TE OGH 1990/3/13 4Ob37/90

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Veröffentlicht am 13.03.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei W*** Gesellschaft mbH, Wels, Boschstraße 31, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer, Rechtsanwalt in Wels, wider die beklagte Partei D.W.I., Die W***-I*** Handelsgesellschaft mbH, Linz, Fröbelstraße 10, vertreten durch Dr. Ernst Rohrauer und Dr. Josef Hofer, Rechtsanwälte in Wels, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert S 415.000), infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 20. Oktober 1989, GZ 6 R 244/89-10, womit das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 6. Juni 1989, GZ 7 Cg 104/89-6, aufgehoben wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht erkannt:

1. Das Klagebegehren des Inhalts, die beklagte Partei sei schuldig, die Beschäftigung Peter L*** im Kundenverkehr beim Vertrieb von Werbegeschenkartikeln zu unterlassen, wird abgewiesen.

2. Die beklagte Partei ist schuldig, die Beschäftigung von Dienstnehmern zu unterlassen, soweit damit gegen eine der beklagten Partei bekannte, den Dienstnehmer bindende Konkurrenzklausel verstoßen wird.

3. Das Mehrbegehren, die Beklagte auch schuldig zu erkennen, die Unterstützung von Dienstnehmern bei Verletzung einer den Dienstnehmer bindenden Konkurrenzklausel, insbesondere die Beschäftigung von Dienstnehmern zu unterlassen, soweit damit gegen eine der Beklagten auch nicht bekannte bestehende Konkurrenzklausel verstoßen wird, sowie das weitere Begehren, der klagenden Partei werde die Befugnis eingeräumt, den Spruch des über diese Klage ergehenden Urteils binnen 4 Monaten nach Rechtskraft je einmal im Textteil der periodischen Tageszeitungen "Kronen Zeitung" und "Kurier", in einer Samstagausgabe, Ausgabe für Österreich, auf Kosten der beklagten Partei mit Fettdrucküberschrift, Fettdruckumrandung und gesperrt geschriebenen Prozeßparteien zu veröffentlichen, wird abgewiesen.

4. Die Kosten des Verfahrens alls drei Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin vertreibt in ganz Österreich Werbegeschenke; sie bietet sie vorwiegend Unternehmern im Bereich der Industrie, des Handels und des Gewerbes sowie bei Geldinstituten an. Die Beklagte beschäftigt sich seit Herbst 1988 gleichfalls mit dem Vertrieb von Werbegeschenkartikeln in ganz Österreich, wobei sie im wesentlichen den gleichen Kundenkreis wie die Klägerin anspricht. Bei der Klägerin war von Februar 1984 bis 31. März 1988 Peter L*** als Angestellter beschäftigt. Er arbeitete dort nur in der Sparte "Werbegeschenkartikel" und war u.a. mehrere Jahre lang bis zum Schluß seines Dienstverhältnisses als Gebietsverkaufsleiter für Steiermark und Kärnten und als Verkaufsleiter im Innendienst für ganz Österreich tätig. In dieser Eigenschaft hatte er ständig unmittelbar Kontakt zu sämtlichen Kunden der Klägerin in ganz Österreich; er besuchte diese Kunden auch regelmäßig. Ferner hatte er Zugang zu allen Ein- und Verkaufsdaten, Kunden- und Lieferantenlisten, Preisen, Konditionen udgl.

Die Klägerin hatte mit Peter L*** eine Konkurrenzklausel mit folgendem Wortlaut vereinbart:

"Sie verpflichten sich, für die Dauer von 12 Monaten nach Beendigung des Dienstverhältnisses in diesem Geschäftszweig weder selbständig noch unselbständig tätig zu sein. Für den Fall, daß Sie gegen die Konkurrenzklausel verstoßen, sind Sie verpflichtet, an unsere Firma eine Konventionalstrafe in Höhe des letzten fünffachen Bruttogehaltes zu bezahlen."

Das Dienstverhältnis zwischen Peter L*** und der Klägerin endete durch Kündigung des Dienstnehmers. Seit Herbst 1988 ist er bei der Beklagten als Geschäftsführer angestellt.

Mit einer am 4.November 1988 beim Kreisgericht Wels als Arbeits- und Sozialgericht zu 27 Cga 95/88 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin von Peter L*** die Zahlung von S 112.100 sA, weil er als Angestellter und Geschäftsführer der (nunmehrigen) Beklagten gegen die vereinbarte Konkurrenzklausel verstoßen habe und daher das 5fache des monatlichen Bruttogehaltes von zuletzt S 22.420 als Konventionalstrafe schulde.

Am 1. Februar 1989 schlossen die Klägerin und Peter L*** in diesem Verfahren nachstehenden gerichtlichen Vergleich:

"1. Der Beklagte verpflichtet sich, der klagenden Partei binnen 14 Tagen nach Rechtswirksamkeit des Vergleiches an Konventionalstrafe wegen Verstoßes gegen die Konkurrenzklausel einen Betrag von S 50.000 samt 4 % Zinsen seit 15.12.1988 sowie einen Kostenbeitrag von S 12.407,20 bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

2. Durch diesen Vergleich sind alle wechselseitigen Ansprüche zwischen den Parteien aus dem Dienstverhältnis zur Gänze bereinigt und verglichen."

Mit der Behauptung, daß sich die Beklagte unter Verletzung der guten Sitten im Wettbewerb über die ihr bekannte Konkurrenzklausel hinweggesetzt habe und nach wie vor hinwegsetze, wobei sie am Vertragsbruch Peter L*** insbesondere dadurch teilgenommen habe, daß sie ihn auch im Kundenverkehr beschäftige, stellt die Klägerin das Hauptbegehren, den Beklagten schuldig zu erkennen, die Beschäftigung Peter L*** im Kundenverkehr beim Vertrieb von Werbegeschenkartikeln zu unterlassen; daneben stellt sie das Eventualbegehren auf Verurteilung der Beklagten, die Unterstützung von Dienstnehmern bei Verletzung einer den Dienstnehmer bindenden Konkurrenzklausel, insbesondere die Beschäftigung von Dienstnehmern, soweit damit für den Dienstnehmer ein Verstoß gegen eine bestehende Konkurrenzklausel erfolgt, zu unterlassen. Außerdem begehrt sie die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung in zwei namentlich genannten Tageszeitungen.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Die im Dienstvertrag zwischen der Klägerin und Peter L*** enthaltene Konkurrenzklausel bedeute für den Dienstnehmer eine unbillige Erschwerung seines Fortkommens und sei daher unwirksam; sie würde im übrigen nur zwischen den Vertragsteilen gelten. Das bloße Ausnützen von Geschäftsmöglichkeiten, die sich infolge fremden Vertragsbruches ergeben, sei für sich allein noch nicht unlauter. Ein Wettbewerbsverstoß liege nicht vor, weil sich die Beklagte nicht aktiv am fremden Vertragsbruch beteiligt habe. Da mit dem Vergleich vom 1.Februar 1989 alle Ansprüche der Klägerin aus der Konkurrenzklausel bereinigt seien, liege seit 1. Februar 1989 kein Vertragsbruch Peter L*** mehr vor. Der Klägerin fehle auch ein berechtigtes Interesse an der von ihr begehrten Urteilsveröffentlichung.

Der Erstrichter wies das Haupt- und das Eventualbegehren ab. Zwar könne dem beklagten Arbeitgeber das Weiterbeschäftigen von Dienstnehmern verboten werden, die er in Kenntnis einer Konkurrenzkluasel beschäftige und die überdies seinen Wettbewerb in sittenwidriger Weise planmäßig förderten; auch bei Unterlassungsansprüchen sei aber grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei Schluß der mündlichen Verhandlung in erster Instanz abzustellen. Dem Unterlassungsbegehren könne nur dann stattgegeben werden, wenn in diesem Zeitpunkt der rechtswidrige Eingriff und die Wiederholungsgefahr weiterbestünden. Schon vor der Einbringung der Klage (20.Februar 1989) seien mit Vergleich vom 1.Februar 1989 sämtliche wechselseitigen Ansprüche zwischen der Klägerin und Peter L*** zur Gänze bereinigt und verglichen worden; angesichts dieses Vergleiches könne daher die Klägerin auch gegen die Beklagte keine Ansprüche wegen bewußter Verletzung der Konkurrenzklausel geltend machen. Im übrigen sei die Konkurrenzklausel für die Dauer von 12 Monaten, sohin bis 31. März 1989, befristet gewesen, so daß auch aus diesem Grund bei Verhandlungsschluß (18.Mai 1989) kein rechtswidriger Eingriff und keine Wiederholungsgefahr weiterbestanden hätten. Dazu komme, daß die Beschäftigung eines Dienstnehmers in Kenntnis der Konkurrenzklausel nicht genüge, um einen Anspruch auf Unterlassung der Weiterbeschäftigung zu begründen; vielmehr müßte der Dienstnehmer darüber hinaus den Wettbewerb des Beklagten durch ein sonstiges Verhalten in sittenwidriger Weise planmäßig fördern. Dazu habe aber die Klägerin kein konkretes Vorbringen erstattet.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteige. Aus dem Klagevorbringen ergebe sich, daß die Klägerin Peter L*** nicht nur den Verstoß gegen die Konkurrenzklausel, sondern auch ein planmäßiges Fördern des Wettbewerbs der Beklagten vorwerfe; sie behaupte nämlich, daß Peter L*** seine bei ihr erworbenen spezifischen Kenntnisse und Kundenkontakte im Bereich der Werbegeschenkartikelbranche nunmehr für die Beklagte als deren Geschäftsführer verwerte und dadurch in sittenwidriger Weise den Wettbewerb der Beklagten fördere. Richtig sei, daß das bloße Beschäftigen von Dienstnehmern in Kenntnis der Konkurrenzklausel nicht genüge, um gegen den neuen Dienstgeber ein Beschäftigungsverbot wegen sittenwidriger Mitwirkung an diesem Vertragsbruch erlassen zu können; vielmehr komme es auch darauf an, daß der Dienstnehmer neben dem Verstoß gegen die Konkurrenzklausel planmäßig den Wettbewerb seines neuen Arbeitgebers fördert. Da jedoch die Klagebehauptungen ohnehin in diese Richtung gingen, sei das erstinstanzliche Verfahren mangels Beweisaufnahme mangelhaft im Sinne des § 496 Abs 1 Z 3 ZPO geblieben.

Zum Hauptbegehren sei noch darauf zu verweisen, daß der Anspruch auf Unterlassung der Beschäftigung des abgeworbenen Dienstnehmers nicht von vornherein mit dem Ablauf der Konkurrenzklausel ende. Es handle sich hier um einen Anspruch auf Beseitigung der Folgen einer unlauteren Handlungsweise, welcher so lange bestehe, als die Wettbewerbshandlung Folgen zeitige; dafür sei der Kläger beweispflichtig. Das Beschäftigungsverbot müsse jedenfalls zeitlich näher umgrenzt werden. Im fortgesetzten Verfahren werde es Sache der Klägerin sein, Umstände darzutun und zu beweisen, welche die Erlassung eines bloß für die Zukunft wirksamen, zeitlich beschränkten Beschäftigungsverbotes auch jetzt noch rechtfertigten. Was das Eventualbegehren betreffe, so scheide die Wiederholungsgefahr nicht schon wegen Ablaufes der Frist der Konkurrenzklausel aus. Sollte nach der Durchführung der angebotenen Beweismittel ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten angenommen werden, dann wäre grundsätzlich nach § 1 UWG auch ein Anspruch auf Unterlassung des weiteren sittenwidrigen Abwerbens von Dienstnehmern möglich. Ob nach den Umständen ein solches Abwerben nicht mehr zu besorgen sei, werde nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens zu beurteilen sein.

Der vor dem Kreisgericht Wels als Arbeits- und Sozialgericht abgeschlossene Vergleich wirke nur zwischen den Parteien des Vergleiches, also der Klägerin und Peter L***. Er ändere nichts an der Tatsache der Mitwirkung der Beklagten am Vertragsbruch Peter L***, so daß gegen die Beklagte trotzdem ein Anspruch auf Unterlassung wegen sittenwidriger Unterstützung fremden Vertragsbruches bestehen könnte. Freilich wäre es auch denkbar, daß nach der Absicht der Parteien - Peter L*** ist auch Geschäftsführer der Beklagten - beim Vergleichsabschluß tatsächlich eine Bereinigung auch der Ansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten gewollt war; in diesem Fall bestünden keine Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte auf Grund ihrer Mitwirkung am Vertragsbruch Peter L***. Auch dazu seien noch Beweise aufzunehmen.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Urteil des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Klägerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Zutreffend verweist die Beklagte darauf, daß beim Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz (18. Mai 1989) der Zeitraum von 12 Monaten nach Beendigung des Dienstverhältnisses (31.März 1988), für den die Konkurrenzklausel Gültigkeit haben sollte, bereits abgelaufen war; zu diesem Zeitpunkt hatte also die Klägerin keinen Anspruch mehr darauf, daß die Beklagte Peter L*** nicht beschäftige. Der von der Klägerin mit ihrem Hauptbegehren geltend gemachte Anspruch auf Beseitigung der Folgen ihrer als unlauter beanstandeten Handlungsweise (§ 15 UWG; SZ 34/86; ÖBl 1963, 72; ÖBl 1965, 63) war damit in dem für die Entscheidung wesentlichen Zeitpunkt (§ 406 ZPO) schon weggefallen (ÖBl 1965, 63; Arb. 9809). Aus diesen Erwägungen war das Ersturteil insoweit wiederherzustellen, als damit das Hauptbegehren abgewiesen worden war.

Aber auch das Eventualbegehren der Klägerin ist - wenn auch nicht im Sinne der Beklagten - auf Grund des übereinstimmenden Vorbringens der Parteien spruchreif, ohne daß es noch weiterer Feststellungen bedürfte:

Geht man von der Wirksamkeit der mehrfach erwähnten Konkurrenzklausel aus, dann ist der Klägerin, wenn sie in Kenntnis dieser Konkurrenzklausel mit Peter L*** einen Anstellungsvertrag abgeschlossen hat und ihn in dem Geschäfszweig, in dem er bei der Klägerin tätig war, beschäftigt, ein Verstoß gegen die guten Sitten durch Mitwirkung am fremden Vertragsbruch vorzuwerfen (SZ 34/86; ÖBl 1970, 71; 4 Ob 361/81; 4 Ob 372/81). Sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG ist nämlich nicht nur das - hier nicht einmal behauptete - Verleiten zum Vertragsbruch; auch das Fördern und das Ausnützen fremden Vertragsbruches können vielmehr im Einzelfall gegen § 1 UWG verstoßen. Das Ausnützen fremden Vertragsbruches durch einen außerhalb des Vertragsverhältnisses stehenden Dritten begründet nur dann keinen Verstoß gegen § 1 UWG, wenn dieser Dritte den Vertragsbruch selbst nicht irgendwie bewußt gefördert oder sonst aktiv dazu beigetragen hat (ÖBl 1987, 45 mwN; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 897 f Rz 650 und 651 zu § 1 dUWG). Daß die Beklagte mit der Anstellung Peter L*** an dessen Vertragsbruch, welcher gerade im Eingehen eines neuen Anstellungsverhältnisses gelegen war, mitgewirkt hat, liegt auf der Hand; weitere Umstände müssen nicht hinzutreten, um die Sittenwidrigkeit eines solchen Verhaltens der Beklagten zu begründen. Auch in den Entscheidungen ÖBl 1980, 71 und WBl. 1987, 13, wurde kein gegenteiliger Standpunkt vertreten. Daraus, daß dort der Verstoß des beklagten Arbeitnehmers gegen die guten Sitten damit begründet wurde, daß er "über den Bruch der Konkurrenzklausel und damit das vertragswidrige Verhalten hinaus planmäßig den Wettbewerb" des neuen Arbeitgebers "gefördert" hat, folgt nicht, daß die Verletzung der Konkurrenzklausel für sich allein noch kein sittenwidriges Verhalten des Arbeitnehmers bedeutet hätte, geschweige denn, daß auf der Seite des neuen Arbeitgebers die Kenntnis vom Vertragsbruch zur Begründung der Sittenwidrigkeit nicht ausgereicht hätte.

Die Klägerin hat ausdrücklich behauptet, daß der Beklagten die Konkurrenzklausel bekannt gewesen sei; ihrem Vorbringen ist auch zweifelsfrei der Vorwurf zu entnehmen, daß die Beklagte beim Abschluß des Dienstvertrages mit L*** trotz der Konkurrenzklausel in Wettbewerbsabsicht gehandelt habe. Die Beklagte hat diese Behauptungen nicht substantiiert bestritten und insbesondere niemals eingewendet, daß ihr die Konkurrenzklausel nicht bekannt gewesen sei. Das Vorbringen der Beklagten ist daher unter sorgfältiger Berücksichtigung seines gesamten Inhaltes (§ 267 Abs 1 ZPO) dahin zu verstehen, daß diese Tatsachenbehauptungen der Klägerin als zugestanden anzusehen sind (SZ 55/116). Die Beklagte will aus § 37 Abs 3 AngG - wonach der Dienstgeber dann, wenn der Angestellte für den Fall des Zuwiderhandelns gegen die Konkurrenzklausel, wie hier, eine Konventionalstrafe versprochen hat, nur die verwirkte Konventionalstrafe verlangen kann, der Anspruch auf Erfüllung oder auf Ersatz eines weiteren Schadens jedoch ausgeschlossen ist - ableiten, daß auch gegen sie kein Unterlassungsanspruch erhoben werden könne, würde doch sonst der zugunsten des Arbeitnehmers beseitigte Erfüllungsanspruch durch ein "korrespondierendes Beschäftigungsverbot" ersetzt werden. Dem ist nicht zu folgen:

Die Vereinbarung einer Konventionalstrafe für den Fall einer Verletzung der Konkurrenzklausel soll deren Einhaltung sichern; sie ändert nichts daran, daß die Verletzung der Konkurrenzklausel rechtswidrig ist. Wer aber zu Zwecken des Wettbewerbes an einem vertrags- und damit rechtswidrigen Verhalten eines Dritten mitwirkt, verstößt gegen die guten Sitten und kann daher wegen unlauteren Wettbewerbs in Anspruch genommen werden (4 Ob 372/81). Weigert sich ein Unternehmer, mit einer durch eine Konkurrenzklausel beschränkten Person - ob Dienstnehmer, Gesellschafter odgl. - einen Dienstvertrag zu schließen, oder wird ihm ein solcher Abschluß durch eine gerichtliche Entscheidung verboten, dann wird damit gerade der Zweck erreicht, dem auch die Konventionalstrafe dient, nämlich die Einhaltung der Konkurrenzklausel. Aus § 37 Abs 3 AngG folgt jedenfalls nicht, daß der Angestellte, der eine Konventionalstrafe versprochen hat, aus diesem Grund berechtigt wäre, der vereinbarten Konkurrenzklausel nach Belieben zuwiderzuhandeln.

Auch aus dem vor dem Kreisgericht Wels geschlossenen Vergleich zwischen der Klägerin und Peter L*** ist für die Beklagte nichts zu gewinnen, wurde doch der dort vereinbarte wechselseitige Forderungsverzicht nach dem eindeutigen Wortlaut des Vergleiches nur auf die an dem Vergleich beteiligten Parteien bezogen. Daß - wie dies das Berufungsgericht als Möglichkeit erwogen hat - zugleich auch zwischen den Streitteilen des vorliegenden Verfahrens eine ähnliche Generalklausel vereinbart worden wäre, hat die Beklagte in erster Instanz nicht einmal behauptet.

Auf ihren Einwand, daß die Konkurrenzklausel nach § 36 Abs 2 Z 2 AngG unwirksam sei, kommt die Beklagte in dritter Instanz nicht mehr zurück. Auch damit wäre ihr aber kein Erfolg beschieden, hat sie doch ihren Einwand in erster Instanz nur damit begründet, daß die Konkurrenzklausel mangels örtlicher und gegenständlicher Beschränkung zu weit gefaßt sei. Nun ist aber die Konkurrenzklausel auf Grund ihres Zusammenhanges mit dem Anstellungsvertrag (Beilage A) eindeutig dahin zu verstehen, daß unter "diesem Geschäftszweig" das Aufgabengebiet Peter L*** bei der Klägerin - nämlich die Abteilung Werbegeschenke-Verkauf - gemeint war; daß sich die Klägerin nach der Behauptung der Beklagten auch mit dem Vertrieb von Schulbüchern und Bürobedarf befaßt, ist daher ohne Bedeutung. Die Beschränkung Peter L*** auf dem Gebiet der Werbeartikelbranche liegt im Interesse der Klägerin und kann daher nicht als unzulässig angesehen werden. Sollte aber die - auf ganz Österreich erstreckte - örtliche Ausdehnung der Konkurrenzklausel als unzumutbar anzusehen sein, dann würde das nicht zu einer (absoluten) Unwirksamkeit, sondern nur zu einer entsprechenden Einschränkung führen (SZ 36/58; Arb. 9314; 9 Ob A 274/89 ua). Da die Beklagte Peter L*** keinesfalls örtlich beschränkt eingesetzt hat, er vielmehr als Geschäftsführer für ganz Österreich zuständig ist, liegt jedenfalls ein Bruch der Konkurrenzklausel - selbst wenn diese örtlich einzuschränken gewesen wäre - vor.

Da die Beklagte somit im Fall L*** zu Zwecken des Wettbewerbes an einem fremden Vertragsbruch mitgewirkt und damit gegen § 1 UWG verstoßen hat, ist zu vermuten, daß sie zu einem derartigen Wettbewerbsverstoß auch in Zukunft geneigt sein wird. Das Fehlen einer solchen Wiederholungsgefahr hat die dafür beweispflichtige Beklagte (ÖBl 1981, 45, ÖBl 1982, 102 u.v.a.) nicht einmal behauptet; sie hat vielmehr im Prozeß die Auffassung vertreten, zu der beanstandeten Handlung berechtigt gewesen zu sein, und damit die Annahme einer Wiederholungsgefahr erst recht untermauert (ÖBl 1985, 140 u.v.a.).

Eine gewisse allgemeine Fassung des Unterlassungsbegehrens ist, sollen Umgehungen des Verbotes nicht allzu leicht gemacht werden, grundsätzlich zulässig; das Unterlassungsgebot darf aber nicht völlig unbestimmt sein (ÖBl 1983, 134 uva). Das trifft zwar auf das Eventualbegehren jedoch nicht zu, doch ist dieser Urteilsantrag jedenfalls zu weit gefaßt:

Soweit der Beklagten "die Unterstützung von Dienstnehmern bei Verletzung einer den Dienstnehmer bindenden Konkurrenzklausel" verboten werden soll, ist das Begehren nicht hinreichend bestimmt, wäre doch einem Unterlassungsurteil dieses Inhalts nicht deutlich zu entnehmen, was die Beklagte zu unterlassen hat und was sie tun darf (Deimbacher, "Wie weit darf ein Unterlassungsbegehren gefaßt sein"; ÖBl 1980, 36; Korn in MR 1989, 222 f). Wohl aber kann die Klägerin verlangen, daß der Beklagten die Beschäftigung von Dienstnehmern untersagt wird, soweit damit eine für den Dienstnehmer bestehende Konkurrenzklausel verletzt wird, dies allerdings nur unter der Voraussetzung, daß der Beklagten die Konkurrenzklausel auch bekannt ist. Dem Eventualbegehren war daher - unter Abweisung des Mehrbegehrens - in diesem Sinne stattzugeben.

Auf eine Veröffentlichung dieses Urteils hat die Klägerin keinen Anspruch: Die Urteilsveröffentlichung soll nach ständiger Rechtsprechung eine durch den Wettbewerbsverstoß hervorgerufene unrichtige Meinung richtigstellen und verhindern, daß diese Meinung weiter um sich greift; sie dient der Aufklärung des Publikums über einen bestimmten Gesetzesverstoß, der auch in Zukunft noch nachteilige Auswirkungen besorgen läßt (ÖBl 1979, 80; ÖBl 1986, 68 u. v.a.). Nun liegt es gewiß häufig im Interesse der Allgemeinheit, unlautere Wettbewerbshandlungen in aller Öffentlichkeit aufzudecken und die beteiligten Verkehrskreise über die wahre Sachlage aufzuklären (ÖBl 1980, 73 u.v.a.); ein berücksichtigungswürdiges Interesse der Klägerin an der Veröffentlichung des Unterlassungsgebotes ist aber diesmal nicht zu erkennen. Eine Aufklärung des Publikums darüber, daß die Beklagte in Hinkunft nicht Dienstnehmer ohne Rücksicht auf eine allenfalls bestehende Konkurrenzklausel aufnehmen darf (das aber offenbar schon einmal getan hat), würde im vorliegenden Fall keinem schutzwürdigen Zweck dienen.

Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Beschluß aufzuheben und durch Urteil in der Sache selbst (§ 519 Abs 2 ZPO) dahin zu erkennen, daß die Beklagte schuldig erkannt wird, die Beschäftigung von Dienstnehmern zu unterlassen, soweit damit gegen eine der Beklagten bekannte, den Dienstnehmer bindende Konkurrenzklausel verstoßen wird; das Mehrbegehren war hingegen abzuweisen. Der Ausspruch über die Kosten des Verfahrens erster Instanz gründet sich auf § 43 Abs 1 ZPO, jener über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auf dieselbe Gesetzesstelle in Verbindung mit § 50 ZPO. Da der stattgebende und der abweisende Teil der Entscheidung ungefähr gleich zu bewerten sind, waren die Kosten gegeneinander aufzuheben.

Anmerkung

E20319

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00037.9.0313.000

Dokumentnummer

JJT_19900313_OGH0002_0040OB00037_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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