Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Melber, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***-en Exploitatiemaatschappij W.B.H. V*** B.V., NL 2103 Am Heemstede, Valkenburger Laan 16, vertreten durch Wilhelm P.H. V***, dieser vertreten durch Dr. Hermann Gaigg, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Irene V***, Geschäftsfrau, 6370 Kitzbühel, Hahnenkammstraße 4 a, vertreten durch Dr. Ludwig Hoffmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen hfl 329.000,-- s.A. infolge Revisionsrekurses der beklagten
Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes der beklagten
Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 24.November 1989, GZ 3 R 375/89-73, womit der in das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 22.August 1989, GZ 17 Cg 428/86-69, aufgenommene Beschluß desselben Gerichtes abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
1.) Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz wird dahin abgeändert, daß der in das Urteil (ON 69 dA) aufgenommene Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die Kosten des Revisionsrekurses der beklagten Partei sind weitere Prozeßkosten erster Instanz.
2.) Die Rechtsmittelgegenschrift der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Mit der am 1.8.1983 beim Erstgericht erhobenen Klage begehrte die Klägerin von der Beklagten die Zahlung eines Betrages von hfl 352.000 sA. Die Beklagte sei der am 2.1.1982 begründeten Darlehensschuld ihres späteren Ehegatten gesamtschuldnerisch beigetreten, habe das Darlehen in mehreren Teilbeträgen teils in Österreich und teils nach Rücküberweisung in Holland übernommen und schließlich nur hfl 32.000 als erste Verzinsungsrate, jedoch keinerlei Kapitalrückzahlungen geleistet. Eine Bewilligung der Ö*** N*** sei für das gegenständliche
Rechtsgeschäft nicht erforderlich, im übrigen sei ein Bewilligungsverfahren anhängig. Hilfsweise wurde das Klagebegehren auf die Bestimmung des § 1041 ABGB gestützt.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, bestritt die Gewährung des behaupteten Darlehens sowie einen Schuldbeitritt ihrerseits und wendete Nichtigkeit derartiger Rechtsgeschäfte mangels devisenbehördlicher Genehmigung ein. Im ersten Rechtsgang stellte das Erstgericht die Klageforderung als mit hfl 320.000, die eingewendete Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend fest und sprach der klagenden Partei hfl 320.000 unter Abweisung des Mehrbegehrens von hfl 32.000 sA zu. Nach Aufhebung dieses Urteiles in seinem dem Klagebegehren stattgebenden Teil durch das Berufungsgericht - dem dagegen erhobenen Rekurs der klagenden Partei wurde nicht Folge gegeben (2 Ob 718/86) - wies das Erstgericht im zweiten Rechtsgang mit dem in das Urteil aufgenommenen Beschluß den Antrag der klagenden Partei, das Verfahren gemäß § 22 Abs. 3 DevG zu unterbrechen, ab, und erkannte in der Sache selbst im Sinne der Abweisung des geamten (mit hfl 352.000 sA angeführten) Klagebegehrens. Es ging dabei ua von der Feststellung aus, daß die Beklagte jedenfalls ab September oder Oktober 1981 wieder in Österreich wohnhaft war und in Kitzbühel einen Hotelbetrieb führte; daß die Beklagte durch Erklärung (ihrer solidarischen Mitschuldnerschaft) der zwischen Wilhelm V*** als Vorstand der klagenden Partei und ihrem früheren Ehemann abgeschlossenen Vertrag (Gebrauchsleihe im Sinne der Art. 1791 bis 1806 des Niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches) beigetreten wäre, konnte es auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens nicht als erwiesen annehmen. Rechtlich bejahte das Erstgericht - von der Anwendbarkeit niederländischen Sachrechts ausgehend - die Aktivlegitimation der klagenden Partei und das Zustandekommen eines Gebrauchsleihvertrages zwischen der klagenden Partei und dem früheren Ehemann der Beklagten. Die eine Möglichkeit eines Beitrittes zu einem Gebrauchsleihvertrag nach niederländischem Recht bestehe im Abschluß eines Bürgschaftsvertrages. Dieses Rechtsinstitut käme im gegenständlichen Fall nicht zum Tragen, weil es zur Voraussetzung habe, daß der verpflichtete Schuldner nicht selbst seine Verpflichtung erfülle, die klagende Partei aber nicht behauptet habe, Cornelis V*** zur Rückzahlung des Darlehens aufgefordert zu haben. Die zweite Möglichkeit, einen Dritten aus einem Gebrauchsleihvertrag in Anspruch zu nehmen, nämlich aus einer Erklärung der solidarischen Mitschuldnerschaft, käme nicht in Frage, weil die klagende Partei eine solche Erklärung der Beklagten nicht erwiesen habe. Eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten aus einem Schuldbeitritt sei also nicht gegeben. Das Erstgericht verneinte weiters auch das Vorliegen des subsidiär geltend gemachten Klagegrundes des § 1041 ABGB. Da das Klagebegehren somit mangels Vorliegens eines die Beklagte der klagenden Partei gegenüber verpflichtenden Rechtsgeschäfts abzuweisen sei, seien auch devisenrechtliche Überlegungen entbehrlich und damit auch die von der klagenden Partei beantragte Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 22 Abs. 3 DevG unberechtigt.
Gegen dieses Urteil erhob die klagende Partei Berufung wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, "teils unrichtiger, teils fehlender Tatsachenfeststellungen, unrichtiger Beweiswürdigung" sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung, in der sie letztlich auch erklärte, den in das Urteil aufgenommenen, ihren Unterbrechungsantrag abweisenden Beschluß mit dem Antrag auf Abänderung oder Aufhebung desselben zu bekämpfen.
Das Gericht zweiter Instanz gab dem insoweit als Rekurs anzusehenden Rechtsmittel der klagenden Partei Folge und änderte den in das Urteil aufgenommenen Beschluß dahin ab, daß es das Verfahren gemäß § 22 Abs. 3 DevG bis zur Vorlage der Entscheidung der Ö*** N*** unterbrach. Es erachtete den Rekurs
als zulässig, weil sich die Vorschrift des § 192 Abs. 2 ZPO über die Unzulässigkeit eines weiteren Rechtsmittels gegen einen die Unterbrechung ablehnenden Beschluß nur auf die nach den §§ 187 bis 191 ZPO zu erlassenden Anordnungen, nicht aber auf die in Sondergesetzen geregelten Fälle einer nicht in das Ermessen des Gerichtes gestellten, sondern zwingend vorgeschriebenen Unterbrechungen beziehe und es sich bei der im § 22 Abs. 3 DevG angeordneten Verfahrensunterbrechung um eine solche handle, die vom Ermessen des Gerichtes unabhängig sei. Das Gericht zweiter Instanz erachtete auch den Rekurs gegen den in das Urteil aufgenommenen Beschluß als fristgerecht erhoben, weil er mit der Berufung verbunden worden sei und daher für ihn die längere vierwöchige Berufungsfrist maßgeblich sei, und auch als berechtigt. Wie in den im gegenständlichen Verfahren ergangenen Rechtsmittelentscheidungen des Berufungs- und Revisionsgerichtes zum Ausdruck gebracht worden sei, seien aus devisenrechtlicher Sicht das Verpflichtungsgeschäft und die begehrte urteilsmäßige Leistungsverpflichtung gesondert zu beurteilen. Im vorliegenden Verfahren sei ein Bewilligungsverfahren bei der Ö*** N*** anhängig. Auf Grund der Antragstellung der Klägerin sei deshalb das Erstgericht gemäß § 22 Abs. 3 DevG verpflichtet gewesen, das Verfahren zu unterbrechen, und zwar ungeachtet der Tatsache, daß die Zahlung auf Grund gerichtlicher Erkenntnisse nach dem Inhalt des Punktes 1 lit. a der Kundmachung DE 9/89 im dort genannten Rahmen generell bewilligt worden sei. Die Bestimmung des § 22 Abs. 3 DevG stelle iVm Abs. 2 leg. cit. lediglich darauf ab, daß "auf eine bewilligungspflichtige Leistung geklagt werde". Dies sei hier der Fall, weil das Klagebegehren auf Zahlung von hfl 320.000 durch die Beklagte, die nunmehr unbestrittenermaßen Deviseninländerin sei, laute. Im Rahmen der Entscheidung über die Unterbrechung eines Verfahrens nach § 22 Abs. 3 DevG sei nach Auffassung des Rekursgerichtes nicht auf das Verpflichtungsgeschäft, sondern nur auf die von der Klägerin begehrte urteilsmäßige Leistungsverpflichtung abzustellen. Es bedürfe deshalb auch nicht der hier nur in das Urteil und nicht in den Beschluß über den Unterbrechungsantrag aufgenommenen Feststellungen darüber, ob die Beklagte der Klägerin gegenüber tatsächlich Verpflichtungserklärungen abgegeben habe und bejahendenfalls, ob diese devisenbehördlich bewilligungspflichtig seien. Welche Konsequenzen sich für die Entscheidung in der Hauptsache aus der zeitlich vor der Urteilsfällung liegenden Unterbrechung des Verfahens gemäß § 22 Abs. 3 DevG ergäben, werde bei der Entscheidung über die Berufung der Klägerin zu erwägen sein. Gegen diesen rekursgerichtlichen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der beklagten Partei mit dem Antrag, die rekursgerichtliche Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses abzuändern.
Die klagende Partei beantragte in der von ihr erstatteten Rechtsmittelgegenschrift, dem Revisionsrekurs keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig (§§ 528, 502 Abs. 4 Z 2 ZPO idF d. Zivilverfahrens-Novelle 1983) und auch berechtigt. Die Rechtsmittelgegenschrift der klagenden Partei hingegen mußte zurückgewiesen werden, weil es sich hier mangels Vorliegens eines der im § 521 a ZPO (idF d. Zivilverfahrens-Novelle 1983) erschöpfend aufgezählten Beschlüsse um ein bloß einseitiges Rekursverfahren handelt.
Es entspricht wohl der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, daß ein Geschäft, das der Genehmigung nach dem Devisengesetz bedarf, bis zur Versagung dieser Genehmigung in seiner Wirksamkeit in Schwebe ist (Schwarzer-Csoklich-List, Währungs- und Devisenrecht4, ENr. 13 zu § 22 DevG), sowie daß Verpflichtungsgeschäft und die begehrte urteilsmäßige Leistung devisenrechtlich gesondert zu beurteilen sind (Schwarzer-Csoklich-List, aaO, ENr. 22 zu § 22 DevG), Voraussetzung für die Vornahme jeder devisenrechtlichen Prüfung ist aber das Vorliegen eines devisenrechtlich relevanten Vorganges, hier also des tatsächlichen Abschlusses eines Rechtsgeschäftes. Das Erstgericht ist im zweiten Rechtsgang auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens zu dem Ergebnis gekommen, die klagende Partei habe die Richtigkeit des von ihr behaupteten und der Klage zugrundegelegten Beitrittes der Beklagten zu dem von ihr mit dem ehemaligen Ehemann der Beklagten abgeschlossenen Darlehensvertrag nicht unter Beweis stellen können und schon aus diesem Grund zur Abweisung des Klagebegehrens gelangt und hat diesen Sachverhalt auch seiner Entscheidung über den Unterbrechungsantrag zugrunde gelegt. Da die klagende Partei in ihrem gemeinsam ausgeführten Rechtsmittel die vom Erstgericht auf unmittelbarer in mündlicher Verhandlung aufgenommener Beweisgrundlage getroffenen Feststellungen bekämpft hat und das Gericht zweiter Instanz es unterlassen hat, auf die im Rechtsmittel erhobenen Beweis- und Verfahrensrügen einzugehen, war es ihm verwehrt, bei der Entscheidung über die Berechtigung des von der Klägerin gestellten Unterbrechungsantrages von anderen Feststellungen auszugehen als jenen, die das Erstgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Durfte das Rekursgericht aber im Sinne der Feststellungen des Erstgerichtes nicht von der Übernahme einer vertraglichen Zahlungspflicht der Beklagten der klagenden Partei gegenüber ausgehen, so durfte es devisenrechtlichen Fragen keine rechtliche Relevanz zubilligen. Von der hier maßgeblichen Sachverhaltsgrundlage ausgehend erweist sich daher die Abweisung des Unterbrechungsantrages als berechtigt, die rekursgerichtliche Entscheidung damit als verfehlt, weshalb dem Revisionsrekurs Folge zu geben und der erstgerichtliche Beschluß wiederherzustellen war. Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.
Anmerkung
E19962European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0020OB00522.9.0228.000Dokumentnummer
JJT_19900228_OGH0002_0020OB00522_9000000_000