TE OGH 1990/3/8 12Os166/89

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Veröffentlicht am 08.03.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8.März 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Felzmann, Dr. Massauer und Dr. Rzeszut als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wolf als Schriftführer in der Strafsache gegen Christian K*** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 und 3, dritter Fall, (zweiter Strafsatz) StGB nF über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Jugendschöffengericht vom 19.September 1989, GZ 10 Vr 317/89-22, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Bassler, des Angeklagten, des Verteidigers Dr. Hasibeder und der Privatbeteiligtenvertreterin Dr. Bleierer zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 7.August 1970 geborene, zur Tatzeit jugendliche Tischlergeselle Christian K*** wurde des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 2 und 3, dritter Fall, StGB nF schuldig erkannt. Darnach hat er am 21.Mai 1989 (in Kleinschneidt, Gemeinde Aspach, OÖ) Heidemarie B*** mit Gewalt, indem er "ihr die Kleider zerriß", ihr eine Ohrfeige versetzte, sie auf der Rückbank seines Personenkraftwagens gegen die Sitze drückte und festhielt, sich auf sie legte, ihren Kopf rückwärts drückte und ihre Füße (gemeint: Beine; S 130) auseinanderzwängte, und durch Entziehung der persönlichen Freiheit, indem er den Personenkraftwagen versperrte, in zwei Angriffen zur Duldung des Beischlafs sowie zur Vornahme bzw Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er sie zwang, seinen Geschlechtsteil in den Mund zu nehmen, und seine Finger in ihre Scheide und ihren After einführte, wobei Heidemarie B*** durch die letztangeführten Handlungen in besonderer Weise erniedrigt wurde.

Der Angeklagte wurde hiefür nach § 201 Abs. 3, zweiter Strafsatz, StGB nF und § 5 JGG zu zwölf Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, die ihm gemäß § 43 Abs. 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Gemäß § 51 StGB wurde ihm die Weisung erteilt, sich einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen.

Gemäß § 369 (Abs. 1) StPO wurde der Privatbeteiligten Heidemarie B*** ein "Teilschmerzengeldbetrag" von 15.000 S zuerkannt. Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5, 5 a, 9 lit a, 10 und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, überdies im Strafausspruch und im Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt in keinem Punkt Berechtigung zu. Die Verfahrensrüge (Z 4) richtet sich gegen die Abweisung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrags auf Vernehmung des Zeugen Franz K***, dies zum Beweis dafür, daß Heidemarie

B*** - entgegen ihrer Darstellung in der Hauptverhandlung - bereits am Tag vor der Tat in dem Lokal "Whisky-Mühle" in Gesellschaft des Angeklagten gewesen sei und mit diesem "sehr intensiv geschmust habe", wobei für einen Außenstehenden ihre diesbezügliche Initiative erkennbar gewesen wäre (S 112).

Entgegen den weitwendigen Beschwerdeargumenten trifft es im Sinn der Begründung des abweisenden Zwischenerkenntnisses zu, daß Franz K*** in diesem Zusammenhang vorweg keine für die Beurteilung der Schuldfrage wesentlichen Wahrnehmungen machen konnte. Daß es bereits einmal bei einem früheren Lokalbesuch zum Austausch von Zärtlichkeiten zwischen dem Angeklagten und der Zeugin gekommen war, haben die Tatrichter ohnedies als erwiesen angenommen (S 127). Die Zeugin B*** hat solche Kontakte grundsätzlich auch nicht bestritten und diesbezüglich bloß in zeitlicher Hinsicht eine unwesentlich abweichende Zuordnung (zum vorangegangenen Sonntag) vorgenommen (S 108). Indes: Wie sich die Zeugin bei anderer Gelegenheit gegenüber dem Angeklagten verhielt, ist für die Beurteilung des gegenständlichen Vorfalls nicht maßgebend, zumal Heidemarie B*** selbst einräumte, keine Einwände gegen "Schmusen" gehabt zu haben (S 105 ff). Inwieweit aber der beantragte Zeuge für die Klärung der entscheidenden Frage, ob das Mädchen im Tatzeitpunkt auch mit darüber hinausgehenden Intimitäten einverstanden war, wesentliche Wahrnehmungen machen konnte, ist weder dem Antragsvorbringen zu entnehmen, noch nach der gesamten Sachlage zu ersehen. Durch die Abweisung des Beweisantrages wurden Verteidigungsrechte des Angeklagten somit nicht beeinträchtigt. Die Mängelrüge (Z 5) macht inneren Widerspruch und Unvollständigkeit des erstgerichtlichen Ausspruchs über entscheidende Tatsachen geltend; dies allerdings ebenso zu Unrecht. Der behauptete Widerspruch zwischen den Feststellungen, dem Mädchen sei "letztlich" jeder weitere Widerstand aussichtslos erschienen, es habe aber auch noch gegen den Mundverkehr Widerstand geleistet und sei bei dessen Vollziehung körperlich und "physisch" (offenbar gemeint: psychisch) so erschöpft gewesen, daß es sich zu weiterem Widerstand nicht imstande fühlte, liegt schon nach dem Wortlaut und Sinngehalt der bezogenen Beründungspassagen nicht vor. Aus dem Zusammenhang der Urteilsfeststellungen ergibt sich, daß das Erstgericht dabei - den Angaben des Tatopfers folgend - zwar nicht von einem durchgehend aktiven körperlichen Widerstand, sondern vielmehr davon ausging, daß das Tatopfer auch in den Phasen erlahmender Gegenwehr den Angriffen (innerlich) widerstrebte. Soweit die Beschwerde weiters versucht, durch bruchstückweise Zitierung aus einzelnen Aussagen zu bestimmten Phasen des Tatgeschehens eine Widersprüchlichkeit der bezüglichen Feststellungen darzutun, löst sie die jeweiligen Details unzulässigerweise aus dem Zusammenhang, ohne sich mit der im Sinn des bekämpften Schuldspruchs geschlossenen und widerspruchsfreien Gesamtheit der Konstatierungen zum Tathergang auseinanderzusetzen. Das Fehlen von Verletzungen des Angeklagten bedurfte, dem Beschwerdestandpunkt zuwider keiner Erörterung, weil zwischen solchen und den festgestellten Widerstandshandlungen der Zeugin kein erkennbarer Wahrscheinlichkeitszusammenhang besteht. Auch die von der Mängelrüge weiters vermißte ausführliche Erörterung der Verletzungen des Tatopfers und der Beschädigungen an dessen Kleidung erübrigte sich, weil sich die gerichtliche Begründungspflicht auf eine bloß gedrängte Darstellung der entscheidenden Tatsachen und der für deren Annahme oder Nichtannahme maßgeblichen Erwägungen beschränkt (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO) und solcherart die Abwägung bloßer Mutmaßungen über sämtliche denkbaren Tatspuren an Körper und Kleidung des Opfers nicht umfaßt. Da sich das Erstgericht mit der Frage, welche Rückschlüsse die Tateinleitung durch Verriegeln der Autotüren auf den Tätervorsatz zulassen, ohnedies auseinandergesetzt hat (S 136), stellt sich der im Rahmen der Mängelrüge unternommene Versuch einer von der Urteilsargumentation abweichenden Deutung als zur Darlegung formeller Begründungsmängel ungeeigneter Angriff auf die tatrichterliche Beweiswürdigung dar. Daß jene (im Urteil ohnedies im Sinn der Angaben des Tatopfers als unmittelbare Reaktion auf die Verweigerung der geforderten sexuellen Gesprächseinlassungen festgestellte - S 131, 132) Ohrfeige, die der Angeklagte der Zeugin B*** während der Vergewaltigung versetzte, im Urteilsspruch (neben anderen Aggressionsakten) in die Individualisierung der gemäß § 201 Abs. 2 StGB tatbestandsmäßigen Gewaltanwendung einbezogen wurde, steht nach den gesamten Tatmodalitäten mit dem bezogenen Beweisergebnis durchaus im Einklang, ohne allerdings überhaupt die von der Beschwerde unterlegte entscheidungswesentliche Bedeutung aufzuweisen.

Der mit der Tatsachenrüge (Z 5 a) unternommene Versuch, in Art einer Schuldberufung die Schlüssigkeit der erstgerichtlichen Beweiswürdigung in Frage zu stellen, vermag umsoweniger (geschweige denn erhebliche) Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken, als der Angeklagte vor der Sicherheitsbehörde (S 21 ff) und vor dem Untersuchungsrichter (S 36) ein umfassendes Geständnis abgelegt hat, dessen Unrichtigkeit er im Zuge des Widerrufs in der Hauptverhandlung nicht plausibel zu begründen vermochte. Was die materiellrechtliche Beurteilung der in Rede stehenden Tathandlungen anlangt, so trifft es zunächst zu, daß § 201 StGB in der mit dem 1.Juli 1989 in Kraft getretenen Fassung laut Strafgesetznovelle 1989, BGBl 242 (Verbrechen der Vergewaltigung) auf die am 21.Mai 1989 (sohin vor dem Inkrafttreten der bezeichneten Novelle) verübte Tat mangels gesonderter Übergangsbestimmungen nur anzuwenden ist, wenn die strafgesetzlichen Bestimmungen, die zur Zeit der Tat gegolten haben, für den Täter in ihrer Gesamtauswirkung nicht günstiger waren (§ 61 StGB). Entgegen dem (der Sache nach schwerpunktmäßig auf § 281 Abs. 1 Z 10 StPO gestützten) Vorbringen zur Rechtsrüge trifft diese Voraussetzung im konkreten Fall zu. Jeder bei zeitlicher Normenkollision anzustellende Günstigkeitsvergleich hat sich allerdings in tatsächlicher Hinsicht strikt an dem jeweils festgestellten Sachverhalt zu orientieren und allein dessen rechtliche Konsequenzen nach altem und neuem Recht gegeneinander abzuwägen. Schon gegen dieses Gebot verstößt die Beschwerde, wenn sie unter Außerachtlassung der Feststellungen über die gewalttätige Überwältigung des Opfers dessen tataktuelle Widerstandsunfähigkeit verneint, davon ausgehend Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs. 1 StGB aF als die für den Angeklagten günstigere Subsumtionsvariante ins Treffen führt (Z 10) und letztlich unter dem Gesichtspunkt einer (urteilsfremden) freiwilligen Hingabe des Mädchens auf Grund bloßer "sexuell-aktiver Bedrängung" durch den Angeklagten überhaupt einen Mangel an einem strafbaren Tatbestand (Z 9 lit a) geltend macht. Unter gebotener Mitberücksichtigung der (vom Erstgericht ausführlich begründeten: insbesondere S 134, 135, 141) vom Täter vorsätzlich herbeigeführten Widerstandsunfähigkeit des Opfers wären die Beischlafshandlungen nach altem Recht als das Verbrechen der Notzucht nach § 201 Abs. 1 StGB aF mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bedroht gewesen, und zwar unabhängig von der im Rahmen des Günstigkeitsvergleiches zu vernachlässigenden Frage, ob den darüber hinaus gewaltsam durchgesetzten Sexualakten (Mundverkehr, manuelle Manipulationen an Scheide und After) als (minderstrafbedrohtes) Verbrechen des Zwangs zur Unzucht nach § 203 Abs. 1 StGB aF (eine nach neuem Recht jedenfalls obsolete) eigenständige rechtliche Relevanz zugekommen wäre oder nicht.

Die seit 1.Juli 1989 geltende Fassung des § 201 StGB unterscheidet nach der Intensität der angewendeten Gewalt oder Drohung zwei Arten der Vergewaltigung. Die im Abs. 2 normierte privilegierende Abwandlung des im Abs. 1 dieser Bestimmung festgelegten Tatbestands unterwirft denjenigen, der eine Person mit Gewalt oder durch Entziehung der persönlichen Freiheit oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben - nicht aber denjenigen, der mit schwerer gegen sie gerichteter Gewalt oder durch eine gegen sie gerichtete Drohung mit gegenwärtiger schwerer Gefahr für Leib oder Leben - zum Beischlaf oder zu diesem gleichzusetzenden Handlungen nach § 201 Abs.(1 und) 2 StGB nF nötigt, einer Strafdrohung von (bloß) sechs Monaten bis zu fünf Jahren. § 201 Abs. 3 StGB nF sieht allerdings ua auch jene dem Angeklagten angelastete neue Qualifikation der besonderen Erniedrigung des Opfers vor, die eine Strafdrohung von einem Jahr bis zu zehn Jahren aktualisiert und in den Günstigkeitsvergleich miteinzubeziehen ist. So gesehen kann aber davon nicht die Rede sein, daß das alte Recht für den Angeklagten günstiger gewesen wäre. Ergibt der Günstigkeitsvergleich aber die Anwendung der gesetzlichen Neuregelung, so kommt diese in vollem Umfang, also auch unter Heranziehung solcher Kriterien, die (wie eben die Freiheitsentziehung und die besondere Erniedrigung) dem zur Tatzeit in Geltung gestandenen Recht in dieser besonderen Form fremd waren, zum Tragen. Daß die Entziehung der persönlichen Freiheit (hier durch Einschließen in einen Personenkraftwagen), welcher als Einleitung der Gewaltanwendung schon nach der alten Rechtslage strafrechtliche Relevanz zukam, erst auf Grund der nach der Tat in Kraft getretenen Novellierung als ausdrücklich genannte Tatbestandsvariante Bedeutung erlangte, steht der nach dem Günstigkeitsvergleich gebotenen umfassenden Anwendung des neuen Rechts, der Beschwerdeauffassung zuwider, nicht entgegen.

Als im Ergebnis unberechtigt erweist sich die Beschwerde aber auch, soweit sie in der Annahme der Qualifikation der Erniedrigung des Opfers in besonderer Weise nach § 201 Abs. 3 StGB der Sache nach einen Subsumtionsirrtum (Z 10) geltend macht.

Der Abs. 3 des § 201 StGB sieht (ua) bestimmte schwerwiegende Begleitumstände der Vergewaltigung, nämlich: daß die vergewaltigte Person durch die Tat längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt oder daß sie in besonderer Weise erniedrigt wurde, als strafsatzerhöhende Momente sowohl zu Abs. 1 wie auch zu Abs. 2 des § 201 StGB vor. Beide genannten Varianten pönalisieren verstärkt ein in seinen Auswirkungen für das Opfer besonders peinvolles oder peinliches Verhalten des Täters und stellen sich angesichts einer gewissen Gleichwertigkeit des dem Opfer solcherart zusätzlich zugefügten Ungemachs, aber auch wegen der Unschärfe von Trennungskriterien, ja nicht einseitig streng zuordenbarer Überschneidungen (zwischen einem länger dauernden qualvollen Zustand und einer Erniedrigung in besonderer Weise) nicht als im Verhältnis zueinander eigenständige Qualifikationen, sondern als bloße Spielarten einer einzigen Qualifikation ohne selbständige Bedeutung dar.

Gewiß ist dem Einwand der Beschwerde, daß als Faktoren einer Erniedrigung in besonderer Weise alle schon tatbestandsbegründenden Umstände unberücksichtigt zu bleiben haben, insoweit beizupflichten, als durch einzelne Begehungsformen des § 201 Abs. 1 und Abs. 2 StGB, insbesondere durch den Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlungen wie Oral- und Analverkehr (NRsp 1990/46), das mit einer (auch solchen) Vergewaltigung in jedem Fall verbundene Maß an Demütigung des Opfers noch nicht erheblich überschritten und damit - wie hier durch den Oralverkehr und das Einführen von Fingern in Scheide und After der Frau - die Qualifikationsvariante einer Erniedrigung des Opfers in besonderer Weise noch nicht hergestellt wird.

Indes ist damit für die diesbezügliche Rechtsrüge des Angeklagten noch nichts gewonnen. Denn aus den in der Aktenlage gedeckten Urteilsgründen ergibt sich, daß der der Heidemarie B*** körperlich weit überlegene Angeklagte (S 130, 131) sein Opfer, ein "zierliches Mädchen" (S 141), ca zwei Stunden lang im versperrten Auto "peinigte" (S 132, 143), der Frau eine Ohrfeige versetzte, weil sie ihm auf seine Frage, was sie sexuell schon alles getrieben habe, keine Antwort gab (S 132), und ihr zwecks Erzwingung eines Geschlechtsverkehrs "den Kopf nach rückwärts streckte, um sie in Atemnot zu bringen" (S 143, 144), sodaß sie auch tatsächlich Schwierigkeiten beim Atmen und Angst, zu ersticken hatte (S 130). Durch diese "brutale Vorgangsweise" des Angeklagten (S 137) aber wurde Heidemarie B*** in Ausführung der Tat längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt und solcherart die eine der beiden genannten vertauschbaren Qualifikationsvarianten (§ 201 Abs. 3, zweiter statt dritter Fall, StGB verwirklicht. Der Beschwerde des Angeklagten mußte daher auch in diesem Punkte ein Erfolg versagt bleiben.

Soweit die Beschwerde abschließend - wenn auch nur unter dem Gesichtspunkt einer hier nicht aktuellen Strafneubemessung - das Vorliegen der Voraussetzungen für die vorläufige Verfahrenseinstellung nach § 9 Abs. 1 JGG 1988 und damit sinngemäß den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z 9 lit b StPO geltend macht (§ 32 Abs. 1 JGG), genügt der Hinweis auf das bei der gegebenen Fallkonstellation nicht weiter erörterungsbedürftige erhebliche Gewicht der Schuld des Angeklagten und die Wirkungslosigkeit der vorläufigen Einstellung des gegen den Angeklagten zu AZ 12 Vr 304/88 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis wegen auf derselben schädlichen Neigung beruhender Tathandlungen anhängig gewesenen Strafverfahrens. Die insgesamt nicht berechtigte Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

An dem nach den dargelegten Modalitäten außergewöhnlich hohen Störwert der Tat scheitert aber auch die gegen den Strafausspruch gerichtete Berufung des Angeklagten, mit welcher er die Anwendung des § 13 JGG beziehungsweise eine Herabsetzung der in erster Instanz ausgesprochenen Freiheitsstrafe anstrebt.

Das Erstgericht wertete bei der Strafbemessung keinen Umstand als erschwerend, als mildernd hingegen die Unbescholtenheit des Angeklagten.

Mag es auch im Sinn der Strafberufung zutreffen, daß der Angeklagte im Vorverfahren im wesentlichen geständig war und dieser Beitrag zur Wahrheitsfindung durch den Widerruf des Geständnisses in der Hauptverhandlung nicht völlig entwertet wurde, sohin (gewiß eingeschränkt durch den Widerruf dennoch) als mildernd zu werten ist. Entscheidend für das Strafmaß ist indes hier der rasche Rückfall des Angeklagten schon am 21.Mai 1989, nachdem ihm erst am 31. März 1989 die vorläufige Einstellung gemäß § 9 Abs. 1 JGG des ihn betreffenden Strafverfahrens AZ 12 Vr 304/88 des Kreisgerichtes Ried i.I., dem im wesentlichen gleichartige Tathandlungen zugrunde lagen, bekannt gemacht worden war. Daß der Berufungswerber die nunmehrige Tat mehr durch eine besonders verlockende Gelegenheit als mit vorgefaßter Absicht begangen hat, trifft, dem Berufungsstandpunkt zuwider, schon deshalb nicht zu, weil er dem Mädchen bereits mit sexuellen Absichten die Handtasche abnahm, um es auf diese Weise zum Mitkommen zu seinem Fahrzeug zu veranlassen, in dem es dann, nachdem er sein Opfer darin eingeschlossen hatte, seinen Tatentschluß dann zielstrebig und mitleidlos verwirklichte. Bei umfassender Berücksichtigung sämtlicher Tatdetails und Begleitumstände kann sich der durch ein Strafverfahren allein offenbar nicht beeindruckbare Angeklagte weder durch die Nichtanwendung des § 13 JGG, noch durch das (von der Anklagebehörde unbekämpft gebliebene) Strafausmaß weit im unteren Bereich der hier bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe reichenden Strafdrohung beschwert erachten. Seiner Berufung wegen Strafe war daher der Erfolg zu versagen.

In Bekämpfung des Adhäsionserkenntnisses vermeint der Berufungswerber, daß die Ergebnisse des Strafverfahrens nicht ausreichen, um eine verläßliche Beurteilung des geltend gemachten (vom Angeklagten nicht anerkannten - S 111) "Teilschmerzengeldbetrages" von 15.000 S für die erlittenen körperlichen und seelischen Schmerzen zu gewährleisten. Indes auch dies zu Unrecht. Angesichts der im Urteil festgestellten heftigen Schmerzen, die die Vergewaltigte durch zwei Wochen zu leiden hatte (S 133, 147) und des durch die Tathandlung selbst erlittenen seelischen Ungemachs (siehe oben) erscheint der dem Grunde nach zu Recht zugesprochene Geldbetrag auch keineswegs überhöht. Auch in diesem Punkt war der Berufung des Angeklagten daher ein Erfolg zu versagen.

Anmerkung

E20176

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0120OS00166.89.0308.000

Dokumentnummer

JJT_19900308_OGH0002_0120OS00166_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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