TE Vwgh Erkenntnis 2005/11/22 2001/03/0108

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Veröffentlicht am 22.11.2005
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Index

E3R E07204030;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
49/08 Amtshilfe Zustellung von Schriftstücken;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
GütbefG 1995 §23 Abs1 Z8;
RechtshilfeAbk Deutschland 1990 Verwaltungssachen Art1 Abs1;
RechtshilfeAbk Deutschland 1990 Verwaltungssachen Art10 Abs1;
RechtshilfeAbk Deutschland 1990 Verwaltungssachen Art3;
VStG §24;
VwGG §42 Abs2 Z1;
ZustG §11 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des W in D/Deutschland, vertreten durch Dr. Christian Preschitz und Dr. Michael Stögerer, Rechtsanwälte in 1070 Wien, Neubaugasse 3/10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 24. Jänner 2001, Zl. uvs-2000/4/087-1, betreffend Zurückweisung einer Berufung i. A. Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 23. Oktober 2000 wurde dem Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung nach § 23 Abs. 1 Z. 8 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 und Nr. 609/2000 zur Last gelegt und es wurde über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG als verspätet zurückgewiesen.

Dazu führte die belangte Behörde begründend aus, dass das Straferkenntnis laut Rückschein am 26. Oktober 2000 von der Ehefrau des Beschwerdeführers übernommen worden sei. Die nunmehr vorliegende Berufung sei am 20. November 2000 zur Post gegeben worden und am 21. November 2000 bei der zuständigen Behörde eingelangt. Gemäß § 63 Abs. 5 AVG in Verbindung mit § 24 VStG betrage die Berufungsfrist zwei Wochen. In der Rechtsmittelbelehrung des erstinstanzlichen Bescheides sei ausdrücklich auf dieses Erfordernis hingewiesen worden. Im Beschwerdefall habe die Berufungsfrist am 9. November 2000 geendet. Der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung ausgeführt, dass er selbst nicht an der Abgabestelle in D./Deutschland anwesend gewesen sei, sondern erst Tage später an diese zurückgekehrt sei. Seine Frau sei nach Übernahme des Poststückes (vor Rückkunft des Beschwerdeführers) verreist und erst am 8. November 2000 an die Abgabestelle zurückgekehrt. Der Beschwerdeführer habe daher erst an diesem Tag erfahren, dass das gegenständliche Poststück am 26. Oktober 2000 zugestellt worden sei. Nach Ansicht der belangten Behörde sei dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht zu entnehmen, dass er seine Abgabestelle aufgegeben hätte, sodass die Zustellung an seine Ehegattin nach der "deutschen Vorschrift" gültig und der behaupteten Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers keine Relevanz beizumessen sei.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 11 Abs. 1 ZustG sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstige Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.

Gemäß Art. 3 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990, wird Amts- und Rechtshilfe nach dem Recht des ersuchten Staates geleistet. Die Vornahme von Zustellungen ist in Art. 10 des genannten Vertrages geregelt.

Gemäß dessen Art. 10 Abs. 1 werden Schriftstücke im Verfahren nach Art. 1 Abs. 1 (somit auch im hier vorliegenden österreichischen Verwaltungsstrafverfahren) unmittelbar durch die Post nach den für den Postverkehr zwischen den Vertragsstaaten geltenden Vorschriften übermittelt. Wird ein Zustellnachweis benötigt, ist das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen "Eigenhändig" und '"Rückschein" zu versenden. Kann eine Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden oder ist dies nach Art und Inhalt des Schriftstückes nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen. Die Vertragsstaaten teilen einander diese Stellen mit.

Im vorliegenden Fall war - unbestritten - die Zustellung durch die Post möglich, die zentrale Anlaufstelle für die Vornahme von Zustellungen in Deutschland für das Bundesland Nordrhein-Westfalen, der Regierungspräsident Köln, musste daher nicht befasst werden.

Im Beschwerdefall wurde ein Zustellnachweis über die erfolgte Zustellung des Straferkenntnisses benötigt - Gegenteiliges wird von der belangten Behörde auch gar nicht behauptet -, es hätte daher nach der zuvor zitierten Bestimmung des Art. 10 Abs. 1 des Rechtshilfevertrages vorgegangen und das Schriftstück als eingeschriebener Brief mit den besonderen Versendungsformen "Eigenhändig" und "Rückschein" versendet werden müssen, was jedoch hinsichtlich des Vermerkes "Eigenhändig" unterlassen wurde. Eine Ersatzzustellung an die Ehefrau des Beschwerdeführers war in diesem Fall nicht zulässig (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 30. März 2005, Zl. 2002/06/0009, vom 19. Oktober 2004, Zl. 2003/03/0047, sowie vom 8. September 2004, Zl. 2002/03/0152).

Da die belangte Behörde dies verkannte und sich somit ihre Annahme, die Zustellung des Straferkenntnisses sei rechtswirksam durch Ersatzzustellung am 26. Oktober 2000 erfolgt und die Berufung daher verspätet, im Ergebnis als unzutreffend erweist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 22. November 2005

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2001030108.X00

Im RIS seit

15.12.2005

Zuletzt aktualisiert am

12.10.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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