TE OGH 1990/1/31 9ObA17/90

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Veröffentlicht am 31.01.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Maier sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Meches und Franz Ovesny als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Kommerzialrat Dipl.Ing.Dr. Gerhard R***, Pensionist, Gießhübl, Gießhüblerstraße 97, vertreten durch Dr. Hans Pfersmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei W*** Mischfutter und Viehverwertung Gesellschaft mbH, Wien 1., Neuer Markt 2, vertreten durch Dr. Gottfried Korn, Rechtsanwalt in Wien, wegen 88.510 S sA und Feststellung (Streitwert S 138.000), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Oktober 1989, GZ 34 Ra 86/89-20, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 12. Jänner 1989, GZ 13 Cga 1716/87-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 9.887,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Da die in § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG seinerzeit vorgesehene Neudurchführung der Verhandlung vor dem Berufungsgericht nicht in das ASGG übernommen wurde, kann ein Mangel des Verfahrens erster Instanz, dessen Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, auch in Arbeitsrechtssachen nicht mehr mit Revision geltend gemacht werden (RZ 1989/16 ua).

Da die rechtliche Beurteilung durch das Berufungsgericht zutreffend ist, reicht es aus, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 48 ASGG). Ergänzend ist den Revisionsausführungen folgendes entgegenzuhalten:

Mit Pensionszuschußvertrag vom 19. Dezember 1968 (Beilage A) gewährte die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger ab Vollendung seines 65. Lebensjahres einen monatlichen Pensionszuschuß im Ausmaß der Differenz zwischen 80 % seines Brutto-Monatsgehaltes und der Pension aus der gesetzlichen Sozialversicherung. Mit Schreiben der Beklagten vom 24. Juni 1983 (Beilage B) wurde festgehalten, daß bei der Ermittlung dieser Differenz auch jene weitere Pension zu berücksichtigen ist, die der Kläger von Versicherungsgesellschaften erhält, an welche die Prämien und Beiträge vom Dienstgeber gezahlt wurden. In diesem Schreiben hielt die Beklagte auch fest, daß das Dienstverhältnis einvernehmlich zum 31. Dezember 1983 gelöst werde und dem Kläger bereits ab 1. Jänner 1984, also vor Vollendung des 65. Lebensjahres, der erwähnte Pensionszuschuß gebührt.

Gemäß § 2 Pkt. 6. des Pensionszuschußvertrages ruht der Anspruch auf Pensionszuschuß für den Zeitraum, für den die Abfertigung zur Auszahlung gelangt (maximal 12 Monate gemäß § 23 Abs 1 AngG). Gemäß § 7 des Pensionszuschußvertrages wurde "ausdrücklich die Wertbeständigkeit dieses Pensionszuschusses vereinbart." Als Maß zur Berechnung der Wertbeständigkeit dient der vom österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung errechnete Verbraucherpreisindex II oder ein an seine Stelle tretender Index. Ausgangsbasis ist der Index des Monats, in dem zum ersten Mal der Pensionszuschuß gewährt wird. Schwankungen der Indexzahl nach oben oder nach unten bis einschließlich 5 % bleiben unberücksichtigt.

Der Pensionsanspruch des Klägers ruhte im Jahre 1984, weil er eine Abfertigung in Höhe von 12 Monatsbezügen erhielt. Streitpunkt des vorliegenden Prozesses ist die Frage, ob der dem Kläger gebührende Pensionszuschuß bereits ab Jänner 1984 zu valorisieren war oder ob die Anpassung nach dem jeweiligen Verbraucherpreisindex infolge des Ruhens der Zusatzpension bis Dezember 1984 erst mit Jänner 1985 zu beginnen hatte. Ein über den Wortlaut des Vertragstextes hinausgehender Parteiwille war zu dieser Streitfrage nicht feststellbar. Aus der Vereinbarung, daß der Anspruch auf Pensionszuschuß für den Zeitraum des Bezuges einer Abfertigung ruht, ergibt sich, daß der Pensionszuschußvertrag zwischen dem Anspruchsbeginn (Vollendung des 65. Lebensjahres; später modifiziert auf 1.1.1984) und dem damit nicht notwendig übereinstimmenden Zeitpunkt der erstmaligen Zahlung der Zusatzpension unterscheidet. Der in der strittigen Formulierung ("Ausgangsbasis ist der Index des Monats, in dem zum ersten Mal der Pensionszuschuß gewährt wird") gebrauchte Begriff des erstmaligen Gewährens des Zuschusses kann sich daher sowohl auf den - unabhängig von einem allfälligen Ruhen - festgesetzten Anspruchsbeginn (65. Lebensjahr; 1.1.1984) als auch auf den Zeitpunkt der erstmaligen Zahlung des Zuschusses beziehen.

Die Vorinstanzen haben sich zutreffend für die erstgenannte Möglichkeit entschieden. Nur diese Auslegung berücksichtigt den Zweck einer Wertsicherungsklausel, den Empfänger einer Leistung, und zwar insbesondere einer periodisch wiederkehrenden Leistung, schon vom Zeitpunkt des Anfalls der ersten Teilleistung an gegen Geldentwertungen zu schützen. Dieser Schutz wäre bei der Vereinbarung der Wertbeständigkeit von Pensionszuschüssen unvollständig, wenn der Bemessung der Zusatzpension zwar das letzte (keiner weiteren Valorisierung durch kollektivrechtliche Erhöhung der Bruttobezüge mehr zugängliche) Bruttoeinkommen im Zeitpunkt des Übertrittes in den Ruhestand (Pensionsanfall) zugrundegelegt, als Ausgangsbasis für die Berechnung der Wertsicherung aber ein späterer Zeitpunkt festgesetzt würde. Bei hohen Inflationsraten könnte der - zudem von Fall zu Fall variable - Zeitraum des vereinbarten Ruhens des Pensionsanspruches wegen Bezuges einer Drittleistung ausreichen, den Pensionsanspruch völlig zu entwerten. Der dadurch entstehende Nachteil wäre bei Dienstnehmern, die infolge der langen Dauer der zurückgelegten Dienstzeit ein höheres Monatsvielfaches an Abfertigung erhalten, größer als bei einer kürzeren Dienstzeit. Die Auslegung des Vertrages nach der Übung des redlichen Verkehrs führt daher zu dem Ergebnis, daß der Zeitpunkt des Pensionsanfalles und des Beginnes einer Wertsicherung im Zweifel als übereinstimmend anzusehen sind.

Die Meinung der Revisionswerberin, die bekämpfte Auslegung durch die Vorinstanzen führe zu einer Verfälschung und einer überproportionalen Sicherung des Lebensstandards, ist schon vom Ansatz her verfehlt; aus der bloßen Wortinterpretation ist zur vorliegenden Streitfrage nichts zu gewinnen.

Daß durch das mit dem Leistungsbegehren verbundene Feststellungsbegehren strittige Teile des Rechtsverhältnisses, nämlich der Berechnungsmodus für die künftige Valorisierung des Pensionszuschusses, festgestellt werden soll, kann nicht zweifelhaft sein.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E19825

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00017.9.0131.000

Dokumentnummer

JJT_19900131_OGH0002_009OBA00017_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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