Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria T***, im Haushalt tätig, Andergasse 44, 1170 Wien, vertreten durch Dr. Markus Freund, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Brigitte K***, Angestellte, Siolygasse 22a, 1190 Wien, 2. Claudia W***, Angestellte, Frankenberggasse 24, 1040 Wien, 3. Doris B***, Angestellte, Fischerstraße 12, D-8800 Ansbach, Bundesrepublik Deutschland und 4. Lotte S***, Angestellte, Friedhofsstraße 20, D-7000 Tübingen-Lustenau, Bundesrepublik Deutschland, alle vertreten durch Dr. Ingrid G***, Rechtsanwalt in Wien, wegen
S 63.000,- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 17. Mai 1989, GZ 41 R 227/89-40, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 6. Dezember 1988, GZ 42 C 807/87t-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache an die erste Instanz zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Prozeßkosten.
Text
Begründung:
Der Nachlaß nach der am 24. April 1986 verstorbenen Hauptmieterin der Wohnung Nr 24 in dem gleichteiligen Miteigentum der Beklagten stehenden Haus Webgasse 25 in 1060 Wien wurde der Klägerin eingeantwortet. Sie richtete am 23. Oktober 1987 an den Hausverwalter ein Schreiben, wonach sie als Erbin den Ersatz der durch Installierung einer Nachtspeicherheizung mit zwei Heizkörpern, eines Kleinspeichers und eines Kohlenbadeofens getätigten, zu einer Verbesserung der Wohnausstattung führenden und über die Mietdauer hinaus wirksamen Aufwendungen im Sinne des § 10 MRG als Ersatz S 75.000,- fordere. Mit dem 2. Dezember 1987 wurde das Mietverhältnis einvernehmlich aufgelöst und der Mietgegenstand den Vermietern geräumt übergeben.
Die Klägerin begehrt im Prozeß von den vier Beklagten zu gleichen Teilen Zahlung von S 63.000,- sA und gründet den Anspruch darauf, die Erblasserin habe im Jahr 1985 eine Nachtstromspeicherheizung installiert und im Zusammenhang damit die Erdung der Steckdosen und die Änderung des Lichtverteilers sowie der Sprechanlage vornehmen lassen und S 73.724,40 aufgewendet. Der Zeitwert betrage S 63.000,-. Sie habe Keramikkamine instandgesetzt und einen Meller-Heizofen hinterlassen. Der Ersatzanspruch werde auch auf diese Aufwendungen gestützt, deren Zeitwert S 10.000,-
betragen habe. Der Hausverwalter habe nahmhaft gemachte Nachmieter, die bereit waren, die Investitionen abzulösen und den zulässigen Mietzins zu entrichten, nicht akzeptiert.
Die Beklagten beantragten, das Klagebegehren abzuweisen, weil die Ersatzansprüche nicht ordnungsgemäß aufgeschlüsselt geltend gemacht wurden, Ansprüche aus der Installation einer Gegensprechanlage und der Einzelöfen im Aufforderungsschreiben nicht enthalten waren, die angeschafften Nachtspeicher wegen mangelnder Tragfähigkeit der Decken und unzureichender Beheizung der ganzen Wohnung unbrauchbar gewesen seien, so daß der Nachmieter eine Etagenheizung einbauen mußte, und die Klägerin die Nachtspeicheröfen, die auf dem Dachboden gelagert seien, entfernen könne. Die mit der Anschaffung der beiden Elektrospeicheröfen zusammenhängenden Installationen seien für den Nachmieter nicht von Nutzen, weil die Elektroinstallation in brauchbarem und ordnungsgemäßem Zustand war.
Das Erstgericht wies, nachdem es mehrmals erfolglos die Klägerin zur Aufschlüsselung ihrer Ansprüche aufgefordert hatte, das Klagebegehren deshalb ab. Es bestehe die Besorgnis, daß gegen § 405 ZPO verstoßen werde, wenn die Klägerin es dem Gericht überlasse, den eingeklagten Betrag von S 63.000,- durch Anerkennung gegenwärtiger Werte der unterschiedlichen Verbesserungsmaßnahmen aufzufüllen.
Das Berufungsgericht bestätigte und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Es verwarf die Nichtigkeitsberufung und teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes. Die Klägerin habe trotz Aufforderung nicht bekanntgegeben, wie sich ihre Klagsforderung zusammensetzt. Sie habe behauptet, daß für die Installation der Nachtstromspeicherheizung und die Änderung der Stromversorgungseinrichtung in der Wohnung sowie die Installation der Gegensprechanlage insgesamt S 73.724,40 aufgewendet wurden, wovon S 63.000,- nach § 10 MRG zu ersetzen seien. Darüber hinaus sei aber eine Instandsetzung der in der Wohnung vorhandenen Keramikkamine erfolgt und ein Meller-Ofen aufgestellt worden, wofür weitere S 10.000,- gegenwärtiger Wert nach § 10 MRG zu ersetzen seien. Da mit der Klage nur ein Bruchteil des Anspruches nach § 10 MRG (von S 73.000,-) geltend gemacht wurde, ohne daß sich die eingeklagte Forderung von S 63.000,- den einzelnen Aufwendungen zuordnen ließe, weil die Klägerin den Aufträgen des Gerichts nicht nachgekommen sei, fehle es an der der klagenden Partei im Rechtsstreit obliegenden Bestimmung des Streitgegenstandes und der erforderlichen Abgrenzung des Rechtsschutzantrages. Die Klägerin verlange, daß ihr das Gericht S 63.000,- zuspreche, habe aber nicht klargestellt, welche ihrer Ansprüche damit zu tilgen seien. In der Klagserzählung seien die einzelnen Forderungen ziffernmäßig aufzugliedern, auch wenn die Ermittlung vom richterlichen Ermessen oder der Ausmittlung durch Sachverständige abhänge. Die Klägerin könne das Risiko nicht auf die Beklagten überwälzen, indem sie die erforderliche Aufklärung über die Zusammensetzung der geltend gemachten Forderung verweigere.
Zu der Frage alternativer Klagenhäufung habe der Oberste Gerichtshof, der zu 7 Ob 683/88 ausgesprochen habe, daß ein zur Begründung von Ansprüchen nach § 10 MRG ausreichendes Vorbringen zu einzelnen Aufwendungen einem Zuspruch des geringeren Betrages nicht entgegenstehe, bisher nicht Stellung genommen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin ist zulässig und berechtigt. Der von der Bestätigung betroffene Streitgegenstand übersteigt an Geld S 60.000,-, weil die gegen die vier Miteigentümer erhobenen Ansprüche iSd § 55 Abs 1 Z 2 JN und des § 11 Z 1 ZPO zusammenzurechnen sind. Die auf Ersatz der Aufwendungen auf die Wohnung beklagten Miteigentümer der Liegenschaft sind aus demselben tatsächlichen Grund verpflichtet und daher materielle Streitgenossen. Entscheidend ist, ob bei der Geltendmachung des Anspruches auf Ersatz der Aufwendungen des Mieters zur wesentlichen Verbesserung der Wohnung, die über die Mietdauer hinaus wirksam und von Nutzen sind und die deshalb nach dem gegenwärtigen Wert abzufinden sind, ein höherer Anspruch behauptet und eine Aufgliederung der Ersatzforderung nach einzelnen trennbaren Verbesserungsaufwendungen unterlassen werden darf. Die Klägerin hat behauptet, daß sie Ersatz für die in der Rechnung vom 14. Mai 1985 Beilage A aufgegliederte Anschaffung von zwei Nachtspeicheröfen und Adaptierung der Elektroinstallation einschließlich einer Gegensprechanlage einerseits und für die Instandsetzung von Keramikkaminen und die Aufstellung eines Meller-Ofens andererseits anspreche und daß im ersten Fall der gegenwärtige Wert S 63.000,- und in den beiden weiteren Fällen (zusammen) S 10.000,- betrage. Sie macht also geltend, daß ihr an sich ein Ersatzanspruch gegen die Vermieter von S 73.000,- zustünde, hat aber nur auf Zahlung von S 63.000,- sA geklagt und auch nicht ausdrücklich erklärt, daß sie bloß einen Teil der höheren unberichtigten Gesamtforderung gerichtlich geltend mache. Nach § 10 Abs 1 MRG hat der Hauptmieter einer Wohnung, der Aufwendungen zur wesentlichen Verbesserung gemacht hat, die über seine Mietdauer hinaus wirksam und von Nutzen sind, bei der Beendigung des Mietverhältnisses einen vom Vorliegen weiterer Voraussetzungen abhängigen Anspruch auf Ersatz dieser Aufwendungen nach ihrem gegenwärtigen Wert, soweit dieser den wirklich gemachten Aufwand nicht übersteigt. Der Anspruch auf Ersatz ist bei sonstigem Anspruchsverlust dem Vermieter zu bestimmten Zeitpunkten unter Bezeichnung der Art der Aufwendungen und der Bezifferung der Höhe des Ersatzanspruches nach § 10 Abs 4 MRG schriftlich anzuzeigen (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht, Rz 15 zu § 10 MRG; MietSlg 37.273/42; MietSlg 39.276 ua).
Im vorliegenden Fall war die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens schon deshalb jedenfalls verfehlt, weil höchstens fraglich sein konnte, ob S 10.000,- der begehrten S 63.000,- auf den einen oder den anderen Forderungsteil entfielen; für die restlichen S 53.000,- kam nur ein einziger Klagsgrund in Betracht. Aber auch im übrigen war die Abweisung des Klagebegehrens unbegründet. In der Klage müssen zwar alle Aufwendungen, für die Ersatz begehrt wird, mit ihrem Gesamtbetrag angegeben werden, damit der eine Obergrenze des Ersatzanspruches bildende wirklich gemachte Aufwand (Würth-Zingher aaO Rz 16 zu § 10 MRG; MietSlg 37.269/48) festgestellt werden kann. Im Rechtsstreit müssen dann auch die Aufwendungen im einzelnen nachgewiesen werden. Das bedeutet aber nicht, daß der dem Hauptmieter im § 10 MRG zuerkannte Anspruch in mehrere Einzelforderungen zerfällt. Es handelt sich vielmehr um einen einheitlichen Anspruch, dessen Höhe einerseits durch die Angabe in der schriftlichen Anzeige, weiters durch den tatsächlich aufgewendeten Betrag und schließlich durch den objektiven Nutzen für einen (durchschnittlichen) Nachmieter jeweils nach oben begrenzt ist. Dieser objektive Nutzen kann unter Umständen erst durch das Zusammenwirken der einzelnen von § 10 Abs 3 MRG erfaßten wesentlichen Verbesserungen (etwa Errichtung oder den Erfordernissen der Haushaltsführung dienende Umgestaltung von Lichtleitungs- oder Beheizungsanlagen) eintreten, es können aber auch einzelne Aufwendungen den Nutzen anderer beeinträchtigen oder aufheben. Abgesehen von der hier nicht abschließend zu beurteilenden Frage nach der Ersatzfähigkeit der mit einem Zeitwert von S 10.000,-
geltend gemachten Investitionen auf Keramikkamine und einen Meller-Automatofen könnten solche Aufwendungen durch die Installation einer Nachtspeicherheizung nutzlos geworden sein. Es zeigt sich daher, daß nur ein einheitlicher Betrag nach § 10 MRG einzuklagen und zuzuerkennen ist, dessen Berechtigung allerdings von einem Sachverhalt abhängt, der von der Klägerin ausreichend bestimmt behauptet wurde. Die Sorge, es könne zu einer Überschreitung des Begehrens kommen, besteht nicht, weil nur ein einziger Anspruch geltend gemacht wird. Der Fall ist daher nicht etwa mit der Geltendmachung mehrerer zu unterscheidender Ansprüche auf Schadenersatz, wie Heilungskosten, Schmerzengeld, Verdienstentgang, Sachschadenersatz ua vergleichbar. Stellt sich heraus, daß der Wohnungshauptmieter einen den eingeklagten Betrag übersteigenden Aufwand tatsächlich getätigt hat und insgesamt zumindest ein Nutzen (Zeitwert) in der Höhe des Begehrens vorlag, bestehen gegen die Stattgebung keine Bedenken; bleibt einer der Höchstbeträge darunter, so ist nur der entsprechende Teilbetrag zuzuerkennen. Es bedarf daher der bisher unterbliebenen weiteren Feststellungen zur Beurteilung der Berechtigung des Ersatzanspruches und somit der Ergänzung des Verfahrens in erster Instanz. Nach Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen ist die Sache daher an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 Satz 2 ZPO.
Anmerkung
E20259European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0030OB00590.89.0314.000Dokumentnummer
JJT_19900314_OGH0002_0030OB00590_8900000_000