TE OGH 1990/2/14 9ObA26/90

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Veröffentlicht am 14.02.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Jelinek sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Heinrich Basalka und Erika Hantschel als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Johannes S***, Fliesenleger, Wörgl, Speckbacherstraße 2, vertreten durch Dr.Heinz Mildner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei L*** Baukeramik und Marmor Gesellschaft mbH, Wörgl, Moosweg 10, wegen Feststellung (Streitwert S 6.000), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 12.Dezember 1989, GZ 5 Ra 166/89-5, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 10.Oktober 1989, GZ 44 Cga 229/89-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger begehrt die Feststellung, die beklagte Partei, ihr ehemaliger Arbeitgeber, sei verpflichtet, für die vom 5.April 1988 bis 12.Dezember 1988 und vom 3.April 1989 bis 7.Juli 1989 dauernden Zeiträume der mit dem Kläger bestandenen Dienstverhältnisse die erhöhten Akkordarbeits-Zuschläge zur Bauarbeiterurlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) zu entrichten. Hilfsweise begehrt er, die beklagte Partei sei schuldig, für den Kläger die Zuschläge zur BUAK auf der Basis der geleisteten Akkordarbeiten für diese Zeiträume zu entrichten. Sie habe trotz der dem Kläger gebührenden Akkordlöhne die dadurch bedingten erhöhten Zuschläge an die BUAK nicht entrichtet. Da sich auf Grund der entrichteten Zuschläge an die BUAK die dem Kläger gebührenden Urlaubszuschüsse und Urlaubsentgelte sowie ein allfälliger Anspruch auf Abfertigung errechneten, ihm auf Grund der Vorgangsweise der Beklagten von der BUAK aber nicht der ihm auf Grund der verrichteten Akkordarbeit gebührende erhöhte Urlaubszuschuß und auch nicht das gebührende erhöhte Urlaubsentgelt ausgezahlt werde, habe er ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung.

Das Erstgericht wies die Klage a limine wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück. Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß §§ 47, 46 Abs 2 Z 1 ASGG zulässig sei.

Es vertrat die Rechtsauffassung der Kläger strebe mit seinem Feststellungsbegehren nur die Einhaltung der sich aus § 21 a Abs 1 und 3 BUAG abgeleiteten gesetzlichen Verpflichtung des Arbeitgebers an, die zufolge der behaupteten Akkordarbeit entsprechend zu berechnenden Zuschläge an die BUAK abzuführen. Der der BUAK zustehende Anspruch auf Entrichtung der Zuschläge zum Lohn sei von ihr zufolge der Bestimmung des § 25 BUAG im Verwaltungswege durchzusetzen. Überweise die BUAK unter Zugrundelegung der vom Arbeitgeber eingezahlten Zuschlagsleistungen ein Urlaubsgeld in einer Höhe, mit der der Arbeitnehmer nicht einverstanden sei, so könne er den fehlenden Betrag nicht vom Arbeitgeber verlangen. Er müsse diesen vielmehr bei der BUAK geltend machen. Verweigere diese eine Richtigstellung, so könne der Fehlbetrag beim Arbeits- und Sozialgericht eingeklagt werden. Auch bestehe die Möglichkeit, den Arbeitgeber aus dem Titel des Schadenersatzes wegen unrichtiger Meldung an die BUAK in Höhe des entgangenen Betrages zu belangen. Eine Klage des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Entrichtung der gebührenden Zuschläge an die BUAK, somit eine Leistungsklage, oder eine entsprechende Feststellungsklage sei hingegen nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Rekurs des Klägers. Er ist zulässig, weil trotz einiger Entscheidungen, die sich mit dem Charakter der vom Arbeitgeber an die BUAK zu entrichtenden Zuschläge befassen, eine oberstgerichtliche Judikatur zur Frage der Rechtswegzulässigkeit für derartige Klagen des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber fehlt.

Der Rekurs ist aber sachlich nicht berechtigt.

Wie der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 20. Mai 1987, 14 Ob A 78/87 (RdW 1988, 170) ausführlich dargelegt hat, ist das BUAG aus der Notwendigkeit entstanden, für Bauarbeiter, die in der Regel die für einen Anspruch nach dem Arbeiter-Urlaubsgesetz erforderliche ununterbrochene Beschäftigungszeit nicht erreichen, die Möglichkeit zu schaffen, ebenfalls einen Urlaub in natura nehmen zu können. Nach dem geltenden System entrichtet der Arbeitgeber an die BUAK einen Zuschlag zum Lohn (§ 21 BUAG). Dem Arbeitnehmer gebührt nach Beschäftigungszeiten von jeweils 46 Anwartschaftswochen ein Urlaub von 30 (bzw. 36 Werktagen) (§ 4 Abs 1 BUAG). Die BUAK zahlt bei Antritt des Urlaubs des Arbeitnehmers - im Regelfall über den Arbeitgeber und nur ausnahmsweise unmittelbar ein Urlaubsentgelt (§ 8 BUAG). Sowohl die vom Arbeitgeber abzuführenden Zuschläge als auch das dem Arbeitnehmer zustehende Urlaubsentgelt orientieren sich der Höhe nach am Lohn des Bauarbeiters. Während der Verwaltungsgerichtshof dieses System der Gewährung von Urlaubsentgelt dahin beurteilt, daß der Zuschlag nach § 21 BUAG kein Teil des Lohnes des Bauarbeiters sei, auf den diesem ein Rechtsanspruch zustehe, sondern eine öffentlich-rechtliche Leistung, die der Arbeitgeber der Urlaubskasse schulde (Arb. 10.426), sieht der Oberste Gerichtshof trotz des systembedingten Leistungsumwegs im Urlaubsentgelt einen vom Arbeitgeber entrichteten Teil des Arbeitsentgeltes, bei dem es sich nur formell - aus organisatorischen Gründen - um Leistungen der Urlaubskasse, tatsächlich aber um Entgeltzahlungen des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer geleistete Arbeit handelt. Daher wurde dieses Entgelt in die Bemessung der Ersatzansprüche nach § 1162 b ABGB (Arb. 10.435) und der Abfertigung (Arb. 10.292) miteinbezogen. Diese materielle Betrachtung (nach der Quelle der Geldleistungen) ist aber nur für die Auslegung des Entgeltbegriffes im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer entscheidend. Für die isolierte Beurteilung des Charakters der Zuschlagsleistung des Arbeitgebers kommt es auf die formelle Konzeption des BUAG an.

Nach diesem Gesetz sind die Lohnzuschläge (§ 21 BUAG), wozu gemäß § 21 a Abs 5 auch die erhöhten Akkordarbeitszuschläge gehören, die nach Abs 3 dieser Bestimmung zu berechnen sind, sofern der Kollektivvertrag nichts anderes bestimmt, eine öffentlich-rechtliche Beitragsleistung an eine Körperschaft öffentlichen Rechts (§ 14 Abs 2 BUAG).

Gemäß §§ 21 und 21 a BUAG hat jeder Arbeitgeber für jeden Arbeitnehmer Zuschläge zum Lohn an die BUAK zu entrichten. Diese Zuschlagsleistungen sind gemäß § 22 Abs 5 BUAG von der BUAK auf Grund der Meldung des Arbeitgebers zu errechnen. Bei Nichteinhaltung der Meldepflicht kann die BUAK die Zuschlagsleistungen des Arbeitgebers unter Zugrundelegung der letzten erstatteten Meldung oder auf Grund eigener Ermittlungen errechnen. Kommt der Arbeitgeber der Verpflichtung zur Zahlung des vorgeschriebenen Beitrages nicht fristgerecht oder nicht in der vorgeschriebenen Höhe nach, hat die BUAK nach einem erfolglosen Aufforderungsschreiben bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde den Antrag zu stellen, einen Bescheid des Inhalts zu erlassen, daß der Arbeitgeber den Rückstand binnen zwei Wochen an sie zu entrichten hat. Bei Bestreitung der Vorschreibung durch den Arbeitgeber über deren Berechtigung hat der Landeshauptmann bzw. das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu entscheiden (§ 25 Abs 3 bis 5 BUAG).

Der Kläger strebt mit seinem Feststellungs- und hilfsweise gestellten Leistungsbegehren gerade die sich aus § 21 a BUAG abgeleitete gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers an, die zufolge der behaupteten Akkordarbeit zu berechnenden Zuschläge an die BUAK abzuführen. Der dieser zustehende Anspruch auf Entrichtung der Zuschläge zum Lohn ist von ihr zufolge der Bestimmung des § 25 BUAG im Verwaltungswege durchzusetzen.

Überweist die BUAK unter Zugrundelegung der vom Arbeitgeber eingezahlten Zuschlagsleistungen ein Urlaubsentgelt in einer Höhe, mit der der Arbeitnehmer nicht einverstanden ist, so muß dieser den fehlenden Betrag bei der BUAK geltend machen. Bestehen Zweifel über die Richtigkeit von Meldungen des Arbeitgebers gemäß § 22 Abs 1 und 2 BUAG, so kann die BUAK derartige Behauptungen des Arbeitnehmers zum Gegenstand eines Verfahrens nach § 25 Abs 2 BUAG machen. Geschieht dies nicht oder kommt die BUAK zur Ansicht, daß der Arbeitgeber richtige Meldungen gelegt hat, und verweigert daher die Richtigstellung, muß der Arbeitnehmer den Fehlbetrag gegen die BUAK beim Arbeits- und Sozialgericht einklagen (§ 50 Abs 1 Z 5 ASGG).

Eine Klage des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Entrichtung der gebührenden Zuschläge an die BUAK ist nicht zulässig (Martinek-Widorn, BUAG 123). § 50 Abs 1 Z 5 ASGG (früher § 31 Abs 1 BauArbUrlG) sieht nämlich für Streitigkeiten über Ansprüche nach dem BUAG ausdrücklich nur eine Zuständigkeit für Klagen zwischen der BUAK und dem Arbeitgeber oder der BUAK und dem Arbeitnehmer, nicht aber für Klagen zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer über derartige Ansprüche vor, wobei allerdings das Verfahren nach § 25 BUAG ausdrücklich von der gerichtlichen Zuständigkeit ausgenommen ist. § 25 BUAG ist das "besondere Gesetz", das eindeutig zum Ausdruck bringt, daß von der Zuständigkeit der Gerichte (§ 1 JN) eine Ausnahme zugunsten der Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde gemacht wird (vgl. SZ 49/128; SZ 56/167 uva). Wäre der Gesetzgeber der Meinung gewesen, der Arbeitnehmer könne seinen Arbeitgeber auf dem Zivilrechtsweg zur Abführung der Zuschläge an die BUAK zwingen, hätte dies wohl in § 50 Abs 1 Z 5 ASGG seinen Niederschlag finden müssen.

Der Rekurswerber versucht diese Rechtslage mit dem Argument zu entkräften, daß die BUAK nur bei Nichtmeldung, nicht aber - wie hier - bei unrichtiger Meldung Ermittlungen anstellen dürfe. Kraft Größenschlusses sind Ermittlungen selbstverständlich auch beim Verdacht der Falschmeldung und nicht nur bei Nichtmeldung zulässig (vgl. Martinek-Widorn, aaO 123). Wenn die BUAK solche Ermittlungen nicht anstellt oder zum Ergebnis kommt, daß der behauptete Fehlbetrag nicht vom Arbeitgeber nachzuverlangen ist, muß - wie bereits erwähnt - der Arbeitnehmer die BUAK klagen. Auch der Einwand, daß einem Arbeitnehmer nicht stets eine Leistungsklage gegen die BUAK (zB wegen mangelnder Anwartschaft) zusteht, ist nicht berechtigt. Der Arbeitnehmer kann auch in diesem Fall nicht seinen Arbeitgeber auf Leistung des Zuschlags klagen. Er kann aber, wenn die BUAK seinen Einwendungen nicht Rechnung trägt und daher auch kein Verfahren gemäß § 25 Abs 3 BUAG in die Wege leitet, seinen vermeintlichen Anspruch auf Erwerb der Anwartschaft auf den für die strittigen Kalenderwochen zu leistenden Zuschlagsbetrag gerichtlich gegen die BUAK geltend machen (Martinek-Widorn, aaO 100 f).

Zusammenfassend ergibt sich daher, daß ein Arbeitnehmer, der mit dem Urlaubsentgelt nicht zufrieden ist, nur einen klagbaren Anspruch gegen die BUAK hat, nicht aber seinen (ehemaligen) Arbeitgeber auf Entrichtung der ihm angeblich gebührenden Zuschläge klagen kann. Ein Vorgehen gegen den Arbeitgeber wäre nur unter schadenersatzrechtlichen Gesichtspunkten zulässig. Es ist nämlich denkbar, daß ein Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen etwa aus dem Titel eines "weitergehenden" Schadenersatzes nach § 1162 b ABGB Ansprüche auf Ersatz durch Nichtentrichtung der Zuschläge nach § 21 BUAG geltend machen könnte (Martinek-Widorn, aaO 239). Solche Ansprüche hat der Kläger aber nicht geltend gemacht, sodaß es sich erübrigt zu prüfen, ob die Voraussetzungen hiefür gegeben wären. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E20137

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00026.9.0214.000

Dokumentnummer

JJT_19900214_OGH0002_009OBA00026_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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