Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 20.Feber 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Lachner, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kluwik als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Peter Stefan J*** und andere wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Peter Stefan J*** und die Berufungen der Angeklagten Helmut S*** und Walter M*** gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Innsbruck vom 20. November 1989, GZ 20 Vr 1500/89-72 sowie über die Beschwerde des Angeklagten Walter M*** gegen den gleichzeitig mit dem Urteil gefaßten Beschluß vom 20.November 1989, GZ 20 Vr 1500/89-72, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter Stefan J*** wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung dieses Angeklagten sowie die Berufungen der Angeklagten Helmuth S*** und Walter
M*** werden die Akten gemäß §§ 285 i, 344 StPO dem Oberlandesgericht Innsbruck zugemittelt, das auch über die Beschwerde des Angeklagten Walter M*** zu befinden haben wird.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Peter Stefan J*** die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde - neben zwei weiteren Angeklagten - der 37-jährige Peter Stefan J*** (zu I/) des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 zweiter Fall StGB sowie überdies (zu II/) des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und Z 2, 130 zweiter Fall StGB schuldig erkannt und hiefür nach §§ 28, 143 erster Strafsatz StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 (zwölf) Jahren verurteilt.
Das zuletzt bezeichnete Verbrechen liegt dem Angeklagten J*** deshalb zur Last, weil er in der Zeit vom 7. bis 12.Juni 1989 in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, insgesamt
3 Einbruchsdiebstähle begangen hat, darunter in der Nacht zum 7. Juni 1989 in Vöcklabruck einen Einbruchsdiebstahl zum Nachteil der Firma Autohaus K***, indem er nach Aufbrechen der Bürotüre aus den Büroräumlichkeiten der genannten Firma 8 Autoradios im Gesamtwert von 14.129 S und 21 Lautsprecher im Gesamtwert von 4.060 S sowie aus dem Betriebsareal einen PKW Marke Citroen im Wert von ca. 80.000 S stahl (Punkt II/a des Schuldspruchs). Die Geschwornen hatten die (auch diesen Diebstahl erfassende) Hauptfrage 4 einstimmig bejaht, weshalb die Beantwortung der (für den Fall der Verneinung dieser Hauptfrage oder deren Bejahung mit der Einschränkung, daß der Diebstahl des PKW Marke Citroen zu entfallen hat, gestellten) Eventualfrage in Richtung des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 und Abs. 2 StGB unterblieb.
Mit seiner auf die Z 10 a und 12 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde wendet sich der Angeklagte J*** nur gegen den Schuldspruch wegen Diebstahls des bezeichneten PKW, wobei er die Beurteilung dieser Tat als unbefugter Gebrauch von Fahrzeugen anstrebt; des weiteren macht er in Ansehung des Strafausspruchs Urteilsnichtigkeit nach Z 13 der zitierten Gesetzesstelle geltend.
Der Beschwerde kommt in keinem Punkt Berechtigung zu. Die Geschwornen haben, indem sie die Hauptfrage 4 uneingeschränkt bejahten, als erwiesen angenommen, daß der Beschwerdeführer auch in Ansehung der Entziehung des PKW Marke Citroen aus dem Gewahrsam des Verfügungsberechtigten des Autohauses K*** mit Diebstahlsvorsatz gehandelt hat. Damit entbehrt die Subsumtionsrüge der gesetzmäßigen Ausführung, weil sie sich über die im Wahrspruch festgestellten Tatsachen hinsichtlich der subjektiven Tatseite hinwegsetzt und der Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs. 1 Z 12 StPO auf angebliche Ergebnisse des Strafverfahrens, die in den Wahrspruch nicht aufgenommen worden sind, nicht gestützt werden kann (Mayerhofer-Rieder StPO2 ENr. 8 zu § 345 Z 12).
Das Vorbringen in der Tatsachenrüge hinwieder ist nicht geeignet, sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Annahme der Geschwornen, daß der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Wegnahme des in Rede stehenden PKW mit Diebstahlsvorsatz gehandelt hat, zu erwecken. Hat doch das Beweisverfahren ergeben, daß das Fahrzeug, wie die Beschwerde selbst einräumt, nach den übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers und des Zeugen Michael M*** noch am Tatort mit fremden Kennzeichentafeln versehen und sodann vom Beschwerdeführer in einer Weise benützt wurde, die keine schwerwiegenden Zweifel an der Richtigkeit des bezüglichen Wahrspruchs aufkommen lassen. Derartige Zweifel werden aber auch nicht in Ansehung der Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung dargetan, sodaß die Rüge zur Gänze unbegründet ist.
Soweit der Beschwerdeführer einwendet, "bei richtiger Belehrung der Geschwornen durch den vorsitzenden Richter hätten die Geschwornen die ihnen gestellte Eventualfrage ... bejahen müssen", so könnte dies dahin verstanden werden, daß damit die Richtigkeit der Rechtsbelehrung zur Abgrenzung von Diebstahl und unbefugtem Gebrauch von Fahrzeugen in Zweifel gezogen und daher der Sache nach eine Nichtigkeit nach § 345 Abs. 1 Z 8 StPO reklamiert wird. In dieser Beziehung mangelt es jedoch an einer prozeßordnungsgemäßen Ausführung der Beschwerde, weil es der Beschwerdeführer unterläßt, deutlich und bestimmt anzuführen, worin eine Unrichtigkeit der bezüglichen Rechtsbelehrung gelegen sein soll.
Was schließlich die Strafbemessungsrüge (§ 345 Abs. 1 Z 13 StPO) betrifft, so wird damit weder eine offenbar unrichtige rechtliche Beurteilung von für die Strafbemessung entscheidenden Tatsachen aufgezeigt noch dargetan, daß das Geschwornengericht in unvertretbarer Weise gegen Grundsätze der Strafbemessung verstoßen hat. Daß das Erstgericht neben dem Erschwerungsgrund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 39 StGB zusätzlich auch den raschen Rückfall als erschwerend gewertet hat, stellt keine unzulässige Doppelverwertung einer strafbemessungsrelevanten Tatsache dar, stellt doch § 39 StGB nicht darauf ab, daß der Rechtsbrecher rasch rückfällig geworden ist, sondern nur darauf, daß er innerhalb der Rückfallsverjährungsfrist (§ 39 Abs. 2 StGB) neuerlich aus der gleichen schädlichen Neigung eine strafbare Handlung begangen hat. Eine rechtsfehlerhafte Beurteilung kann aber auch nicht darin erblickt werden, daß die dreifache Qualifikation des Diebstahls (sowohl nach § 128 Abs. 1 Z 4 StGB als auch nach § 129 Z 1 und Z 2 und nach § 130 zweiter Fall StGB) als erschwerend gewertet wurde. Die Begehung eines Diebstahls in Gesellschaft eines (oder mehrerer) Beteiligten ist seit dem StRÄG 1987 nicht mehr qualifizierend; da sohin diese Modalität der Diebstahlsverübung nach der geltenden Rechtslage keine materiellrechtlichen Konsequenzen nach sich zieht, kann die von der Beschwerde gerügte Annahme des Erschwerungsgrundes der Tatbegehung in Gesellschaft eines Mittäters auch nicht gegen das Doppelverwertungsverbot verstoßen. Das gilt gleichermaßen auch für die Begehung des Raubes in Gesellschaft von mehreren Beteiligten, weil § 143 erster Fall StGB seit dem StRÄG 1987 nur mehr auf die (vorliegend nicht in Betracht kommende) Begehung des Raubes als Mitglied einer Bande unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds abstellt, mithin den "Gesellschaftsraub" nicht mehr einer strengeren gesetzlichen Strafdrohung unterwirft, sodaß auch in diesem Zusammenhang von einem Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot, wie ihn die Beschwerde reklamiert, keine Rede sein kann. Keine Urteilsnichtigkeit nach § 345 Abs. 1 Z 13 zweiter oder dritter Fall StPO wird letztlich mit dem Einwand aufgezeigt, das Erstgericht habe zu Unrecht den hohen Wert der Raubbeute (mehr als 1,5 Mio S) als erschwerend angenommen. Denn gemäß § 32 Abs. 3 StGB ist die Größe der vom Täter verschuldeten Schädigung sehr wohl ein Umstand, der nach den allgemeinen Grundsätzen für die Strafbemessung entsprechend zu berücksichtigen ist, mithin einen allgemeinen Erschwerungsgrund darstellt, wobei durch dessen Einordnung in die Aufzählung der besonderen Strafzumessungsgründe eine Nichtigkeit nach der eingangs zitierten Gesetzesstelle nicht verwirklicht wird (15 Os 111,112/89 ua).
Daß der Beschwerdeführer Schwierigkeiten bei der Beschaffung einer geregelten Arbeit hatte, wurde vom Erstgericht ohnedies als mildernd berücksichtigt. Welches Gewicht diesem Milderungsgrund für die Ausmessung der verwirkten Strafe zukommt, wird bei der Entscheidung über die Berufung zu beurteilen sein.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach als teils offenbar unbegründet, teils nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt gemäß §§ 285 d Abs. 1, 344 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen, woraus folgt, daß zur Entscheidung über die Berufungen sowie über die Beschwerde der zuständige Gerichtshof zweiter Instanz berufen ist (§ 285 i, 344; 494 a Abs. 5 StPO). Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E19923European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0140OS00001.9.0220.000Dokumentnummer
JJT_19900220_OGH0002_0140OS00001_9000000_000