TE OGH 1990/2/8 6Ob703/89

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Veröffentlicht am 08.02.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Schlosser, Dr.Redl und Dr.Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*** I*** registrierte Genossenschaft mbH,

4560 Kirchdorf an der Krems, Inzersdorf 282, vertreten durch Dr.Josef Broinger und Dr.Johannes Hochleitner, Rechtsanwälte in Eferding, wider die beklagte Partei R*** T***-L***

registrierte Genossenschaft mbH, 8793 Trofaiach, Hauptstraße 68, vertreten durch Dr.Elfriede Kropiunig, Rechtsanwalt in Leoben, wegen 2,653.000 S sA, infolge der Rekurse beider Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 1. Juni 1989, GZ 4 a R 80/89-56, womit das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Handelsgerichtes vom 1.Februar 1989, GZ 6 Cg 311/87-47, unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Den Rekursen wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neuerlich zu fällende Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung:

Johann B*** war Alleininhaber der von ihm im Jahre 1975 gegründeten gleichnamigen Einzelfirma mit dem Standort in Leoben, Vordernbergerstraße 65, und befaßte sich mit dem Ein- und Wiederverkauf von Fleischwaren. Die in Kirchdorf an der Krems ansässige Roman R*** OHG, die seit dem Jahre 1985 eine Einzelfirma mit dem Alleininhaber Roman R*** war, stand seit dem Jahre 1984 mit Johann B*** in Geschäftsverbindung, indem sie diesen laufend mit Fleischwaren belieferte. Über das Vermögen des Johann B*** ist mit Beschluß des Kreisgerichtes Leoben vom 8.Juli 1987 zu S 33/87, über jenes der Roman R*** OHG mit Beschluß des Kreisgerichtes Steyr vom 10. Februar 1988 zu S 3/88 das Konkursverfahren eröffnet worden. Mit Vertrag vom 24.Mai 1988 ist die R***

N***-P*** registrierte Genossenschaft mbH mit der

R*** T***-L*** registrierte Genossenschaft mbH

verschmolzen und von dieser mit allen Rechten und Pflichten übernommen worden (soweit im folgenden von der "Beklagten" die Rede ist, ist damit die R*** N***-P*** registrierte

Genossenschaft mbH gemeint, weil sich der Sachverhalt noch vor dem 24. Mai 1988 ereignete).

Im Jahre 1986 ist dem Johann B*** von der Beklagten ein revolvierender Kontokorrentkredit in Höhe von 5,000.000 S eingeräumt worden. Roman R*** hat damals bei der Klägerin einen - bereits voll ausgeschöpften revolvierenden Kontokorrentkredit in Anspruch genommen. Roman R*** brach die Geschäftsverbindung zu Johann B*** ab, als dieser mit der Bezahlung offener Rechnungen in Verzug geriet und zum Jahresende 1985/86 offene Verbindlichkeiten in Höhe von rund 1,500.000 S bestanden. Er machte diese offenen Forderungen gegen Johann B*** auch klageweise geltend. Ungeachtet dessen bat Johann B*** im Laufe des Jahres 1986 darum, daß Roman R*** ihn wiederum mit Fleischwaren beliefere. Roman R*** war damit unter der Bedingung einverstanden, daß vor jeder Lieferung eine Bankgarantie in Höhe des voraussichtlichen Lieferwertes beigebracht werde. Johann B*** wandte sich deswegen an die Beklagte, schilderte ihr die Forderung seines Vertragspartners und die Beklagte erklärte sich auch bereit, die von Roman R*** geforderten Garantieerklärungen abzugeben.

Auf Grund dieser Zusage der Beklagten kam es sodann zur Wiederaufnahme der Geschäftsbeziehungen zwischen Roman R*** und Johann B***, indem dieser wöchentlich jeweils am Mittwoch oder Donnerstag fernmündlich seine Bestellung an Roman R*** durchgab. Dieser errechnete sodann den voraussichtlichen Warenwert und teilte diesen der Klägerin mit. Die Klägerin, die ebenso wie die Beklagte über ein Fernschreibgerät verfügte, forderte daraufhin namens und auftrags des Roman R*** mittels Fernschreiben eine Garantieerklärung über einen Betrag ab, der jenem des voraussichtlichen Lieferwertes entsprach und nahm darin auch das zwischen Johann B*** und Roman R*** vereinbarte Zahlungsziel auf.

Das Anforderungs-Telex wies dabei jeweils folgenden Text auf:

"Z***:

Die Fa.Roman R*** OHG, Schlachthof, Mühlenweg 15,

4560 Kirchdorf, liefert an Fa.Johann B***, Schlachthof,

8700 Leoben, gegen Beibringung einer unwiderruflichen

Zahlungsgarantie Fleisch- und Wurstwaren im Gesamtbetrage von

S ..........

Bitte stellen Sie eine Zahlungsgarantie für den o.a. Betrag aus.

Lieferdatum: .........

Zahlungsziel: ......... ".

Auch Johann B*** errechnete sich jeweils nach fernmündlicher

Durchgabe seiner Bestellungen den voraussichtlichen Lieferwert, rief

sodann bei der Beklagten an und ersuchte diese um Ausstellung einer

Garantieerklärung über den jeweiligen Betrag zugunsten des Roman

R***. Die Beklagte stellte nach Erhalt der

Anforderungs-Fernschreiben und der Bestätigung ihres Kunden Johann

B*** entweder noch am selben oder ein bis zwei Tage später

gleichfalls im Fernschreibwege die geforderten Garantieerklärungen

aus, die jeweils folgenden Text aufwiesen:

"Betrifft: Unwiderrufliche Zahlungsgarantie über

           S ....... Fa.Johann B***, 8700 Leoben.

Im Auftrag der Fa.Johann B***, 8700 Leoben, übernehmen wird

hiermit für die Lieferung am ....... (Lieferungen

zwischen ....... und .......) der Fa.Roman R*** OHG, Kirchdorf a.d.

Krems, an die Fa.Johann B***, 8700 Leoben, bis zum Gegenwert

(Gesamtbetrage) von S ....... eine unwiderrufliche Zahlungsgarantie.

Zahlungsziel: .......

(Lieferdatum: .......)."

Auf diese Art und Weise übermittelte die Beklagte der Klägerin

über deren Aufforderungen fernschriftliche Garantiezusagen mit den

nachstehenden Daten und über nachstehende Beträge:

Datum:       Lieferzeit:    Garantiesumme:  Zahlungsziel:

10.12.1986   .......         580.000,-- S     31.12.1986

12.12.1986   13.12.1986      580.000,-- S     3 Wochen

17.12.1986   16.12.-

         19.12.1986      320.000,-- S     8.1.1987

17.12.1986   18.12.1986      420.000,-- S     8.1.1987

5.1.1987     .......         230.000,-- S     3 Wochen

13.1.1987    10.1.1987       230.000,-- S     3 Wochen

20.1.1987    17.1.1987       293.000,-- S     bis 1.2.1987

Erst nachdem die jeweils angeforderten Zahlungsgarantien bei der Klägerin eingelangt und von Roman R*** zur Kenntis genommen worden waren, lieferte dieser Fleisch- und Wurstwaren an Johann B*** aus, und zwar in der Zeit vom 10.Dezember 1986 bis 23.Februar 1987 wie folgt:

Lieferung am:                          Wert:

10.12.1986                             155.245,20 S

13.12.1986                             387.542,10 S

16.12.1986                             288.288,-- S

17.12.1986                             435.551,-- S

18.12.1986                             144.388,20 S

29.12.1986                              19.151,-- S

3.1.1987                               230.638,10 S

10.1.1987                              182.396,50 S

13.1.1987                               54.198,10 S

17.1.1987                              292.991,60 S

24.1.1987                              224.495,70 S

31.1.1987                              274.868,-- S

17.2.1987                               51.375,50 S

19.2.1987                               23.960,20 S

23.2.1987                               50.343,70 S

                                 2,815.432,70 S.

Nachdem die auf Grund der Garantieerklärungen der Beklagten gelieferten Waren innerhalb der vereinbarten Zahlungsziele nicht bezahlt worden waren, kam Johann B*** Ende Jänner 1987 zur Klägerin nach Kirchdorf und wollte ihr bzw dem Roman R*** einen von ihm akzeptierten Wechsel über 2,857.000 S mit dem Verfalltag 30. April 1987 an Zahlungs statt und gegen Entlassung der Beklagten aus ihren Zahlungsgarantien überreichen. Als der Geschäftsleiter der Klägerin dem Roman R*** nach Rücksprache ausdrücklich die Wechselübernahme an Zahlungs statt untersagte, nahm dieser den Wechsel lediglich zahlungshalber und ohne Entlassung der Beklagten aus ihren Garantieerklärungen an. Mit dieser Wechselhingabe sollte einerseits dem Johann B*** ein Zahlungsaufschub bis zum 30.April 1987 gewährt und es sollten ihm andererseits auch günstigere Zahlungskonditionen verschafft werden. Roman R*** eskomptierte den Wechsel bei der Klägerin, welche den Betrag zunächst seinem Kreditkonto gutschrieb, um ihm eine weitere Kreditinanspruchnahme zu ermöglichen. Die Klägerin teilte der Beklagten auch mit Schreiben vom 5.Februar 1987 mit, es bestünden zu Gunsten der Roman R*** OHG noch offene und unwiderrufliche Zahlungsgarantien im Betrag von 2,653.000 S; die Firma B*** habe der R*** OHG einen Wechsel über 2,857.000 S mit Laufzeit 30.April 1987 zahlungshalber übergeben. Der Beklagten werde zugesichert, daß ihre Haftung aus den Zahlungsgarantien nicht vor dem 30.April 1987 in Anspruch genommen werde und sodann auch nur in jenem Ausmaße, als am Fälligkeitstag (30.April 1987) der Wechselbetrag noch unberichtigt aushafte. Johann B*** leistete auch bis zum Verfalltag des Wechsels (30.April 1987) keine Zahlungen. Nur die Roman R*** OHG als Wechselausstellerin zahlte bis dahin den Betrag von 204.000 S. Die Klägerin forderte daraufhin mit Schreiben vom 4.Mai 1987 von der Beklagten die Zahlung der Garantiesummen im Gesamtbetrag von 2,653.000 S.

Mit Abtretungsvertrag vom 10.August 1987 hat die Roman R*** OHG die ihr aus den Garantiezusagen der Beklagten zustehenden Ansprüche von 2,653.000 S an die Klägerin zum Inkasso abgetreten und diese damit ermächtigt, die Forderungen im eigenen Namen, aber für Rechnung der Roman R*** OHG geltend zu machen. Der Masseverwalter im Konkurs der Roman R*** OHG hat am 24.Februar 1988 die mit Beschluß des Konkursgerichtes vom 25.Februar 1988 genehmigte Erklärung abgegeben, in diesen Zessionsvertrag vollinhaltlich einzutreten. Überdies deponierte er "sicherheitshalber die weitere Erklärung", die Forderungen neuerlich mit Wirkung ab 10.Februar 1988 an die Klägerin abzutreten.

Unter Berufung auf die von der Beklagten ihr gegenüber als Begünstigter abgegebenen sieben unwiderruflichen Zahlungsgarantieerklärungen, bei denen es sich um abstrakte und unbefristete Bankgarantien handle, begehrte die Klägerin mit ihrer am 21.August 1987 beim Erstgericht eingebrachten Klage die Zahlung von 2,653.000 S sA. Die Klägerin brachte vor, die in den Garantieerklärungen aufscheinenden Zahlungsfristen seien die zwischen Roman R*** und Johann B*** für die jeweiligen Fleischlieferungen vereinbarten Zahlungsziele. Diese Lieferungen seien auch tatsächlich erfolgt. Für den Fall, daß nicht die Klägerin, sondern die Roman R*** OHG aus den Garantien begünstigt sein sollte, werde das Klagebegehren auf die Inkassozession vom 10. August 1987 gestützt, welcher der Masseverwalter im Konkurs der Roman R*** OHG mit konkursbehördlicher Genehmigung beigetreten sei. Die Zahlungsgarantien seien nachträglich weder von der Klägerin noch von der Roman R*** OHG als gegenstandslos erklärt worden, vielmehr sei der Wechsel im Jänner 1987 nur zahlungshalber angenommen worden. Die Beklagte stellte die Aktivlegitimation der Klägerin in Abrede, weil nicht sie, sondern die Roman R*** OHG aus ihren Zahlungsgarantien begünstigt worden sei. Die Klägerin mache von den Zahlungsgarantien rechtsmißbräuchlich Gebrauch, weil die Beklagte von der Inkassozession nicht verständigt worden sei und die Roman R*** OHG für die Fleischlieferungen an Johann B*** auch keine Kredite bei der Klägerin in Anspruch genommen habe. Desgleichen seien die den Zahlungsgarantien zugrundeliegenden Fleischlieferungen gar nicht erfolgt. Die Organe der Beklagten hätten mit den Zahlungsgarantien weder abstrakte Bankgarantien noch unbefristete Garantieerklärungen abgeben wollen. In diesem Sinne seien die Garantieerklärungen auch zwischen den Streitteilen und zwischen der Roman R*** OHG und dem Johann B*** abgesprochen worden. Unbefristete Garantien wären überdies nicht branchenüblich. Vielmehr hätten die in den Garantieerklärungen genannten Zahlungsziele die jeweilige Garantiebefristung dargestellt. Darnach sei aber mangels rechtzeitigen Abrufes jegliche Zahlungspflicht der Beklagten bereits erloschen. Die Klägerin habe auch im Februar 1987 anläßlich einer Besprechung mit Johann B*** und Roman R*** die Zahlungsgarantien der Beklagten für gegenstandslos erklärt und einen von Johann B*** ausgestellten Wechsel über den Klagsbetrag an Zahlungs statt angenommen. Da die fernschriftlichen Zahlungszusagen der Beklagten jeweils nur den Texten der Anforderungen der Klägerin entsprochen hätten, liege ein versteckter Dissens oder gemeinsamer Irrtum der Parteien über deren Abstraktheit und Befristung vor, sodaß überhaupt kein Garantievertrag zustandegekommen sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Beginn des Zinsenlaufes ab 21.August 1987 statt und wies das Zinsenmehrbegehren für die Zeit vom 12.Mai 1987 bis 20.August 1987 - mittlerweile rechtskräftig - ab. Es stellte im wesentlichen den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt und darüber hinaus im Rahmen seiner Beweiswürdigung noch folgendes fest:

Die Bankgarantien (der Beklagten) dienten auch dazu, um der Roman R*** OHG (insoferne) eine weitere Ausnützung des ihr (von der Klägerin) eingeräumten Kontokorrentkredites zu ermöglichen, als die garantierten Beträge ihrem Kreditkonto gutgeschrieben wurden und daher der offene Schuldbetrag in diesem Ausmaß verringert wurde. Rechtlich qualifizierte das Erstgericht die Zahlungsgarantien der Beklagten nach deren Inhalt und Zweck als abstrakte und unbefristete Bankgarantien, aus denen die Roman R*** OHG begünstigt gewesen sei. Dies ergebe sich vor allem daraus, daß Roman R*** weitere Fleischlieferungen ausdrücklich von der Beibringung entsprechender Bankgarantien abhängig gemacht habe und dies der Beklagten von Johann B*** auch mitgeteilt worden sei. Der Beklagten habe klar sein müssen, daß es sich bei den in den Anforderungsschreiben der Klägerin genannten Zahlungszielen um die Fälligkeiten der Forderungen des Roman R*** aus den Fleischlieferungen an Johann B*** gehandelt habe. Ihre Übernahme in die Zahlungsgarantien der Beklagten könne daher nicht deren Befristung bedeuten, weil sie in diesem Falle überhaupt nicht zum Tragen gekommen wären. Die Inkassozession der Garantieforderungen durch den Begünstigten an die Klägerin sei wirksam, weil keine höchstpersönlichen Ansprüche vorlägen. In diesem Zusammenhang sei auch kein evidenter Rechtsmißbrauch ersichtlich, weil dem Roman R*** von der Klägerin auch im Zeitpunkt der Abgabe der Garantieerklärungen ein revolvierender Kontokorrentkredit eingeräumt worden sei.

Das Berufungsgericht faßte über Berufung der Beklagten einen Aufhebungsbeschluß mit Rechtskraftvorbehalt. Es erachtete sowohl das Klagsvorbringen als auch die Begründung des Ersturteiles im Hinblick auf die im Rahmen der Beweiswürdigung ergänzend getroffene Feststellung des Erstgerichtes bereits als "in sich widersprüchlich und daher erörterungsbedürftig", weshalb es auf die Mängelund Beweisrüge des Rechtsmittels nicht mehr näher einging. Es führte aus, hätten die Garantien der Beklagten tatsächlich bereits zu Gutschriften auf dem Kreditkonto der Roman R*** OHG und damit zur Verminderung ihres offenen Kreditsaldos geführt, dann wären deren Ansprüche gegen die Beklagte aus ihren Zahlungsgarantien bereits eingelöst worden. Die Garantien wären somit - ohne Rücksicht auf ihre Rechtsnatur - bereits erloschen und die Ansprüche daraus hätten später nicht mehr wirksam an die Klägerin zum Inkasso abgetreten werden können. Sollten aber mit den Gutschriften die Forderungen der Roman R*** OHG gegen Johann B*** aus den Fleischlieferungen bereits durch Zahlungen der Beklagten getilgt worden seien, so hätte diese, selbst wenn sie nur Bürgin gewesen wäre, die Forderungen aus den Fleischlieferungen eingelöst. In diesem Fall hätte Roman R*** die Bürgschaftsforderungen gegen die Beklagte schon vor ihrer Einlösung nicht ohne die entsprechenden Hauptforderungen (Kaufpreisforderungen gegen Johann B***) an die Klägerin abtreten können. Der Widerspruch dieser Feststellung zum Prozeßstandpunkt der Klägerin und zur rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes sei noch erörterungsbedürftig, sodaß die "naturgemäß von den Tatsachenfeststellungen abhängigen Fragen" nach der Rechtsnatur der Zahlungsgarantien der Beklagten vorerst dahin gestellt bleiben müßten.

Gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes richten sich die Rekurse beider Parteien aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, und zwar jener der Klägerin mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteiles, jener der Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens.

Die Parteien stellen wechselseitig den Antrag, dem gegnerischen Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Beide Rekurse sind im Ergebnis im Sinne einer von den gestellten Abänderungsanträgen umfaßten Aufhebung des angefochtenen Beschlusses berechtigt.

Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes wird weder der von der Klägerin geltend gemachte Klagegrund noch die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes durch dessen im Rahmen seiner Beweiswürdigung ergänzend getroffene und im Berufungsverfahren unbekämpft gebliebene Tatsachenfeststellung "in sich widersprüchlich und daher erörterungsbedürftig". Das Sachvorbringen der Klägerin und ihr daraus abgeleitetes Zahlungsbegehren sind klar und unmißverständlich: Sie nimmt die Beklagte aus sieben Zahlungsgarantien in Anspruch, die ihr als Begünstigte gegeben worden seien. Es lägen dreipersonale abstrakte Bankgarantien vor, die nicht befristet gewesen seien. Für den Fall, daß Begünstigte der Bankgarantien nicht sie, sondern Roman R*** gewesen sein sollte, berief sich die Klägerin auf dessen Inkassozession. Ebenso klar und widerspruchsfrei ist die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes:

Dieses bejahte im Hinblick auf seine Feststellungen das Vorliegen abstrakter und unbefristeter Bankgarantien, die von der Beklagten allerdings zu Gunsten des Roman R*** abgegeben worden seien. Es komme daher für die Aktivlegitimation der Klägerin die festgestellte Inkassozession zum Tragen (vgl. dazu Koziol-Welser, Grundriß8, I, 281; Schwimann/ Honsell, ABGB, V, § 1392 Rz 10 und 11). Dabei begegnet die vom Erstgericht bejahte Möglichkeit einer rechtsgeschäftlichen Abtretung des Anspruches aus einem Garantieversprechen keinen Bedenken (Schwimann/Honsell, aaO, § 1393 Rz 7; SZ 50/66; BankArch 1988, 390; BankArch 1989, 818). Zu deren Wirksamkeit bedarf es nur im Falle einer Sicherungsabtretung, die jedoch bei einem bloßen Inkassomandat nicht indiziert ist, der Verständigung des Drittschuldners (BankArch 1989, 818 mwN). Für die Lösung des vorliegenden Falles ist daher von entscheidender Bedeutung, ob es sich bei den von der Beklagten abgegebenen Zahlungsgarantien tatsächlich um abstrakte Bankgarantien gehandelt hat, die nicht im Sinne der dort aufscheinenden "Zahlungsziele" befristet waren. Diese Fragen können - wie das Berufungsgericht selbst an sich zutreffend erkannt hat - verläßlich erst an Hand einer bestimmten Sachverhaltsgrundlage beurteilt werden, die aber hier schon im Hinblick auf die vom Berufungsgericht offen gelassene Beweisrüge der Beklagten und auch auf die in der Berufungsbeantwortung erhobene Feststellungsrüge noch keineswegs feststeht. Daran vermag auch die vom Erstgericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung ergänzend getroffene Feststellung nichts zu ändern.

Mit ihr ist nämlich nur dem von der Beklagten erhobenen Einwand des

Rechtsmißbrauches Rechnung getragen worden, welcher unter anderem

gerade darauf gestützt war, daß Roman R*** für die

Fleischlieferungen an Johann B*** bei der Klägerin gar keine

Kredite in Anspruch genommen habe. Daß die Klägerin dem Roman R***

mit der festgestellten Vorgangsweise aber überhaupt die Schuld eines

anderen, für die sie nicht haftete (also entweder die Schuld der

Beklagten aus deren Zahlungsgarantien oder die Schuld des Johann

B*** aus den Fleischlieferungen), hätte bezahlen wollen und dabei

eine ausdrückliche oder schlüssige Einlösungserklärung abgegeben

hätte, was jedenfalls Voraussetzung für die vom Berufungsgericht

angenommene Forderungseinlösung im Sinne einer notwendigen Zession

des § 1422 ABGB gewesen wäre (Koziol-Welser, aaO, 283; Reischauer in

Rummel, ABGB, Rz 1, 2 und 5 zu § 1422; Schwimann/Mader, ABGB, V,

§§ 1422 f Rz 2, 7 f, 11 und 14), ist daher weder von der Beklagten

behauptet worden, noch kann dies entgegen der Meinung des

Berufungsgerichtes den Feststellungen des Erstgerichtes entnommen

werden. Die Eventualannahme des Gerichtes zweiter Instanz, hiedurch

könnten die Kaufpreisforderungen des Roman R*** gegen Johann B***

für die Fleischlieferungen "durch Zahlungen seitens der Steirischen

Bank (= Beklagte) getilgt" worden sein, ist überhaupt aktenwidrig

und völlig unverständlich. Das Erstgericht wollte nämlich mit der

erwähnten Feststellung ersichtlich nichts anderes zum Ausdruck

bringen, als daß die Klägerin dem Roman R*** im Hinblick auf die

Zahlungsgarantien der Beklagten jeweils tatsächlich eine

entsprechende Überziehung seines bei ihr bereits voll ausgenützten

Kreditrahmens eingeräumt hat, weil sie die Zahlungsgarantien als

Bankgarantien ansah und diese für sie daher so gut wie Bargeld

waren. Abgesehen davon, erweist sich die Rechtsansicht des

Berufungsgerichtes auch deshalb als verfehlt, weil im Falle einer

notwendigen Zession im Sinne des § 1422 ABGB mit der

Forderungseinlösung bereits die Garantierechte des Roman R***

gegenüber der Beklagten auf die Klägerin übergegangen wären

(Schwimann/Mader, aaO, §§ 1422 f Rz 15), sodaß es dann auf die

spätere Inkassozession gar nicht mehr ankäme.

Es ergibt sich daher zusammenfassend, daß die vom

Berufungsgericht angenommenen Widersprüchlichkeiten nicht vorliegen,

weshalb eine Aufhebung der angefochtenen Entscheidung schon deshalb

unumgänglich ist, damit das Gericht zweiter Instanz die Beweisrügen

der Berufung und der Berufungsbeantwortung behandelt und klarstellt,

ob es den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt übernimmt oder

nicht bzw welchen sonstigen Sachverhalt es allenfalls - abweichend

oder ergänzend zum Erstgericht - feststellt. Davon hängt es auch ab,

ob der in der Berufung geltend gemachte Verfahrensmangel überhaupt

rechtlich relevant sein kann. Sollten nämlich die erstgerichtlichen

Feststellungen vom Berufungsgericht übernommen und/oder allenfalls

im Sinne der Feststellungsrüge der Berufungsbeantwortung sogar noch

ergänzt werden, dann käme es auf die Frage, ob Bankgarantien

branchenüblich befristet gegeben werden, nicht mehr an, weil deren

Befristung mit den darin angegebenen Zahlungszielen aus den

Fleischlieferungen des Roman R*** an Johann B*** zur Folge hätte,

daß gar keine Garantien vorlägen, was aber keinesfalls dem

Parteiwillen entsprochen haben kann (vgl BankArch 1989, 1026 zu einem auch sonst vergleichbaren Sachverhalt).

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E20057

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0060OB00703.89.0208.000

Dokumentnummer

JJT_19900208_OGH0002_0060OB00703_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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