TE OGH 1990/2/6 5Ob536/89

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Veröffentlicht am 06.02.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Dieter L***, Beamter, und 2.) Margarethe L***, Sozialversicherungsangestellte, beide Puchenau, Mittelpromenade 26, beide vertreten durch Dr. Eduard Saxinger und Dr. Peter Baumann, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei "N*** H***" Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft in OÖ Gesellschaft mbH, Linz, Gärtnerstraße 9, vertreten durch Dr. Ulf Gastgeb, Rechtsanwalt in Linz, wegen Feststellung, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 13. Oktober 1988, GZ 13 R 45/88-10a, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 23. Februar 1988, GZ 1 Cg 61/87-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.395,70 (einschließlich S 565,95 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagenden Parteien erwarben von der beklagten Partei mit Kaufvertrag vom 22.2.1983 die Liegenschaft EZ 1065 KG Puchenau, auf der das von der beklagten Partei errichtete Haus Linz, Mittelpromenade 26, steht. In diesem Haus befindet sich eine gasbefeuerte Warmwasser- und Etagenheizungsanlage, in der am 9.3.1984 und am 23.9.1984 Rohrbrüche auftraten. Vertragsgemäß begann die Gewährleistungsfrist mit der Reparatur der Rohrbrüche neu zu laufen. Die klagenden Parteien begehren die Feststellung, daß die beklagte Partei für die Heizungsanlage ihres Hauses, die wesentliche Mängel aufweise, weil die Schutzbetonauflagen um die Rohrleitungen nicht unterbrochen oder die Rohrleitungen mit nicht angepaßt starkem Isolierpolster umwickelt seien, sodaß eine Rohrausdehnung nicht aufgenommen werden könne, Gewähr zu leisten habe und für alle auf Grund dieser Mangelhaftigkeit entstehenden Schäden hafte. Sie begründeten ihre Begehren damit, daß die Heizungsanlage in dem von der beklagten Partei errichteten Haus unsachgemäß konstruiert bzw installiert worden sei. Es bestehe daher die Gefahr weiterer Rohrbrüche und Mängelfolgeschäden. Die Mangelhaftigkeit der Heizungsanlage würde es erfordern, diese zur Gänze auszutauschen bzw eine stärkere Rohrisolierung und Schutzumhüllung anzubingen; dies sei jedoch wegen der Konstruktionshöhe des Bodens nicht durchführbar. Das Ausmaß der Mängel sei derzeit ziffernmäßig ebensowenig feststellbar wie die Höhe der zu befürchtenden Mängelfolgeschäden. Die klagenden Parteien hätten daher ein rechtliches Interesse an der innerhalb der Gewährleistungs- und Verjährungsfrist zu treffenden gerichtlichen Feststellung des Bestehens ihrer Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche. Die beklagte Partei wendete ein, die Heizanlage sei seit Durchführung von Reparaturen drei Heizperioden hindurch in Betrieb, ohne daß ein neuer Rohrbruch aufgetreten wäre. Es bestehe kein rechtliches Interesse der klagenden Parteien an der Feststellung einer Gewährleistungspflicht der beklagten Partei ad infinitum. Die Gewährleistungsfrist ende eben, wenn innerhalb der Gewährleistungszeit kein Mangel mehr auftrete. Die beklagte Partei habe sich sowohl bei der ursprünglichen Installierung der Heizanlage als auch bei der Reparatur und Verbesserung der Ing. P*** Heizungs-, Klima- und Sanitärgesellschaft mbH & Co KG bedient. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Zur Verrohrung der Warmwasseretagenheizung wurden kunststoffummantelte Kupferrohre verlegt. Anläßlich der Behebung der Rohrbrüche vom 9.3.1984 und 23.9.1984 wurden an den von den Rohrbrüchen betroffenen Stellen Dehnungsbögen aus blankem Kupferrohr eingebaut, welche nachträglich mit Schaumstoff und Kunststoffolienmantel isoliert wurden. Die Anbindungsleitungen der Radiatoren sind aus dem Boden direkt zu den Anschlußarmaturen geführt. Die gerade Rohrstreckenlänge beträgt bis zu 18 m. Bei einer Temperaturerhöhung um 50 `C dehnt sich das Kupferrohr um 14,8 mm aus. Die Abzweigstellen für die Radiatorbrennanbindungsleitungen sind ebenso wie die geradlinigen Verteilungsleitungen satt einbetoniert, sodaß besonders im Bereich der Abzweiger keine Möglichkeit der Rohrdehnung besteht. Es besteht daher vor allem bei den Radiatorenanschlüssen weiter die Gefahr von Rohrbrüchen. Die Rohrleitungen sind nur mangelhaft isoliert. Den Streitteilen sind diese Mängel seit Dezember 1985 bekannt.

Es besteht kein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung, weil bereits eine auf Verbesserung oder Nachtrag des Fehlenden gerichtete Leistungsklage möglich wäre.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil, und zwar betreffend den Gewährleistungsanspruch aus den vom Erstgericht genannten Gründen, betreffend die geltend gemachte Schadenersatzpflicht damit, daß die Klage nicht schlüssig sei. Die klagenden Parteien müßten nicht nur behaupten und beweisen, daß ein durch die beklagte Partei verursachter Schaden vorliege, sondern auch, daß die beklagte Partei daran ein Verschulden treffe. Nach der jüngeren Judikatur sei eine Beweislastumkehr nach § 1298 ABGB nur vertretbar, wenn aus dem eingetretenen Schaden und den Umständen seines Bestehens nach Erfahrungssätzen erschließbar sei, daß wenigstens ein objektiv fehlerhaftes Verhalten auf Seiten des Schuldners bei der Schadensentstehung mitgewirkt habe, also der Erfahrung nach die Schadensursache in der Sphäre des Schuldners lokalisiert werden könne. Nur in einem solchen Fall hätten die klagenden Parteien der ihnen nach § 1296 ABGB obliegenden Beweispflicht Genüge getan und müsse sich die beklagte Partei nach § 1298 ABGB vom Vorwurf des Verschuldens entlasten. Die klagenden Parteien hätten jedoch nicht dargelegt, worin die schuldhaften Handlungen oder Unterlassungen der beklagten Partei liegen sollten. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, daß die beklagte Partei an der Schadensentstehung mitgewirkt oder auf sie in irgendeiner Weise Einfluß genommen habe. Dem Vorbringen der klagenden Parteien sei nicht zu entnehmen, daß zwischen dem Mangel und dem Verhalten der beklagten Partei ein Kausalzusammenhang bestehe oder daß die beklagte Partei die Heizungsanlage selbst konstruiert bzw installiert habe. Aus der Tatsache des Hausverkaufes könne der für eine Beweislastumkehr erforderliche Anschein, die Schadensursache falle in den Verantwortungsbereich des Verkäufers, nicht abgeleitet werden.

Das Berufungsgericht sprach aus, der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschied, übersteige S 60.000,-, nicht jedoch S 300.000,-. Die Revision sei nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zulässig, weil zur Frage der Zulässigkeit eines auf Gewährleistung gerichteten Feststellungsbegehrens nur eine oberstgerichtliche Entscheidung (5 Ob 664/80) vorliege und in der Frage der Beweislastumkehr bei Schlechterfüllungsschäden auch keine völlig eindeutige Rechtsprechung gegeben sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist nicht berechtigt. Entgegen der in der Revisionsbeantwortung vertretenen Rechtsmeinung führt die Unterlassung der ausdrücklichen Bezeichnung der geltend gemachten Revisionsgründe nicht zur Zurückweisung des Rechtsmittels. Das Gesetz fordert nämlich nicht die namentliche Bezeichnung eines der im § 503 ZPO angeführten Revisionsgründe. Es genügt, wenn nach dem Inhalt der Ausführungen klar ist, welcher Revisionsgrund gemeint ist (Fasching Kommentar IV 350 mit Judikaturhinweisen). Die Ausführungen in der Revisionsschrift lassen aber keinerlei Zweifel daran offen, daß die klagenden Parteien unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache (§ 503 Z 4 ZPO) geltend machen.

1. Zum Gewährleistungsanspruch:

Auch eine Feststellungsklage ist grundsätzlich geeignet, Gewährleistungsansprüche im Sinne des § 933 ABGB durch gerichtliche Geltendmachung zu wahren. Es ist nämlich für den Gewährleistungsberechtigten nicht immer möglich, auf Grund seiner mangelhaften Kenntnisse der Ursachen der unzureichenden Qualität der Leistung und der technischen oder wirtschaftlichen Möglichkeit ihrer Behebung den einen oder anderen aus dem vorhandenen Qualitätsmangel ableitbaren konkreten Anspruch mit Leistungsklage geltend zu machen. Der erkennende Senat hält diese vom Berufungsgericht zitierte, in EvBl 1982/32 veröffentlichte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ausgesprochene Rechtsansicht ausdrücklich aufrecht. Dies ändert aber nichts daran, daß nach § 228 ZPO die Feststellungsklage nur erhoben werden kann, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, daß das Rechtsverhältnis alsbald durch eine gerichtliche Entscheidung festgestellt werde. Es dürfen daher zur Abwehr der Rechtsbeeinträchtigung des Klägers keine anderen oder nur wesentlich unökonomischere Mittel zur Verfügung stehen. Wenn der gesamte Leistungsanspruch aus einem streitigen Rechtsverhältnis bereits fällig ist, dann ist eine Feststellungsklage bezüglich dieses Anspruches unzulässig, denn mit der Leistungsklage wird das streitige Rechtsverhältnis endgültig bereinigt (Fasching, Handbuch Rz 1101).

In der hier zu beurteilenden Rechtssache war das Feststellungsinteresse der klagenden Parteien schon zum Zeitpunkt des Einbringens der Klage nicht mehr gegeben:

Die klagenden Parteien beschreiben in der am 27.2.1987 eingebrachten Klage die ihnen auf Grund des im Beweissicherungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens (zugestellt im Dezember 1985) bekannt gewordenen Mängel der Heizanlage und führen aus, welche Arten der Mängelbehebung theoretisch und - im Hinblick auf die Gesamtbauweise - praktisch möglich wären. Allerdings sei das Ausmaß der Mängel derzeit ziffernmäßig - gemeint: die Höhe der zur Mängelbehebung notwendigen Kosten - nicht feststellbar. Schon daraus folgt, daß ein rechtliches Interesse der klagenden Parteien an der Feststellung ihres Gewährleistungsanspruches nicht besteht, weil sie zur Erhebung der Leistungsklage in der Lage wären. Die Tatsache, daß ihnen zum Zeitpunkt des Einbringens der Klage ziffernmäßig die Kosten der Mängelbehebung nicht bekannt waren, ändert daran nichts, weil ihnen diese auch durch ein erfolgreiches Feststellungsbegehren nicht bekannt werden. Sie befinden sich insofern auch nach dem Feststellungsprozeß in derselben Situation, in der sie sich zum Zeitpunkt des Einbringens der Klage, etwa 2 1/2 Jahre nach Auftreten des letzten Mangels, befunden haben.

2. Zum Schadenersatzanspruch:

Das einzige Vorbringen, daß die klagenden Parteien für ihr auf Feststellung der Schadenersatzpflicht der beklagten Partei gerichtetes Begehren erstatteten, kann in der Behauptung erblickt werden, dieses Haus sei von der beklagten Partei errichtet worden. Unter dem Begriff "Errichten eines Hauses" kann sowohl die Tätigkeit als Bauführer (wie die eines Baumeisters oder anderer Professionisten am Bau) verstanden werden als auch die Auftragerteilung durch den Bauherrn an einen Bauführer. Im letzteren Sinn wird sogar im allgemeinen davon gesprochen, daß sich jemand ein Haus gebaut habe oder ein Haus errichtet habe, selbstverständlich ohne daß er selbst als Bauunternehmer tätig geworden wäre. Im Hinblick darauf, daß es sich bei der beklagten Partei nach der Aktenlage um kein Bauunternehmen handelt, ist daher die von den klagenden Parteien aufgestellte und von der beklagten Partei nicht bestrittene Behauptung, die beklagte Partei habe auf der genannten Liegenschaft ein Haus errichtet, in dem Sinn zu verstehen, daß sie als Bauherr das Haus durch hiefür in Frage kommende Gewerbsleute errichten ließ. Ist aber das Errichten des Hauses durch die beklagte Partei in dem letztgenannten Sinn zu verstehen, so ist damit nicht einmal ein für den Schaden kausales Verhalten der beklagten Partei behauptet: Kausal für den Mangel der Heizungsanlage ist nämlich nicht der Auftrag Errichtung des Bauwerkes, sondern - wie hier - mangelhafte Durchführung von Arbeiten bei Herstellung von Zentralheizungsanlagen.

Fehlt es aber bereits an der Behauptung eines Kausalzusammenhanges zwischen dem Verhalten der beklagten Partei und dem eingetretenen Schaden, so stellt sich die Frage gar nicht, in welchen Fällen eine Umkehr der Beweislast nach § 1298 ABGB Platz greift, weil diese Gesetzesbestimmung nur in bestimmten Fällen die Beweislast hinsichtlich des Verschuldens umkehrt, nicht aber diejenige für den Kausalzusammenhang (SZ 58/127 ua). Dies gilt daher auch, wenn jemand wegen Gewährleistung und im Zusammenhang damit wegen Schadenersatz in Anspruch genommen wird (so JBl 1963, 317). Das auf Schadenersatz gerichtete Begehren der klagenden Parteien ist daher schon mangels Behauptung eines Kausalzusammenhanges zwischen Schaden und einem Verhalten der beklagten Partei abzuweisen, ohne daß die im Laufe der Zeit von Lehre und Rechtsprechung differenziert beantwortete Frage nach dem Geltungsbereich der im § 1298 ABGB geregelten Beweislastumkehr beantwortet werden müßte. Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 50.000 (§ 4 RATG iVm § 54 Abs 1 ZPO).

Anmerkung

E20039

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0050OB00536.89.0206.000

Dokumentnummer

JJT_19900206_OGH0002_0050OB00536_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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