TE OGH 1990/2/7 4Nd301/90

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Veröffentlicht am 07.02.1990
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*** B*** Gesellschaft mbH, Gerasdorf, Brünner Bundesstraße 151, vertreten durch Dr. Daniel Charim, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei S*** G*** U*** W***, Wien 1., Schwarzenbergplatz 14, wegen Unterlassung (richtig: Feststellung; Streitwert S 200.000,--) über den Antrag des Klägers auf Entscheidung gemäß § 47 JN folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Zur Entscheidung über die Rechtssache ist das Handelsgericht Wien zuständig.

Text

Begründung:

Mit dem - zuletzt vom Obersten Gerichtshof am 12. April 1988, 4 Ob 16/88, bestätigten - Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 5. Juni 1987, 9 Cg 127/86-51, wurde die nunmehrige Klägerin (und damalige Beklagte) schuldig erkannt, es im geschäftlichen Verkehr beim Handel mit Blumen in Tirol zu unterlassen, an Sonn- und Feiertagen Betriebsstätten offenzuhalten und/oder eine gewerbliche Tätigkeit auszuüben, soweit dies nicht gesetzlich zugelassen ist; eine inhaltlich gleichlautende einstweilige Verfügung hatte das Erstgericht schon mit Beschluß vom 14. Mai 1986, 9 Cg 127/86-10, getroffen. Der Oberste Gerichtshof stützte die Unterlassungspflicht der Klägerin auf einen Verstoß gegen § 1 UWG und gegen das Sonn- und Feiertagbetriebszeitengesetz (BZG), weil die Klägerin ihre Filialen Innsbruck, Höttinger Au 40 a und Amraser Seestraße 6 ohne Vorliegen eines rechtfertigenden Ausnahmetatbestandes gemäß Pkt. I Z 2 lit. c der Anlage zur ARG-VO offengehalten hatte; er ließ dabei ausdrücklich offen, ob die Klägerin berechtigt gewesen wäre, die Filiale Innsbruck, Amraser Straße 50 als (im Sinne des erwähnten Ausnahmetatbestandes) "bei einem Friedhof liegend" an Sonn- und Feiertagen offenzuhalten, da bereits die Verstöße gegen das Verbot der Gewerbeausübung an Sonn- und Feiertagen in den beiden erstgenannten Filialen den bekämpften Ausspruch über die Unterlassung rechtfertigten.

Auf Grund der Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe der einstweiligen Verfügung des Landesgerichtes Innsbruck vom 14. Mai 1986, 9 Cg 127/86-10, zuwidergehandelt, bewilligte dieses Gericht die Exekution (Beschluß vom 13. Juni 1986, 9 Cg 127/86-15) und behielt die Verhängung von Beugestrafen dem Bezirksgericht Korneuburg als Exekutionsgericht vor.

Am 11. November 1988 brachte die Klägerin gegen den beklagten Schutzverband (im Vorprozeß Kläger) beim Handelsgericht Wien eine Klage ein, in der sie vorbrachte, der Beklagte habe gegen den Geschäftsführer der Klägerin beim Bezirksgericht Korneuburg als Exekutionsgericht mehrere Anträge auf Verhängung von Beugestrafen wegen wiederholtem Zuwiderhandelns gegen den Exekutionstitel eingebracht, über welche das Bezirksgericht Korneuburg bisher nicht entschieden habe. Es liege daher ein Tatbestand vor, der die Klägerin zur Einbringung einer Klage nach § 36 EO berechtigen würde; bis zum Vorliegen eines Vollzugsbeschlusses könne die Klägerin ihre Ansprüche gegen die Exekutionsführung mit selbständiger Klage geltend machen. Sie habe ein rechtliches Interesse an der Feststellung, ihre Filiale Innsbruck, Amraser Straße 50, an Sonn- und Feiertagen während der Öffnungszeiten des Alten Militärfriedhofes offenhalten zu dürfen, und begehrt das Urteil, (festzustellen), daß sie dazu berechtigt sei.

Das Handelsgericht Wien wies die Klage rechtskräftig mit der Begründung zurück, daß Impugnationsklagen gemäß § 36 Abs. 2 EO bei dem Gericht einzubringen seien, bei dem die Bewilligung der Exekution in erster Instanz beantragt werde.

Auf Grund des Antrages der Klägerin vom 8. August 1989 überwies das Handelsgericht Wien die Rechtssache unter gleichzeitiger Aufhebung seines Zurückweisungsbeschlusses (§ 230 a ZPO) an das Bezirksgericht Korneuburg.

Mit Beschluß vom 25. September 1989 erklärte sich das Bezirksgericht Korneuburg für unzuständig und überwies die Rechtssache dem Landesgericht Innsbruck. Dieser Beschluß wurde von der Klägerin nicht angefochten (Rückschein bei ON 11). Das Landesgericht Innsbruck erklärte sich mit rechtskräftigem Beschluß vom 12. Dezember 1989 für unzuständig und wies das Klagebegehren wegen örtlicher Unzuständigkeit mit der Begründung zurück, daß die Klägerin keine Umpugnationsklage, sondern eine Feststellungsklage eingebracht habe, so daß § 36 Abs. 2 EO nicht anzuwenden sei.

Nunmehr beantragt die Klägerin gemäß § 47 Abs. 2 JN die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes über diesen Zuständigkeitsstreit.

Rechtliche Beurteilung

Zur Entscheidung über die vorliegende Rechtssache ist das zunächst angerufene Handelsgericht Wien sachlich (§ 51 Abs 2 Z 10 JN) und örtlich (§§ 65, 75 JN) zuständig. Hingegen ist weder das Landesgericht Innsbruck, bei dem seinerzeit auf Grund der erlassenen einstweiligen Verfügung die Bewilligung der Exekution in erster Instanz beantragt wurde, noch das Bezirksgericht Korneuburg, das über die beantragten Strafverfügungen zu entscheiden hat (vgl. SZ 6/30), zuständig, weil die Klage keine Impugnationsklage iS des § 36 Abs. 1 EO ist. Das Klagebegehren geht nicht auf Unzulässigerklärung der bewilligten anhängigen Exekution; die Klage ist keine prozessuale Gestaltungsklage, sondern eine Klage auf Feststellung, daß der vollstreckbare Anspruch nicht bestehe (Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht3, 123 und 126; Fasching III 72 f; Heller-Berger-Stix 442; JBl. 1956, 453; auch EvBl. 1979/11). Die Klägerin erwähnt zwar in ihrer Klage die gegen sie eingeleiteten Exekutionsschritte und behauptet, daß ein Tatbestand vorliege, der sie zur Einbringung einer Klage nach § 36 EO berechtigen würde; sie stützt aber ihr Begehren unter Hinweis darauf, daß sie bis zum Vorliegen eines Vollzugsbeschlusses Ansprüche gegen die Exekutionsführung mit selbständiger Klage geltend machen könne, auf ihr rechtliches Interesse an der Feststellung, die Filiale Innsbruck, Amraser Straße 50 an Sonn- und Feiertagen offenhalten zu dürfen. Die Entscheidung in diesem Rechtsstreit wirkt daher auf die anhängigen Exekutionsverfahren nicht (unmittelbar) ein (vgl. § 36 Abs. 3 EO). Kommt aber der Gerichtsstand des § 36 Abs. 2 EO nicht in Betracht, dann ist das Handelsgericht Wien zur Entscheidung über den Rechtsstreit zuständig.

Anmerkung

E19497

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0040ND00301.9.0207.000

Dokumentnummer

JJT_19900207_OGH0002_0040ND00301_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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