Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ö*** T***, Maria
Enzersdorf, Steinböckstraße 5, vertreten durch Dr. Walter Spieß, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei mj. Hannes M***, geb. 3.März 1972, Grödig, Geyereckstraße 1, vertreten durch Dr. Ernst Blanke, Rechtsanwalt in Hallein, wegen 145.842,- S sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 25. September 1989, GZ 1 R 129/89-11, womit das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 15.Februar 1989, GZ 3 Cg 404/88-5, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache selbst das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 13.204,80 S bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin 2.200,80 S Umsatzsteuer) und die mit 15.659,20 S bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin 943,20 S Umsatzsteuer und 10.000 S Barauslagen) zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Im September 1987 schloß die klagende Partei mit dem Beklagten einen Ausbildungsvertrag (Beilage A). Die klagende Partei war verpflichtet, dem Beklagten qualifizierte Trainer für die Ausbildung zum Spitzensport und die Betreuung bei Wettkämpfen zur Verfügung zu stellen, günstige Ausrüstungsmöglichkeiten durch die Aufnahme in den ÖTV-Pool-Kader zu vermitteln, den Aufenthalt und das Training im Bundessportzentrum zu ermöglichen und zu bezahlen und die jeweils erforderlichen organisatorischen Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Ausbildungs- und Entsendungsprogramm durchzuführen (Punkt 2 des Vertrages). Der Beklagte war verpflichtet, der klagenden Partei für repräsentative Spiele unentgeltlich zur Verfügung zu stehen und dabei Werbung für den nationalen Sponsor zu betreiben, an Staatsmeisterschaften teilzunehmen, Werbeverträge nur mit Zustimmung der klagenden Partei abzuschließen und Ausrüstungsverträge nur mit Firmen abzuschließen, die dem Austria-Tennis-Pool angehören (Punkt 3 des Vertrages). Ausbildungskosten sollten von der klagenden Partei vorfinanziert werden; der Beklagte war aber verpflichtet, während der Vertragsdauer 50 % und nach Beendigung des Vertrages für die Dauer von drei Jahren 20 % seiner Preisgeldeinnahmen an die klagende Partei abzuführen, um diese Ausbildungskosten zurückzuzahlen (Punkt 4 lit a des Vertrages). Entsendungskosten sollten mit dem Beklagten streng verrechnet werden; der Beklagte verpflichtete sich, der klagenden Partei hiefür im zweiten Vertragsjahr 75.000 S und im dritten Vertragsjahr 150.000 S im vorhinein zur Verfügung zu stellen (Punkt 4 lit b des Vertrages). Der Vertrag wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und sollte von beiden Teilen unter Einhaltung einer dreimonatigen Frist gekündigt werden können; dem Beklagten sollte das Kündigungsrecht für die ersten drei Vertragsjahre nur zustehen, wenn er der klagenden Partei die gesamten aufgelaufenen Ausbildungs- und Entsendungskosten zurückerstattet; bei grober Verletzung des Vertrages durch den Beklagten sollte der klagenden Partei das Recht zur sofortigen Vertragsauflösung zustehen und dann der Ersatz der offenen Ausbildungs- und Entsendungskosten innerhalb von 30 Tagen fällig sein (Punkt 6 des Vertrages).
Der Vertrag wurde für den am 3.3.1972 geborenen Beklagten von ihm selbst und seinem Vater als gesetzlichem Vertreter unterfertigt, nicht jedoch von der Mutter. Eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung des Vertrages wurde nicht eingeholt.
Die Ausbildung des Beklagten begann im September 1987. Am 12. September 1988 teilte der Beklagte der klagenden Partei mit, er scheide ab sofort aus dem Tennisleistungszentrum aus. Die klagende Partei erklärte daraufhin die sofortige Vertragsauflösung wegen grober Vertragsverletzung.
Die klagende Partei begehrt den Ersatz von Entsendungskosten, anteiligen Trainerkosten und Kosten des Bundessportzentrums Südstadt im Betrag von 145.842 S sA und stützt die Klage einerseits auf die Verletzung des Vertrages; für den von ihr nicht anerkannten Fall der Ungültigkeit des Vertrages wegen fehlender pflegschaftsgerichtlicher Genehmigung aber ausdrücklich auch auf Bereicherung. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens mit der Begründung, der Vertrag sei mangels Unterfertigung durch die Mutter und Genehmigung des Pflegschaftsgerichtes ungültig; es liege auch eine Irreführung durch die klagende Partei vor, eine Bereicherung sei nicht gegeben.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil der strittige Vertrag wegen fehlender Zustimmung der Mutter und pflegschaftsgerichtlicher Genehmigung unwirksam sei. Auf Bereicherung könne der Klagsanspruch nicht gestützt werden, weil dies eine Umgehung von § 154 Abs 3 ABGB bedeuten würde. Das Berufungsgericht hob das Urteil mit Rechtskraftvorbehalt auf. Es billigte die Auffassung des Erstgerichtes über die Unwirksamkeit des Vertrages, der nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb des Minderjährigen zähle und wegen seiner weitreichenden Leistungspflichten auch nicht mit einem Lehrvertrag nach dem BAG verglichen werden könne. Ein Schwebezustand liege nicht mehr vor, weil der Beklagte und sein gesetzlicher Vertreter nicht daran dächten, beim Pflegschaftsgericht um die Genehmigung einzukommen, sondern dies nur der klagenden Partei anheimstellten, der keine Antragslegitimation zukomme. Ein nur zum Vorteil des Beklagten gemachtes Versprechen im Sinn des § 865 ABGB liege nicht vor. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes habe aber trotz der Unwirksamkeit des Ausbildungsvertrages eine Rückabwicklung im Sinne des § 877 ABGB stattzufinden. Der Beklagte müsse in diesem Sinne alles vergüten, was er zu seinem Vorteil erhalten habe. Soweit die klagende Partei für den Aufenthalt in einem Sportheim aufgekommen sei, komme ein Vorteil durch ersparten Unterhaltsaufwand in Betracht. Bei den Ausbildungskosten müsse berücksichtigt werden, was noch als Vorteil veranschlagt werden könne, wobei auch zu beachten sei, was der Beklagte für die klagende Partei an Leistungen erbracht hat. Zur Klärung der Höhe des Rückabwicklungsanspruches seien ergänzende Erörterungen und Feststellungen notwendig.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der beklagten Partei ist berechtigt.
Mit Recht haben die beiden Vorinstanzen angenommen, daß der vorliegende Ausbildungsvertrag ein den ordentlichen Wirtschaftsbetrieb übersteigendes außergewöhnliches Geschäft darstellt und daher zu seiner Rechtswirksamkeit gemäß § 154 Abs 3 ABGB der Zustimmung beider Elternteile und der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung bedurfte (vgl die auch vom Berufungsgericht zutreffend zitierte Entscheidung Arb 9.474 = SZ 49/79 über einen Vertrag über den Ersatz von Ausbildungskosten durch eine minderjährige Kinderkranken- und Säuglingsschwesternschülerin).
Ein ohne Mitwirkung auch der Mutter und ohne Genehmigung des Gerichtes abgeschlossener Vertrag dieser Art ist aber gemäß § 865 ABGB nicht von vorneherein sofort nichtig, sondern schwebend unwirksam, bis die fehlende Einwilligung der Mutter nachgeholt und über die fehlende Genehmigung des Gerichtes entschieden ist. Der klagenden Partei, die im pflegschaftsgerichtlichen Verfahren zur Erteilung der Genehmigung eines Vertrages keine Parteistellung hat, steht nur das Recht zu, den gesetzlichen Vertretern eine angemessene Frist zur Genehmigung des Vertrages auch durch die Mutter und durch das Gericht zu setzen. Sie kann erst nach fruchtlosem Ablauf der Frist vom Vertrag zurücktreten (§ 865 ABGB letzter Satz). Vor der Beendigung dieses Schwebezustandes sind weder der Anspruch auf Erfüllung des Vertrages noch ein Bereicherungsanspruch fällig (ZBl 1935/223; SZ 31/52; MietSlg 19.007).
Die klagende Partei hat in erster Instanz trotz der ausdrücklichen Einwendung des Beklagten, daß der Vertrag noch nicht endgültig unwirksam sei, nicht geltend gemacht, daß sie je eine solche Frist gesetzt habe. Auf die erstmals in der Revision vorgetragenen Neuerungen ist nicht Bedacht zu nehmen. Aus der Annahme des Berufungsgerichtes, der Vater denke nicht daran, sich um die Einholung der Zustimmung der Mutter und der Genehmigung des Gerichtes zu bemühen, folgt nicht, daß auch die Mutter eine gleiche Haltung einnehmen werde. Es ist daher nicht einmal erkennbar, daß eine Fristsetzung von vorneherein zwecklos und entbehrlich sei. Das Klagebegehren ist zwar nicht aus dem vom Erstgericht angeführten Grund, wohl aber wegen bisher nicht nachgewiesener Beendigung des Schwebezustandes und damit wegen fehlender Fälligkeit unberechtigt. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E20269European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00623.89.0228.000Dokumentnummer
JJT_19900228_OGH0002_0030OB00623_8900000_000