TE OGH 1990/2/28 3Ob136/89

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Veröffentlicht am 28.02.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Klinger, Dr. Angst und Dr. Schalich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bronislav Stanislav W***, Angestellter, Wien 14., Hackingerstraße 39/1/14, vertreten durch Dr. Otto Pfoser, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1) mj. Marcin Likasz W***, geb. am 31. Mai 1978, und 2) mj. Bartlomiej W***, geb. am 11.Oktober 1981, beide Warschau, Pozaryskiego Str. 1/22, Polen, vertreten durch Dr. Heinz-Wilhelm Stenzel, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einwendungen gemäß § 35 EO gegen einen Anspruch von 269.000 Zloty Unterhaltsrückstand und 18.000 Zloty mtl. laufendem Unterhalt, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 28. August 1989, GZ 18 R 72/89-21, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 24. Jänner 1989, GZ 17 Cg 77/88-18, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger schuldet den beiden beklagten Kindern auf Grund zweier polnischer Urteile einen Unterhaltsbetrag von monatlich zusammen 6.000 Zloty bis 30. November 1986 und von monatlich zusammen 18.000 Zloty seit 1. Dezember 1986.

Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 18.Jänner 1988, GZ 50 a Nc 348/87-5, wurde auf Grund dieser Urteile zu Gunsten der beiden beklagten Parteien zur Hereinbringung eines rückständigen Unterhaltsbetrages von 161.000 Zloty (bis 30. Juni 1987) und von 108.000 Zloty (für die Zeit vom 1. Juli 1987 bis 22. Dezember 1987) sowie des laufenden Unterhaltes von 18.000 Zloty monatlich ab 1. Jänner 1988 eine Lohnpfändungsexekution und nur hinsichtlich des Rückstandes auch eine Fahrnisexekution bewilligt.

Gegen diesen betriebenen Unterhaltsanspruch erhebt der Kläger Einwendungen gemäß § 35 EO und macht geltend, er habe alle Unterhaltsansprüche bezahlt bzw. durch seine Mutter mit Genehmigung des polnischen Gerichtes mit schuldbefreiender Wirkung an die Mutter der beklagten Kinder einzahlen lassen; da diese die Annahme verweigert habe, seien die entsprechenden Beträge bei Gericht erlegt worden. Der Kläger stellt das Begehren, der betriebene Anspruch sei erloschen.

Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Vor Schluß der Verhandlung erster Instanz brachten die beklagten Parteien noch vor, daß das bekämpfte Exekutionsverfahren gemäß § 39 Z 6 EO eingestellt worden sei, und zwar über Antrag der klagenden Partei mit Zustimmung der beklagten Parteien.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf folgende Feststellungen:

Der Kläger hat seinen Wohnsitz seit 1984 nach Österreich verlegt. Seine Mutter verpflichtete sich vor einem polnischen Notar als Bürgin zur Zahlung der Alimente für den Kläger. Der Kläger schickte seiner Mutter das nötige Geld und diese überwies die Unterhaltsbeträge per Postanweisung an die Mutter der beklagten Parteien. Als diese die Annahme dieser Beträge verweigerte, bewilligte ein polnisches Bezirksgericht die Einzahlung in das Gerichtsdepot, worauf die Mutter des Klägers 78.000 Zloty auf dieses Depot einzahlte. Mit Beschluß vom 28. März 1988 bewilligte das polnische Gericht die Auszahlung dieses Betrages an die Mutter der beklagten Parteien. Seit Jänner 1988 bezahlt der Kläger den Unterhalt für die beklagten Parteien über Ausländerzahlungsverkehr direkt zu Handen der Mutter der beklagten Kinder. Insgesamt hat der Kläger bis Schluß der Verhandlung sogar einen seine Verpflichtungen übersteigenden Betrag an Unterhalt überwiesen.

In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht von einer gänzlichen Tilgung der betriebenen Forderung aus, wobei es den polnischen Devisenbestimmungen deshalb keine Bedeutung zumaß, weil das polnische Gericht die Auszahlung der entsprechenden Zlotybeträge zu Gunsten der beklagten Parteien genehmigt habe.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß das Klagebegehren abgewiesen wurde, und sprach aus, daß die Revision zulässig sei.

Im Gegensatz zur Rechtsansicht des Erstgerichtes erachtete das Berufungsgericht das polnische Devisenrecht als entscheidungswesentlich. Danach sei es einem im Ausland lebenden Schuldner untersagt, eine in Polen zu erfüllende Verbindlichkeit anders als in Fremdvaluta zu befriedigen. Jeder andere Vorgang, wie zB Zahlung durch einen Dritten, sei verboten oder von einer entsprechenden devisenbehördlichen Genehmigung abhängig. Eine solche Genehmigung sei von der klagenden Partei nicht behauptet worden. Die Genehmigung der Auszahlung eines Gerichtserlages könne die fehlende Genehmigung nicht ersetzen. Zumindest im Zeitpunkt der Exekutionsbewilligung habe damit ein Unterhaltsrückstand bestanden. Die seit Jänner 1988 den polnischen Devisenbestimmungen gemäß erfolgenden Zahlungen könnten die mit Recht eingeleitete Exekution nicht mehr unzulässig machen. Die Einstellung einer Lohnpfändungsexekution für künftig fällig werdende Unterhaltsbeträge sei nur auf Antrag der klagenden Partei, nicht auf Antrag der verpflichteten Partei möglich.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist berechtigt.

Gemäß Art. 3 des polnischen Gesetzes über das Devisenrecht vom 22. November 1983, DzU Nr. 63, Pos. 288, gilt ein polnischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz im Ausland als ausländische Person im Sinne des Devisenrechts. Gemäß Art. 21 des polnischen Devisengesetzes gilt im grenzüberschreitenden Devisenverkehr der sogenannte Fremdwährungsgrundsatz, das heißt, daß unter anderem auch Unterhaltsforderungen nur in fremder Valuta erfüllt werden können, sofern nicht eine Devisengenehmigung nach Art. 21 Abs 3 des polnischen Devisengesetzes erteilt wurde. Der Zahlungsverkehr muß gemäß Art. 23 des polnischen Devisengesetzes über eine polnische Devisenbank abgewickelt werden; andere Formen der Abwicklung sind wiederum nur mit Devisengenehmigung zulässig (Gralla, Das polnische Devisenrecht, RIW 1989, 23; Passauer in FamRZ 1990, 14 Ä20Ü). Zutreffend ist daher die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß der Kläger gemäß den polnischen Devisenbestimmungen seine Unterhaltsverpflichtungen nach Verlegung seines Wohnsitzes nach Österreich nur mehr in österreichischer Valuta erfüllen konnte und die Mutter der beklagten Kinder zur Annahme von Geldbeträgen, die auf andere Weise an sie gelangten, nicht verpflichtet war. Die Erfüllung des betriebenen Unterhaltsanspruches ist damit erst ab Jänner 1988 erwiesen. Für den vorangegangenen Zeitraum kann aber die Frage, ob rechtswirksam erfüllt wurde, noch nicht beurteilt werden. Zwar hat der Kläger nicht vorgebracht, er habe hier eine Devisengenehmigung erwirkt; er hat aber immerhin geltend gemacht, die entsprechenden Beträge mit Genehmigung des polnischen Gerichtes zu Gunsten der Mutter der beklagten Parteien hinterlegt zu haben. Eine solche Genehmigung zum Gerichtserlag ersetzt zwar noch nicht die devisenbehördliche Genehmigung. Wenn aber die hinterlegten Beträge den Berechtigten ausgefolgt wurden, wie dies vom Erstgericht festgestellt wurde, muß unterstellt werden, daß dies nicht gegen die polnischen Devisenbestimmungen geschehen sein kann, daß also vielleicht die Mutter oder das Gericht eine solche Genehmigung erwirkt haben, oder daß für solche Freigaben eine generelle Genehmigung vorliegt. Für den Zeitraum vor Jänner 1988 hätte daher geprüft werden müssen, ob für die hier erwiesenen Zahlungen des Klägers die entsprechenden Genehmigungen der polnischen Devisenbehörde vorlagen. In Betracht käme aber auch die Annahme der hinterlegten Beträge als Teilzahlung. Auch dazu müßten die entsprechenden Feststellungen getroffen werden. Sollte schon im Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Exekutionsbewilligung kein Unterhaltsrückstand bestanden haben, wäre die Lohnpfändungsexekution zur Gänze einzustellen. Sollte hingegen die teilweise Tilgung der betriebenen Unterhaltsschuld erst danach erfolgt sein (nach der Feststellung des Erstgerichtes wurde die Auszahlung des hinterlegten Betrages erst am 28.März 1988 bewilligt), so wäre lediglich das Erlöschen des betriebenen Unterhaltsanspruches für die entsprechenden Zeiträume auszusprechen, während die Exekution für die übrigen Zeiträume, vor allem für die Zukunft, aufrecht bleiben müßte (§ 6 Abs 3 LPfG).

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß Klagebegehren und Spruch des Erstgerichtes bisher unabhängig vom weiteren Verfahrensgang auf jeden Fall zu weitgehend formuliert sind. Für die Zukunft dürfte das Erlöschen des Unterhaltsanspruches auch dann nicht ausgesprochen werden, wenn die Exekution zur Gänze unberechtigt sein solle.

Schließlich sind Feststellungen über die von der beklagten Partei behauptete Einstellung der beiden Anlaßexekutionen nötig. Die vom Berufungsgericht dazu angeführten Entscheidungen (EFSlg 3479 = RPflSlgE 1959/276 und RPflSlgE 1974/157) beziehen sich nur darauf, daß bei der Exekution zur Hereinbringung künftiger Unterhaltsansprüche iSd § 6 Abs 3 LPfG der Nachweis der Abdeckung des Unterhaltsrückstandes für sich allein zur Einstellung der Exekution nicht ausreicht. Im vorliegenden Fall wird aber behauptet, daß die Einstellung der Exekutionen mit ausdrücklicher Zustimmung der beklagten Partei erfolgt sei, sodaß das Rechtsschutzbedürfnis für die nur auf Zahlung des Unterhaltsrückstandes gestützte Oppositionsklage weggefallen wäre, wenn diese Behauptung zuträfe. Die klagende Partei müßte dann gegebenenfalls auf Kostenersatz einschränken.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Anmerkung

E20280

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00136.89.0228.000

Dokumentnummer

JJT_19900228_OGH0002_0030OB00136_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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