TE OGH 1990/2/14 9ObA35/90

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Veröffentlicht am 14.02.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Jelinek sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Heinrich Basalka und Erika Hantschel als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Leonhard D***, Tapezierer, Altenmarkt 419, vertreten durch Dr.Manfred Buchmüller, Rechtsanwalt in Altenmarkt, wider die beklagte Partei Matthias D***, Pensionist, Altenmarkt 245, vertreten durch Dr.Wilfried Haslauer und Dr.Reinfried Eberl, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 993.000 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17.Oktober 1989, GZ 12 Ra 58/89-50, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 13.März 1989, GZ 37 Cga 1014/87-42, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 18.667,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 3.111,30 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte, der Vater des Klägers, führte in Altenmarkt einen Betrieb für Bodenverlegung und Raumausstattung, in welchem der Kläger bis 15.Februar 1984 beschäftigt war.

Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger Arbeitslöhne aus den Jahren 1969 bis 1984 in der Gesamthöhe von S 993.000 s.A. geltend. Er habe nämlich unentgeltlich oder zu einem wesentlich niedrigeren als dem ihm tatsächlich zustehenden Lohn beim Beklagten gearbeitet, weil dieser stets betont habe, er sei sein logischer Betriebsnachfolger und werde sein Alleinerbe werden. Diese Erwartung habe sich nicht bestätigt; er sei mit seinem Vater völlig zerstritten.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, der Kläger sei angemessen entlohnt worden. Das Klagebegehren wurde von beiden Unterinstanzen abgewiesen. Sie gingen von folgenden für das Revisionsverfahren noch wesentlichen Feststellungen aus:

Zwischen den Parteien war stillschweigend vorgesehen, daß der Kläger einmal den Betrieb des Beklagten übernehmen werde. Obwohl der Kläger über 7 Jahre, bis zum 15.Februar 1984, beim Beklagten ganztägig arbeitete, war er zum Zwecke der Vermeidung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen nur als Halbtagsbeschäftigter mit einem Lohnanspruch von wenigen tausend Schilling angemeldet. Für seine Tätigkeit erhielt der Kläger Lohnzahlungen, deren Höhe im einzelnen nicht mehr nachvollziehbar ist.

Im Frühjahr 1969 begann der Beklagte ein Haus zu bauen, in dem der Betrieb und eine Wohnung für den Kläger untergebracht wurden. Dieses Haus wurde von den Streitteilen "mehr oder weniger" in Eigenregie unter Heranziehung einiger Professionisten erbaut. Mit Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag vom 24.April 1981 erwarben der Kläger und seine Frau je zur Hälfte 288/863stel Anteile an dieser Liegenschaft, mit der das Wohnungseigentum an der Wohnung top B verbunden war, die über 300 m2 groß ist und einen Wert von S 2,070.000 hat. Als Kaufpreis wurden nur S 250.000 vereinbart, der durch Verrechnung mit bereits vom Kläger bezahlten Rohbaukosten abgegolten wurde. Nach dem Willen der Parteien war mit der Überlassung des Wohnungseigentumsanteils zu diesen günstigen Konditionen eine Abgeltung für bisher noch nicht entschädigte Arbeitsleistungen verbunden. Gleichzeitig erbrachte der Beklagte damit eine Vorleistung für künftige Arbeiten des Klägers im Betrieb. Für den weiteren Ausbau des Hauses stellte der Kläger in der Folge noch S 636.000 für Material zur Verfügung.

Neben der Arbeit auf der Baustelle arbeitete der Kläger auch im Raumausstattungs- und Tapeziererbetrieb mit. Er schrieb in Leistungsverzeichnissen seine für Kundenarbeit verwendeten Arbeitsstunden auf; diese wurden ihm zur Gänze bar bezahlt. Mit Ende des Dienstverhältnisses waren alle daraus erfließenden Ansprüche einerseits durch Barzahlung, andererseits durch Überlassung des Wohnungseigentumsanteiles zu den oben genannten Bedingungen befriedigt.

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, das Klagebegehren sei schon deshalb abzuweisen, weil die vom Kläger behaupteten Lohnrückstände voll befriedigt wurden.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache. Er beantragt, das angefochtene Urteil im Sinne des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die behaupteten Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO). Da die im § 25 Abs. 1 Z 3 ArbGG vorgesehene Neudurchführung der Verhandlung vor dem Berufungsgericht in das ASGG nicht übernommen wurde, kann ein Mangel des Verfahrens erster Instanz, dessen Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, auch in Arbeitsrechtssachen mit Revision nicht mehr geltend gemacht werden (RZ 1989/16 ua.).

In seiner Rechtsrüge führt der Kläger aus, die Untergerichte hätten die Beweislastregeln verletzt. Diese kommen aber nur zur Anwendung, wenn die Beweisergebnisse nach der Überzeugung des Gerichtes nicht ausreichen, um einen entscheidungswesentlichen Tatumstand als erwiesen oder als nicht erwiesen anzunehmen (§ 57/147 mwH uva.). Im vorliegenden Fall wurden jedoch positive Feststellungen - nämlich daß die in Geld noch unbeglichenen Lohnrestansprüche des Klägers vereinbarungsgemäß durch die Übertragung der Eigentumswohnung zu besonders günstigen Bedingungen voll befriedigt wurden - getroffen, sodaß die Beweislastregeln gar nicht zum Tragen kommen.

Soweit der Kläger auch als Feststellungsmangel die Abweisung des Antrages auf Vorlage der Buchhaltungsunterlagen des Beklagten rügt, ist ihm zu erwidern, daß deren Vorlage nicht notwendig war. Der Beklagte hat nämlich einerseits den Beweis der vollen Befriedigung der Lohnansprüche des Klägers ohnehin erbracht und andererseits sind die Buchhaltungsunterlagen nicht geeignet, den Gegenbeweis zu erbringen, weil diese nach dem beiderseitigen Vorbringen unrichtig sind (Halbtagsbeschäftigung).

Der Wert der dem Kläger - zur Abgeltung offener Lohnforderungen und in Erwartung der Erbringung weiterer Arbeitsleistungen zu unangemessen niedrigem Lohn - überlassenen Eigentumswohnung wurde ohnedies durch einen Sachverständigen ermittelt; Feststellungen über den "Vermögenszuwachs" des Beklagten erübrigen sich schon deshalb, weil der Kläger die Zahlung rückständigen Lohns und nicht einen Teil des Vermögens oder des Vermögenszuwachses des Beklagten begehrt. Es trifft zwar zu, daß derjenige, der seine Dienste in der dem anderen Teil erkennbaren oder von ihm herbeigerufenen Erwartung eines späteren Vermögensvorteils zunächst unentgeltlich leistet, einen Anspruch auf angemessene Entlohnung hat, wenn er in dieser Erwartung enttäuscht wird (Arb. 9127; 9464 uva.). Voraussetzung ist jedoch, daß der Enttäuschte nicht ohnedies bereits angemessen entlohnt wurde. Der Lohn kann, wenn sich die Parteien hierauf einigen, nicht nur in Geld, sondern auch in einer anderen geldwerten Leistung bestehen. Dies ist hier nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Fall. Zwar hat der Kläger nach den Feststellungen der Unterinstanzen ursprünglich nur deshalb zu so unangemessen niedrigem Lohn im Betrieb des Beklagten mitgearbeitet, weil ihm dieser versprochen hatte, daß er der "logische Betriebsnachfolger" und Alleinerbe sein werde. Er war aber in der Folge damit einverstanden, daß ihm die Eigentumswohnung zu den oben genannten ausnehmend günstigen Konditionen als Abgeltung für bisher noch nicht entschädigte Arbeitsleistungen und auch als Vorleistung für künftige Arbeiten überlassen werde. Da der Gegenwert der Eigentumswohnung, abzüglich der vom Kläger bezahlten Materialkosten S 1,184.000 beträgt, wurde durch ihre Übereignung jedenfalls der noch offene angemessene Lohn abgedeckt. Ein Anspruch auf eine weitere angemessene Entlohnung wegen enttäuschter Erwartung der Betriebsübernahme besteht daher nicht. Auf den Wert des nun nicht zu übernehmenden Unternehmens kommt es nicht an, weil der Enttäuschte nur Anspruch auf angemessene Entlohnung, aber nicht auf Vermögenszuwachs hat.

Bestehen keine offenen Lohnforderungen, braucht und kann logischerweise nicht geprüft werden, ob sie verjährt sind. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E19837

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00035.9.0214.000

Dokumentnummer

JJT_19900214_OGH0002_009OBA00035_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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