Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Egermann, Dr. Niederreiter und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Walter P***, Rechtsanwalt, Wien 1., Mahlerstraße 7, als Masseverwalter im Konkurs des Ing. Wolfgang S***, Wien 10., Laxenburgerstraße 119, wider die beklagte Partei Michael M*** Gesellschaft mbH, Wien 10., Laxenburgerstraße 117, vertreten durch Dr. Stefan Bruckschwaiger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Anfechtung eines Kaufvertrages (Streitwert S 300.001,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 2.Dezember 1988, GZ 3 R 230/88-52, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 18. Mai 1988, GZ 25 Cg 473/86-41, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 11.745,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.957,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Ing. Günter S*** war Eigentümer von 145/16.762-Anteilen der Liegenschaft EZ 944 KG Nußdorf mit dem Haus in Wien 19., Bockkellergasse 4, mit denen das Wohnungseigentum an der Wohnung Nr. 8 untrennbar verbunden ist. Bei der Zwangsversteigerung der Eigentumswohnung am 9.3.1983 erhielt Ing. Wolfgang S***, der Zwillingsbruder des Wohnungseigentümers, den Zuschlag. Da das Meistbot von S 2,700.000 zunächst nicht berichtigt wurde, wurde die Wiederversteigerung bewilligt. Am 8.2.1985 wurde das Meistbot samt Zinsen erlegt und das Wiederversteigerungsverfahren eingestellt. Das Geld stellte die beklagte Partei aus einem ihr gewährten Kredit zur Verfügung. Mit Kaufvertrag vom 1.4.1984 verkaufte Ing. Wolfgang S*** die Eigentumswohnung um S 1 Mill. an die beklagte Partei. Der Kaufpreis wurde nicht bezahlt. Am 11.9.1984 wurde über das Vermögen des Ing. Wolfgang S*** der Ausgleich und am 13.6.1985 der Konkurs eröffnet. Der Kläger wurde zum Masseverwalter bestellt. Am 23.9.1985 verkaufte die beklagte Partei die Eigentumswohnung an Ewa S*** um S 1 Mill. Ewa S*** ist die Ehefrau des Ing. Günter S*** und Alleingesellschafterin der beklagten Partei. Der Kläger ficht den vom Gemeinschuldner mit der beklagten Partei abgeschlossenen Kaufvertrag nach den §§ 28 Z 1, 2 und 4, 29 Z 1 und 30 Abs. 1 Z 3 KO an und behauptet seine Unwirksamkeit nach § 8 Abs. 1 AO. Er begehrt, den Kaufvertrag den Gläubigern im Konkurs des Ing. Wolfgang S*** gegenüber für unwirksam zu erklären und die beklagte Partei schuldig zu erkennen, in die Löschung ihres Eigentums einzuwilligen. Mit Eventualbegehren verlangt er die Bezahlung von S 1 Mill. s.A.
Die beklagte Partei behauptet unter anderem, Ing. Wolfgang S*** habe die Eigentumswohnung als Treuhänder für Ewa S*** ersteigert.
Das Erstgericht wies Haupt- und Eventualbegehren ab. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteigt. Nach den wesentlichen Feststellungen der Vorinstanzen interessierte sich Ewa S*** für das Objekt und nahm deshalb mit ihrem Schwager, Ing. Wolfgang S***, Kontakt auf. Sie wollte das Objekt zwar ersteigern, aber nicht persönlich auftreten. Deshalb ersuchte sie ihren Schwager, für sie als Treuhänder aufzutreten, die Wohnung zu ersteigern und diese in der Folge an sie oder an eine ihr angehörige Gesellschaft zu "verkaufen". Das Vadium stammte aus dem Vermögen der Ewa S***.
Nach der im wesentlichen mit der Rechtsansicht des Erstgerichtes übereinstimmenden Auffassung des Berufungsgerichtes sei zwischen dem Gemeinschuldner und Ewa S*** ein Treuhandverhältnis begründet worden. Im Konkurs des Treuhänders könne der Treugeber auch bei ursprünglich verdeckter Treuhand aussondern und dies selbst dann, wenn der Treuhänder das Treugut nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Treugebers, sondern von Dritten für den Treugeber erworben habe. Dem Fall, daß der Treuhänder das Treugut von einem Dritten erwerbe, sei jenem gleichzustellen, bei dem der Treuhänder bisher unbeschränkte Eigenrechte künftig nur mehr treuhändig ausübe. Im vorliegenden Fall wäre daher ein zur Aussonderung berechtigendes Treuhandverhältnis auch dann anzunehmen, wenn Ing. Wolfgang S*** die Eigentumswohnung zunächst für sich selbst ersteigert hätte, dadurch unbeschränkt Eigentum erworben, in der Folge aber den drohenden Verlust seines Eigentums als Treuhänder der Beklagten durch den Erlag des von dieser zur Verfügung gestellten Meistbots verhindert hätte. Begründe ein Treuhandverhältnis aber Aussonderungsrechte, käme eine Anfechtung des Kaufvertrages nach der Konkursordnung nicht in Betracht. Der § 8 AO betreffe nur Verfügungen des Ausgleichsschuldners über sein Vermögen. Überdies binde § 8 Abs. 2 AO nur zum Unternehmensbetrieb gehörige Rechtsgeschäfte an die Zustimmung des Ausgleichsverwalters. Da hier eine uneigennützige Treuhand vorliege, habe die Treuhandabwicklung nicht zum Geschäftsbetrieb des Ing. Wolfgang S*** gehört. Das Eventualbegehren sei nicht berechtigt, weil Ing. Wolfgang S*** aus der Treuhandabrede verpflichtet gewesen sei, der Beklagten unentgeltlich das Eigentum am Treugut zu verschaffen. Die gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit und die behauptete Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO). In seiner Rechtsrüge wendet sich der Revisionswerber zu Unrecht gegen die Annahme einer Treuhand durch die Vorinstanzen. Die Begründung eines Treuhandverhältnisses derart, daß der Treuhänder das Treugut erst von einem Dritten erwirbt, ist anerkannt (RZ 1983/12; JBl. 1954, 619), doch handelt auch hiebei der Treuhänder wie ein mittelbarer Stellvertreter im eigenen Namen und auf fremde Rechnung. Umgekehrt ist aber nicht schon jeder Rechtserwerb im Wege indirekter Stellvertretung zugleich Treuhand. Letztere ist daher von der ersteren abzugrenzen. Als indirekter Stellvertreter ist derjenige anzusehen, für den die erworbenen Güter, wie etwa für den Kommissionär, nur Durchgangsposten sind, die er ehestens auf den Geschäftsherrn zu übertragen hat. Demgegenüber hat der Treuhänder eigene Rechte in fremdem Namen auszuüben oder auf gewisse Zeit zu halten und zu verwalten. Darin liegt das Wesen und das Schwergewicht der Verpflichtung des Treuhänders. Wo letzteres nicht zutrifft und der Beauftragte zwar im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung nur Rechtsgeschäfte oder Rechtshandlungen besorgt und als bloßer Erwerbsgehilfe auftritt, liegt keine Treuhand, sondern nur indirekte Stellvertretung vor (Coing, Die Treuhand kraft privaten Rechtsgeschäftes 103; vgl. auch Kastner, Die Treuhand im österreichischen Recht in JBl. 1949, 91; Strasser in Rummel, ABGB, Rz 42 zu § 1002 S 1228). Im vorliegenden Fall hat Ewa S*** den Gemeinschuldner beauftragt, beim Erwerb der Eigentumswohnung als Treuhänder aufzutreten. Ungeachtet einer solchen Formulierung ist aber immer zu prüfen, ob eine echte Treuhand gemeint war (EvBl. 1980/162; EvBl. 1972/19), weil es bei Beurteilung der Rechtsnatur eines Vertrages nicht auf die von den Parteien verwendeten Bezeichnungen ankommt, sondern auf die Absicht der Parteien hinsichtlich der Wirkungen des Vertrages und den sich daraus ergebenden Vertragszweck (MietSlg. 38.118/24 mwN). Aus den Feststellungen der Vorinstanzen ergibt sich, daß sich der Auftrag der Ewa S*** an den Gemeinschuldner nicht darin erschöpfte, die Eigentumswohnung im eigenen Namen für sie zu erwerben und ihr ehestens zu übertragen. Seine Aufgabe war es nach dem Inhalt der getroffenen Vereinbarung, die Eigentumswohnung zunächst zu halten und erst in Zukunft je nach Weisung der Auftraggeberin allenfalls auch an einen Dritten zu übertragen und somit Eigentumsrechte im Interesse der Auftraggeberin auszuüben. In der Ausübung der übertragenen Rechte im Interesse des Treugebers liegt aber ein wesentliches Kriterium einer (fiduziarischen) Treuhand (vgl. EvBl. 1980/162; SZ 49/49; Strasser aaO S 1227 und die dort zitierte Rechtsprechung). Zu Recht sind daher die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß durch die zwischen Ewa S*** und dem Gemeinschuldner vor der Versteigerung getroffene Abrede ein Treuhandverhältnis begründet wurde. Dann erweist sich aber die Übertragung der Eigentumswohnung an die beklagte Partei, wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben, als anfechtungsfest. Im Konkurs des Treuhänders hat der Treugeber, wie das Berufungsgericht bereits zutreffend dargelegt hat, selbst dann ein Aussonderungsrecht, wenn der Treuhänder das Treugut nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Treugebers, sondern von einem Dritten für den Treugeber erworben hat (Strasser aaO S 1229 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). Hätte der Treugeber aber aussondern können, dann konnte die Übertragung des Treugutes an einen von ihm bezeichneten Begünstigten für die Gläubiger nicht von Nachteil sein. Das Erfordernis der Gläubigerbenachteiligung ist aber ein allen Anfechtungstatbeständen nach der Konkursordnung - zum Teil unausgesprochen - zugrundeliegendes Erfordernis (SZ 59/114 mwN). Aus den Feststellungen der Vorinstanzen ergibt sich aber auch, daß der angefochtene Kaufvertrag nur der Übertragung des Eigentumsrechtes im Interesse des Treugebers an den von diesem bezeichneten Begünstigten diente und hiedurch ein Forderungsrecht des Gemeinschuldners nicht wirksam begründet werden sollte. Zu Recht haben daher die Vorinstanzen auch das Eventualbegehren abgewiesen. Der § 8 AO betrifft nur Rechtsgeschäfte nach Stellung des Ausgleichsantrages, der hier erst am 7.9.1984 und demnach nach Abschluß des Kaufvertrages gestellt wurde.
Demgemäß ist der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E20389European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0070OB00715.89.0222.000Dokumentnummer
JJT_19900222_OGH0002_0070OB00715_8900000_000