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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art11 Abs2Leitsatz
Zurückweisung einer Beschwerde gegen die Verweigerung der Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen mangels InstanzenzugserschöpfungSpruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die Beschwerdeführer begehren die Aufhebung des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37 - Baupolizei, Vermessungsdezernat, vom 7. August 2001, Z MA 37/V-3026/2001, mit dem festgestellt wird, dass die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen für die Grundstücke Nr. 291/1, 292, 293/2, EZ 163, KG Jedlesee infolge des Bestehens einer Bausperre derzeit nicht stattfindet.
2. Die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde behauptet die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG), auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm (§9 Abs7 Bauordnung für Wien, in der Folge: WBO). Der angefochtene Bescheid unterliege zwar dem Rechtmittelausschluss des §9 Abs7 WBO, könne aber nicht im anschließenden Bauverfahren überprüft werden, weil gemäß §9 Abs7 letzter Satz WBO nur Bescheide dieser Kontrolle durch Anfechtung des nachfolgenden Bescheides unterliegen, mit denen der Magistrat die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen verweigere oder mit denen eine Bekanntgabe erfolge. Ein Bescheid iSd §9 Abs7 zweiter Satz, zweiter Fall WBO, "Verweigerung der Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen" - sei ein negativer Leistungsbescheid. Dies treffe auf den "feststellenden", bekämpften Bescheid nicht zu, weshalb er nicht der Regelung des §9 Abs7 letzter Satz der WBO unterliege und einen letztinstanzlichen Bescheid darstelle. §9 Abs7 WBO sei verfassungswidrig, da diese Bestimmung im Widerspruch zu Art11 Abs2 B-VG stehe. Sie treffe - ohne jede Erforderlichkeit - eine vom AVG abweichende Regelung. Durch den angefochtenen Bescheid werde für den Beschwerdeführer nur ein sinnloser Aufwand verursacht, da er, um den gegenständlichen Bescheid zu bekämpfen, kostspielige Bauunterlagen ausarbeiten lassen müsse, obwohl die behördliche Entscheidung nur abweislich sein könne. §9 Abs7 WBO stehe auch im Widerspruch zu Art111 B-VG, der im Bereich des Bauwesens in Wien eine Sonderbehörde, nämlich die "Bauoberkommission", gemeint wohl Bauoberbehörde für Wien, vorsehe. Weiters verstoße die Regelung gegen das Rechtsstaatsgebot, da der Rechtsschutzsuchende generell einseitig mit allen Folgen einer potentiell rechtswidrigen Entscheidung solange belastet werde, bis sein Rechtsschutz endgültig erledigt sei.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß Art144 Abs1 letzter Satz B-VG kann eine Beschwerde gegen Bescheide der Verwaltungsbehörden an den Verfassungsgerichtshof erst dann gerichtet werden, wenn der Instanzenzug erschöpft ist.
Im vorliegenden Fall begehrt der Beschwerdeführer die Aufhebung eines Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, gegen den gemäß §9 Abs7 WBO eine abgesonderte Berufung zwar nicht zulässig ist, eine Berufung jedoch mit der Berufung gegen einen Bescheid verbunden werden kann, der sich auf die Bekanntgabe oder Verweigerung der Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen stützt. Ein Bescheid, durch den "festgestellt" wird, dass infolge des Bestehens einer Bausperre eine Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen nicht "stattfindet", ist jedenfalls ein Bescheid, mit dem die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen verweigert wird.
Der angefochtene Bescheid ist gemäß §9 Abs7 WBO gesondert nicht anfechtbar. Eine Berufung kann nur mit der Berufung gegen einen Bescheid verbunden werden, der sich auf die Bekanntgabe oder Verweigerung der Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen stützt (vgl. VfSlg. 9355/1982).
2. Wie der Verfassungsgerichtshof schon in seinen Erkenntnissen VfSlg. 4145, 4146/1962 zur vergleichbaren Bestimmung des §10 Abs7 WBO in damals geltender Fassung entschied, ist der Instanzenzug nicht erschöpft, solange die Möglichkeit gegeben ist, den Bekanntgabebescheid im Wege einer Berufung gegen eine Entscheidung über ein Ansuchen um Abteilungsbewilligung oder Baubewilligung zu bekämpfen. Dies muss auch für §9 Abs7 WBO in geltender Fassung zutreffen, weil es dem Beschwerdeführer - gleichermaßen - freisteht, den Bekanntgabebescheid mit Berufung anzufechten, wenngleich erst gemeinsam mit einem solchen Rechtsmittel gegen einen Bescheid, der sich auf die in Rede stehende Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen gründet.
Zum behaupteten Verstoß gegen das Rechtsstaatsgebot ist darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung Individualanträge auf Verordnungsprüfung, mit denen die Aufhebung von Bestimmungen eines Flächenwidmungs- oder Bebauungsplanes oder einer Bausperre begehrt wurde, dann als zulässig erachtet hat, wenn es dem betroffenen Liegenschaftseigentümer nach der in Betracht kommenden baurechtlichen Gesetzeslage ohne erheblichen Kostenaufwand (insbesondere den Aufwand für die Anfertigung der für eine Baubewilligung erforderlichen kostspieligen Planunterlagen) nicht möglich und daher nicht zumutbar war, in einem besonderen Verfahren einen nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts bekämpfbaren Bescheid zu erwirken, dessen Anfechtung im verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Geltendmachung der Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung und zur Anregung ihrer von Amts wegen zu veranlassenden Überprüfung bietet (vgl. zur Bauordnung von Wien VfSlg. 13.663/1993, 15.889/2000).
Der Ausschluss einer abgesonderten Berufung gegen den Bescheid über die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen gemäß §9 Abs7 WBO verstößt aber auch weder gegen Art11 Abs2 B-VG noch gegen Art111 B-VG. Es liegt keine vom AVG abweichende Regelung vor, da §63 AVG selbst bestimmt, dass der Instanzenzug und das Recht zur Einbringung der Berufung und sonstiger Rechtsmittel (Vorstellung) sich, abgesehen von den in diesem Bundesgesetz besonders geregelten Fällen, nach den Verwaltungsvorschriften richten. Art111 B-VG verlangt wiederum, dass in Angelegenheiten des Bauwesens in Wien die Entscheidung in oberster Instanz einer besonderen Kollegialbehörde zukommt. Die Entscheidung durch die Bauoberbehörde setzt jedoch voraus, dass ein Instanzenzug zu einer obersten Instanz vorgesehen ist.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
4. Der Beschluss konnte in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden (§19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953).
Schlagworte
Auslegung eines Bescheides, Baurecht, Bedarfskompetenz, Bekanntgabe der Bebauungsvorschriften, Feststellungsbescheid, Bescheid Spruch, Verwaltungsverfahren, Berufung, VfGH / InstanzenzugserschöpfungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2001:B1316.2001Dokumentnummer
JFT_09988874_01B01316_00