sache ohne diese Klagsänderung im Sinne einer Klageabweisung spruchreif sei.

Das Erstgericht ließ die Klagsänderung zu. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß eine Klagsänderung vorliege, weil neues Tatsachenvorbringen zur Konkretisierung des Leistungsbegehrens habe erstattet werden müssen. Die Klagsänderung sei zuzulassen, weil es nach Entscheidung über das Rechnungslegungsbegehren ohnehin zu einer Konkretisierung des Leistungsbegehrens hätte kommen müssen. Das Berufungsgericht bestätigte diesen Beschluß und vertrat die Rechtsauffassung, daß die Klagsänderung jedenfalls zuzulassen sei, weil dadurch gewährleistet sei, daß der zwischen den Parteien bestehende Rechtsstreit endgültig bereinigt werde.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Nebenintervenientin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß die Klagsänderung nicht zugelassen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der gemäß § 47 Abs. 1 ASGG zulässige Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Wie das Erstgericht richtig erkannt hat, wäre auch im Rahmen der Stufenklage nach Entscheidung über das Rechnungslegungsbegehren (und Rechnungslegung) das Leistungsbegehren zu konkretisieren gewesen (siehe Fasching ZPR Rz 1046). Zieht man in Betracht, daß die klagende Partei auch unter Verzicht auf den Rechnungslegungsanspruch sofort ein Leistungsbegehren stellen kann, daß sie bei Konkretisierung des Leistungsbegehrens nach Rechnungslegung keineswegs an das Ergebnis der Rechnungslegung gebunden ist und daß die beklagte Partei überdies - wenn auch nur bezüglich der Beträge unter 100.000 S - eine zwar nicht belegte, aber ausreichend detaillierte Rechnung gelegt hat, hat die Klägerin mit der Bezifferung des Leistungsbegehrens lediglich von den im Rahmen einer Stufenklage gegebenen Möglichkeiten Gebrauch gemacht (vgl. 4 Ob 45/78 in Int. 1979/3, 15, Nr. 1140). Da die Konkretsiierung des Leistungsbegehrens daher im Rahmen der Stufenklage vorgesehen und überdies jederzeit zulässig ist, ist die ziffernmäßige Angabe des Leistungsbegehrens keine Klagsänderung im Sinne des § 235 ZPO. Die Beschlüsse der Vorinstanzen waren daher mit der Maßgabe zu bestätigen, daß der Widerspruch der beklagten Partei gegen die Zulassung des Vorbringens der klagenden Partei in der Tagsatzung vom 22. Juni 1989 als Klagsänderung zurückgewiesen wird (so auch 3 Ob 599/76).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.

Anmerkung

E19841

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00027.9.0131.000

Dokumentnummer

JJT_19900131_OGH0002_009OBA00027_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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