TE OGH 1990/2/28 2Ob21/90

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Veröffentlicht am 28.02.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei

P*** DER A***, 1092 Wien, Roßauer

Lände 3, vertreten durch Dr. Adolf Fiebich, Dr. Vera Kremslehner und Dr. Josef Milchram, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei I***, Internationale Unfall- und Schadensversicherungs-Aktiengesellschaft, 1010 Wien, Tegetthoffstraße 7, vertreten durch Dr. Johann Subarsky, Rechtsanwalt in Wien, wegen 294.050,-- S sA und Feststellung infolge Revision der beklagten Partei gegen das mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 24. Jänner 1990 ergänzte Urteil desselben Gerichtes vom 2. Juni 1989, GZ 13 R 75/89-13, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 24. Dezember 1988, GZ 1 Cg 758/87-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Entscheidung als Teilurteil zu lauten hat:

"Die Klagebegehren,

1.) es werde festgestellt, daß die beklagte Partei im Rahmen des Haftpflichtversicherungsvertrages betreffend den Traktor mit dem Kennzeichen N 337.571 und die Anhänger mit dem Kennzeichen N 507.731 und N 167.844, Halter Josef S***, Landwirt in Platt Nr. 42, Bezirk Hollabrunn, verpflichtet ist, der klagenden Partei alle jene künftigen Leistungen zu ersetzen, welche diese aus Anlaß des Unfalles des Maurers Josef Z*** vom 8. September 1984 auf Grund der jeweils in Geltung stehenden sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen über die gesetzliche Pensionsversicherung an die Hinterbliebenen des Josef Z*** zu erbringen hat, dies jedoch nur insoweit, als diese Leistungen in dem Schaden Deckung finden, den die Hinterbliebenen nach Josef Z*** ohne den im § 332 Abs 1 ASVG vorgesehenen Rechtsübergang von der beklagten Partei, ausgehend vom Alleinverschulden des Josef S***, unmittelbar zu fordern berechtigt wären, sowie

2.) die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von 294.050,-- S sA zu bezahlen, werden abgewiesen."

Die Kostenentscheidung wird der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 8. September 1984 ereignete sich gegen 11,30 Uhr auf der Bundesstraße 45 zwischen Deinzendorf und Zellerndorf (Straßenkilometer 23,6) ein Verkehrsunfall, bei dem der bei der Klägerin pensionsversicherte Maurer Josef Z*** schwere Kopfverletzungen erlitt, denen er am 27. September 1984 erlag. Er hatte den ihm befreundeten Landwirt Josef S*** ersucht, Holz aus einem naheliegenden Wald für ihn abzutransportieren. Josef S*** und Josef Z*** haben einander des öfteren bei der Landarbeit aus Gefälligkeit ausgeholfen, und zwar immer dann, wenn sie einander brauchten, wobei zwischen ihnen nie ein Lohn oder ähnliches verrechnet oder bezahlt wurde. So war es auch am Unfallstag. Nach dem Aufladen des Holzes fuhr Josef S*** mit dem von ihm gehaltenen und bei der Beklagten haftpflichtversicherten Traktorzug, bestehend aus dem Traktor (N 337.571) und zwei Anhängern (N 507.731 und N 167.844) mit einer Last von ca. 5 bis 6 m3 Holz auf jedem Anhänger auf der Bundesstraße 45 in Richtung Zellerndorf. Um sich das Ankuppeln der Seilzugbremse zu sparen, ersuchte er Josef Z***, sich auf den ersten Anhänger als Bremser zu setzen, was dieser auch tat. Infolge einer Unaufmerksamkeit kam Josef S*** mit dem Traktorzug von der befestigten Straße auf das rechte mit Gras bewachsene Straßenbankett ab. Dabei stürzte der erste Anhänger infolge der Niveauunebenheit um, wodurch Josef Z*** vom Anhänger geschleudert wurde und tödliche Verletzungen erlitt. Josef S*** wurde wegen dieses Unfalles mit Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 21. Februar 1985 zu 12 d E Vr 33/85, Hv 25/85, rechtskräftig des Vergehens der fahrlässigen Tötung nach § 80 StGB schuldig erkannt. Die Klägerin erbrachte in der Zeit vom 27. September 1984 bis 31. Juli 1987 einschließlich Sonderzahlungen an die Witwe Z***, Ernestine Z***, an Witwenpension Leistungen im Gesamtbetrag von 223.249,-- S und an Waisenpension für den mj. Sohn Christian Z*** Leistungen von insgesamt 89.297,10 S. Der von der Klägerin geleistete Anstaltsanteil des Krankenversicherungsbeitrages betrug für den angeführten Zeitraum bezüglich der Witwe 16.205,60 S und für den Waisen 9.160,70 S.

Mit der am 17. August 1987 erhobenen Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten die Bezahlung des Betrages von 294.050,-- S sA und die Feststellung der Haftung der beklagten Partei für alle Leistungen, die sie aus Anlaß dieses Unfalles auf Grund der jeweils in Geltung stehenden sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen über die gesetzliche Pensionsversicherung an die Hinterbliebenen des Josef Z*** zu erbringen habe, dies jedoch nur insoweit, als diese Leistungen in dem Schaden Deckung finden, den die Hinterbliebenen nach Josef Z*** ohne den im § 332 Abs 1 ASVG vorgesehenen Rechtsübergang von der Beklagten, ausgehend vom Alleinverschulden des Josef S***, unmittelbar zu fordern berechtigt wären. Da das Verschulden an dem Unfall Josef S*** treffe, habe die Beklagte als Haftpflichtversicherer gemäß § 63 Abs 1 KFG der Klägerin die für die Hinterbliebenen des Josef Z*** erbrachten Leistungen im Umfang der auf sie gemäß § 332 Abs 1 ASVG übergegangenen Ersatzansprüche der Hinterbliebenen zu zahlen. Ausgehend von dem voraussichtlichen Ansteigen des Einkommens Z***, den jährlichen Fixkosten des Haushaltes von dessen Familie (51.000 S) sowie von der Aufteilung des verbleibenden Einkommens im Verhältnis von 45 : 40 : 15 zwischen Josef Z***, seiner Frau und dem mj. Sohn, seien die für die Witwe erbrachten Pensionsleistungen zur Gänze in den Fixkosten und im Unterhaltsentgang der Witwe gedeckt, die in diesem Zeitraum ausgezahlte Waisenpension hingegen nur mit einem Teil von 45.434,70 S. Für die von der Klägerin zu zahlenden Krankenversicherungsbeiträge stünde ein eigener Deckungsfonds zur Verfügung, so daß diese voll zu ersetzen seien. Das Feststellungsbegehren sei notwendig, weil die Klägerin auch in Zukunft noch Leistungen aus der Pensionsversicherung zu erbringen haben werde. Der von der Beklagten vertretene Standpunkt, gemäß §§ 176 Abs 1 Z 6 und 333 ASVG läge ein Arbeitsunfall vor, weshalb Josef S*** als Dienstgeber des Getöteten nicht hafte, sei unrichtig. Es habe sich um eine Gefälligkeitsfahrt gehandelt, nicht aber um einen Unfall im Rahmen betrieblicher Tätigkeit. Falls tatsächlich ein Arbeitsunfall vorläge, hätte die Beklagte der Klägerin deren gesamte Leistungen gemäß § 334 Abs 1 ASVG zu ersetzen, weil Josef S*** den Unfall aus grober Fahrlässigkeit verschuldet habe. Für diesen Fall stellte die Klägerin ein auf Zahlung von 337.912,40 S sA und ein entsprechendes Feststellungsbegehren gerichtetes Eventualbegehren. Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klagebegehren, weil sie für die Unfallsfolgen nicht hafte. Es liege ein Arbeitsunfall im Sinne der §§ 176, 333 und 334 ASVG vor, an dem Josef S*** kein grobes Verschulden treffe. Im übrigen bestritt sie die Richtigkeit der Berechnung des Deckungsfonds.

Das Erstgericht gab dem in erster Linie gestellten

Leistungs- sowie Feststellungsbegehren vollinhaltlich Folge. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen noch Feststellungen über das voraussichtliche Nettoeinkommen Z*** in der Zeit vom 27. September 1984 bis 30. April 1985, vom 1. Mai 1985 bis 30. April 1986, vom 1. Juni 1986 bis 30. April 1987 und in der Zeit vom 1. Mai 1987 bis 31. Juli 1987, über die Fixkosten im Hause dieser Familie und die Aufteilung des Familieneinkommens zwischen Josef Z***, seiner Gattin und dem mj. Sohn im Verhältnis 45 : 40 : 15. Das Erstgericht stellte weiters noch fest, welche Anteile des Einkommens Josef Z*** dementsprechend in den einzelnen Zeiträumen auf die nunmehrige Witwe und auf den mj. Christian entfallen wären, wobei es die Fixkosten dem auf die Witwe entfallenden Anteil zurechnete.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß Josef S*** nicht Dienstgeber Josef Z*** gewesen sei und ihm daher der Haftungsausschluß des § 333 Abs 1 ASVG nicht zugutekomme. Da er fahrlässig den Tod des Josef Z*** herbeigeführt habe, hafte er den Hinterbliebenen für den ihnen dadurch entstandenen Unterhaltsentgang, wofür die Beklagte gemäß § 63 KFG zur ungeteilten Hand mithafte. Die Ansprüche der Hinterbliebenen seien gemäß § 332 Abs 1 ASVG im Umfang der Pensionsleistungen auf die Klägerin übergegangen. Da die von ihr an Ernestine Z*** erbrachten Leistungen in deren Schadenersatzanspruch Deckung fänden, habe die Beklagte diese Leistungen zur Gänze zu ersetzen, die Leistungen der Klägerin an den mj. Christian Z*** aber nur in jenem Ausmaß, in dem sie durch dessen Schadenersatzansprüche gedeckt seien. Die Klägerin werde auch weiterhin Pensionsleistungen an die Hinterbliebenen bezahlen müssen, weshalb das Feststellungsbegehren berechtigt sei.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der beklagten Partei teilweise Folge und änderte die erstgerichtliche Entscheidung dahin ab, daß es mit Teil- und Zwischenurteil dem Feststellungsbegehren zur Gänze und dem Leistungsbegehren mit einem Teilbetrag von 25.366,30 S sA stattgab, das weitere Zahlungsbegehren von 268.683,70 S sA als dem Grunde nach zu Recht bestehend erkannte und aussprach, daß der Wert des Streitgegenstandes insgesamt 300.000 S übersteigt. Mit Beschluß vom 24. Jänner 1990 berichtigte es diesen Bewertungsausspruch noch durch die Ergänzung, daß der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes insgesamt 60.000 S übersteigt.

In Erledigung der in der Berufung in Ansehung der Frage des Vorliegens eines Arbeitsunfalles sowie des Haftungsausschlusses nach § 333 Abs 1 ASVG erhobenen Rechtsrüge führte das Berufungsgericht im wesentlichen folgendes aus:

Josef Z*** sei kein Dienstnehmer des Josef S*** gewesen. Gemäß § 176 Abs 1 Z 6 ASVG seien aber den Arbeitsunfällen jene Unfälle gleichgestellt, die sich bei einer betrieblichen Tätigkeit ereigneten, wie sie sonst ein nach § 4 ASVG Versicherter ausübe, auch wenn diese Tätigkeit nur vorübergehend geschehe. Danach sei weder erforderlich, daß ein Dienstverhältnis vorliege, noch, daß ein Entgelt bezahlt werde; es komme auch auf das Motiv für das Tätigwerden nicht an. Entscheidend sei vielmehr, ob es sich um eine betriebliche Tätigkeit handle, also um eine - wenn auch nur kurzfristige - ernstliche und dem in Frage stehenden Unternehmen dienende Arbeitsleistung, die dem ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspräche, in einem inneren Zusammenhang mit dem Unternehmen stehe und von wirtschaftlicher Bedeutung sei. Das Holzführen für Josef Z*** sei im vorliegenden Fall keine Tätigkeit gewesen, die zum landwirtschaftlichen Betrieb des Josef S*** gehört habe, weil einerseits das Holz nicht aus seiner Landwirtschaft gestammt habe und anderseits der Transport des Holzes von ihm nicht im Interesse oder im Rahmen seines eigenen Betriebes, sondern lediglich im Interesse des Josef Z*** aus Gefälligkeit durchgeführt worden sei. Josef S*** habe zum Holztransport nur die aus seinem Betrieb stammenden Fahrzeuge verwendet, was aber noch keine betriebliche Tätigkeit darstelle. Anders als in den Fällen der Entscheidungen SZ 42/39 (Abfahren mit dem beschädigten Bügel eines Schleppliftes zur Talstation), JBl. 1977, 88 (Fahrt zur Hilfeleistung beim Abladen von Weinflaschen für einen Gaststättenbetrieb) und EvBl 1988/18 (Mistaufladen für das Miststreuen im Rahmen einer Landwirtschaft) habe der verunglückte Josef Z*** keine dem Betrieb des Josef S*** dienende und wirtschaftlich nützliche Tätigkeit ausgeübt, er sei vielmehr nur im Rahmen eines seinen eigenen Interessen dienenden und aus Gefälligkeit durch Josef S*** durchgeführten Transportes mittätig gewesen. Vom Sachverhalt der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 20. Mai 1980 zu 2 Ob 51/80 unterscheide sich der vorliegende Fall dadurch, daß Josef S*** nicht Transportunternehmer, sondern Landwirt sei und der Holztransport keinen inneren Zusammenhang mit seinem landwirtschaftlichen Betrieb habe. Das Berufungsgericht kam daher zu dem Ergebnis, daß auch kein einem Arbeitsunfall gleichgestellter Unfall vorliege, so daß sich Josef S*** und die Beklagte als seine Haftpflichtversicherung nicht mit Erfolg auf den Haftungsausschluß des § 333 Abs 1 ASVG berufen könnten. Da Josef S*** den Unfall vom 8. September 1984 fahrlässig verschuldet habe, wie auf Grund seiner Verurteilung durch das Strafgericht bindend feststehe, sei er gemäß §§ 1295 und 1327 ABGB verpflichtet, den Hinterbliebenen des Josef Z*** den durch dessen Tod entstandenen Schaden zu ersetzen, wofür die Beklagte nach dem damals noch geltenden § 63 Abs 1 KFG (vgl. jetzt § 22 Abs 1 KHVG 1987) zur ungeteilten Hand mithafte. Auf Grund der Legalzession des § 332 ASVG seien die Ansprüche der Klägerin daher berechtigt, soweit ihre unbestrittenen Aufwendungen in Schadenersatzansprüchen der Hinterbliebenen des Josef Z*** Deckung fänden. Das Feststellungsbegehren sei daher jedenfalls berechtigt, weil auch über den Zeitpunkt der Klagseinbringung hinaus weiterhin eine Pension an die Witwe und an den Sohn des Getöteten auszuzahlen sei. Die Stattgebung des Feststellungsbegehrens sei daher mit der Maßgabe zu bestätigen, daß das Wort "künftige" vor dem Wort "Leistungen" eingefügt werde. Zu bestätigen sei auch die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung im Umfang der von der Klägerin geleisteten Beträge zur Krankenversicherung der Hinterbliebenen, weil diese Beträge von zusammen 25.366,30 S der Höhe nach nicht strittig seien und hiefür ein eigener Deckungsfonds im Hinblick auf den Anspruch der Hinterbliebenen gegenüber dem Schädiger auf Aufrechterhaltung einer Krankenversicherung bestehe. Im übrigen bestehe das Zahlungsbegehren der Klägerin für geleistete Pensionszahlungen an die Witwe und den mj. Sohn zwar dem Grunde nach zu Recht, eine abschließende Entscheidung über die Höhe des Begehrens sei aber noch nicht möglich, weil ausreichende Feststellungen hierüber zu einzelnen Fragen nicht vorlägen. Das Berufungsgericht nahm schließlich noch zu den einzelnen in der Rechtsrüge aufgeworfenen Fragen Stellung, auf die mangels rechtlicher Relevanz nicht weiter einzugehen ist. Da der noch nicht spruchreife Teil des Zahlungsbegehrens (268.683,70 S sA) dem Grunde nach aber zu Recht bestehe, sei in diesem Umfang in bloß teilweiser Stattgebung der Berufung gemäß § 393 Abs 1 ZPO ein Zwischenurteil zu fällen gewesen. Über die Höhe dieses Anspruches der Klägerin werde das Erstgericht nach Verfahrensergänzung mit Endurteil zu entscheiden haben.

Gegen das Teil- und Zwischenurteil des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die allein auf den Anfechtungsgrund des § 503 Z 4 ZPO gestützte Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern.

Die Beklagte beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist im Hinblick auf die Bewertungsaussprüche des Berufungsgerichtes zulässig und teilweise auch berechtigt. In ihrer Revision wendet sich die Beklagte gegen die Ansicht der Vorinstanzen, es läge hier kein einem Arbeitsunfall gleichgestellter Unfall vor, sodaß Josef S*** und die Beklagte sich nicht mit Erfolg auf den Haftungsausschluß des § 333 Abs 1 ASVG berufen könnten. Insoweit sie zur Unterstützung ihrer Rechtsansicht meint, das Berufungsgericht habe zu Unrecht das Vorliegen eines "inneren Zusammenhanges" zwischen der Durchführung von Holztransporten und der Tätigkeit S*** im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes als Voraussetzung für die Beurteilung des Unfalles als Arbeitsunfalles iS des § 176 Abs 1 Z 6 ASVG verlangt, kann ihr nicht gefolgt werden. Das Berufungsgericht hat im Sinne der Lehre und Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zutreffend erkannt, daß der Unfall sich bei einer betrieblichen Tätigkeit ereignet haben muß, also bei einer - wenn auch bloß vorübergehenden - ernst zu nehmenden Leistung, die auch sonst in dem in Frage stehenden Unternehmen anfällt und dem Willen des Dienstgebers (Unternehmers) entspricht und ihrer Art sowie den Umständen nach sonst von Personen verrichtet zu werden pflegt, die auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses vom Unternehmer persönlich und wirtschaftlich abhängig sind (§ 4 ASVG), und durch die ein enger ursächlicher Zusammenhang mit dem Unternehmen hergestellt wird (SZ 48/123, SZ 52/66, SZ 60/96 je samt Literaturhinweisen). Mit Recht wendet sich die Revisionswerberin allerdings gegen die Verneinung eines solchen Zusammenhanges und damit einer dem Unternehmen des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Josef S*** dienlichen Tätigkeit Z*** durch das Berufungsgericht. Josef S*** ist Landwirt; zum Betrieb einer Landwirtschaft gehört ohne Zweifel auch die Holzbringung unter Verwendung von zum landwirtschaftlichen Inventar gehörigen Traktoren und Anhängern. Wenn Josef Z*** im Zuge eines Holztransportes auf Anweisung Josef S*** als Bremser fungierte und dabei auf dem Anhänger mitfuhr, so übernahm er damit eine im Rahmen des Transportes nach S*** Ansicht erforderliche und seinem landwirtschaftlichen Betrieb dienende und auch förderliche Tätigkeit. Daß diese Leistung Z*** dem Unternehmen S*** einen tatsächlichen objektiven Nutzen brachte, ist nicht notwendig (SZ 48/123; SZ 50/156; SZ 52/66; SZ 60/96). Förderlich war die Leistung Z*** für das Unternehmen S*** aber schon deshalb, weil Z*** S*** bisher schon wiederholt unentgeltlich Nachbarschaftshilfe geleistet hatte und S*** in Fortsetzung seiner eigenen Hilfsbereitschaft auch in Zukunft mit Hilfeleistungen Z*** in seiner Landwirtschaft rechnen konnte. Da Josef Z*** bei Übernahme der Funktion eines Bremsers die Sphäre seines eigenen Lebensbereiches verließ und sich in den Aufgabenbereich S*** (als mit dem Transport des Holzes Befaßter) einordnete, ist der Unfall als Arbeitsunfall im Sinne der §§ 176 Abs 1 Z 6 ASVG anzusehen, zumal es auf die Beweggründe, die der Tätigkeit zugrunde lagen, nicht ankommt und es auch an dem Versicherungsschutz (§ 176 Abs 3 ASVG) nichts ändert, wenn die Tätigkeit gleichzeitig auch im eigenen Interesse vorgenommen wird (SZ 48/123 ua). Liegt aber ein Arbeitsunfall nach § 176 Abs 1 Z 6 und Abs 3 ASVG vor, so ist § 333 ASVG anzuwenden. Da Josef S*** den Arbeitsunfall bloß fahrlässig, also nicht vorsätzlich verursacht hat, kommt Josef S*** und der Beklagten dieser Haftungsbefreiungsgrund zugute. Die Rechtssache ist damit im Sinne der Abweisung der als Hauptbegehren gestellten Klagebegehren spruchreif.

Die klagende Partei hat aber für den Fall der Qualifikation des vorliegenden Unfalles als Arbeitsunfall ein auf Zahlung und Feststellung gerichtetes Eventualbegehren gestellt, auf das nunmehr einzugehen ist. Sie stützte dieses Begehren auf die Bestimmung des § 334 ASVG, wonach der Dienstgeber, der den Arbeitsunfall vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit verursacht hat, den Trägern der Sozialversicherung alle nach dem ASVG zu gewährende Leistungen zu ersetzen hat. Die Vorinstanzen haben wohl Feststellungen über die Unfallsursache (Abkommen auf das Bankett infolge Unaufmerksamkeit, Abstürzen des Anhängers wegen der Unebenheit des Bankettes) getroffen, es unterblieben jedoch Feststellungen über die näheren Umstände des Unfallsherganges, insbesondere Feststellungen über die Art der Beladung der Anhänger, ob diese sachgemäß erfolgte, ob der Traktor unter den gegebenen Umständen als Zugfahrzeug für zwei Anhänger geeignet war und welche Bedeutung der Unterlassung des Ankuppelns der Seilzugbremse zukam; es blieb etwa auch die Fahrweise S*** (Fahrlinie und Geschwindigkeit) und der Grund seiner Unaufmerksamkeit ungeklärt. So lange aber nicht Klarheit über die Einzelheiten des Unfallsablaufes in Ansehung des Fehlverhaltens des Lenkers des Traktors besteht, ist es nicht möglich, den Grad der Außerachtlassung der Aufmerksamkeit S*** und der Wahrscheinlichkeit der Voraussehbarkeit des Unfallsgeschehens als Kriterien für das Vorliegen der behaupteten groben Fahrlässigkeit abschließend zu beurteilen. Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren den Sachverhalt mit den Parteien im aufgezeigten Sinn zu erörtern, darüber zu verhandeln und Feststellungen dazu zu treffen haben. Sollte darnach Josef S*** grobe Fahrlässigkeit zur Last liegen, so wäre die Rechtssache im Sinne der Stattgebung der Eventualbegehren spruchreif, weil es sich bei dem aus § 334 ASVG abgeleiteten Ersatzanspruch des Sozialversicherungsträgers um einen originären Anspruch handelt, der alle Sozialversicherungsleistungen ungeachtet der Frage des Vorliegens eines Deckungsfonds erfaßt, sodaß auf die diesbezüglich vom Berufungsgericht als noch erörterungsbedürftig erachteten Fragen auch nicht mehr einzugehen wäre.

Es war daher der Revision teilweise Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 2 ZPO.

Anmerkung

E20254

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0020OB00021.9.0228.000

Dokumentnummer

JJT_19900228_OGH0002_0020OB00021_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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