Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hildegard Z***, geboren am 4. Oktober 1951 in Vöcklabruck, Raumpflegerin, Bergstraße 3, 4870 Vöcklamarkt, vertreten durch Dr. Erich Gugenberger, Rechtsanwalt in Frankenmarkt, wider die beklagte Partei Maximilian Z***, geboren am 11.Februar 1944 in Vöcklamarkt, Arbeiter, bei K***, Vöcklamarkt, Unteralberting 4, vertreten durch Dr. Hubert Stüger, Rechtsanwalt in Frankenmarkt, wegen Ehescheidung und Unterhalt, infolge der Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom 4. September 1989, GZ R 616/89 (ON 54), womit infolge der Berufungen beider Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Frankenmarkt vom 18. Mai 1989, GZ 1 C 1064/88-44, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Keiner der beiden Revisionen wird Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 2.466,- (darin S 411,- Umsatzsteuer) bestimmten anteiligen Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die 1951 geborene Klägerin und der 1944 geborene Beklagte haben am 9.Oktober 1971 vor dem Standesamt Vöcklamarkt die beiderseits erste Ehe geschlossen. Der Ehe entstammen die am 7.September 1973 geborene Gerlinde und die am 23.Juni 1978 geborene Martina. Beide Streitteile sind österreichische Staatsbürger, sie hatten ihren letzten gemeinsamen Wohnsitz in Vöcklamarkt.
Mit ihrer am 10.Mai 1988 zu Protokoll gegebenen Klage begehrte die Klägerin die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden des Beklagten. Sie brachte vor, die Ehe verlaufe seit dem Jahre 1975 nicht mehr harmonisch. In letzter Zeit komme der Beklagte fast täglich betrunken nach Hause, er schreie die Klägerin an, beschimpfe sie auch in Gegenwart der Kinder und bedrohe sie, wobei er auch Drohungen mit Umbringen ausstoße. Der Beklagte gehe auch tätlich gegen die Klägerin vor. Er kümmere sich nicht um den Haushalt und lasse das Haus, das die Familie bewohne, verschmutzen. Er sei grundlos eifersüchtig und sein exzessiver Alkoholmißbrauch bedingte Wahnvorstellungen hinsichtlich der Klägerin.
Mit der Scheidungsklage verband die Klägerin auch ein Unterhaltsbegehren und forderte ab Klagstag einen monatlichen Unterhalt von S 2.000 mit der Behauptung, der Beklagte leiste nicht ausreichend Unterhalt. Er habe der Klägerin angedroht, sie zu vernichten, wenn sie weiterhin Geld vom gemeinsamen Konto behebe. Der Beklagte bestritt die ihm zur Last gelegten Eheverfehlungen und beantragte Klagsabweisung. Für den Fall der Ehescheidung stellte er den Antrag auf Ausspruch des überwiegenden Mitverschuldens der Klägerin. Er behauptete, Unstimmigkeiten zwischen den Ehegatten bestünden erst seit 1981 oder 1982. Seit dieser Zeit verweigere die Klägerin ohne gerechtfertigten Grund den ehelichen Verkehr. Seit April oder Mai 1988 koche und wasche sie nicht mehr für ihn. Sie werfe seine Wäsche ungewaschen in den Keller, verstecke Lebensmittel und Kleidungsstücke und werfe solche auch weg. Die Klägerin habe den Beklagten einmal in der Küche eingesperrt.
Die Eifersucht des Beklagten sei nicht unbegründet, die Klägerin empfange Männerbesuche und habe mehrfach erklärt, sie unterhalte ein Verhältnis mit einem anderen Mann, die ehelichen Kinder stammten nicht vom Beklagten. Durch solche Äußerungen provoziere die Klägerin den Beklagten absichtlich, um das Einschreiten der Gendarmerie zu veranlassen. Die Klägerin hetze auch die Kinder gegen ihn auf. Durch die Eheverfehlungen habe die Klägerin einen Unterhaltsanspruch verwirkt.
Das Erstgericht hat die Ehe der Streitteile aus deren beiderseitigem Verschulden geschieden und ausgesprochen, daß das Verschulden des Beklagten überwiegt. Dem Unterhaltsbegehren gab es dahin statt, daß es den Beklagten verpflichtete, der Klägerin ab 16. Mai 1988 monatlich S 1.900 zu bezahlen und das Mehrbegehren nach weiteren S 100 monatlich abwies.
Es legte seiner Entscheidung im wesentlichen folgenden Sachverhalt zugrunde:
Ab 1975 gestaltete sich die Ehe zunehmend unharmonisch, da der Beklagte immer mehr dem Alkohol zusprach. Der letzte Geschlechtsverkehr der Ehegatten fand 1978 statt. Nach der Geburt des zweiten Kindes verweigerte die Klägerin dem Beklagten den Geschlechtsverkehr, weil der Beklagte unhygienisch und oft betrunken war. Als der Beklagte sah, daß es die Klägerin zu keinem Geschlechtsverkehr mehr kommen lassen wollte, gab er es auf, diesbezüglich an sie heranzutreten. Im Streit um diese Frage sagte der Beklagte öfters, er brauche die Klägerin nicht, da er eine andere Frau habe, während die Klägerin äußerte, der Beklagte sei ein Trottel, sie habe schon lange einen anderen Mann und der Beklagte sei so dumm, daß er das nicht merke. Außerdem hielt sie dem Beklagten vor, daß die gemeinsamen Kinder nicht von ihm abstammten. Derartige Äußerungen machte die Klägerin auch noch im Jahre 1988. Die Streitteile beschimpften einander wiederholt, wobei der Beklagte die Klägerin als "Schlampe, Krucka, Hure und Freßumsonst" bezeichnete, dies auch in Gegenwart der Kinder, die er ebenfalls mehrfach als Huren beschimpfte. Zur Tochter Gerlinde sagte der Beklagte einmal, wenn ihr die Mutter noch einmal etwas verbiete, solle sie ihr eine solche Ohrfeige geben, daß der Klägerin der Kopf herunterhänge wie eine Kapuze. Die Klägerin verwendete ihrerseits die Schimpfworte "Trottel, fauler Hund und Taugenichts."
Es kam auch wiederholt zu tätlichen Auseinandersetzungen zwischen den Ehegatten, bei denen der Beklagte der Klägerin Verletzungen zufügte, so am 22.Oktober 1982, am 24.August 1984, am 25. Februar 1987 und am 3.März 1988. Wegen der Vorfälle vom 25. Februar 1987 und vom 3.März 1988 wurde der Beklagte wegen Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs.2 bzw. § 83 Abs.1 StGB strafgerichtlich rechtskräftig verurteilt. Daß die Klägerin die Tätlichkeiten des Beklagten vom 3.März 1988 provoziert und ihrerseits diesem Schläge versetzt hat, steht nicht fest. Weiters gab der Kläger in der Zeit vom 1.Jänner bis 3.März 1988 der Klägerin zwei- bis dreimal eine Ohrfeige. Daß der Beklagte die Klägerin jemals mit dem Umbringen bedroht hat, konnte nicht festgestellt werden.
Am 5.Oktober 1985 teilte die Klägerin dem Gendarmeriepostenkommando Vöcklamarkt mit, daß der Beklagte in betrunkenem Zustand mit dem PKW gefahren sei. Da der Beklagte gegenüber der Behörde den Alkoholtest verweigerte, erhielt er eine Verwaltungsstrafe. Am 19.Juni 1986 wurde dem Beklagten der Führerschein für die Dauer von sechs Monaten entzogen, weil er in alkoholisiertem Zustand einen PKW gelenkt hatte. In der Folge intervenierte die Klägerin sowohl beim Gendarmerieposten Vöcklamarkt als auch bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, daß dem Beklagten die Lenkerberechtigung nicht wieder erteilt werde, weil er ständig betrunken sei. Die Klägerin hatte Angst, die Familie könnte um das Haus kommen, wenn der Beklagte in betrunkenem Zustand Unfälle verursache.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 15. Jänner 1987 wurde dem Beklagten die Lenkerberechtigung unbefristet bis zur Wiedererlangung seiner völligen geistigen und körperlichen Eignung zur Lenkung von Kraftfahrzeugen, welche durch ein neuerliches Gutachten nachzuweisen wäre, entzogen. Der Beklagte war vor dem Entzug des Führerscheines Kraftfahrer bei der Baufirma P*** in Vöcklamarkt, in der Folge arbeitete er als
Hilfsarbeiter bei dieser Firma.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 25.Mai 1987 wurde dem Beklagten wegen seines übermäßigen Alkoholkonsums auf die Dauer von 12 Monaten verboten, in den Gemeinden Vöcklamarkt, Pfaffing, Frankenmarkt, Gampern und Fornach, Gaststätten, in denen alkoholische Getränke verabreicht werden, zu betreten. Im Jahre 1985 oder 1986 lud die Klägerin zwei Bauarbeiter, welche bei Aushubarbeiten für das Haus der Streitteile geholfen hatten, in der Nacht zu sich ins Haus ein, während der Beklagte schlief. Der Beklagte hörte den Lärm, stand auf und sah, daß einer der Bauarbeiter auf der Bank in der Wohnküche schlief, während der andere bei der Klägerin saß. Er bezeichnete daraufhin die Klägerin als Hure.
Am 18.Mai 1988, zwei Tage nach Zustellung der Ehescheidungsklage, besuchten Hubert P*** und Walter M*** die Klägerin, weil sie von ihr Pflanzen kaufen wollten. Um ca. 15.00 Uhr kam der Beklagte stark betrunken nach Hause, beschimpfte die Klägerin als Hure und die beiden Besucher als Hurenböcke und gab dann mehrere Stunden immer wieder in lautem Ton Beschimpfungen gegen die Klägerin von sich. Hubert P*** und Walter M*** bedrohte er mit dem Hinauswerfen.
Als einige Tage oder Wochen später Walter M*** mit seinem Sohn die Pflanzen abholte, beschimpfte der Beklagte sie wiederum und erklärte, er werde sie über die Stiege werfen.
Es kam vor, daß der Beklagte unter anderem in der Badewanne die Notdurft verrichtete, was noch im Jahre 1988 der Fall war. Auch verschmutzte er ständig das WC, das Bett und die Wand mit Exkrementen. Dieses unkontrollierte Abgehen von Stuhl war auch durch Einnahme von blutdrucksenkenden Medikamenten mitbedingt. Die Klägerin zerriß öfter stark verschmutzte Kleidungsstücke des Beklagten und warf seinen mit Exkrementen verschmutzten Sonntagsanzug in den Keller, wobei sie den Beklagten aufforderte, er möge diesen selbst putzen. Daß die Klägerin Unterlagen des Beklagten vernichtete, was finanzielle Einbußen zur Folge hatte, steht nicht fest.
Seit Ende Mai 1988 kocht die Klägerin für den Beklagten nicht mehr, weil er das Essen öfters stehenließ. Dem Beklagten gegenüber erklärte sie, sie füttere keinen Taugenichts und koche deshalb nicht mehr, weil er ihr kein Geld gebe. Die Klägerin wäscht seither auch seine Wäsche nicht mehr. Grund dafür ist die Äußerung des Beklagten, die Klägerin dürfe ihre Wäsche nicht mehr zu seiner Wäsche geben, weil sie eine Hure sei.
Die Klägerin widmete sich in den ersten Jahren der Ehe ausschließlich der Haushaltsführung und Kindererziehung. Seit 9. Oktober 1985 arbeitet sie bei der Firma W*** Sondermaschinenbau in Vöcklamarkt vier Stunden wöchentlich als Reinigungskraft, seit 9.Mai 1988 auch bei der Firma G*** & W*** weitere 12 Stunden wöchentlich.
Die Klägerin konnte über das Gehaltskonto des Beklagten verfügen. Sie hob monatlich etwa 3.500 S für die Haushaltsführung und eigene Bedürfnisse ab. Seit sie über eigenes Einkommen verfügt, finanziert sie von diesem ihre persönlichen Ausgaben. Im März 1988 sagte der Beklagte, er werde die Klägerin vernichten, wenn sie weiterhin Geld vom Lohnkonto abhebe, weshalb die Klägerin seither keine Behebungen mehr tätigte. Der Beklagte bezahlte allerdings die Betriebskosten und öffentlichen Abgaben für das als Ehewohnung dienende Haus in Vöcklamarkt weiter. Dieses Haus stand ursprünglich im Alleineigentum des Beklagten. Mit Übergabsvertrag vom 25.Oktober 1982 übergab er die Liegenschaft der Klägerin, weil er von Schadenersatzansprüchen gegen Kraffahrer gehört hatte, welche die Vernichtung ihrer Existenz zur Folge haben könnten. Zum anderen befürchtete die Klägerin wegen des Alkoholkonsums des Beklagten müsse die Liegenschaft verkauft werden.
In dem im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren eingeleiteten Provisorialverfahren wurde dem Beklagten der Auftrag zum Verlassen der Ehewohnung erteilt, welchem der Beklagte mittlerweile entsprochen hat.
Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung lastete das Erstgericht dem Beklagten übermäßigen Alkoholkonsum sowie Tätlichkeiten und Beschimpfungen gegenüber der Klägerin an. Als Eheverfehlung der Klägerin seien ihre Interventionen bei der Verwaltungsbehörde betreffend den Entzug der Lenkerberechtigung, ihre Weigerung, für den Beklagten zu kochen, und die gebrauchten Schimpfworte zu werten. Hingegen begründeten die Verweigerung des Geschlechtsverkehrs und die Weigerung, die Wäsche zu waschen, wegen der Unsauberkeit des Beklagten und seines Alkoholkonsums keine Eheverfehlung. Letzteres treffe auch auf die festgestellten Kontakte mit anderen Männern zu, welche unverfänglich und nicht nachweisbar sexuell motiviert gewesen seien. Gegenüber dem Verschulden des Beklagten seien die Verfehlungen der Klägerin als geringfügig anzusehen. Auf Grund des überwiegenden Verschuldens des Beklagten erachtete das Erstgericht auch das Unterhaltsbegehren der Klägerin als berechtigt.
Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Streitteile keine Folge. Es billigte die Beweiswürdigung und übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes.
Das Berufungsgericht führte aus, rechtlich sei davon auszugehen, daß den Beklagten das überwiegende Verschulden treffe. Er habe seit Jahren im Übermaß dem Alkohol zugesprochen und damit die Klägerin zu einer ihr auf Dauer unzumutbaren Lebensführung bestimmt, sei tätlich mit Verletzungsfolgen geworden und habe seit Mai 1988 auch seine Unterhaltspflicht verletzt. Den Beklagten treffe die Hauptverantwortung für die Zerrüttung der Ehe. Das Verschulden der Klägerin trete demgegenüber erheblich in den Hintergrund. Ihr sei aber doch vorzuwerfen, daß sie den Beklagten, der ohnedies zur Eifersucht geneigt habe, durch ihre Äußerungen über ihr Verhältnis mit einem anderen Mann und insbesondere über die Abstammung der Kinder provoziert und damit weitere Spannungen aufgebaut habe. Auch die Beschimpfungen seien nicht als bloße Reaktionshandlungen zu werten. Die Interventionen bei der Verwaltungsbehörde, um eine Ausfolgung des Führerscheines an den Beklagten zu verhindern, stellten zwar grundsätzlich keine Eheverfehlungen dar, weil die Klägerin damit versucht habe, mit behördlicher Hilfe die jahrelangen Auswirkungen der Alkoholabhängigkeit des Beklagten durch eine ärztliche Behandlung zu beseitigen. Der Anzeigenerstattung am 5. Oktober 1985 müßten aber nicht nur uneigennützige Motive unterstellt werden.
Rechtliche Beurteilung
Die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobenen Revisionen beider Streitteile sind nicht berechtigt. Während die Klägerin den Ausspruch des Alleinverschuldens des Beklagten anstrebt, beantragt dieser eine Abänderung der Vorentscheidung im Sinne der Annahme eines gleichteiligen Verschuldens, "in eventu" auf gänzliche Abweisung des Unterhaltsbegehrens. Hilfsweise stellen beide Parteien einen Aufhebungsantrag.
Die Rechtsansicht der Vorinstanzen ist zutreffend. Nach ständiger Rechtsprechung und Lehre ist ein überwiegendes Verschulden nur dort anzunehmen und auszusprechen, wo der graduelle Unterschied der beiderseitigen Verschuldensanteile augenscheinlich hervortritt, das Verschulden des einen Ehepartners muß gegenüber dem des anderen fast völlig in den Hintergrund treten (Schwind in Klang2, I/1, 837 mwN; EFSlg.20.503, 57.228 uva). Dabei kommt es nicht allein auf die Schwere der Verfehlungen an sich sondern auch darauf an, in welchem Umfang die Verfehlungen zu der schließlich eingetretenen Zerrüttung der Ehe beigetragen haben. Unter Berücksichtigung aller hier vorhandenen Umstände in ihrer Gesamtheit kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die jahrelange Trunksucht des Beklagten auslösendes Moment für die fortschreitende Zerrüttung der Ehe der Streitteile war. Sie war nicht nur Anlaß für die Streitigkeiten, Tätlichkeiten zum Teil mit Verletzungsfolgen und Beschimpfungen sondern auch für die körperliche Verwahrlosung des Beklagten, welche die Klägerin zur begründeten Verweigerung des ehelichen Verkehrs veranlaßte. Daß die Klägerin auf den Beklagten mit "Psychoterror" einwirkte, ist durch die Feststellungen nicht gedeckt. Zutreffend hat das Berufungsgericht auch darauf verwiesen, daß der Klägerin ihre Interventionen zur Verhinderung der Ausfolgung des Führerscheines an ihren Mann nicht als schwere Eheverfehlungen anzulasten sind, weil sie damit versuchte, die Auwirkungen von wegen Alkoholisierung verursachten Verkehrsunfällen nicht nur für den Beklagten, sondern für die finanzielle Situation der gesamten Familie hintanzuhalten. Ein im Zuge der Berufsausübung als Kraftfahrer verschuldeter Alkoholunfall hätte viel eher zum Verlust des Arbeitsplatzes (durch Entlassung) geführt als ein mangelnder Führerschein. Dieser Umstand war auch ausschlaggebend, daß der Beklagte bei seinem Arbeitgeber eine andere Beschäftigung erhielt.
Andererseits kann nicht gesagt werden, daß die Klägerin keinerlei Verschulden an der endgültigen Zerrüttung der Ehe trifft. Sie hat nicht nur entschuldbare Reaktionshandlungen gesetzt, sondern im Zuge verbaler Auseinandersetzungen durchaus mit gleich schwerwiegenden Beschimpfungen ebenfalls Eheverfehlungen begangen. Besonders aber durfte die Klägerin in der durch ihre gänzliche Verweigerung des ehelichen Verkehrs schon seit dem Jahre 1978 bestehenden Konfliktsituation den Beklagten nicht durch ihre mehrfachen Bemerkungen, er sei ein Trottel, sie habe schon lange einen anderen Mann, der Beklagte sei so dumm, daß er es nicht merke, die beiden Kinder stammten nicht von ihm, noch zusätzlich reizen und verhöhnen. Auch die Anzeige bei der Verwaltungsbehörde über das Lenken eines Kraftfahrzeuges im alkoholisierten Zustand, als dieses Delikt bereits abgeschlossen war und nur mehr zur Verhängung einer Verwaltungsstrafe führen konnte, kann nicht nur aus der Sorge der Klägerin für die Zukunft gesehen, sondern muß als nicht frei vom Willen nach Vergeltung eingestuft werden. Das gesamte Verhalten der Klägerin war jedenfalls durch Lieblosigkeit geprägt, die nicht dazu beitragen konnte, die Alkoholsucht des Beklagten abzubauen, wenn auch nicht verkannt wird, daß die Handlungsweisen des Beklagten ausschlaggebend dafür gewesen sind. Die Eheverfehlungen der Klägerin treten gegenüber jenen des Beklagten zwar ganz erheblich in den Hintergrund, verhindern aber den Ausspruch eines Alleinverschuldens des Beklagten.
Für eine Abweisung des Unterhaltsbegehrens, welche der Beklagte mit der Begründung beantragt hat, die Klägerin habe den Unterhalt wegen ihrer schweren Eheverfehlungen verwirkt, fehlt es nach dem Gesagten an einer Grundlage.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 43(1) und 50 ZPO. Da beide Streitteile mit ihren Rechtsmitteln hinsichtlich des Verschuldensausspruches erfolglos geblieben sind und Revisionsbeantwortungen erstattet haben, waren die Kosten insoweit gegeneinander aufzuheben. Der Beklagte hat jedoch auch die Unterhaltsentscheidung bekämpft, sodaß er verpflichtet ist, die dadurch aufgelaufenen Mehrkosten der Revisionsbeantwortung der Klägerin zu ersetzen. (Unterschied zwischen TP 3 C RAT bei Bemessungsgrundlage von 128.400 S und bei einer solchen von 60.000 S).
Anmerkung
E20352European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0060OB00539.9.0315.000Dokumentnummer
JJT_19900315_OGH0002_0060OB00539_9000000_000