TE OGH 1990/3/14 9ObA70/90 (9ObA71/90)

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Veröffentlicht am 14.03.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.-Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Wolfgang Dorner und Karl Amsz als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Helmut S***, Musiklehrer, Wien 15., Sechshauserstraße 9/34-35, vertreten durch Dr.Helmar Feigl, Rechtsanwalt in Amstetten, wider die beklagte Partei S*** T***, Ternitz, Rathaus,

vertreten durch Dr.Edwin Schubert, Rechtsanwalt in Neunkirchen, wegen 205.696,65 S brutto sA, infolge Revision und Rekurses der klagenden Partei sowie Rekurses der beklagten Partei gegen das Teilurteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29.November 1989, GZ 33 Ra 95/89-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 17.Mai 1989, GZ 4 Cga 717/88-13, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben. Hingegen wird beiden Rekursen Folge gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und in diesem Umfang in der Sache selbst zu Recht erkannt:

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger einen Betrag von 138.901,98 S samt 4 % Zinsen seit 1.April 1988 zu zahlen und ihm die mit 26.022 S bestimmten Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz (darin enthalten 3.603,66 S Umsatzsteuer und 4.333,33 S Barauslagen) zu ersetzen. All dies binnen 14 Tagen bei Exekution. Die beklagte Partei ist weiters schuldig, dem Kläger die mit 12.388,53 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.509,20 S Umsatzsteuer und 3.333,33 S an Barauslagen binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war ab 1.Oktober 1978 an der Musikschule der S*** T*** als Musiklehrer für das Unterrichtsfach

Klarinette beschäftigt. Nach dem Inhalt des zwischen ihm und der beklagten Partei geschlossenen Sonderdienstvertrages erfolgte die Anstellung für unbestimmte Zeit und es hatten auf das Dienstverhältnis die Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes in der jeweils geltenden Fassung sinngemäß Anwendung zu finden. Die Lehrverpflichtung betrug nach der von der beklagten Partei erlassenen Musikschulordnung sowie dem Dienstvertrag 30 Stunden wöchentlich. Der Kläger wurde in das Entlohnungsschema I/L Entlohnungsgruppe I 2 b 1 eingereiht. Für den Fall, daß die Lehrverpflichtung des Klägers nicht 30 Wochenstunden betragen sollte, war vorgesehen, daß er als Entgelt nur den aliquoten Teil entsprechend der Zahl der von ihm geleisteten Unterrichtsstunden erhalten sollte. Nach der Musikschulordnung, auf die bezüglich der Verpflichtungen der Lehrer im Dienstvertrag verwiesen wird, waren diese zur regelmäßigen Unterrichtserteilung und zur Einhaltung der vorgeschriebenen Unterrichtszeiten verpflichtet, hatten auf die Erteilung eines gedeihlichen Musikunterrichtes Bedacht zu nehmen, die Lernerfolge der Schüler zu überwachen, die Schüler vor Beginn, während und nach Beendigung der Unterrichtszeiten beim Verlassen der Schule sowie bei Schulveranstaltungen zu beaufsichtigen und auf deren körperliche Sicherheit und Gesundheit zu achten. Sie waren verhalten, eine gedeihliche Zusammenarbeit von Musikschule und Elternhaus im Interesse der Schüler herzustellen, den Eltern und gesetzlichen Vertretern während der hiefür vorgesehenen oder vereinbarten Sprechzeiten zur Aussprache über die Schüler zur Verfügung zu stehen und in jedem Schuljahr einen Elternsprechtag abzuhalten, dessen Termin vom Schulleiter festzulegen war. Eine Vereinbarung des Inhaltes, daß dem Kläger zugestanden worden wäre, den Unterricht auf vier Tage pro Woche - Montag bis Donnerstag - zu konzentrieren und den Freitag unterrichtsfrei zu halten, wurde nicht getroffen. In den ersten Jahren der Tätigkeit des Klägers waren die Unterrichtsstunden so eingeteilt, daß sie lediglich auf die Wochentage Montag bis Donnerstag fielen. Im Schuljahr 1986/87 wurden von Eltern jugendlicher Schüler erstmals Beschwerden an die Schulleitung und den Schulerhalter über den Kläger herangetragen, weil dieser eigenmächtig den Stundenplan geändert hatte. Während er bis zu diesem Zeitpunkt seiner Lehrverpflichtung an vier Wochentagen nachgekommen war, hatte er in diesem Schuljahr erstmals eigenmächtig den Stundenplan abgeändert und Unterricht nur mehr an drei Wochentagen erteilt. Mit Schreiben vom 8.April 1987 wies die beklagte Partei den Kläger darauf hin, daß die Abänderung des Stundenplanes ohne Einvernehmen mit dem Leiter der Musikschule die Bestimmungen der Musikschulordnung verletze. Er wurde darauf aufmerksam gemacht, daß eine Abänderung des Stundenplanes nicht eigenmächtig erfolgen dürfe, sondern der Genehmigung des Leiters der Musikschule vorbehalten sei. Weiters wurde er darauf verwiesen, daß nach § 27 der Musikschulordnung Verstöße gegen diese Musikschulordnung zum Anlaß für die vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses genommen werden können. Anfang Oktober 1987 erließ der Bürgermeister eine Dienstanweisung für den Musikschulbetrieb, in der angeordnet wurde, daß aus pädagogischen Gründen bei voller Lehrverpflichtung (30 Stunden pro Woche) an fünf Tagen der Woche und höchstens sieben Stunden pro Tag zu unterrichten sei. Der Kläger hielt sich danach an die Dienstanweisung des Bürgermeisters und erteilte Unterricht an fünf Wochentagen. Er hielt den Stundenplan für das Schuljahr 1987/88, der für ihn die Erteilung des Unterrichtes an zwei Wochenstunden am Freitag vorsah, ein. Im Februar 1988 legte der Kläger dem Schulleiter einen von ihm eigenmächtig abgeänderten Stundenplan vor. Dieser ging von einer Erteilung des Unterrichts durch den Kläger an vier Wochentagen aus, nämlich von Montag bis Donnerstag jeder Woche. Der Kläger teilte dem Schulleiter mit, daß dies sein neuer Stundenplan sei und er künftig wieder an vier Wochentagen Unterricht erteilen werde; er werde künftig am Freitag nicht mehr in der Schule erscheinen. Der Schulleiter erklärte dem Kläger, daß er dies nicht zur Kenntnis nehmen könne und Meldung an die vorgesetzte Dienststelle machen müsse. Am Freitag, dem 12.Februar 1988, hielt der Kläger erstmals die beiden Unterrichtsstunden am Freitag nicht ab; er hatte die Freitagsstunden auf die vorhergehenden Wochentage verlegt. Mit Schreiben vom 19.Februar 1988 forderte die beklagte Partei den Kläger auf, den vorgesehenen Stundenplan einzuhalten und dementsprechend an fünf Wochentagen Unterricht zu erteilen. Für den Fall eines weiteren Zuwiderhandelns wurde die vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses angedroht. Ungeachtet dieser Warnung hielt der Kläger auch an den folgenden Freitagen den Unterricht nicht ab, worauf die beklagte Partei mit Schreiben vom 1.März 1988 die Entlassung des Klägers aussprach. Der Kläger wurde von der beklagten Partei während des Bestandes seines Dienstverhältnisses als Vertragslehrer auf der Basis des Sonderdienstvertrages mit einer vollen Lehrverpflichtung von 30 Stunden wöchentlich entlohnt. Überstundenentlohnungen erhielt er nur dann, wenn er über das Maß dieser Unterrichtsverpflichtung hinaus Arbeitsleistungen erbrachte. Der Kläger begehrt die Zahlung eines Betrages von 205.696,65 S brutto samt 4 % Zinsen seit 1.April 1988. Ein Betrag von 66.794,67 S stehe ihm als Abfertigung zu, da die Entlassung zu Unrecht erfolgt sei. Darüber hinaus bestehe Anspruch auf Überstundenentgelt im Betrag von 138.901,98 S sA. Laut Dienstvertrag habe er 30 Wochenstunden zu unterrichten gehabt, wogegen die tatsächliche Lehrverpflichtung nur 23 Stunden betragen hätte, sodaß 7 Unterrichtsstunden pro Woche mehr angefallen seien; diese seien als Überstunden abzugelten. Für die Jahre 1986, 1987 und 1988 ergebe sich der unter diesem Titel begehrte Betrag.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Die Entlassung sei zu Recht erfolgt, weil der Kläger eigenmächtig entgegen der ausdrücklichen Dienstanweisung und dem geltenden Stundenplan am Freitag keinen Unterricht erteilt und diese Vorgangsweise ungeachtet einer Abmahnung fortgesetzt habe. Ein Anspruch auf Überstundenentgelt bestehe nicht. Der Kläger habe sich zur Unterrichtsleistung für eine volle Lehrverpflichtung mit 30 Wochenstunden verpflichtet. Die Unterrichtsdauer sei der Tätigkeit des Klägers angemessen. Er habe dagegen auch niemals remonstriert. Die für andere Lehrverpflichtungsgruppen geltenden Bestimmungen seien auf den Kläger nicht übertragbar. Das Erstgericht wies das Begehren des Klägers ab. Die Entlassung sei zu Recht erfolgt, weil sich der Kläger entgegen der klaren und deutlichen Dienstanweisung geweigert habe, am Freitag Unterricht zu erteilen und sich über die Anweisung der beklagten Partei beharrlich hinweggesetzt habe. Ein Anspruch auf Abfertigung bestehe daher nicht. Auch das Begehren auf Überstundenentgelt bestehe nicht. Da eine landesgesetzliche Regelung für Musikschulen nicht bestehe, sei das Ausmaß der Lehrverpflichtung des Klägers ausschließlich ausgehend vom Sonderdienstvertrag zu beurteilen. Da der Kläger keine höhere als die dort vorgesehene Stundenzahl erbracht habe, seien Überstunden nicht angefallen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge, bestätigte das Urteil des Erstgerichtes hinsichtlich der Abweisung des Begehrens auf Abfertigung und hob es im übrigen unter Rechtskraftvorbehalt auf.

Ein Lehrer könne seine Unterrichtsstunden nicht nach Willkür einteilen und verlegen, sondern müsse sich an den von der Schulleitung erstellten Stundenplan halten, weil andernfalls ein gedeihlicher und reibungsloser Ablauf des Unterrichtes nicht gewährleistet wäre. Der Kläger habe die ausdrückliche Anweisung der beklagten Partei zur Kenntnis genommen, daß der Unterricht auf fünf Tage zu verteilen sei. Eine Unterrichtserteilung an nur vier Tagen unter Einhaltung der vorgesehenen Bedingungen (höchstens sieben Stunden täglich) sei bei einer vollen Lehrverpflichtung von 30 Stunden auch nicht möglich gewesen, sodaß die Anordnung von Unterrichtsstunden am Freitag erforderlich gewesen sei. Es bestehe nach keiner Bestimmung ein Recht das Lehrers, an einem Tag nicht unterrichten zu müssen. Werde der Stundenplan so erstellt, daß sich ein freier Tag für den Lehrer ergebe, so sei dies nur ein Entgegenkommen des Dienstgebers. Der Kläger sei nicht berechtigt gewesen, eigenmächtig Stunden zu verlegen. In der beharrlichen Weigerung, ab Anfang Februar 1988 auch an Freitagen Unterricht zu erteilen, liege ein Verstoß gegen die gemäß diesem Dienstvertrag und § 46 NÖ-GVBG 1976 analog anzuwendende Bestimmung des § 34 Abs 2 lit c und d VBG 1948, der die beklagte Partei zur vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses aus wichtigem Grund berechtigte. Es treffe aber nicht zu, daß bei Beurteilung der Frage, ob für den Kläger Überstunden angefallen seien, lediglich vom Inhalt des Sondervertrages auszugehen sei. Die von der beklagten Partei betriebene Musikschule sei eine Privatschule im Sinn des § 2 PrivatschulG (BGBl 1962/244), auf die § 46 NÖ-GVBG idF LGBl 2420-17 anzuwenden sei. Diese Bestimmung ordne hinsichtlich der dienst- und besoldungsrechtlichen Behandlung der an den von den Gemeinden erhaltenen privaten Unterrichtsanstalten verwendeten Vertragslehrer die sinngemäße Anwendung der für Vertragslehrer des Bundes geltenden Rechtsvorschriften an. Die Lehrverpflichtung für Bundeslehrer betrage derzeit 20 Stunden pro Woche. Die einzelnen Unterrichtsgegenstände seien jedoch verschiedenwertig. Je nach Lehrverpflichtungsgruppe seien die Unterrichtsstunden mit Werteinheiten von 1,167 bis 0,875 anzurechnen. Eine ausdrückliche Zuordnung eines Lehrers für Instrumentalunterricht an einer gemeindeeigenen Musikschule sei in der bundesgesetzlichen Fassung über das Ausmaß der Lehrverpflichtungen der Bundeslehrer naturgemäß nicht enthalten. Als nächstverwandtes Fach wäre wohl das Freifach "Instrumente" anzuführen, das in die Lehrverpflichtungsgruppe 5 gehöre und eine Werteinheit von 0,875 habe. Die Lehrverpflichtung in diesem Fach betrage somit 23 Wochenstunden. Es könne jedoch nicht davon ausgegangen werden, daß die Lehrtätigkeit des Klägers in die Lehrverpflichtungsgruppe 5 fallen müsse. Aus den die Lehrverpflichtung regelnden Bestimmungen ergebe sich nämlich, daß die Wertigkeiten und damit der Umfang der Lehrverpflichtung von den an den Unterricht gestellten Anforderungen abhänge. Sie sei auch im Musikfach vom Schultyp und teilweise auch von der betreffenden Schulstufe abhängig. Zur Klärung der Frage, ob die für Instrumentalunterricht für Lehrer im Bundesdienst getroffenen Regelungen über das Ausmaß der Lehrverpflichtung auf den Kläger Anwendung finden könnten, sei es daher notwendig, Feststellungen über die Unterrichtsanforderungen an die Musikschule der beklagten Partei im Vergleich zu denen einer Bundesschule anzustellen. Ergäbe sich, daß die Werteinheit einer Unterrichtsstunde an der Musikschule so gering anzusetzen sei, daß auch bei Zugrundelegung der allgemeinen Lehrverpflichtung von 20 Wochenstunden ein Wert von 30 Unterrichtsstunden wöchentlich nicht erreicht werde, so könne nicht von einer Überstundenleistung des Klägers ausgegangen werden. Ein Verzicht des Klägers auf Überstundenentgelt sei nicht anzunehmen, weil er offensichtlich so wie seine Kollegen die längste Zeit davon ausgegangen sei, daß die im Sonderdienstvertrag enthaltene Lehrverpflichtung gesetzlich gedeckt sei, und er erst in letzter Zeit genauere Informationen über das Ausmaß der Lehrverpflichtung erhalten habe.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Entscheidung richten sich die Revision und der Rekurs des Klägers aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, sie dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde.

Die beklagte Partei beantragt mit ihrem gegen den aufhebenden Teil der Entscheidung des Berufungsgerichtes gerichteten Rekurs den Beschluß dahin abzuändern, daß das Begehren des Klägers auch in diesem Punkt abgewiesen werde.

Beide Teile beantragen jeweils, den Rechtsmitteln der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Soweit sich der Kläger gegen das Teilurteil des Berufungsgerichtes wendet, ist sein Rechtsmittel nicht berechtigt. Da die Begründung des Berufungsgerichtes zutreffend ist, genügt es, insoweit auf diese Ausführungen zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist auszuführen:

Weder der Umstand, daß der Kläger offenbar mit Billigung der Schulleitung bis Sommer 1987 seine Unterrichtstätigkeit nur von Montag bis Freitag verrichtete noch die Tatsache, daß es sich, wie im weiteren darzulegen sein wird, bei den Stunden, die nach dem Stundenplan für das Schuljahr 1987/88 auf den Freitag fielen, um Überstunden handelte, berechtigte den Kläger zur eigenmächtigen Änderung der vorgesehenen Stundeneinteilung. Feststeht, daß im Oktober 1987 ein Stundenplan erstellt wurde, der für das ganze Unterrichtsjahr 1987/88 Geltung hatte und gegen den der Kläger Einwendungen gar nicht erhob. Daß in diesem Stundenplan eine Unterrichtstätigkeit von 30 Stunden vorgesehen war, welche die Lehrverpflichtung des Klägers überstieg, hatte er zur Kenntnis genommen und sich zur Leistung der vorgesehenen Stunden (auch der Überstunden) verpflichtet, die er entsprechend der Vorgabe des Stundenplanes einzuhalten hatte. Selbst wenn sich der Kläger durch den Rat einer Interessenvertretung gedeckt erachtete, verstieß seine beharrliche Weigerung, den Stundenplan einzuhalten, grob gegen seine Dienstpflichten. Auch die Tatsache, daß die beklagte Partei Überstundenentgelt nicht leistete, rechtfertigte zu dieser eigenmächtigen Vorgangsweise des Klägers nicht. Nachdem er jahrelang seiner Lehrtätigkeit in einem über das normale Stundenausmaß hinausgehenden Umfang nachgekommen war, ohne Anspruch auf Überstundenentgelt zu erheben, wäre es erforderlich gewesen, vor dem Ergreifen von Konsequenzen durch Verweigerung von Überstundenleistungen, den Anspruch auf Entlohnung von Überstunden geltend zu machen und entsprechende Folgen anzudrohen. Dies hat der Kläger jedoch unterlassen, weil es ihm nur auf einen freien Freitag ankam. (Er hat sogar die zwei Freitagstunden auf andere Wochentage verlegt und somit 30 Unterrichtsstunden pro Woche weiterhin verrichtet). Die Entlassung ist daher zu Recht erfolgt, sodaß ein Anspruch auf Abfertigung nicht besteht.

Die Rekurse sind im Sinne einer sofortigen Spruchreife berechtigt.

Soweit das Berufungsgericht zum Ergebnis gelangte, daß bezüglich des Umfanges der Lehrverpflichtung nicht vom Sonderdienstvertrag auszugehen sei, ist seinen auf die Entscheidung JBl 1988, 192, gestützten Ausführungen beizupflichten. Nach § 46 NÖ-GVBG idF LBGl 2420-17 sind für die dienst- und besoldungsrechtliche Behandlung der an den von den Gemeinden erhaltenen privaten Unterrichtsanstalten verwendeten Vertragslehrer die für die Vertragslehrer des Bundes geltenden Rechtsvorschriften sinngemäß anzuwenden. Daß es sich bei der von der beklagten Partei betriebenen Musikschule um eine private Unterrichtsanstalt im Sinn dieser Gesetzesstelle handelt, wurde zu Recht bejaht. Die Begründung der oben zitierten Entscheidung trifft auch auf den vorliegenden Fall zu. Hingegen kann der Auffassung des Berufungsgerichtes nicht beigepflichtet werden, soweit es das Verfahren für ergänzungsbedürftig erachtet. Die sinngemäße Anwendung der für die Vertragslehrer des Bundes geltenden Rechtsvorschriften kann nur dahin verstanden werden, daß eine adäquate Regelung für den Bundesdienst auch in diesem Bereich zur Anwendung kommen soll. Zufolge Verschiedenheit der Schultypen und der Detalliertheit der Regelungen in der Anlage 1 zum Bundesgesetz über das Ausmaß der Lehrverpflichtung der Bundeslehrer BGBl 1965/244, auf die auch die späteren Novellen Bezug nehmen, ist eine unmittelbare Einordnung von Lehrern an Privatschulen in die dort bezeichneten Verwendungen, die jeweils auf bestimmte Schularten abstellen, nicht möglich. Das Fach "Instrumentalmusik" wird bei Unterricht an einer allgemein bildenden höheren Schule, einer Lehrerbildungsanstalt, Bundesanstalt für Arbeitslehrerinnen, für Kindergärtnerinnen und Erzieher in der Anlage 1 zum Bundesgesetz 1965/244 der Lehrverpflichtungsgruppe 5 unter Ziffer 43 zugeordnet. Die Einschränkung in Ziffer 43 der Lehrverpflichtungsgruppe 5 auf die dort genannten Schultypen erklärt sich offenbar dadurch, daß dieses Unterrichtsfach an anderen Schultypen nicht angeboten wird. Da der Kläger in der Musikschule der beklagten Partei Instrumentalmusik unterrichtete und die sinngemäße Anwendung der für Lehrer im Bundesdienst geltenden Vorschriften angeordnet ist, ist die Anwendung der für die Lehrverpflichtungsgruppe 5 (dort Ziffer 43) geltenden Grundsätze auf das Dienstverhältnis des Klägers gerechtfertigt, zumal auch die beklagte Partei keinerlei konkrete Umstände behauptet hat, aus denen sich ein grundsätzlicher Unterschied zwischen der Lehrtätigkeit im Punkt 43 der Lehrverpflichtungsgruppe 5 und der Tätigkeit des Klägers an der Musikschule ergäbe. Weiterer Ergänzungen zum Sachverhalt bedarf es daher nicht. Auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts ergibt sich sohin, daß für den Kläger die für die Lehrverpflichtungsgruppe 5 für Lehrer im Bundesdienst bestehenden Vorschriften zur Anwendung zu kommen haben. Die Wertigkeit der Lehreinheit beträgt in dieser Lehrverpflichtungsgruppe 0,875, woraus sich eine wöchentliche Lehrverpflichtung von knapp unter 23 Stunden errechnet. Der Auffassung des Klägers, daß er bei einer Lehrverpflichtung von 23 Stunden durch eine tatsächliche Lehrtätigkeit von 30 Stunden wöchentlich im Ausmaß der übersteigenden Unterrichtstätigkeiten Überstunden verrichtet habe, trifft daher zu, sodaß seine auf diese Überstundenleistung gestützte, der Höhe nach unbestrittene Forderung zu Recht besteht.

Die Tatsache, daß der Kläger seiner Lehrverpflichtung im Ausmaß von 30 Stunden wöchentlich jahrelang nachgekommen ist, ohne ein Überstundenentgelt begehrt zu haben, kann seine ihm auf Grund des Gesetzes zustehenden Ansprüche nicht verkürzen. Auch durch jahrelange Übung kann eine gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen verstoßende Vereinbarung nicht Rechtswirksamkeit erlangen. Macht ein Dienstnehmer seine Ansprüche jahrelang nicht geltend, so hat dies nur die Konsequenz, daß für die länger als drei Jahre zurückliegenden Ansprüche die Klagbarkeit infolge Verjährung erlischt (§ 1486 Z 5 ABGB). Die in den letzten drei Jahren entstandenen sowie die laufenden Ansprüche werden dadurch nicht berührt.

Auch zum Zinsenbegehren bedarf es der vom Berufungsgericht aufgetragenen Ergänzungen nicht. Die Forderung des Klägers war in voller Höhe spätestens am Ende des Dienstverhältnisses fällig, ohne daß eine besondere Geltendmachung notwendig gewesen wäre. Das Begehren auf Verzinsung der Forderung ab 1.April 1988 ist daher berechtigt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 43 Abs. 1, 50 ZPO. Da der Kläger mit seinem Begehren zu etwa zwei Drittel durchgedrungen ist, besteht Anspruch auf Ersatz von Kosten im Ausmaß eines Drittels. Dieselben Grundsätze gelten für das Revisionsverfahren. Die Rekursbeantwortung war dem Kläger jedoch zur Gänze zu ersetzen, da er mit diesem Teil seines Anspruches voll durchgedrungen ist.

Anmerkung

E20438

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00070.9.0314.000

Dokumentnummer

JJT_19900314_OGH0002_009OBA00070_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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