Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** M*****, Hausfrau, *****, vertreten durch Dr. Nikolaus Bilowitzki, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dr. H***** K*****, Rechtsanwalt, *****, wegen 150.179,80 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgerichts vom 27. Juni 1989, GZ 11 R 74/89-24, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 16. Jänner 1989, GZ 52 Cg 118/86-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Urteilsfällung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Mit Notariatsakt vom 29. Oktober 1981 schenkte Dipl. Ing. W***** B***** seiner Tochter, der Klägerin, die Liegenschaft EZ 714 KG ***** in Anrechnung auf den künftigen Erb- bzw Pflichtteil. Dipl. Ing. W***** B***** war bei der Errichtung dieses Notariatsaktes durch Rechtsanwalt Dr. E***** L***** vertreten, dessen Vollmacht weder auf diesen konkreten Schenkungsvertrag noch auf unentgeltliche Veräußerungen von Liegenschaften lautete.
Am 2. März 1984 übergab I***** B*****, die Schwester der Klägerin, dem Beklagten den Notariatsakt, die Unbedenklichkeitsbescheinigung vom 3. Juni 1983 und den Staatsbürgerschaftsnachweis der Klägerin mit dem Auftrag, die bücherliche Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin an der Liegenschaft zu veranlassen. Mit Schreiben vom 5. März 1984 bestätigte der Beklagte der Klägerin, dass er diese Urkunden mit dem Auftrag, sich der Grundbuchssache der Klägerin anzunehmen, übernommen habe; er ersuche die Klägerin daher, ihm die beiliegende Vollmacht unterfertigt zurückzusenden, damit er sich als ihr Vertreter ausweisen könne. Am 2. April 1984 ersuchte der Ehegatte der Klägerin den Beklagten, wegen eines mittlerweile eingetretenen Todesfalles in der Familie mit der Durchführung der Grundbuchseintragung zuzuwarten. Am 29. Oktober 1984 erinnerte der Beklagte die Klägerin an den von I***** B***** erteilten Auftrag und ersuchte sie um Mitteilung, ob er das – bereits fertige - Grundbuchsgesuch einbringen solle. Daraufhin übermittelte die Klägerin dem Beklagten die unterfertigte Vollmacht, die am 15. November 1984 beim Beklagten einlangte. Das vom Beklagten hierauf eingebrachte Grundbuchsgesuch wurde abgewiesen, weil die Vollmacht des Geschenkgebers an Dr. E***** L***** dem Notariatsakt nicht angeschlossen war. Nachdem der Beklagte vom mittlerweiligen Stellvertreter Dr. E***** L*****s am 19. Februar 1985 diese Vollmacht erhalten hatte, beantragte er beim Grundbuchsgericht neuerlich die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin. Auch dieses zweite Grundbuchsgesuch wurde abgewiesen, weil die für eine Einverleibung auf Grund von Urkunden eines Machthabers gegen den Machtgeber für Generalvollmachten betehende, ab Erteilung der Vollmacht laufende Frist von 3 Jahren (§ 31 Abs 6 GBG) bereits verstrichen war; als weiteren Abweisungsgrund führte das Rekursgericht an, dass die Vollmacht des Vertreters des Schenkers nicht auf die Vornahme unentgeltlicher Veräußerungsgeschäfte laute. Der vom Beklagten namens der Klägerin dagegen erhobene Rekurs blieb erfolglos.
Im März 1985 widerrief der Vater der Klägerin mit der Behauptung, dass die Klägerin Verkaufsabsichten geäußert habe, die Schenkung wegen groben Undanks. Am 15. April 1985 brachte die Klägerin gegen ihren Vater eine Klage auf Einwilligung in die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes an der geschenkten Liegenschaft ein. Am 27. April 1985 starb der Vater der Klägerin. Er hatte testamentarisch I***** B***** zur Alleinerbin bestimmt und die Klägerin unter Anrechnung der gegenständlichen Schenkung auf den Pflichtteil gesetzt. Die Klägerin beteiligte sich am Verlassenschaftsverfahren, weil sie noch nicht grundbücherliche Eigentümerin der geschenkten Liegenschaft war und einen allfälligen Pflichtteilsergänzungsanspruch erheben wollte. Schließlich kam es zwischen der Klägerin und ihrer Schwester I***** B***** zu einer Einigung, welche die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin an der Liegenschaft ermöglichte. Für ihre anwaltliche Vertretung im Verlassenschaftsverfahren und in dem gegen ihren Vater angestrengten Zivilprozess sowie bei (ergebnislosen) Verhandlungen mit einem Vertreter ihres Vaters zur Erlangung einer Aufsandungserklärung wendete die Klägerin Kosten in der Höhe des eingeklagten Betrages auf.
Die Klägerin fordert vom Beklagten den Ersatz dieser Vertretungskosten aus dem Titel des Schadenersatzes. Der Beklagte habe den ihm erteilten Auftrag sofort angenommen, ohne darauf hinzuweisen, daß der Notariatsakt mit notariell beglaubigten Vollmachten vom 7. August 1981 bzw 1. September 1981 unterfertigt worden war, so dass die dreijährige Dauer der Gültigkeit der Vollmachten gemäß § 31 Abs 6 GBG für die grundbücherliche Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin bereits am 7. August 1984 bzw 1. September 1984 ablaufen werde und deshalb der Antrag beim Grundbuchsgericht vor dem 7. August 1984 gestellt werden müsse. Der Beklagte habe diesen Mangel der Urkunden erst nach Ablauf dieser Frist erkannt. Danach sei eine Sanierung unter Mitwirkung des Vaters der Klägerin nicht mehr möglich gewesen, weil er Verkaufsabsichten der Klägerin zum Anlass genommen habe, die Schenkung wegen groben Undanks zu widerrufen. Die Klägerin sei dem mit dem Hinweis entgegengetreten, dass sie in keiner Weise verpflichtet sei, den Verkauf der geschenkten Liegenschaft zu unterlassen; sie habe in der Folge gegen ihren Vater eine Klage auf Zustimmung zur Einverleibung ihres Eigentumsrechtes auf Grund des Schenkungsvertrags einbringen und sich auch am Verlassenschaftsverfahren nach ihrem Vater beteiligen müssen, um die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes erwirken zu können. Dieser Vertretungsaufwand wäre nicht erforderlich gewesen, wenn der Beklagte die Einverleibung des Eigentumsrechtes vor Ablauf der Gültigkeitsdauer der Vollmachten beantragt hätte. Auf den Ablauf der Gültigkeit der Vollmacht Dr. E***** L*****s im Grundbuchsverfahren hätte der Beklagte selbst dann sofort nach Übernahme der Urkunden hinweisen müssen, wenn ihm noch kein Auftrag erteilt worden wäre. Wäre die Klägerin über die zeitliche Beschränkung der Gültigkeit dieser Vollmachten im Grundbuchsverfahren belehrt worden, dann hätte sie den Beklagten nicht ersucht, mit der Durchführung der Grundbuchssache noch zuzuwarten; sie hätte dann noch rechtzeitig entsprechende Veranlassungen treffen können. Der Beklagte habe aber auch nicht erkannt, dass die vom Vater der Klägerin dem Dr. E***** L***** erteilte Vollmacht nicht zur Vornahme unentgeltlicher Veräußerungen von Liegenschaften berechtigt habe. Hätte er diesen Vollmachtsmangel erkannt und die Klägerin darüber belehrt, dann hätte er vom Geschenkgeber rechtzeitig eine taugliche Vollmacht einholen müssen; zumindest die Klägerin selbst wäre in der Lage gewesen, die erforderlichen Erklärungen von ihrem Vater abzuverlangen, wenn sie vom Beklagten auf diesen Mangel der Vollmacht hingewiesen worden wäre. Beide Fehler hätten somit, wenn sie der Beklagte sogleich nach Übernahme der Urkunden erkannt und die Klägerin entsprechend belehrt hätte, noch vor dem Tod des Vaters der Klägerin saniert werden können. Die Klägerin hätte damals von ihrem Vater jede erforderliche Erklärung erhalten.
Der Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Es sei nicht richtig, dass er bereits im März 1984 den Auftrag der Klägerin erhalten habe. Die Schwester der Klägerin habe ihm damals zwar Urkunden übergeben, ihn aber ausdrücklich ersucht, den Auftrag direkt bei der Klägerin einzuholen. Die Klägerin habe jedoch diesen Auftrag nicht sofort erteilt; vielmehr habe ihr Ehemann den Beklagten gebeten, mit der Erledigung der Grundbuchssache wegen eines Todesfalles in der Familie bis zu einer entsprechenden Nachricht zuzuwarten. Diese Nachricht und die erbetene Vollmacht seien dem Beklagten erst am 15. November 1984 zugekommen. Der Beklagte habe zwar nicht erkannt, dass die Frist des § 31 Abs 6 GBG für die Vollmacht des Vertreters des Geschenkgebers am 7. August 1984 ablaufen werde; er habe daher die Klägerin auch nicht darauf aufmerksam gemacht. Da er aber vor dem Ablauf der Frist keinen Auftrag zum Einschreiten erhalten habe, müsse er für diese Unterlassung nicht einstehen. Aus dem Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien, mit dem die Abweisung des zweiten Grundbuchsgesuches bestätigt worden ist, gehe hervor, dass der Grundbuchseintragung auch ein Mangel der Vollmacht Dr. E***** L***** entgegengestanden sei; diese habe nämlich nicht zu unentgeltlichen Veräußerungen namens des Geschenkgebers berechtigt. Der Notariatsakt sei daher von Anfang an nicht verbücherungsfähig gewesen. Wegen des getrübten Verhältnisses zwischen der Klägerin und ihrem Vater wäre eine Sanierung des Vertrages - die jedenfalls Kosten verursacht hätte - nicht mehr möglich gewesen. Schon deshalb sei die Beteiligung der Klägerin am Verlassenschaftsverfahren notwendig geworden. Die Kosten für das Grundbuchsgesuch könne die Klägerin nicht ersetzt begehren, weil der Beklagte der Klägerin wegen der Erfolglosigkeit seiner Tätigkeit kein Honorar verrechnet habe. Die Vertretung der Klägerin im Verlassenschaftsverfahren nach ihrem Vater sei nicht wegen eines Fehlers des Beklagten erforderlich geworden, eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht geboten gewesen; zu dieser Vertretung wäre auch der Beklagte bereit gewesen. Auch dem für die Klägerin tätig gewesenen Rechtsanwalt Dr. H***** P***** sei der Mangel der Vollmacht sowie das Fehlen der Schenkungsurkunde nicht aufgefallen. Die Kosten einer Vereinbarung über die Sanierung der Schenkung und einer allfälligen erforderlichen Aufsandungserklärung wären in jedem Fall aufgelaufen, weil die Vollmacht des Geschenkgebers an Dr. E***** L***** auch einen Inhaltsmangel aufgewiesen habe. Die Kosten des über die Klage auf Erteilung der Zustimmung zur grundbücherlichen Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin geführten Verfahrens hätten von der Verlassenschaft getragen werden müssen. Da die Klägerin über diesen Kostenersatzanspruch anders verfügt habe, könne sie die Kosten nicht vom Beklagten ersetzt begehren. Sie habe aber auch deshalb gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten dieses Verfahrens, weil das darin beantragte Urteil nicht geeignet gewesen wäre, einen tauglichen Exekutionstitel zu bilden. Im Übrigen hat der Beklagte die Schadenersatzforderung auch der Höhe nach bestritten.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Der Beklagte habe zwar seine Belehrungspflicht gegenüber der Klägerin verletzt; er habe jedoch die Verschlechterung des Verhältnisses zwischen der Klägerin und ihrem Vater sowie dessen Tod nicht vorhersehen können. Zu seiner Fehlleistung seien noch weitere Umstände hinzugetreten, die zum Eintritt des Schadens der Klägerin geführt hätten; der Vertretungsaufwand der Klägerin sei daher eine inadäquate Folge des "Kunstfehlers" des Beklagten. Im übrigen wären die Kosten des Grundbuchsgesuches in jedem Fall aufgelaufen. Am Verlassenschaftsverfahren habe sich die Klägerin nicht allein deshalb beteiligt, weil ihr Eigentumsrecht an der geschenkten Liegenschaft noch nicht einverleibt war; sie habe sich daran auch deshalb beteiligen müssen, um einen allfälligen Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen zu können. Der gegen den Vater der Klägerin angestrengte Zivilprozess sei nicht wegen der Fehlleistung des Beklagten, sondern wegen des Sinneswandels des Vaters der Klägerin erforderlich geworden.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts und sprach aus, dass die Revision zulässig sei. Dass der Beklagte die Klägerin über die - offenbar nicht gegebenen - Voraussetzungen einer Bevollmächtigung zur Vornahme unentgeltlicher Veräußerungen nicht belehrt habe, sei aus rechtlichen Gründen unerheblich; Feststellungen darüber, dass die dem Dr. E***** L***** erteilte Vollmacht keine Spezialvollmacht war, seien daher entbehrlich. Auch die offenbar gewünschte Feststellung, dass die Voraussetzungen für einen Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks nicht vorgelegen seien, sei rechtlich unerheblich. Der Beklagte sei - ungeachtet des Umstandes, dass er die Frist des § 31 Abs 6 GBG für die Gültigkeit der Vollmacht Dr. E***** L*****s im Grundbuchsverfahren nicht erkannt habe, was ihm als Rechtsanwalt zum Verschulden zuzurechnen sei - vor dem Einlangen der Vollmacht der Klägerin nicht verpflichtet gewesen, die ihm von der Schwester der Klägerin übergebenen Urkunden inhaltlich auf ihre Eignung zur Erwirkung der gewünschten Einverleibung zu prüfen, dies auch nicht unter dem Gesichtspunkt vorvertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten; er hätte für eine derartige Prüfung vor Erteilung der Vollmacht auch keinen Honoraranspruch gehabt. Vor Abschluss des Vertrags habe der Beklagte nur die Pflicht gehabt, die Klägerin über die Beschaffenheit des in Aussicht genommenen Leistungsgegenstandes aufzuklären und ihr rechtliche Hindernisse mitzuteilen, die einem Vertragsabschluss entgegenstehen; dazu gehöre aber nicht die Belehrung seines künftigen Mandanten über alle Erfordernisse eines Rechtsgeschäfts oder über die Erfolgsaussichten seines Einschreitens, und zwar insbesondere dann nicht, wenn dies bereits weitgehend Gegenstand seiner zukünftigen entgeltlichen Tätigkeit nach Erteilung der Vollmacht wäre.
Zum Zeitpunkt des Einlangens der Vollmacht der Klägerin beim Beklagten sei es dann im Hinblick auf § 31 Abs 6 GBG zu spät gewesen, auf Grund der bereits im August 1981 ausgestellten Vollmacht des Geschenkgebers eine Einverleibung gegen den Vollmachtgeber zu erwirken. Dass der Vater der Klägerin noch im November 1984 bereit gewesen wäre, prompt eine Spezialvollmacht auszustellen, habe die Klägerin nicht einmal behauptet. In dem Zeitpunkt, in dem der Beklagte verpflichtet gewesen sei, die ihm übergebenen Urkunden auf ihre Eignung zur grundbücherlichen Durchführung der Schenkung zu prüfen, seien sie nicht mehr geeignet gewesen, die Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin zu erwirken; daher könne die Klägerin den Beklagten auch nicht für die später aufgewendeten Kosten in Anspruch nehmen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der Klägerin mit dem Antrag, die Entscheidung der zweiten Instanz im Sinne der Stattgebung der Klage abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Eine Mangelhaftigkeit oder Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
Mit Recht wendet sich jedoch die Klägerin in ihrer Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß den Beklagten erst nach dem Einlangen einer schriftlichen Vollmacht der Klägerin bei ihm (am 15. November 1984) die Verpflichtung getroffen hätte, die ihm bereits am 2. März 1984 übergebenen Urkunden auf ihre Eignung, die angestrebte Eigentumseinverleibung bewirken zu können, zu überprüfen. Der Vertrag zwischen dem Rechtsanwalt und seinem Klienten hat in der Regel die entgeltliche Besorgung von Geschäften in Vertretung des Klienten zum Gegenstand und ist ein Bevollmächtigungsvertrag (Auftrag gekoppelt mit Vollmacht; Strasser in Rummel, ABGB2, Rz 26 zu § 1002). Auf ihn sind in erster Linie die Vorschriften der RAO anzuwenden; hilfsweise gelten die Bestimmungen des ABGB über die Bevollmächtigung (SZ 52/73). Formvorschriften für das Zustandekommen dieses Vertrags bestehen nicht. Die Unterfertigung einer Vollmacht zum Zweck des Einschreitens bei Gerichten ist für das Zustandekommen des Vertrags zwischen dem Rechtsanwalt und dem Klienten nicht erforderlich. Das Erstgericht hat - unbekämpft - festgestellt, dass der Beklagte den Auftrag der - bei dieser Auftragserteilung durch ihre Schwester vertretenen - Klägerin schon anlässlich der Übernahme der Schenkungsurkunde somit weiterer Urkunden angenommen hat. Dass die Schwester der Klägerin keinen solchen Auftrag erteilt hätte, die Klägerin vielmehr den Beklagten erst mit der Übersendung der Vollmacht hätte beauftragen wollen, wurde nicht als erwiesen angenommen. Auch der Beklagte selbst ist in seinem Schreiben an die Klägerin vom 29. Oktober 1984 (Beilage E) davon ausgegangen, dass er den Auftrag zur Erledigung der Grundbuchssache von der Schwester der Klägerin bereits im März 1984 erhalten habe.
Gemäß § 9 RAO ist der Rechtsanwalt ua verpflichtet, die Rechte seiner Partei mit Gewissenhaftigkeit zu vertreten; diese Bestimmung ergänzt § 1009 ABGB, der den Gewalthaber verpflichtet, das ihm durch den Bevollmächtigungsvertrag aufgetragene Geschäft umsichtig und redlich zu besorgen. Zu den wichtigsten Aufgaben des Rechtsanwaltes, der eine Vertretung übernimmt, gehört die Belehrung des meist rechtsunkundigen Mandanten (SZ 56/161; SZ 58/165 ua). Bei Einhaltung der ihm gemäß § 1299 ABGB obliegenden, gegenüber dem objektiven Sorgfaltsmaßstab des § 1297 ABGB erhöhten Sorgfaltspflichten hätte der Beklagte erkennen müssen, dass die ihm übergebenen Urkunden untauglich waren, die gewünschte Grundbuchseintragung zu bewirken; er hätte dann aber auch die Klägerin entsprechend belehren müssen. Wie sich aus den Feststellungen der Vorinstanzen ergibt, lautete die Vollmacht des für den Schenker beim Vertragsabschluss tätig gewesenen Rechtsanwaltes Dr. E***** L***** nicht auf das bestimmte Geschäft, das mit ihr vorgenommen wurde; sie unterlag daher der zeitlichen Beschränkung des § 31 Abs 6 GBG, falls mit ihr eine Einverleibung gegen den Machthaber erlangt werden sollte. Gemäß § 1008 Satz 2 ABGB ist (ua) für die Vornahme von Schenkungen eine besondere, auf das einzelne Geschäft ausgestellte Vollmacht notwendig; allgemeine, selbst unbeschränkte Vollmachten reichen in diesem Fall nur dann aus, wenn die Gattung des Geschäfts in der Vollmacht ausgedrückt worden ist. Nach dem im Akt erliegenden Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 28. Juni 1985, 46 R 2028/85, berechtigte die Vollmacht Dr. W***** L*****s nicht einmal allgemein zur Vornahme unentgeltlicher Veräußerungen (Schenkungen) für den Machthaber; der mit dieser Vollmacht abgeschlossene Schenkungsvertrag (Notariatsakt) hätte daher auch vor Ablauf der in § 31 Abs 6 GBG festgesetzten Frist nicht zur Einverleibung des Eigentumsrechtes der Klägerin führen können. Zu einer Belehrung der Klägerin über diese Umstände wäre der Beklagte verpflichtet gewesen; für die Unterlassung einer solchen Belehrung hat er daher einzustehen.
Dass darüber hinaus auf Grund der Vollmacht Dr. Erich L*****s gemäß § 31 Abs 6 GBG nach Ablauf von 3 Jahren nach ihrer Ausstellung, sohin nach dem 7. August 1984, keine Einverleibung gegen den Machthaber hätte bewirkt werden können, fällt unter den vorliegenden Umständen nicht ins Gewicht; eine Belehrung durch den Beklagten, dass mit der Einbringung der Grundbuchseingabe nicht über den 7. August 1984, hinaus zugewartet werden dürfe, war somit nicht erforderlich. Das Zuwarten mit der Einbringung des Grundbuchsgesuches über diesen Zeitpunkt hinaus war daher - für sich allein gesehen - für den Eintritt des behaupteten Schadens nicht kausal.
Die Klägerin hat sich allerdings auch darauf berufen, dass sie vom Beklagten auch nicht über den Vollmachtsmangel im Sinne des § 1008 ABGB aufgeklärt worden sei; sie wäre im Fall einer entsprechenden Aufklärung durch den Beklagten in der Lage gewesen, die erforderlichen Urkunden und Unterschriften vom Schenker zu besorgen. Damit hat aber die Klägerin den Beweis angetreten, dass eine entsprechende Belehrung durch den Beklagten den Eintritt des Schadens - nicht allerdings auch die Kosten der Errichtung einer zur Einverleibung ihres Eigentumsrechtes geeigneten weiteren Urkunde - verhindert hätte. Feststellungen darüber, ob der Schenker noch im März 1984 bereit gewesen wäre, den Mangel der vorhandenen Urkunden zu sanieren, fehlen allerdings; das Erstgericht wird sie daher nach einer Ergänzung seines Verfahrens zu treffen haben. Dabei ist folgende Rechtslage zu beachten:
Die Beweislast für den Kausalzusammenhang zwischen einer schädigenden Handlung (Unterlassung) und dem Eintritt eines Schadens trifft den Geschädigten (Koziol-Welser8 I 421; Reischauer im Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 1295; Koziol, Haftpflichtrecht2 I 333; SZ 52/15; SZ 55/53; JBl 1988, 244). An den für die Haftungsbegründung erforderlichen Kausalitätsbeweis dürfen allerdings keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden, so daß besonders bei Unterlassungen der Beweis eines (sehr) hohen Wahrscheinlichkeitsgrades genügt (SZ 31/122; SZ 52/136; SZ 58/143; SZ 59/93; JBl 1988, 243); zur Feststellung des Kausalablaufes genügt der sogenannte prima-facie-Beweis (RZ 1983/14; SZ 56/145; Reischauer aaO Rz 3 zu § 1295). Der Beweisbelastete hat daher nur bestimmte Tatsachen zu beweisen, aus denen sich nach der Lebenserfahrung mit erheblicher Wahrscheinlichkeit auf andere Tatsachen schließen läßt. Dieses vorläufige Ergebnis kann der Gegner schon dadurch erschüttern, dass er Tatsachen beweist, die einen Schluß auf einen anderen Ablauf zulassen, der zumindest gleich wahrscheinlich ist; gelingt ihm das, dann muss der Beweispflichtige den vollen Beweis führen (Reischauer aaO Rz 4 zu § 1296; Fasching LB2 Rz 894 f).
Sollte die erforderliche Verfahrensergänzung ergeben, dass die Klägerin die für die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes erforderlichen Urkunden und Erklärungen ihres Vaters noch im März 1984 hätte erreichen können, dann bedarf es zur Beurteilung der Schadenersatzpflicht des Beklagten auch noch weiterer Feststellungen darüber, welche konkreten Maßnahmen die Klägerin zur nachträglichen Erlangung dieser Grundbuchseintragung getroffen und welche Kosten sie dafür aufgewendet hat. Das Erstgericht wird aber auch die Kosten einer (fiktiven) Sanierung festzustellen haben, weil diese von einem allfälligen Schadenersatzanspruch abzuziehen sind.
Der aufgezeigte Feststellungsmangel über den Kausalablauf zwingt zur Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen und zur Zurückverweisung der Rechtssache an das Gericht erster Instanz.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
Textnummer
E20294European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00607.890.0227.000Im RIS seit
07.01.1995Zuletzt aktualisiert am
02.03.2015