Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Schlosser, Dr.Redl und Dr.Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D*** Hydraulic Hose Limited, Earlsway, Team Valley Trading Estate, Gateshead, Tyne and Wear NE 8 1YR, Großbritannien, vertreten durch Dr.Walter Haindl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei C*** Gummi Gesellschaft mbH, 2334 Vösendorf-Süd, Eisgrubengasse 4, vertreten durch Dr.Karl Schleinzer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1,172.864,36 S sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 8. Juni 1989, GZ 5 R 102/89-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Teilurteil des Handelsgerichtes Wien vom 2.März 1989, GZ 17 Cg 61/88-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens wird dem Endurteil vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begehrte von der Beklagten mit der am 15.September 1988 beim Erstgericht eingebrachten Klage die Zahlung des Kaufpreises von 1,172.864,36 S sA "für Warenlieferungen laut Fakturen vom 22.1., 23.1. und 5.2.1986".
Die Beklagte gestand zu, daß die klagsgegenständlichen Warenlieferungen mängelfrei erfolgt sind (ON 6, AS 15). Sie stellte auch das Klagebegehren der Höhe nach außer Streit (ON 6, AS 16). Dennoch beantragte sie die Klagsabweisung wegen mangelnder Fälligkeit der Kaufpreisforderung und wandte aufrechnungsweise bis zur Höhe der Klagsforderung aus dem Titel des Schadenersatzes und der Gewährleistung (ON 6, AS 15 und 18) eine Gegenforderung von 3,194.837,18 S ein. Die Beklagte brachte vor, es sei ihr ein Schaden in dieser Höhe erwachsen, weil sie eine entsprechende Forderung gegenüber ihrer Kundin, an die sie die ihrerseits von der Klägerin "im Rahmen eines einheitlichen Vertragsverhältnisses" bezogenen Waren weiterveräußert habe, zu 18 Cg 44/86 des Handelsgerichtes Wien habe einklagen müssen. Die von der Klägerin an die Beklagte gelieferten und von dieser weiterveräußerten Waren hätten Mängel aufgewiesen und ihre Käuferin verweigere die Zahlung wegen schuldhafter Schlechterfüllung. Zwischen den Streitteilen sei vereinbart worden, das Ergebnis des Verfahrens 18 Cg 44/86 abzuwarten, bevor die Klagsforderung "überhaupt betrieben oder weiter betrieben werden könne" (ON 4, AS 9 und 10). Die Klägerin stellte demgegenüber das von der Beklagten behauptete "einheitliche Vertragsverhältnis" in Abrede. Jene Warenlieferung, die die Beklagte mit ihrer Gegenforderung anspreche, sei zeitlich vor den klagsgegenständlichen Lieferungen erfolgt und habe auch völlig verschiedene Waren betroffen. Die Beklagte habe diese Warenlieferung ordnungsgemäß bezahlt und keinerlei Mängelrüge erhoben. Auch eine Stundungsvereinbarung sei nicht zustandegekommen. Das Erstgericht fällte auf Antrag der Klägerin ein klagsstattgebendes Teilurteil über die Klagsforderung. Es stellte im wesentlichen noch folgendes fest:
Außer den klagsgegenständlichen Warenlieferungen hatte die Klägerin der Beklagten (bereits) auf Grund eines früheren Kaufvertrages Waren geliefert, die die Beklagte an die Firma E*** weiterverkaufte (hiezu wurde im Rahmen der rechtlichen Beurteilung noch ausgeführt, es habe sich trotz der zwischen den Streitteilen bestehenden Geschäftsbeziehung "um völlig selbständige von einander separat zu beurteilende Aufträge" gehandelt). Die Firma E*** verweigerte der Beklagten die Zahlung, weil ihr diese in schuldhafter Schlechterfüllung mangelhafte Waren geliefert habe. Darüber ist zu 18 Cg 44/86 des Handelsgerichtes Wien ein Rechtsstreit anhängig.
Zwischen den Streitteilen wurde am 1.Dezember 1986 vereinbart, daß die Klägerin mit der Geltendmachung der klagsgegenständlichen Forderungen so lange zuwarte, bis der Prozeß der Beklagten gegen die Firma E*** erledigt sei. Beide Parteien gingen damals davon aus, daß der Prozeß 18 Cg 44/86 noch im ersten Halbjahr 1987 erledigt sein werde (hiezu führte das Erstgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung und rechtlichen Beurteilung noch aus, es sei am 1. Dezember 1986 der übereinstimmende wahre Wille der Parteien gewesen, eine mit wenigen Monaten - längstens für das erste Halbjahr 1987 - befristete Stundung zu vereinbaren).
In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht einen rechtlichen Zusammenhang zwischen Klags- und Gegenforderung. Infolge Ablaufes der vereinbarten Stundungsfrist sei die Klagsforderung auch bereits fällig.
Das Berufungsgericht bestätigte das Teilurteil. Es erachtete die oben erwähnten Ausführungen im Rahmen der erstgerichtlichen Beweiswürdigung und rechtlichen Beurteilung als - unbekämpft gebliebene - Tatsachenfeststellungen, die im übrigen auch durch die vorliegenden Beweisergebnisse gedeckt seien. Davon ausgehend billigte das Gericht zweiter Instanz auch die vom Erstgericht angenommenen Voraussetzungen für die Fällung eines Teilurteiles über die Klagsforderung im Sinne des § 391 Abs 3 ZPO. Da der Klagsforderung und der Gegenforderung jeweils gesonderte Bestellungen zugrundelägen, stammten sie aus keinem einheitlichen und unter einem gleichen rechtlichen Gesichtspunkt zu beurteilenden Lebenssachverhalt. Das Erstgericht habe auch zutreffend die Fälligkeit der Klagsforderung bejaht, weil nach den Feststellungen eine Stundung nur für einige Monate vereinbart worden sei. Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Beklagten aus den Revisionsgründen des § 503 Abs 1 Z 2 bis 4 ZPO mit dem Antrag auf Abänderung der Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Klagsabweisung, hilfsweise auf Aufhebung eines Teilurteiles.
Die Klägerin stellt den Antrag, dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die geltend gemachten Mangelhaftigkeiten und Aktenwidrigkeiten des Berufungsverfahrens liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Mit ihrer Mängelrüge bekämpft die Beklagte auch die Zulässigkeit der Fällung eines Teilurteiles über die Klagsforderung nach § 391 Abs 3 ZPO. Obwohl die Anwendung dieser Bestimmung an sich eine Frage des Prozeßrechtes ist, hängt ihre richtige Lösung von der materiellrechtlichen Frage des rechtlichen Zusammenhanges zweier Forderungen ab, weshalb diese Frage im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu erörtern ist (SZ 42/162; RZ 1977/14; SZ 52/90 ua) und daher trotz der übereinstimmenden Rechtsauffassung der beiden Vorinstanzen auch noch im Revisionsverfahren überprüft werden kann (SZ 52/90). Rechtlicher Zusammenhang zwischen Forderung und Gegenforderung wird angenommen, wenn sie aus einem einheitlichen Vertrag, einer einzigen gesetzlichen Vorschrift, einem einheitlichen Rechtsverhältnis oder einem einheitlichen, unter einem gleichen rechtlichen Gesichtspunkt zu beurteilenden Lebenssachverhalt hergeleitet werden (Fasching, Kommentar, III, 582 f; SZ 42/162; RZ 1977/14; SZ 52/90; SZ 56/70 uva; zuletzt etwa 9 Ob A 189/89). Die Beklagte hat zwar behauptet, daß die Warenlieferungen der Klägerin an sie "im Rahmen eines einheitlichen Vertragsverhältnisses" erfolgt seien, sie hat aber diese Rechtsbehauptung nicht näher konkretisiert und die Klägerin ist ihr auch entgegengetreten. Nach den Feststellungen erfolgte die Warenlieferung, aus der die Beklagte ihre Gegenforderung ableitet, auf Grund eines früheren Kaufvertrages als jene Warenlieferungen, aus denen die Klagsforderung entspringt. Es handelte sich in beiden Fällen um getrennte und völlig selbständige Aufträge. Bei dieser Sachlage haben aber die Vorinstanzen bereits zutreffend das Vorliegen der nach ständiger Rechtsprechung erforderlichen Voraussetzungen für einen rechtlichen Zusammenhang zwischen Klags- und Gegenforderung verneint. Daran vermag es auch nichts zu ändern, daß die einzelnen gesonderten Warenbestellungen im Rahmen einer zwischen den Streitteilen bestehenden Geschäftsverbindung abgegeben wurden. Das bloß tatsächliche Faktum einer ständigen Geschäftsbeziehung zwischen zwei Unternehmungen bewirkt nämlich für sich allein noch nicht, daß alle im Rahmen dieser Geschäftsbeziehung irgendwie entstandenen Ansprüche in einem rechtlichen Zusammenhang stehen (6 Ob 682/77). Mit ihrer Rechtsrüge wendet sich die Beklagte gegen die von den Vorinstanzen wegen Vorliegens einer bloß befristeten Stundungsvereinbarung übereinstimmend bejahte Fälligkeit der Klagsforderung. Die Revision geht in diesem Zusammenhang aber nicht von der festgestellten gesamten Tatsachengrundlage aus, sodaß auf sie mangels gesetzlicher Ausführung der Rechtsrüge nicht mehr näher einzugehen ist.
Dem Rechtsmittel der Beklagten mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 2 ZPO.
Anmerkung
E20063European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0060OB00706.89.0208.000Dokumentnummer
JJT_19900208_OGH0002_0060OB00706_8900000_000