Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei S*** I***-H***, Tiroler
Sparkasse, Niederlassung Wien, Wien 1., Brandstätte 4, vertreten durch Dr. Guido Kollmann, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei O***- UND H*** m.b.H.,
Innsbruck, An der Lanstraße 41/X, vertreten durch Dr. Thaddäus Schäfer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 763.750,43 S sA, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes Eisenstadt als Rekursgerichtes vom 19. September 1989, GZ R 153/89-59, und R 155/89-61, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Oberpullendorf vom 16. März 1989, GZ E 51/86-51, abgeändert und der Beschluß des Bezirksgerichtes Oberpullendorf vom 6. April 1989, GZ E 51/86-54, teilweise bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
1.) Dem Revisionsrekurs gegen den Beschluß R 153/89-59 wird nicht Folge gegeben.
Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
2.) Der Revisionsrekurs gegen den Beschluß R 155/89-61 wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 14. November 1988 wurde die mit Beschluß vom 2. Dezember 1986 angeordnete Zwangsverwaltung einer Liegenschaft der verpflichteten Partei gemäß § 129 Abs 4 EO eingestellt (Punkt 1); gleichzeitig wurde unter anderem angeordnet, daß der Zwangsverwalter die Liegenschaft (der verpflichteten Partei) unter Beiziehung des Vollstreckers des Erstgerichtes zu übergeben habe (Punkt 4). Der Beschluß ist in den angeführten Punkten unangefochten geblieben.
Zu dem für die Übergabe festgesetzten Termin 2. Dezember 1988 erschien für die verpflichtete Partei niemand. Die Liegenschaft wurde dem Vollstreckungsorgan übergeben; ein Schlüsselbund mit mehreren Schlüsseln wurde vom Vollstrecker "zum Akt genommen". Mit Schriftsatz vom 10. März 1989 beantragte die verpflichtete Partei, ihr die Liegenschaft zu übergeben.
Mit Beschluß vom 16. März 1989, ON 51, forderte das Erstgericht den Zwangsverwalter gemäß § 130 Abs 2 EO auf, der verpflichteten Partei die zwangsverwaltete Liegenschaft zu übergeben. Mit Beschluß vom 6. April 1989, ON 54, genehmigte das Erstgericht unter anderem die Rechnungslegung des Zwangsverwalters für das Jahr 1987 (Punkt 1).
Der Beschluß ON 51 wurde von der betreibenden Partei und vom Zwangsverwalter, der Beschluß ON 54 vom Zwangsverwalter und von der verpflichteten Partei angefochten.
Mit Beschluß vom 19. September 1989, ON 59, änderte das Rekursgericht den Beschluß ON 51 dahin ab, daß der Antrag der verpflichteten Partei auf Übergabe der Liegenschaft abgewiesen werde. Mit Beschluß vom gleichen Tag, ON 61, bestätigte die zweite Instanz den Beschluß ON 54 in seinem Punkt 1.
Die verpflichtete Partei bekämpft beide Beschlüsse im dargestellten Umfang.
1. Zum Revisionsrekurs gegen den Beschluß ON 59:
Das Rekursgericht führte in seiner Entscheidung aus, die verpflichtete Partei erlange gemäß § 130 Abs 2 EO mit Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses wieder die Befugnis zur Bewirtschaftung und Benützung der Liegenschaft, zur Einziehung der Erträgnisse und zur Verfügung über dieselben. Das Exekutionsgericht habe den Verwalter zur Übergabe der Liegenschaft an die verpflichtete Partei zu veranlassen. Eine Intervention des Gerichtes werde die verpflichtete Partei nur bei Auftreten von Schwierigkeiten verlangen können. Das Erstgericht habe bereits mit Beschluß ON 41 die Übergabe der Liegenschaft an die verpflichtete Partei unter Beiziehung des Vollstreckers angeordnet. Der Zwangsverwalter sei am 2. Dezember 1988 zur Übergabe bereit gewesen; die Übergabe der Schlüssel sei nach Besichtigung und Inventarisierung der Gegenstände an den Gerichtsvollzieher erfolgt. Der Zwangsverwalter habe damit sämtliche Handlungen gesetzt, die gewährleisten, daß die verpflichtete Partei ihre Liegenschaft wieder bewirtschaften und benützen könne. Für eine neuerliche Anordnung eines Übergabetermins bestehe keine Notwendigkeit.
Rechtliche Beurteilung
Die verpflichtete Partei macht in ihrem Revisionsrekurs dagegen geltend, die Entscheidung des Erstgerichtes ON 51 sei kein anfechtbarer Beschluß gewesen, sie habe nur eine Aufforderung an den Zwangsverwalter enthalten. Die zweite Instanz hätte daher die Rechtsmittel des Zwangsverwalters und der betreibenden Partei zurückzuweisen gehabt. Darüber hinaus hätte das Erstgericht den Zwangsverwalter erst mit Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses zur Übergabe der Liegenschaft an die verpflichtete Partei auffordern dürfen, was "völlig gesetzeskonform mit der Aufforderung vom 16. März 1989, ON 51", erfolgt sei. Eine Übergabe der Liegenschaft an den Gerichtsvollzieher sei schon begrifflich nicht möglich. Die am 2. Dezember 1988 erfolgte Übergabe sei daher nicht rechtswirksam und müsse wiederholt werden.
Der Revisionsrekurs ist nicht begründet.
Mit dem Beschluß vom 16. März 1989, ON 51, hat das Erstgericht entsprechend dem Antrag der verpflichteten Partei den Zwangsverwalter "gemäß § 130 Abs 2 EO aufgefordert, die zwangsverwalteten Liegenschaften der verpflichteten Partei zu übergeben". Daß ein Rekurs gegen eine der sich aus § 130 Abs 2 EO ergebenden Verfügungen nicht zulässig wäre, kann weder dieser Gesetzesstelle, noch auch dem § 132 EO, der zusammenfassend regelt, gegen welche im Zwangsverwaltungsverfahren ergehenden Beschlüsse ein Rechtsmittel nicht stattfindet, entnommen werden. Der dem Verwalter nach Einstellung der Zwangsverwaltung erteilte Auftrag, die Liegenschaften dem Verpflichteten zurückzuübergeben, kann insbesondere nicht als eine ihm über die Art und Weise der Verwahrung erteilte Anweisung iS des § 132 Z 3 EO angesehen werden. Entgegen der von der verpflichteten Partei in ihrem Rechtsmittel vertretenen Rechtsansicht ist die Rechtskraft des Beschlusses, mit dem die Zwangsverwaltung der Liegenschaft eingestellt wurde, nicht erst nach Zustellung des Beschlusses des Rekursgerichtes vom 13. Jänner 1989, ON 46, eingetreten, weil, wie bereits dargelegt wurde, der Beschluß des Erstgerichtes vom 14. November 1988 in jenem Punkt, in dem die Einstellung der Zwangsverwaltung gemäß § 129 Abs 4 EO verfügt wurde, unangefochten geblieben ist. Der Einstellungsbeschluß ist daher bereits in dem Zeitpunkt rechtskräftig geworden, in dem feststand, daß ein Rechtsmittel dagegen nicht erhoben worden ist.
Mit der Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses aber hat die verpflichtete Partei gemäß § 130 Abs 2 EO wieder die Befugnis zur Bewirtschaftung und Benützung der Liegenschaft, zur Einziehung der Erträgnisse und zur Verfügung über dieselben erlangt. Die verpflichtete Partei erlangt diese Befugnisse keineswegs erst durch die Rückübergabe (Heller-Berger-Stix 1068).
Daß gleichzeitig mit der Einstellung der Zwangsverwaltung vom Erstgericht bereits auch die Übergabe der Liegenschaft an die verpflichtete Partei angeordnet wurde (Beschluß vom 14. November 1988, Punkt 4), kann nicht als Verstoß gegen die Bestimmungen des § 130 Abs 2 EO angesehen werden. Erfolgt die Einstellung, wie hier, auf Antrag des betreibenden Gläubigers (§ 129 Abs 4 EO), oder ist aus anderen Gründen ein Rekurs gegen den Einstellungsbeschluß von vornherein nicht zu erwarten, empfiehlt es sich, wegen der dadurch erzielten Beschleunigung des Verfahrens, den die Rechtswirkungen der Einstellung durchführenden Beschluß mit dem Einstellungsbeschluß zu verbinden (Heller-Berger-Stix, 1067 f).
Hat aber die verpflichtete Partei die Befugnis zur Bewirtschaftung und Benützung der Liegenschaft zum angegebenen Zeitpunkt bereits wieder erlangt und hat eine Übergabe der zwangsverwalteten Liegenschaft durch den Zwangsverwalter - wenn auch an den Vollstrecker - bereits stattgefunden, so besteht keine Ursache und auch keine Möglichkeit mehr, dem Zwangsverwalter neuerlich die Übergabe aufzutragen. Hat der Vollstrecker nach dem Inhalt des über die Übergabe der Liegenschaft aufgenommenen Protokolls die Übergabe der Liegenschaft an ihn (den Vollstrecker), die Errichtung eines Inventars und den Umstand bekundet, daß das Wirtschaftsgebäude versperrt und der Schlüsselbund, bestehend aus drei Schlüsseln, "zum Akt genommen" wurde, kann dies nur so verstanden werden, daß der Vollstrecker die Liegenschaft und einige Schlüssel für die beim Übergabstermin nicht anwesende verpflichtete Partei übernehmen wollte und übernommen hat (vgl. hiezu auch die Bestimmung des § 99 Abs 2, letzter Satz, EO, wonach nach Einleitung der Zwangsverwaltung die Liegenschaft dem Zwangsverwalter durch das Vollstreckungsorgan zu übergeben ist).
Dem Revisionsrekurs war deshalb ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung erfolgte nach § 78 EO, §§ 40 und 50 ZPO.
2. Zum Revisionsrekurs gegen den Beschluß ON 61:
Das Rechtsmittel wendet sich gegen einen im Umfang der Anfechtung bestätigenden Beschluß der zweiten Instanz. Rekurse gegen Entscheidungen des Gerichtes zweiter Instanz sind aber nach § 528 Abs 1 Z 1 ZPO in der Fassung vor der Erweiterten Wertgrenzennovelle 1989 unzulässig, soweit dadurch der angefochtene erstrichterliche Beschluß bestätigt worden ist.
Der Revisionsrekurs war deshalb zurückzuweisen.
Anmerkung
E19739European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00152.89.0207.000Dokumentnummer
JJT_19900207_OGH0002_0030OB00152_8900000_000