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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
GGG 1984 §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Köller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des P, vertreten durch Dr. Michael Gärtner, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Stelzhamerstraße 5A, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom 11. April 2005, Zl. Jv 4775-33/2004- 5, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit einer am 21. September 2001 beim Landesgericht Salzburg eingelangten Klage verlangte die Klägerin von zwei Beklagten, darunter der Beschwerdeführer als Erstbeklagter, einerseits die Beendigung des zwischen den Beklagten begründeten Bestandverhältnisses über eine Wohnung sowie die Feststellung, dass die Zweitbeklagte Räumlichkeiten dieses Hauses nur im Familienverband mit dem Erstbeklagten ohne Bestandverhältnis benützen dürfe. Den Streitgegenstand bewertete die klagende Partei mit S 500.000,--.
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 19. November 2002 änderte die klagende Partei ihr Begehren dahin, dass anstelle des im zweiten Satz des in der Klage enthaltenen Urteilsantrages ein Eventualbegehren folgenden Inhaltes gestellt werde:
"Es wird festgestellt, dass zwischen (dem Beschwerdeführer) und der beklagten Partei (gemeint: zweitbeklagte Partei) kein Mietverhältnis betreffend (es folgt eine Anschrift), besteht"
Das Hauptbegehren und das Eventualbegehren wurden in dieser Tagsatzung mit je EUR 36.336,42 bewertet.
Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 19. April 2004 wurde das Hauptbegehren abgewiesen und dem Eventualfeststellungsbegehren Folge gegeben.
Über Berufung beider Parteien hat das Oberlandesgericht Linz mit Urteil vom 16. September 2004 der Berufung der beklagten Parteien Folge gegeben und das angefochtene Urteil dahin abgeändert, dass neben dem Hauptbegehren auch das Eventualbegehren abgewiesen und die Klägerin zum Ersatz der erstinstanzlichen Kosten verurteilt wurde. Zudem wurde die Klägerin für schuldig erkannt, den beklagten Parteien die mit EUR 5.417,48 (darin enthalten EUR 894,08 USt und EUR 53,-- Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen.
In der Begründung zur Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens führte das Oberlandesgericht Linz aus, beim Eventualbegehren habe es sich um eine Streitigkeit über das Bestehen eines Bestandverhältnisses gehandelt, für die gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit. c GGG die Bemessungsgrundlage 630,-- EUR betrage. Demgemäß beziffere sich die Pauschalgebühr nach TP 2 mit EUR 53,-- (ohne Streitgenossenzuschlag, weil der Zweitbeklagten die einstweilige Befreiung von der Entrichtung der Gerichtsgebühr nach § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO bewilligt worden sei). Dagegen handle es sich beim gegenständlichen Rechstreit um keine Streitigkeit aus einen Bestandvertrag, weshalb § 10 Z 2 RATG nicht anwendbar sei. Die Bemessungsgrundlage für die Rechtsanwaltskosten richte sich daher gemäß § 4 RATG entsprechend §§ 56 Abs. 2, 59 JN nach der Bewertung der Klägerin.
Mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2004 beantragten die beklagten Parteien die Rückzahlung der zuviel eingezogenen Pauschalgebühr in Höhe von EUR 795,--. Für die Berufung der Beklagten sei ein Betrag von EUR 848,-- eingezogen worden; im Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 16. September 2004 sei die mit Berufung angefochtene Entscheidung über das Eventualbegehren mit EUR 630,-- bewertet worden, wofür lediglich EUR 53,-- an Gerichtsgebühren zu zahlen gewesen wären.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Rückzahlungsantrag abgewiesen und den Kostenbeamten zur Einziehung auch des Streitgenossenzuschlages angewiesen.
In der Begründung gab sie das Verwaltungsgeschehen wieder, stellte die Rechtslage dar und führte zusammengefasst aus, es liege keine Bestandstreitigkeit im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 1 lit. c vor weil das Eventualbegehren auf "Anfechtung" gerichtet gewesen sei und ein solcher Tatbestand nicht nach § 16 GGG, sondern nach § 56 Abs. 2 JN zu bewerten sei. Damit sei aber von dem auch von den Beklagten in der Berufung übernommenen Streitwert von EUR 36.336,42 auszugehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, zuviel entrichtete Pauschalgebühr zurückerstattet zu bekommen, sowie in seinem Recht, keinen Streitgenossenzuschlag zahlen zu müssen, verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und Kopien des gerichtlichen Verfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht im Folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.
Gemäß § 56 Abs. 2 JN 2 hat der Kläger in allen anderen Fällen den Wert eines nicht in einem Geldbetrag bestehenden vermögensrechtlichen Streitgegenstandes in der Klage anzugeben. Dies gilt insbesondere auch in Ansehung von Feststellungsklagen.
Gemäß § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage grundsätzlich für das ganze Verfahren gleich; betrifft das Rechtsmittelverfahren aber nur einen Teil des ursprünglichen Streitgegenstandes, so ist in diesem Verfahren für die Berechnung nur der Wert dieses Teiles maßgebend (§ 18 Abs. 2 Z 3 leg. cit.).
Nach ständiger Rechtsprechung knüpft das Gerichtsgebührengesetz bewusst an formale äußere Tatbestände an, um eine möglichst einfache Handhabung des Gesetzes zu gewährleisten. Insbesondere sind die das Gerichtsgebührengesetz vollziehenden Justizverwaltungsorgane an die Entscheidungen der Gerichte gebunden (vgl. jüngst das Erkenntnis vom 21. September 2005, Zl. 2003/16/0488, und die unter E Nr. 8 und 9 zu § 1 GGG wiedergegebenen Beispiele aus der hg. Judikatur bei Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren7).
Im Urteil des Oberlandesgerichtes Linz vom 16. September 2004 wurde im Rahmen der Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens in Spruch und Begründung der klagenden Partei ein Ersatz von Gerichtsgebühren auf Basis von EUR 630,-- auferlegt und ausgesprochen, dass kein Streitgenossenzuschlag zustehe. Damit liegt die Entscheidung eines Gerichtes vor, an die nach der dargestellten Rechtsprechung - ungeachtet einer Bewertung - die das GGG vollziehenden Justizverwaltungsorgane gebunden sind. Die Bemessungsgrundlage für die für die Berufung zu entrichtenden Gebühren beträgt demnach EUR 630,--, das ergibt eine Gebührenschuld von EUR 53,--.
Dadurch hat sich für den Beschwerdeführer erst nach Entrichtung der Gerichtsgebühren für die Berufung ergeben, dass ein geringerer Betrag als der bezahlte geschuldet wird.
Gemäß § 30 Abs. 2 Z 1 GGG sind Gebühren zurückzuzahlen, wenn sie ohne Zahlungsauftrag entrichtet wurden, sich aber in der Folge ergibt, dass überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet wurde.
Vor dem dargestellten rechtlichen Hintergrund steht fest, dass der Beschwerdeführer nur EUR 53,-- an Gerichtsgebühren geschuldet hat und die belangte Behörde - auch mangels Erlassung eines Zahlungsauftrages - die Rückzahlung der zuviel entrichteten Gebühr zu Unrecht verweigerte. Dadurch hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, sodass er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 23. November 2005
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005160128.X00Im RIS seit
25.12.2005