Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 1.Feber 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kluwik als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alois Z*** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Salzburg vom 14.November 1989, GZ 40 Vr 1.182/89-28, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Text
Gründe:
Alois Z*** wurde auf Grund des Wahrspruchs der Geschwornen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 und Abs 2, zweiter Fall, StGB schuldig erkannt. Darnach hat er am 22.Mai 1989 in Salzburg der Renate G*** durch Würgen in der Dauer von mehreren Minuten eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) absichtlich zugefügt, wobei die Tat den Tod der Verletzten zur Folge hatte.
Die Geschwornen hatten die Hauptfrage nach Mord (§ 75 StGB) einhellig verneint und die Eventualfrage 1 nach Totschlag (§ 76 StGB) mit 4 Ja- und 4 Neinstimmen beantwortet, jedoch die beiden weiteren Eventualfragen nach absichtlicher schwerer Körperverletzung (§ 87 StGB) und Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (§ 86 StGB) zunächst irrtümlich unbeantwortet gelassen. Aus diesem Grund wurde vom Schwurgerichtshof das Moniturverfahren hinsichtlich der Eventualfragen 2 und 3 eingeleitet (§ 332 Abs 4 StPO), worauf die Geschwornen die Eventualfrage 2 (§ 87 StGB) einstimmig bejahten, sodaß eine Beantwortung der Eventualfrage 3 (§ 86 StGB) entfiel.
Die Staatsanwaltschaft bekämpft das Urteil mit Nichtigkeitsbeschwerde aus dem Grunde des § 345 Abs 1 Z 8 StPO, weil eine von den Geschwornen nach Einleitung des Verbesserungsverfahrens verlangte "ergänzende Rechtsbelehrung über die Abfassung der Niederschrift" (S 317) nicht zu Protokoll genommen worden ist, was einer unrichtigen Rechtsbelehrung gleichzuhalten sei.
Rechtliche Beurteilung
Eine den Geschwornen erteilte ergänzende Rechtsbelehrung ist nur dann (iS § 327 Abs 2 StPO) zu protokollieren, wenn sie den Sinn der ihnen gestellten Fragen, das von ihnen bei der Abstimmung zu beobachtende Verfahren oder die Fassung einer Antwort betrifft (§ 327 Abs 1 StPO). Nur durch das Unterbleiben der Protokollierung einer solchen Ergänzung der Rechtsbelehrung kann unter Umständen (mittelbar) Nichtigkeit nach § 345 Abs 1 Z 8 StPO bewirkt werden (vgl EvBl 1989/106). Stellt sich hingegen die nachträgliche Belehrung als Ergänzung bloß jener Erläuterungen dar, die den Geschwornen oder deren Obmann bei der im Anschluß an die mündliche Rechtsbelehrung (§ 323 Abs 1 StPO) abzuhaltenden Besprechung nach § 323 Abs 2 StPO zu geben sind (hier: über den Umfang der vom Obmann gemäß § 331 Abs 3 StPO zu verfassenden Niederschrift betreffend die von der Mehrheit der Geschwornen im Rahmen des Moniturverfahrens angestellten Erwägungen), so kann das Unterbleiben einer - insoweit gar nicht vorgeschriebenen - Protokollierung unter keinen Umständen zum Gegenstand einer Nichtigkeitsbeschwerde gemacht werden (vgl Mayerhofer-Rieder StPO2 E 3 zu § 327).
Der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund wurde somit nicht gesetzmäßig zur Darstellung gebracht.
Daß (trotz richtiger oder infolge allenfalls falscher Belehrung darüber) in der zweiten, im Rahmen des Verbesserungsverfahrens abgefaßten Niederschrift überflüssigerweise auch Erwägungen betreffend die nicht mehr aktuellen Schuldfragen nach Mord und Totschlag angegeben wurden, die von der ursprünglichen Niederschrift abweichen und mit dem Abstimmungsverhältnis bei Beantwortung dieser Fragen nicht in Einklang zu bringen sind, hätte zwar zum Anlaß einer neuerlichen Monitur genommen werden können (§ 332 Abs 4 letzter Fall StPO), ist aber im gegebenen Zusammenhang ohne jede Bedeutung. Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285 a Z 2, 285 d Abs 1 Z 1, 344 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Linz zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten folgt (§§ 285 i, 344 StPO).
Anmerkung
E19673European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0120OS00003.9.0201.000Dokumentnummer
JJT_19900201_OGH0002_0120OS00003_9000000_000