TE OGH 1990/2/22 6Ob511/90

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Veröffentlicht am 22.02.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Schlosser, Dr.Redl und Dr.Kellner als weitere Richter in der Vormundschaftssache des mj. Rene D***, geboren am 13.Juli 1980, infolge Revisionsrekurses der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 25.Oktober 1989, GZ 22 a R 149/89-39, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 24.August 1989, GZ 20 P 194/89-34, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Am 18.August 1980 anerkannte Johann Ferdinand H*** die Vaterschaft zu dem am 13.Juli 1980 unehelich geborenen Rene D***. Die Mutter wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 11.September 1980 zum Vormund des Kindes bestellt. Am 7. April 1989 gab der Vater gegen den Minderjährigen, vertreten durch seine Mutter, eine Klage auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Vaterschaftsanerkenntnisses beim Bezirksgericht Frankenmarkt zu Protokoll. Das für den Rechtsstreit zuständige Bezirksgericht Salzburg ersuchte das Pflegschaftsgericht um Bestellung eines Kollisionskurators für den Minderjährigen.

Mit Beschluß vom 24.August 1989 bestellte das Erstgericht die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung (Jugendamt) für den pflegebefohlenen Minderjährigen zum Kollisionskurator, insbesondere zur Vertretung des Kindes in der Rechtssache vor dem Bezirksgericht Salzburg zu GZ 20 C 27/89, wegen Feststellung der Rechtsunwirksamkeit eines Vaterschaftsanerkenntnisses. Es begründete seinen Beschluß sinngemäß damit, daß zwischen den Interessen der Mutter und jenen des minderjährigen Kindes eine Kollision bestehe, sodaß die Mutter nicht als gesetzliche Vertreterin einschreiten könne, der Minderjährige im Abstammungsverfahren daher durch eine dritte Person vertreten werden "soll".

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Kollisionskurators keine Folge.

Es führte aus, in einem gegen das Kind angestrebten Prozeß zur Feststellung der Rechtsunwirksamkeit eines Vaterschaftsanerkenntnisses müsse, ebenso wie im Ehelichkeitsbestreitungsprozeß, eine Interessenkollision zwischen dem Kind und seiner Mutter angenommen werden. Das Kind habe ein Interesse an der Klärung seiner natürlichen Abstammung, welchem gegenüber jenem eines ehelich geborenen Kindes noch erhöhtes Gewicht zukomme, weil hier die Gefahr des Verlustes des Ehelichkeitsstatuts nicht bestehe, während die Mutter im Fall einer Klagestattgebung allein unterhaltspflichtig werde und auch noch Schadenersatzansprüchen des Klägers ausgesetzt sei. Eine Interessenkollision sei daher nicht auszuschließen, sodaß die Voraussetzungen für die Bestellung eines Kollisionskurators nach § 271 ABGB gegeben seien. Der Jugendwohlfahrtsträger sei gemäß § 213 ABGB zwar nur subsidiär heranzuziehen, wenn sich eine als Vormund oder Sachwalter geeignete Person nicht finden lasse. Es sei aber, abgesehen davon, daß sich der Jugendwohlfahrtsträger gegen eine Bestellung nur dann wehren könne, wenn es ihm gelinge, nachzuweisen, daß eine zur Besorgung der Aufgaben des Vormundes oder Sachwalters für den Minderjährigen geeignete andere Person vorhanden sei, im Regelfall davon auszugehen, daß allenfalls abstrakt geeignete Personen wegen ihres Naheverhältnisses zum pflegebefohlenen Kind und/oder zur Mutter meist selbst von der Kollision betroffen seien. Die Bestellung des Bezirksjugendamtes Salzburg-Umgebung sei zu Recht erfolgt.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Kollisionskurators ist mangels Ausführung eines nach § 16 Abs. 1 AußStrG beachtlichen Anfechtungsgrundes unzulässig.

Es ist ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 271 ABGB, welcher durch das KindschaftsrechtÄnderungsgesetz nicht berührt wurde, daß die Mutter ihr Kind im ehelichen Bestreitungsprozeß nicht vertreten kann. Es muß wegen der möglichen Interessenkollision für das Kind ein Kollisionskurator bestellt werden. Ein ohne dessen Mitwirkung zustandegekommenes Urteil wäre mit dem Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs. 1 Z 5 ZPO behaftet (SZ 52/124 mwN). Zur Annahme einer Interessenkollision sind subjektive Gründe in der Person des Vertreters im Einzelfall nicht erforderlich, es genügt der objektive Tatbestand. Gleiches muß im Falle eines Prozesses auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit eines Vaterschaftsanerkenntnisses gelten, in welchem die Interessen des unehelichen Kindes und der Mutter als gesetzlicher Vertreterin in gleicher Weise wie bei der Ehelichkeitsbestreitung divergieren können. Zutreffend hat das Rekursgericht darauf hingewiesen, daß beim unehelichen Kind zusätzlich die Gefahr des Verlustes des Ehelichkeitsstatuts wegfällt. Die Annahme einer Interessenkollision ist daher keinesfalls offenbar gesetzwidrig.

Wenn einem Minderjährigen ein Vormund oder Sachwalter zu bestellen ist und sich eine geeignete Person hiefür nicht finden läßt, hat das Gericht gemäß § 213 ABGB den Jugendwohlfahrtsträger zu bestellen. Das Gericht kann diese Bestellung auch ohne dessen Zustimmung aussprechen. Die Verletzung der in dieser Bestimmung zum Ausdruck kommenden Subsidiarität der Bestellung des Jugendwohlfahrtsträgers, also die Unterlassung von Erhebungen zur Ermittlung einer zunächst geeigneten Person, könnte nur einen schlichten Verfahrensmangel, keineswegs aber eine Nichtigkeit oder eine offenbare Gesetzwidrigkeit darstellen.

Mangels Ausführung eines in § 16 Abs. 1 AußStrG genannten Anfechtungsgrundes war der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

Anmerkung

E20357

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0060OB00511.9.0222.000

Dokumentnummer

JJT_19900222_OGH0002_0060OB00511_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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